Die Faust des Bösen: Die großen Western 224
Von Joe Juhnke
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Über dieses E-Book
Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).
Hohl pfeift der Herbstwind um das kleine Anwesen, das Tom Temple sein eigen nennt. Es ist ein frostiger Wind, der über die Berge ins Tal weht, als Bote des Winters. Er fährt stöhnend durch die Fugen der Hütte, läßt die tiefhängende, schwachleuchtende Lampe wie ein Pendel ausschlagen und erfüllt sie mit kalter Nachtluft.
In regelmäßigen Abständen zuckt über Temples Antlitz das trübe Licht der Funzel: eine zerfurchte, verwitterte Fassade, auf zwei geballte Hände gestützt, zwei glanzlose Augen, die verloren irgendwohin in die weite Ferne blicken. Ein Mensch, dem das Leben nicht mehr lebenswert erscheint, der beim Alkohol Zuflucht gesucht hat, um zu vergessen.
Was nützt ihm schon sein gutes Land, das große Tal am Rande der mächtigen Colorados, was nützen ihm die saftigsten Weiden, wenn man ihm ständig das Vieh von dort wegstiehlt?
Zwei lange Jahre schon bäumt er sich auf gegen die allgewaltige Macht seiner Gegner, zwei Jahre kämpft er gegen den Despoten Garrett, einen Menschen, den er nicht kennt, den überhaupt niemand im ganzen Lande kennt und dem doch der größte Teil des breiten Tales zwischen den Sawatsch Ranges und dem Rio Grande gehört.
Zwei Jahre! Ein bitteres Krächzen kommt über seine herben, welken Lippen. Vor zwei Jahren begann der Höllentanz hier bei dem Alten. Lordas spürte die würgende Faust Garretts. Er verkaufte sein Land für ein Zehntel seines Wertes und zog sich dadurch die Verachtung seiner Nachbarn zu. Aber Lordas trägt sie heute mit kühler Gelassenheit. Er war kein Narr wie McLee, dem man eines Tages in einer einsamen Schlucht der
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Die Faust des Bösen - Joe Juhnke
Die großen Western
– 224 –
Die Faust des Bösen
Joe Juhnke
Hohl pfeift der Herbstwind um das kleine Anwesen, das Tom Temple sein eigen nennt. Es ist ein frostiger Wind, der über die Berge ins Tal weht, als Bote des Winters. Er fährt stöhnend durch die Fugen der Hütte, läßt die tiefhängende, schwachleuchtende Lampe wie ein Pendel ausschlagen und erfüllt sie mit kalter Nachtluft.
In regelmäßigen Abständen zuckt über Temples Antlitz das trübe Licht der Funzel: eine zerfurchte, verwitterte Fassade, auf zwei geballte Hände gestützt, zwei glanzlose Augen, die verloren irgendwohin in die weite Ferne blicken. Ein Mensch, dem das Leben nicht mehr lebenswert erscheint, der beim Alkohol Zuflucht gesucht hat, um zu vergessen.
Was nützt ihm schon sein gutes Land, das große Tal am Rande der mächtigen Colorados, was nützen ihm die saftigsten Weiden, wenn man ihm ständig das Vieh von dort wegstiehlt?
Zwei lange Jahre schon bäumt er sich auf gegen die allgewaltige Macht seiner Gegner, zwei Jahre kämpft er gegen den Despoten Garrett, einen Menschen, den er nicht kennt, den überhaupt niemand im ganzen Lande kennt und dem doch der größte Teil des breiten Tales zwischen den Sawatsch Ranges und dem Rio Grande gehört.
Zwei Jahre! Ein bitteres Krächzen kommt über seine herben, welken Lippen. Vor zwei Jahren begann der Höllentanz hier bei dem Alten. Lordas spürte die würgende Faust Garretts. Er verkaufte sein Land für ein Zehntel seines Wertes und zog sich dadurch die Verachtung seiner Nachbarn zu. Aber Lordas trägt sie heute mit kühler Gelassenheit. Er war kein Narr wie McLee, dem man eines Tages in einer einsamen Schlucht der Berge fand, tot, mit einer Kugel im Rücken.
McLees Land gehört heute auch Mr. Garrett.
Tom Temple trinkt gedankenverloren den scharfen Brandy.
Der Name Garrett erinnert an ein kriechendes, unsichtbares Untier, bösartig, gewalttätig, vor nichts zurückscheuend. Es kam von Norden, fraß die Lordas-Ranch, verschluckte McLees Land. Die Faust des Bösen legte sich auf Morgans Land und zwang den alten Starrkopf in die Knie. Es fraß sie alle, alle kleinen Ranches von Craig bis nach Rifle.
Nun klopft es erbarmungslos vor seiner Tür.
Unwillkürlich schreckt der Alte auf. Die Schindeln des Daches klappern im Wind, und es klang genauso, als klopfe ein Mensch Einlaß begehrend an die Haustür. Unwillkürlich wandern Temples Augen zur Tür. Nein, sie ist verschlossen.
Trotzdem, das Garrett-Gespenst ist da. Es wandert unsichtbar über den Weidegrund, treibt die Herden auseinander, tötet die Mannschaft.
Kann er, Tom Temple, und seine beiden einzigen, ihm noch verbliebenen Helps, dem Schicksal entgegentreten?
Ja, er hat es versucht, immer wieder. Er lag mit seinen Leuten nachts auf der Lauer. Sie kamen aus dem Finsteren, flink und lautlos, und mit ihnen kam das Grauen.
Sie töteten ohne Gnade, und sie nahmen alles, was sie nehmen wollten. Eine Herde folgte der anderen. Sie verschwanden alle irgendwo in den wilden Bergen, die keinerlei Spuren hinterließen.
»Gesindel, elendes Gesindel«, knirscht der Alte hervor und greift zornig immer wieder zur dickbauchigen Flasche.
Für Sekunden läßt das Heulen des Sturmes nach. Man hört nur noch das Knistern des Fichtenholzes im offenen Rauchfang. Dann prallt die mächtige wehende Mauer des Herbstwindes wieder gegen die Hüttenwand.
»Ich werde einmal nach der Herde schauen.« Temple betrachtet seine geliebte Flasche.
»Was wäre das Leben ohne dich?« knurrt er und wischt sich schmatzend die Lippen ab.
Er stellt die Bottle nieder und tritt zum Wandhaken. Er greift nach der Windjacke und ist gerade dabei, den Waffengurt umzuschnallen, da springt die Tür aus dem Schloß.
Heulend fegt der Wind in den kleinen Raum. Als Temple den Blick wendet, wölben sich seine Brauen.
»Hallo, Tom!« Groß und massig, fast den ganzen Raum ausfüllend, steht dort ein Mann. Sein Begleiter, der ihm neugierig über die Schulter blickt, versinkt fast hinter dem gewaltigen Körper.
»Was willst du, Brush?« fragt Temple unwirsch und hält den Gurt zwischen den Fingern. »Du weißt, daß ich keinen von euch auf meinem Grund sehen will.«
»Wir geben uns ja auch die größte Mühe, deinen Wünschen nachzukommen, Tom«, grunzt der Riese, winkt seinem Begleiter und tritt ins Zimmer. »Schließe die Tür, Ratte, es ist verdammt kalt draußen.«
Der mit dem zutreffenden Namen Ratte angesprochene Freund des Riesen Brush folgt der Anweisung. Er reibt sich die Hände warm, nimmt ungeniert die Flasche vom Tisch. blinzelt sachverständig in deren Hals und setzt sie dann an die Lippen.
»Verdammt schlechter Schnaps, den du da säufst«, krächzt der Dürre, und in seine schrägstehenden, eng zusammenliegenden Augen tritt ein hämischer Glanz.
»Du brauchst ihn ja nicht zu saufen, Coll«, erwidert der Rancher zornig, »und würdet ihr mir nicht die besten Herden gestohlen haben, könnte ich schon einen besseren Brandy trinken.«
»Ach?« Der Kleine läßt sich am Tisch niederfallen, als wäre er zu Hause. »Hast du es gehört, Zyklop?« kichert er. »Er nennt uns Rinderdiebe. Ich möchte wetten, daß diese schmutzige Verdächtigung direkt ’ne Beleidigung ist.«
»Well, Ratte, aber nur für den, der sich wirklich betroffen fühlt. Klaust du vielleicht Kühe?«
Für einen Augenblick runzelt der Dürre verblüfft die Stirn. Er betrachtet seinen gewichtigen Partner, als sei dieser nicht bei Trost. Natürlich klaut er Rinder. Aber auf einmal gleitet ein Zug des Verstehens um seine blutleeren Lippen: »Haben wir das vielleicht nötig, Zyklop? Wir als Angestellte Mister…«
»… Garretts«, ergänzt Temple, und seine Finger zucken. »Well, Brush, und da wir gerade bei Garrett sind, sage diesem Edelgauner und vielfachen Mörder, nicht einen Acre meines Landes bekommt er zu schlucken. Er mag sich die Kühe nehmen, weil ich es nicht hindern kann. Aber das Land kann er nicht fortschleppen. Das gehört den Temples, solange sie leben. Und dann fällt es dem Staat zu. Wirklich ’ne großartige, praktische Einrichtung. Ich bin Uncle Sam dankbar, daß er es so eingerichtet hat.«
»Der Staat verkauft sein Land sehr billig. Möchte wetten, viel billiger, als Mr. Garrett dir dafür zahlen will. Du solltest ihm lieber dankbar dafür sein.«
»Ich wäre ihm sehr dankbar, wenn er sich selbst einmal vorstellen würde.«
»Mr. Garrett pflegt solche kleinen Geschäftchen uns zu überlassen.«
»Ja, seinen Guards.«
Zornig blitzen die dunklen Augen von Brush.
»Seinen Angestellten, wolltest du wohl sagen«, antwortet er trotzdem gelassen.
Trocken lacht der alte Rancher auf. »Wo soll ich da einen Unterschied sehen?«
»Ich denke, er spricht zuviel, Zyklop. Sag ihm doch gleich offen heraus, was wir hier wollen«, mischt sich die Ratte, Coll, in die Unterhaltung, »der Schnaps ist verdammt schlecht und scheußlich, sein elender Stall ist kalt, und der Wind pfeift durch die Ritzen. Während wir hier unsere kostbare Zeit vertrödeln, genießen unsere Freunde alle Vorzüge in Madame Roddys Boardinghouse. Hör also zu, Temple, Mr. Garrett wünscht, daß die Geschichte endlich einen Abschluß findet.«
»Er glaubt wohl, durch euer Morden und Brandschatzen sei ich endlich kirre geworden?« Höhnisch unterbricht Temple den Sprecher. Er hat entschieden zuviel getrunken, sonst würde ihn das gefährliche Blinkern in Colls Augen warnen. »Ich muß ihn da enttäuschen, ich verkaufe nicht.«
Coll bläht die eingefallenen Backentaschen auf. Er grinst tückisch, während er den Colt mit einer blitzschnellen Bewegung aus dem Halfter reißt.
»Ich hatte vor langen Jahren mal in Arizona einen wilden Mustang gefangen, Temple«, beginnt Coll mit gefährlicher Ruhe, »es war ein verdammt wildes Biest, stolz und hochmütig. Es gab kein Mittel, um den Bock kirre zu machen. Ich habe ihn dann schließlich niedergeschossen. Weißt du, an wen du mich plötzlich erinnerst? Eben an diesen verdammten Mustang. Es ist unser allerletzter gütlicher Vorschlag: Zweitausend für die Ranch!«
»Zweitausend?« Temple lacht dem Sprecher ins Gesicht. »Vor zwei Wochen waren es doch noch fünf.«
»Well, und morgen werden es gerade noch vierzig Dollar sein, gerade so viel, wie wir für ein Begräbnis auslegen. Mr. Garrett braucht dein Land, und er ist fest entschlossen, es zu kaufen. Wenn’s nicht den geraden Weg…«
»Ihr gingt doch nie den geraden Weg!«
Colls spitze Nase kräuselt sich. Er sieht nun wirklich wie eine Ratte aus, die die Nähe der Katze gerochen hat.
»Wenn’s nicht auf geradem Weg geht, wählt er den Umweg über die Regierung.«
»Und was glaubt er, was die Regierung ihm sagen wird? He, Coll? Was glaubst du wohl?«
Temple hat noch einen Trumpf. Brush und auch Coll scheinen es zu spüren. Colls Blick wird unsicher, und seine stechenden Augen suchen Hilfe bei dem Freund.
Tom Temple lacht laut und dröhnend. Sein Lachen überdröhnt sogar die Stimme des Windes.
»So einfach, wie ihr