Dr. Norden Bestseller 134 – Arztroman: Angst um ein unbekanntes Mädchen
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Es sind die Nebenhöhlen, Herr Faller«, sagte Dr. Norden eindringlich zu dem jungen Mann, der mit entzündeten Augen vor ihm saß. »Wenn der Augenarzt sagt, dass es nicht die Tränenkanäle sind, wird es schon stimmen. Ich kann Ihnen nur dringend raten, sofort einen Facharzt aufzusuchen. Dr. Rissmann hat einen sehr guten Ruf. Er kann Ihnen besser helfen als ich.« »Ich muss meinen Chef morgen nach Zürich fliegen«, sagte Bernd Faller. Dr. Norden seufzte in sich hinein. »Trauen Sie sich denn das wirklich zu«, sagte er. »Sie haben auch für andere die Verantwortung.« »Das weiß ich. Ich möchte schließlich meine Stellung nicht verlieren. Wenn ich zurück bin, werde ich Dr. Rissmann aufsuchen. Ab Donnerstag habe ich Urlaub, da kann ich mich auch um meine Gesundheit kümmern.
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Buchvorschau
Dr. Norden Bestseller 134 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller
– 134 –
Angst um ein unbekanntes Mädchen
Patricia Vandenberg
»Es sind die Nebenhöhlen, Herr Faller«, sagte Dr. Norden eindringlich zu dem jungen Mann, der mit entzündeten Augen vor ihm saß. »Wenn der Augenarzt sagt, dass es nicht die Tränenkanäle sind, wird es schon stimmen. Ich kann Ihnen nur dringend raten, sofort einen Facharzt aufzusuchen. Dr. Rissmann hat einen sehr guten Ruf. Er kann Ihnen besser helfen als ich.«
»Ich muss meinen Chef morgen nach Zürich fliegen«, sagte Bernd Faller.
Dr. Norden seufzte in sich hinein. »Trauen Sie sich denn das wirklich zu«, sagte er. »Sie haben auch für andere die Verantwortung.«
»Das weiß ich. Ich möchte schließlich meine Stellung nicht verlieren. Wenn ich zurück bin, werde ich Dr. Rissmann aufsuchen. Ab Donnerstag habe ich Urlaub, da kann ich mich auch um meine Gesundheit kümmern. Vorher geht’s nicht, Herr Dr. Norden.«
Mit gemischten Gefühlen blickte ihm der Arzt nach. Manche wollten sich wegen einer Geringfügigkeit krankschreiben lassen, und dieser Bursche wollte sogar seinen Urlaub benutzen, um sich auszukurieren. Solcher Pflichteifer verdiente wohl Anerkennung, doch in diesem Fall wurde er übertrieben. Jedenfalls musste es eine sehr gute Stellung sein, die Bernd Faller nicht aufs Spiel setzen wollte.
Nun, man konnte sagen, dass Boris Margreiter, der große Boss, seinem Pilot sein volles Vertrauen schenkte. Aber zudem hatte er auch eine Tochter, die den sonst so kühlen Bernd bezaubert hatte, und die mit ihrem Vater nach Zürich fliegen wollte. Und wenn Bernd an Janine Margreiter dachte, vergaß er auch die bohrenden Kopfschmerzen. Die Nasen- und Augentropfen, die ihm Dr. Norden dann doch verschrieben hatte, brachten ihm Linderung, und als Bernd sich dann am Abend die Stirn mit der Essenz eingerieben hatte, die Dr. Norden ihm mitgab, konnte er einen tiefen, erquickenden Schlaf finden.
Bernd Faller hatte ein Studium als Diplom-Ingenieur abgeschlossen. Von Haus aus nicht unvermögend, war Fliegen sein Hobby gewesen, und das Herumtüfteln, um Verbesserung für die Sicherheit der Flugzeuge zu finden, war seine Leidenschaft. Und da er ein sehr eigenwilliger junger Mann war, der sich ganz bestimmte Vorstellungen von seiner beruflichen Zukunft machte, hatte er bisher nicht die Stellung gefunden, die seinen Wünschen entsprach. Es lag ihm einfach nicht, sich jemandem unterzuordnen, der nur auf Grund seiner Lebensjahre meinte, alles besser zu wissen.
Bernd lag oft im Widerstreit mit sich selbst, denn bei seinem Vater stieß er auch auf wenig Verständnis mit seinen sehr konkreten Vorstellungen. Immer wieder bekam er zu hören, dass man erst gehorchen lernen müsse, bevor man selbst befehlen könne. Er wollte nicht befehlen, er wollte sich frei entfalten. Frei fühlte er sich nur beim Fliegen. Als er wieder einmal die Stellenangebote studierte, war er auf die Anzeige gestoßen, die man gar nicht übersehen konnte.
Boris Margreiter suchte einen Privatpiloten, der auch über gute technische Kenntnisse verfügte. Er hatte sich beworben, sich vorgestellt und die Stellung bekommen. Und er hatte Janine Margreiter kennengelernt, die sich allerdings sehr reserviert verhielt. Erst beim letzten Flug vor ein paar Tagen hatte sie ein paar verbindlichere Worte mit ihm gewechselt.
Während er am nächsten Morgen schon früh am Flugplatz war und die komfortable Maschine selbst überprüfte, saß Janine mit ihrem Vater noch am Frühstückstisch.
Janine war eine sehr selbstbewusste junge Dame, dazu von überdurchschnittlicher Intelligenz. Und außerdem war sie sehr attraktiv, was ihren Vater damit versöhnte, dass sie sich für das Ingenieurstudium entschieden hatte, während er ihr die Betriebswirtschaft ans Herz gelegt hatte.
Dass sie nicht das Leben einer verwöhnten Industriellentochter führen wollte, war ihm allerdings nur recht, denn für den Jet-Set, in dem solche oft versumpften, hatte er nicht das Geringste übrig.
Er war ein harter Geschäftsmann, von seinem Vater, der Schweizer Staatsbürger gewesen war, zur Sparsamkeit erzogen.
Sein Leben war auf dem Motto aufgebaut: Was du ererbt von deinen Vätern hast, vermehr es, um es zu besitzen!
Auch beim Frühstück machte er sich Notizen. Und er schrak zusammen, als Janine fragte: »Wer fliegt?«
»Faller natürlich«, sagte er.
»So natürlich finde ich das nicht. Als ich ihn das letzte Mal sah, waren seine Augen sehr entzündet.«
»Lieber Himmel, das sind meine manchmal auch. Was hast du eigentlich gegen ihn?«
»Ich verstehe nicht, dass ein Mann mit einem solchen Abschluss sich damit begnügt, in der Gegend herumzufliegen. Er würde doch jederzeit eine anständige Stellung finden.«
»Du bist ein komisches Mädchen, Janine«, brummte er. »Ist diese Stellung etwa nicht anständig? Ich bin sehr zufrieden mit ihm.«
»Aber an ernsthafter Arbeit ist er anscheinend nicht interessiert.«
Boris Margreiter runzelte die Stirn. »Ist es nicht eine verantwortungsvolle Tätigkeit, mich sicher von Ort zu Ort zu bringen?«
»Er hat aber sehr viel Freizeit«, stichelte sie. »Dafür ist er allerdings sehr gut bezahlt.«
»Ich nehme an, dass er mich eines Tages mit einer Erfindung überraschen wird, für die er in seiner Freizeit recht intensiv arbeitet.«
»Wieso nimmst du das an?«, fragte sie überrascht.
»Weil Kröcher so verdammt gehässig über ihn spricht. Er ist neidisch, weil Faller viel mehr Grips hat als er. Und Kröcher ist nur darauf aus, mein Schwiegersohn zu werden.«
»Ohne Chance, Daddy«, sagte Janine.
»Das wird auch gut sein. Aber jetzt werden wir es packen.«
»Phil wird sich freuen, wenn ich ein paar Tage bleibe und Ordnung in seine Junggesellenbude bringe«, sagte Janine. »Dein Sohn hat nichts von deiner Ordnungsliebe geerbt, Dad.«
»Ich war auch nicht ordentlich, als ich jung war.« Boris lächelte, und solches Lächeln erwärmte Janines Herz, denn sie sah es selten.
Als sie zum Flugplatz kamen, war die Maschine startbereit. Mit einem kritischen Blick stellte Janine fest, dass Bernds Augen nur noch wenig entzündet waren. Einen Kopiloten brauchten sie nicht, da Boris Margreiter selbst einen Flugschein hatte, und Janine war dabei, ihn zu machen.
Ein Mann kam auf die Maschine zugelaufen. »Entschuldigen Sie bitte, Herr Margreiter«, sagte er atemlos, »würden Sie bitte eine junge Dame mit nach Zürich nehmen? Sie hat die Linienmaschine verpasst. Es handelt sich um einen Todesfall«, stieß er atemlos hervor. »Es ist die Tochter von Professor Perfall.«
Boris Margreiter atmete schneller. »Wollen Sie sagen, dass Perfall gestorben ist?«, fragte er heiser.
»Erschossen von Einbrechern«, erwiderte der Mann. »Frau Perfall hat heute Morgen die Nachricht bekommen.«
»Das ist schlimm«, sagte Janine leise.
»Natürlich nehmen wir sie mit«, sagte Boris Margreiter. Und er ging dem jungen Mädchen entgegen, das fast noch kindlich aussah in dem grauen Lodenmantel.
Er blickte in ein schmales Gesicht, das in Schmerz erstarrt war. In den großen braunen Augen brannten ungeweinte Tränen.
»Ich danke Ihnen, dass Sie mich mitnehmen«, sagte sie bebend.
Auch Janine war näher gekommen. »Kommen Sie, Frau Perfall«, sagte sie, »wir müssen jetzt starten.«
*
Die Maschine war in der Luft, bereits über den Wolken, die unter ihnen dahinjagten.
Boris Margreiter saß neben Bernd. »Es ist unfassbar«, murmelte er. »Ein Mann wie Perfall muss so sterben.«
»Er hat an einer umwälzenden Erfindung gearbeitet«, sagte Bernd heiser. »Ob deshalb bei ihm eingebrochen wurde?«
»Daran habe ich noch nicht gedacht. Sie sind ein Schnelldenker, Faller.«
»Nur so eine Idee«, sagte Bernd.
Sie konnten nicht hören, was Janine und Ricarda Perfall miteinander sprachen.
»Mami hat sich dort nie sicher gefühlt«, hatte Ricarda mehr zu sich selbst gesagt. »Sie hat es gefühlt, ja, sie muss es gefühlt haben. Wäre sie doch nur in München geblieben.«
»Sie sind in München geblieben«, sagte Janine gedankenvoll.
»Ich studiere«, erwiderte Ricarda tonlos.
»Darf ich fragen, was Sie studieren?«, sagte Janine, um das Mädchen abzulenken.
»Architektur.«
Sie sah aus wie siebzehn, aber Janine erfuhr dann, dass sie bereits einundzwanzig sei. Aber sonst war Ricarda recht schweigsam.
*
Fee Norden erfuhr aus den Rundfunknachrichten von Professor Perfalls Tod. Sie war so erschrocken, dass sie sich verschluckte, und wenn das geschah, bekamen ihre Kinder es mit der Angst. Auch Lenni kam sofort herbeigelaufen, aber Fee hatte sich schon wieder gefangen.
»Hast dich mal wieder verschluckt«, sagte Felix ängstlich.
»Ich bin noch da«, sagte Fee, aber ein Lächeln brachte sie nicht zustande.
Sie hörte dann gar nicht, wie es läutete und Lenni kam. Der Postbote sei da, sagte sie. »Er hat ein Paket für Perfalls, und da ist niemand zu Hause. Ob wir es annehmen.«
Fee zuckte zusammen und ging schnell hinaus. Es war ein kleines Paket, dass der nette, behäbige Paketbote in der Hand hielt. Unwillkürlich fröstelte es Fee. Merkwürdige Gedanken gingen ihr durch den Sinn.
Sie hatten schon öfter Post für die Perfalls entgegengenommen, die ihnen schräg gegenüber wohnten, doch diesmal war Fee aus einem Gefühl der Beklemmung nicht bereit.
»Professor Perfall lebt nicht mehr«, sagte sie tonlos. »Ich habe eben die Nachricht im Radio gehört. Er ist von einem Einbrecher erschossen worden.«
»Allmächtiger«, stöhnte der Mann. »Das ist ja furchtbar!«
Nun war auch Lenni sehr erschrocken.
»Ricarda war doch aber schon ein paar Wochen allein hier«, sagte sie verwirrt.
»Es ist in Zürich geschehen, Lenni.«
Dann, als sie die Briefpost aus dem Kasten holte, fand sie einen Zettel, auf dem flüchtig hingeworfen stand: Vater verunglückt, fliege nach Zürich. Ricarda.
Das hatte sie trotz aller Eile getan, wohl deshalb, dass man sich um ihr Fernbleiben keine Gedanken machte, denn Carla Perfall hatte die Nordens gebeten, ein Auge auf Ricarda zu haben, solange sie