Irrlicht 38 – Mystikroman: Die satanische Gräfin
Von Gloria von Raven
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Nebelschwaden umgaben den Wald um Schloß Xanadou, in der die Beamten von Scotland Yard nach Ronja suchten. Als sie ihre Leiche auf einer Waldlichtung fanden, packte sie blankes Entsetzen. Constabler Curren durchfuhr ein Schauer, während er die Mädchenleiche berührte. »Sie ist ohne einen Tropfen Blut, Inspektor«, sagte er konsterniert. Inspektor Hull fuhr mit seinen langen Fingern durchs schüttere Haar. So etwas Grausiges hatte er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht zu Gesicht bekommen. Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht. »Schon die sechste Mädchenleiche seit vier Wochen,« sagte er und zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an. »Unheimlich, Inspektor, nicht wahr? Wer bringt so etwas Grauenvolles fertig?« fragte Constabler Curren beklommen. Inspektor Hull zündete sich eine Zigarette an. »Ich kann mir schon denken, wer dahinter steckt. Die Besitzerin von Schloß Xanadou und ihr Satanistenorden. Ich habe diese Gräfin Báthory schon lange im Verdacht.« Constabler Curren zitterte wie Espenlaub. »Sie glauben doch nicht etwa, daß sie in einer schwarzen Messe geopfert worden ist, Inspektor?« Inspektor Hull nickte bedächtig.
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Irrlicht 38 – Mystikroman - Gloria von Raven
Irrlicht
– 38 –
Die satanische Gräfin
Grausam herrscht sie auf Schloß Xanadou
Gloria von Raven
Nebelschwaden umgaben den Wald um Schloß Xanadou, in der die Beamten von Scotland Yard nach Ronja suchten. Als sie ihre Leiche auf einer Waldlichtung fanden, packte sie blankes Entsetzen. Constabler Curren durchfuhr ein Schauer, während er die Mädchenleiche berührte.
»Sie ist ohne einen Tropfen Blut, Inspektor«, sagte er konsterniert. Inspektor Hull fuhr mit seinen langen Fingern durchs schüttere Haar. So etwas Grausiges hatte er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht zu Gesicht bekommen. Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
»Schon die sechste Mädchenleiche seit vier Wochen,« sagte er und zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an.
»Unheimlich, Inspektor, nicht wahr? Wer bringt so etwas Grauenvolles fertig?« fragte Constabler Curren beklommen.
Inspektor Hull zündete sich eine Zigarette an. Seine Stimme klang gebrochen, als er antwortete:
»Ich kann mir schon denken, wer dahinter steckt. Die Besitzerin von Schloß Xanadou und ihr Satanistenorden. Ich habe diese Gräfin Báthory schon lange im Verdacht.«
Constabler Curren zitterte wie Espenlaub.
»Sie glauben doch nicht etwa, daß sie in einer schwarzen Messe geopfert worden ist, Inspektor?«
Inspektor Hull nickte bedächtig.
»Es deutet alles auf einen Ritualmord hin, Constabler. Geben Sie gleich morgen eine Meldung in die Zeitung. Die anderen Frauen müssen gewarnt werden vor dieser unheimlichen Gräfin und ihrem Satanistenorden.«
Am nächsten Tag stand in der Daily News zu lesen:
Junges Mädchen verschwunden. Von den Tätern keine Spur. Scotland Yard vermutet Ritualmord. Steckt die Blutgräfin Báthory dahinter? Welche unheimlichen Machenschaften geschehen auf Schloß Xanadou?
*
Es war Abend, die Sonne schien nur noch blaß durch die Baumwipfel. Ronja schaute sich ängstlich um. Die zwei dunklen Gestalten waren immer noch hinter ihr her. Sie lief tiefer in den Wald hinein. Dort vorn mußte die Autobahnbrücke sein – vielleicht ihre letzte Rettung. Die zwei dunklen männlichen Gestalten hinter ihr hatten schwarze Kapuzen über dem Kopf. Sie waren ihr dicht auf den Fersen. Die rettende Brücke kam immer näher. Ronja schrie laut um Hilfe, doch keiner von den Autofahrern auf der Schnellstraße schien sie zu hören. Plötzlich empfand Ronja einen dumpfen Schlag am Hinterkopf – dann war ihr Bewußtsein von tiefster Schwärze umgeben. Auf der Landstraße fuhr ein Krankenwagen mit Blaulicht heran. Er hielt neben Ronja und den mit Kapuzen umhüllten Männern an. Ronjas betäubter Körper wurde auf eine Bahre gelegt und in den Krankenwagen hineingehievt.
»So, die haben wir! Die Gräfin wird sich freuen!« sagte einer der vermummten Männer zu seinem Kameraden.
»Rasch! Schließt sie an die Apparatur an. Wir müssen das Blut entnehmen, solange ihr Körper noch warm ist«, sagte eine heisere Stimme aus dem Krankenwagen. Ronja kam wieder zu sich, zappelte wild, schrie entsetzlich – dann versank das Mädchen in tiefen hypnotischen Schlaf.
*
Als Ronja erwachte, fand sie sich in einer schwarzen Messe wieder. In der Krypta stand ein Satanaltar, um diesen herum waren die Priester in schwarzen Umhängen versammelt. Gräfin Báthory leitete das unheimliche magische Ritual. Im Zentrum befand sich auf einem von diabolischen Ornamenten geschmückten Thron eine seltsame, lebensgroße Statue aus einem undefinierbaren, bläulich geäderten Material, die einen makellosen weiblichen Körper darstellte. Dieses Idol, womöglich eine heidnische Göttin oder das Abbild des Höllenfürsten, zu deren Ehre diese entsetzlichen Riten auf Schloß Xanadou veranstaltet wurden, war der Anlaß für die plötzliche Andacht der Jünger.
»Ave Satani!« klang er in monotonem Chorgesang.
»Sanguis bibimus!« erwiderte die Priesterin am Satansaltar.
Die Jünger in den schwarzen Umhängen bewegten sich unter unterwürfigsten Demutsbezeugungen auf den Thron zu, vorbei an einem Pandämonium geschundener und ausgemergelter Leiber, die von parasitären Gerätschaften gequält und ausgesogen worden waren. Als die satanische Priesterschar vor ihrer höchsten Gottheit angelangt war, hob ihr Oberhaupt, unter gutturalen Beschwörungen und phantastischen Gesten uralter Magie, die dampfende Schale empor, und ein Schwall einer fast schwarzen Flüssigkeit ergoß sich über die Satansstatue. Nun setzten auch die anderen in die Beschwörungen ein, und mit einem unirdischen Rhythmus ihrer schrillen Gebete, die mehr und mehr in das Jaulen von Wölfen übergingen, bahnte sich der Höhepunkt des schrecklichen Rituals an. Alles in der Krypta schien an Leuchtkraft, aber auch an Lebenskraft zu verlieren. Selbst Graf Gregor mußte sich festhalten, denn irgend etwas schien ihm seine innerste Lebensenergie abzusaugen. Und auch die Priester waren davon betroffen und sanken zu Boden, stützen sich mit den Händen ab und jaulten nun endgültig wie Wölfe. Mit der Statue ging derweil eine furchteinflößende Veränderung vor sich. Je weiter die dunkle Flüssigkeit in dünnen öligen Nasen an ihr herabrann, desto mehr verdichtete sich die unheilvolle Atmosphäre. Es wirkte, als gingen all der Glanz und alle Leuchtkraft, die den Flammen in der Halle entzogen waren, auf die Statue über. In ein unwirkliches Licht getaucht wirkte ihre Oberfläche auf einmal seltsam weich und beunruhigend belebt. Ein nahezu greifbares Gefühl der körperlichen Anwesenheit hatte sich ausgebreitet, als ob der Höllenfürst persönlich hier anwesend wäre. Gregor wurde von einer entsetzlichen Vorahnung ergriffen. Mit einem lauten Schrei erwachte er aus seiner Lethargie, denn die Statue hatte ihr Augen geöffnet und ihn mit einem unendlich eiskalten Blick angestarrt. Wie von Sinnen, ergriff er die Flucht. Er hatte etwas gesehen, was bei weitem seine Kräfte überforderte. Rein mechanisch rannten seine Beine wie von selbst die enge Wendeltreppe empor. In seinem Kopf hingegen war nur Platz für einen Gedanken – er, Gregor von Báthory, hatte das Rätsel der ewigen Jugend gelöst – doch um welchen Preis! Vor ihm tauchte plötzlich eine dieser vermummten Gestalten auf. Gregor erkannte unter der abscheulich braunen Kapuze die blicklose, satanische Fratze von Dr. Moreau, dem ehrgeizigen Arzt, der seiner Gattin Sylvia von Báthory das Lebenselixier herstellen sollte, mit dem sie ewig leben sollte.
Ein diabolisches Lächeln der Báthory ließ Gregor erschaudern.
»Vielleicht ist auch möglich, das Lebenselixier auf sanfterem Wege, ohne Qualen zu gewinnen?« fragte er seine Gattin. Sylvia erwiderte mit diabolischem Lächeln.
»Was für eine Verschwendung, die Mädchen einfach nur so zu töten, vielleicht gar zuvor noch zu betäuben! Ich will es genießen, sie leiden zu sehen, mich an ihren Qualen ergötzen!«
Gregor erwiderte skeptisch:
»Du wirst immer sadistischer, meine Liebe!«
Die dunklen Augen der Gräfin funkelten bösartig, während sie sich in Rage redete.
»Ihre kleinen zarten Leiber auszusaugen, das kostbare Lebenselixier vermischt mit ihrem Blute zu trinken, mich darin zu baden, zu spüren, wie ihre Jugend, ihre Kraft, ihre Schönheit, ihr Leben auf mich übergehen. Ihre Schreie sind mir Musik, ihre Angst ist mir Wollust, ihre Schmerzen sind mir Labsal. Wenn ich ihre furchterfüllten Augen sehe, so erwacht der Wolf in mir, die Bestie bricht hervor und ich kann nicht eher ruhen, bis sich meine Zähne tief und tödlich in ihr weiches Fleisch bohren. Oh, Gregor, wir werden eine solch wunderbare Zukunft verleben, eure Macht vereint mit der meinigen wird uns nie geahnte Möglichkeiten eröffnen. Wir werden so satt aus dem Vollen schöpfen, so prall im Saft ewiger Jugend stehen...« Sylvia reckte ihre nackten Arme dem Satansaltar entgegen. Aus der Satansfigur zischte es giftig. Es roch nach Schwefel und Weihrauch. Schier verzückt hatte Sylvie die Hände ihres Gatten ergriffen, der zwischen Abscheu und Begierde hin und her gerissen war. Es war die Berührung, die seine letzten Zweifel hinwegfegte. »Ich will Euch, Sylvia!« Er zog die sich nur schwachsträubende Gräfin an sich heran, »noch heute Nacht will ich Euch nehmen, mich mit Euch vereinen. Gebt Euch mir hin, und ich werde euer Schutzpatron sein, auf daß wir auf ewig in unheiligster Verdammnis, doch voller Wollust und völlig ungehemmt unseren Begierden frönen können, Gräfin!«
Mit einem triumphierenden Lachen riß Sylvia sich von ihrem Gatten los und ließ sich wie eine zum Sprung bereite Katze zu Boden gleiten Ihre Augen blitzten, und sie meinte mit verführerisch sanfter Stimme:
»Laßt uns diesen Pakt schließen mit Luzifer, Gregor! Laßt uns das Ritual vollziehen, auf daß euer Geist und Körper erfrischt werde, auf daß es mich in die rechte Stimmung bringe, euch eine geile, unkeusche Gespielin zu sein!«
Schon hatte sie eine verborgene Glocke geläutet, und Dr. Moreau erschien eilfertig. Was dann geschah, glich einem mittelalterlichen Blutritual. Es wurde eine schändliche Greueltat vollzogen, wobei eine junge Frau geopfert wurde. Ronjas blutleerer Körper hing erschlafft am Satanskreuz. Ein rohes Glimmen lag in den Augen der Gräfin, sie wirkte wie ein verhungerndes Raubtier, dem die frisch geschlagene Beute noch vor dem ersten Bissen entrissen wurde.
»Bringt sie um! Ich will ihr Blut trinken, aber zuvor will ich sie bei lebendigem Leibe ihre verdammten Augen aus den Höhlen reißen!« rief sie verzückt.
»Es darf niemand am Leben bleiben, der auch nur die leiseste Ahnung von den Ereignissen dieser Nacht haben könnte!«
Graf Gregor blickte sie mitleidvoll an, als er entgegnete:
»Sieh mich an, Sylvia, mein Körper ist erfrischt von diesem unseligen Opfer, doch fehlt es mir an Kraft und Waffen, es mit diesem Berserker von Mann und deinen Satanisten aufzunehmen. Oder glaubst du etwa, Sylvia, daß sie sich nach dem, was Sie soeben zu Gesicht bekommen haben, schweigen