Lebensretterin Nicole: Dr. Daniel 96 – Arztroman
Von Marie Francoise
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Der Tisch war für zwei Personen gedeckt. Brennende Kerzen tauchten den Raum in ein warmes Licht, und aus der Küche zog ein verführerischer Duft durch die ganze Wohnung. Mit einer beinahe liebevollen Geste legte Nicole Bittner ein kleines Päckchen neben einen der beiden Teller, dann betrachtete sie ihr Werk mit einem zufriedenen Lächeln. Alles war perfekt, und genauso sollte es auch sein.
Ungeduldig blickte Nicole auf die Uhr. Wo Thomas nur so lange blieb! Sie konnte es kaum noch erwarten, ihm endlich die freudige Mitteilung zu machen. Sie ging in die Küche hinüber und schaute nach dem Braten, den sie im Rohr hatte. Er war bereits schön knusprig und sah sehr appetitlich aus. Gewissenhaft richtete Nicole Bratenscheiben und Serviettenknödel an, vergewisserte sich noch einmal, daß der Wein die richtige Temperatur hatte und der Sekt kaltgestellt war.
In diesem Moment hörte sie, wie sich der Schlüssel im Schloß drehte. Mit einem glücklichen Lächeln trat sie auf den Flur und sah gerade, wie Thomas Krämer in der geöffneten Wohnungstür stehenblieb und fast peinlich berührt auf den romantisch gedeckten Tisch blickte, den er von hier aus bereits sehen konnte.
»Thomas, endlich.«
Nicole kam auf ihn zu, legte ihre Arme um seinen Nacken und küßte ihn liebevoll. Dabei bemerkte sie in ihrer glückseligen Verfassung gar nicht, daß Thomas den Kuß nur flüchtig erwiderte.
Unwillkürlich dachte er, daß Anja recht gehabt hatte. Er hätte nur anrufen sollen, aber wer konnte auch mit einem romantischen Candle-Light-Dinner rechnen?
»Setz dich, Liebling«, bat Nicole jetzt und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Das Essen
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Lebensretterin Nicole - Marie Francoise
Dr. Daniel
– 96 –
Lebensretterin Nicole
Marie Francoise
Der Tisch war für zwei Personen gedeckt. Brennende Kerzen tauchten den Raum in ein warmes Licht, und aus der Küche zog ein verführerischer Duft durch die ganze Wohnung. Mit einer beinahe liebevollen Geste legte Nicole Bittner ein kleines Päckchen neben einen der beiden Teller, dann betrachtete sie ihr Werk mit einem zufriedenen Lächeln. Alles war perfekt, und genauso sollte es auch sein.
Ungeduldig blickte Nicole auf die Uhr. Wo Thomas nur so lange blieb! Sie konnte es kaum noch erwarten, ihm endlich die freudige Mitteilung zu machen. Sie ging in die Küche hinüber und schaute nach dem Braten, den sie im Rohr hatte. Er war bereits schön knusprig und sah sehr appetitlich aus. Gewissenhaft richtete Nicole Bratenscheiben und Serviettenknödel an, vergewisserte sich noch einmal, daß der Wein die richtige Temperatur hatte und der Sekt kaltgestellt war.
In diesem Moment hörte sie, wie sich der Schlüssel im Schloß drehte. Mit einem glücklichen Lächeln trat sie auf den Flur und sah gerade, wie Thomas Krämer in der geöffneten Wohnungstür stehenblieb und fast peinlich berührt auf den romantisch gedeckten Tisch blickte, den er von hier aus bereits sehen konnte.
»Thomas, endlich.«
Nicole kam auf ihn zu, legte ihre Arme um seinen Nacken und küßte ihn liebevoll. Dabei bemerkte sie in ihrer glückseligen Verfassung gar nicht, daß Thomas den Kuß nur flüchtig erwiderte.
Unwillkürlich dachte er, daß Anja recht gehabt hatte. Er hätte nur anrufen sollen, aber wer konnte auch mit einem romantischen Candle-Light-Dinner rechnen?
»Setz dich, Liebling«, bat Nicole jetzt und riß ihn damit aus seinen Gedanken. »Das Essen steht bereit, und nachher haben wir etwas zu feiern.«
Thomas wurde ziemlich mulmig in der Magengegend. Er schien sich für das Gespräch mit Nicole wirklich den ungünstigsten Tag ausgesucht zu haben.
»Ich… ich wollte eigentlich gar nicht lange bleiben«, murmelte er mit gesenktem Kopf.
Erstaunt sah Nicole ihn an. »Hat deine Sekretärin dir denn nicht ausgerichtet, daß ich angerufen habe?«
Wütend ballte Thomas die Fäuste. Dieser blöden Kuh würde er morgen sofort kündigen! Wenn sie ihm auch nur einen Ton von Nicoles Anruf ausgerichtet hätte, wäre er jetzt nicht in diese verflixte Situation geraten.
»Nein, sie hat nichts gesagt«, antwortete Thomas und bemühte sich um einen ruhigen Ton, dann blickte er auf. »Es tut mir leid, Nicole, aber ich bin nicht zum Feiern hier, sondern… ich muß dir sagen…« Er brach ab, weil er nicht länger in diese großen, dunklen Augen blicken konnte, die ihn so erwartungsvoll ansahen.
»Was mußt du mir sagen?« hakte Nicole jetzt nach.
Thomas wandte sich halb ab. Es fiel ihm schwer, seine eigene Schäbigkeit einzugestehen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sein Doppelspiel auch noch eine Weile weitergetrieben, aber…
»Thomas«, drang Nicoles Stimme in seine Gedanken.
Er wandte sich ihr wieder zu.
»Es ist aus«, sagte er so hastig, als hätte er Angst, die Worte nicht hervorzubringen, wenn er noch länger zögerte.
Nicole hatte das Gefühl, in einem absurden Alptraum zu stecken und war sicher, daß sie gleich aufwachen würde. Das konnte doch nicht Wirklichkeit sein!
»Thomas, ich… verstehe nicht…«, stammelte sie unsicher, weil dieser Traum ihrer Meinung nach irgendwie zu lange dauerte.
»Was ist daran so schwer zu verstehen?« In seiner Verlegenheit rettete sich Thomas in einen groben, aufbrausenden Ton. »Es ist eben aus. Ich habe…« Er wich Nicoles schmerzvollem Blick aus. »Anja erwartet ein Baby von mir.«
Ich auch, wollte Nicole schreien, doch kein Ton kam über ihre Lippen. Noch immer wünschte sie, sie könnte aufwachen und erkennen, daß alles gar nicht wahr wäre.
»Es tut mit leid«, murmelte Thomas, dann verließ er fast fluchtartig die kleine Wohnung.
Wie betäubt blieb Nicole zurück. Ihr Blick irrte durch die Wohnung und blieb an dem liebevoll gedeckten Tisch hängen. Wie in Trance ging sie in die Küche, nahm den Braten und die Serviettenknödel und warf alles in den Müll. Ihr war der Appetit gründlich vergangen, und das, was sie so voller Liebe für sich und Thomas gekocht hatte, hätte ihr jetzt ohnehin nicht mehr geschmeckt.
Minutenlang stand sie da und starrte auf das weggeworfene Essen, dann entwickelte sie plötzlich eine unangebrachte Geschäftigkeit. Sie räumte Wein und Sekt weg, holte die Teller und Gläser aus der Eßecke des Wohnzimmers und begann hektisch abzuspülen. Sie ließ das Wasser so heiß werden, daß sie sich beim Hineinfassen beinahe die Finger verbrühte, doch der Schmerz tat ihr seltsamerweise gut.
Sie spülte ab, als gelte es, einen Wettbewerb zu gewinnen. Ein Glas entglitt ihren Händen und zersprang auf dem Fliesenboden in tausend Scherben. In derselben Hastigkeit, wie sie abgespült hatte, räumte sie nun auch die Glasscherben zusammen und schnitt sich dabei in die Hand. Beinahe verwundert sah sie auf die blutende Wunde, fühlte den brennenden Schmerz und begann zu lachen. Es war ein völlig irrsinniges, hysterisches Lachen, das sich nicht eindämmen ließ.
Das Blut tropfte auf den Boden, doch anstatt die Wunde zu versorgen, preßte Nicole die Hand auch noch in den Scherbenhaufen. Der Schmerz war schier unerträglich, trotzdem konnte Nicole nicht aufhören zu lachen. Sie betrachtete die Glassplitter, die aus ihrer Hand ragten, und lachte weiter. Bauch und Zwerchfell schmerzten, ihr Lachen kam bald nur noch stoßweise, trotzdem schaffte sie es nicht aufzuhören.
*
Nach ihrem unkontrollierten Lachanfall fühlte sich Nicole völlig erschöpft und ausgelaugt. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Mühsam rappelte sie sich auf, griff nach dem Geschirrtuch und wickelte es um die blutende Hand. Der entstehende Berührungsschmerz zeigte nur zu deutlich, daß noch immer Glassplitter in der Wunde steckten.
Nicole blickte zum Telefon. Sie sollte einen Arzt anrufen, doch statt dessen verließ sie die Wohnung und irrte ziellos durch die Nacht. Die Kirchturmuhr schlug, aber Nicole zählte nicht mit. Es war so gleichgültig, wie spät es war.
Der Lachanfall hatte sie geschwächt. Jeder Schritt kostete sie unendliche Mühe. Sie hörte zwar das Brummen eines näherkommenden Autos, blickte sich aber nicht einmal danach um. Unbeirrt zwang sie ihre Beine weiter vorwärts, ohne jedoch ein Ziel zu haben.
Der Wagen wurde langsamer und hielt schließlich neben ihr an. Erst jetzt sah Nicole zur Seite und erkannte in dem aussteigenden Autofahrer Hannes Gruber, den Sohn des Gastwirtsehepaars, mit dem sie einst zur Schule gegangen war.
»Fühlst du dich nicht wohl, Nicole?« fragte Hannes und kam besorgt näher.
Sie schüttelte abwehrend den Kopf. »Es geht schon.« Mit diesen Worten wollte sie weiterhasten, doch Hannes hatte jetzt das Geschirrtuch entdeckt, das sie um ihre verletzte Hand gewickelt hatte und an dem man trotz des dämmrigen Straßenlichts Blutspuren erkennen konnte.
»Komm, ich bringe dich in die Waldsee-Klinik«, beschloß Hannes spontan. Bevor Nicole widersprechen konnte,