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Dorian Hunter 71 - Das Schädelorakel
Dorian Hunter 71 - Das Schädelorakel
Dorian Hunter 71 - Das Schädelorakel
eBook238 Seiten3 Stunden

Dorian Hunter 71 - Das Schädelorakel

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Über dieses E-Book

Um den Hexer Edwin Jong zu töten, muss Dorian Hunter dessen Herz finden. Doch dieses ist gut versteckt. Ein Schatz, den die neue Ratten-Jenny bewacht, ist die beste Spur des Dämonenkillers. Gibt es einen Zusammenhang zwischen seiner Suche in der Gegenwart und seinem früheren Leben als Sklave Eno in der niederländischen Kolonie Demerara? Gleichzeitig zieht sich die Schlinge um Dorians Hals weiter zu. Noch immer seinerseits gejagt von Jong, abgeschnitten von allen Verbündeten, hat er nur die geheimnisvolle Salamanda Setis an seiner Seite – und deren Motive sind alles andere als klar.

Der 71. Band der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter. - "Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
262: "Sklavenaufstand"
263: "Das Schädelorakel"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum7. März 2013
ISBN9783955720711
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    Buchvorschau

    Dorian Hunter 71 - Das Schädelorakel - Catalina Corvo

    Das Schädelorakel

    Band 71

    Das Schädelorakel

    von Catalina Corvo und Logan Dee

    nach einer Story von Susanne Wilhelm

    © Zaubermond Verlag 2013

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Lektorat: Andrea Bottlinger

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Bösen, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Der Pakt galt, und als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, wanderte seine Seele in den nächsten Körper. Im Jahr 1713 wurde er als Ferdinand Dunkel in Wien Zeuge, wie Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, von einem Nachfolger verdrängt wurde, der sich fortan Asmodi II. nannte. Asmodi II. kann Dorian schließlich töten.

    Nach vielen Irrungen nimmt Lucinda Kranich, die Schiedsrichterin der Schwarzen Familie, die Rolle des Asmodi an. Niemand weiß, dass sie in Wirklichkeit hinter dem wiedererstandenen Fürsten steckt. Und letztendlich wird ihre Maskerade Wirklichkeit. Dass Lucinda sich einen Teil Asmodis einverleibt hat, um seine Macht zu erlangen, wird ihr zum Verhängnis. Während eines Kampfes gegen einen Zentrumsdämon, der unter den Isles of Scilly gefangen war, übernimmt der in ihr schlummernde Asmodi die Kontrolle über ihren Körper und ersteht so tatsächlich wieder auf.

    Zur selben Zeit kann Olivaro von den Scillies ein seltenes Artefakt mitnehmen: den Feuerschädel. Daraus erschafft er den Stab des Schlichters, ein Artefakt, mit dem eine Schlichterin noch vor der Zeit der Schwarzen Familie für Ordnung unter den Dämonen gesorgt hatte. Nun soll der neue Schiedsrichter der Schwarzen Familie derjenige sein, der diesen Stab berühren kann, ohne zu verbrennen.

    In einem rumänischen Dorf fällt die Entscheidung – und ausgerechnet Coco Zamis wird zur neuen Schiedsrichterin. Dorian Hunter fühlt sich verraten und verlassen und setzt alles daran, sie zurückzuholen. Doch seine Feinde sind ihm einen Schritt voraus. Sie versprengen das Dämonenkiller-Team und töten Trevor Sulivan. Nur mit der Unterstützung der babylonischen Vampirin Salamanda Setis bricht Hunter auf, um Edwin Jong, Cocos größten Konkurrenten, für den Tod seines alten Freundes büßen zu lassen.

    Erstes Buch: Der Sklavenaufstand

    Der Sklavenaufstand

    von Catalina Corvo

    nach einer Story von Susanne Wilhelm

    1. Kapitel

    Demerara, Niederländisch Guayana,

    Südamerika, 1776

    Der dumpfe Rhythmus der Trommeln schwebte über dem schweigenden Dorf wie eine drückende Dunstglocke. Die bastgedeckten Holzhütten vibrierten unter dem unablässigen Ruf der Tierhäute wie zitternde Schafe.

    Ihre Bewohner jedoch hatten die kleinen, lumpigen Behausungen verlassen. Schlanke, dunkle Körper, glänzend von Öl, drängten sich durch das dichte Unterholz des Waldes.

    Eigentlich gehörten sie nicht hierher. Die brutale Knute der niederländischen Kolonialherren hatte sie von ihrer afrikanischen Heimat in die neue Welt verpflanzt.

    Ihnen jedoch erschien das Land voll unwegsamer Urwälder und unzähliger Ströme keineswegs neu oder verheißungsvoll. Sie kannten nur die Zuckerplantagen, auf denen sie tagein, tagaus schufteten, eingepfercht in ihren Lehm- und Strohhütten wie die mageren Ziegen im Mittagsregen in ihren Unterständen. In Angst vor den grausamen Herren und den Indianern, die sich in den höher gelegenen Regionen des Urwaldes verbargen.

    Ihre alten Traditionen hatten die Sklaven jedoch mitgebracht und bewahrten sie auch unter fremden Sternen. Besser als die Weißen beherrschten sie die Kunst, mit dem Dschungel zu sprechen.

    Rote Schlangen aus Lehm und Blut prangten auf der schwarzen Haut, weiße Fratzen verbargen die wahren Züge und erwiesen den alten Loagöttern Ehre.

    Auf dem Tanzplatz trafen sie sich. Einer der wenigen Orte im Wald, den sich die verhassten Weißen noch nicht unter ihre gierigen Nägel gerissen hatten.

    Erwartungsvoll sammelten sich die Dörfler am Rand des heiligen Platzes, hinter den Trommlern, deren dürre Finger die Instrumente singen ließen. Der Dschungel schluckte einen Großteil des machtvollen Rufs, doch was zurückblieb, war umso dumpfer und unheimlicher. Der Gesang der Trommeln kroch über den Boden wie eine Natter, bereit, jederzeit hervorzustoßen und jeden Einzelnen in die Zehen zu beißen, damit die Gebissenen in Rage verfielen und um ihr Leben tanzten.

    Nicht wenige der Dörfler hielten den Atem an. Wen würde die unsichtbare Natter diesmal treffen, wer würde zum Vehikel der Loa werden?

    Unmerklich veränderte sich der Rhythmus der Trommeln, wurde langsamer, wie ein Herz, das sich zum Schlafen bereit machte, in Erwartung den Traum zu empfangen, den die Götter sandten.

    Babatunde, der Schamane, trat in den Kreis. Ins Gewand des Leoparden gehüllt, stieß er einen dumpfen Schrei aus. Er schüttelte den Stab aus Knochen, die getrockneten Kobrahäute schwangen wie Peitschenglieder hin und her. Die Geiermaske hatte seine faltigen Gesichtszüge gefressen. Die schwarzen Augen hinter der Federmaske glitzerten in einem dunklen Feuer. Sein Hals wirkte dürrer und faltiger als sonst und sein Körper gedrungener. Die Arme unnatürlich lang, die in frisches Blut getauchten Finger und Nägel doppelt so groß wie sonst. Es schien, als zögen die Loagötter seinen Körper in die Länge und Breite ganz nach Lust und Belieben.

    Der alte Schamane fiel in einen langsamen Tanz. Seine Füße, täppisch und langsam zuerst, begannen im steigenden Rhythmus der Schläge zu stampfen, zu stoßen.

    Obwohl die Sonne innerhalb weniger Augenblicke hinter den Horizont stürzte, flirrte und flimmerte die Luft. Fackeln erleuchteten die Szenerie, und die Männer und Frauen des Dorfes atmeten den Gesang der Loa-Nacht.

    Dem bezwingenden Ruf der Trommeln und des Tanzes folgend, stießen sie dumpfe, tierhafte Laute aus. Die Ritualdiener zerrten die Ziege herbei.

    Das Tier stieß ein meckerndes Jammern aus, es ahnte sein Schicksal. Die Männer schleiften die sich sträubende Kreatur zu Babatunde.

    Er hob den Opferdolch. Die Trommeln schlugen einen rasenden Rhythmus, die Frauen verfielen in wehklagendes Jauchzen, die Männer stießen dumpfe Grunzlaute hervor. Schon brachen die Ersten in die Knie, überwältigt von der Macht der alten Götter.

    Die Opferdiener legten die Kehle des zitternden Tieres bloß. Es verdrehte die Augen in Todesangst. Babatundes Hand fuhr herab. Das Meckern erstarb.

    Rot glänzten die Gesichter und Arme der Opferdiener, frisches dunkles Rot sprenkelte auch das Geierantlitz.

    Dann versenkte der Geier seinen spitzen Schnabel im noch lebenden Fleisch des Opfers, die Ritualdiener brachen in die Knie und wälzten sich zuckend am Boden.

    Schwarzer Schaum trat aus dem Maul der Ziege, während das Leben ihren Körper verließ.

    Der Geier fiel nun endgültig in Raserei. Ausgelassen jagten seine Füße über den festgestampften Boden.

    Eine Frau kreischte, dann spürte der Junge, wie die Kraft über ihn kam.

    Wie eine dunkle Flut drang die uralte Macht in ihn ein, füllte sein Fleisch, seine Haut und ließ ihn tanzen. Er öffnete den Mund und stieß ein dumpfes Geheul aus. Wie der Rauch, der sich über dem Vulkan kräuselte, schwebte es durch die Nacht und kündete von dem Aufruhr in seinem Inneren.

    Wie ein Schrei war dieses fremde Bewusstsein, das sich in seines fraß und durch seine Adern strömte. Einem Heer Würmer und Larven gleich, wimmelte ein eisiger kosmischer Wille in seinen Muskeln und Sehnen und ließ ihn tanzen und jene Gesten ausführen, mit Hilfe derer die Götter einst die Mächte des Chaos zurückgetrieben hatten in die Tiefen der See und die Finsternis zwischen den Sternen.

    Er seufzte und heulte, getrieben von ihrer Kraft, und tanzte in weiten Sprüngen und wilden Drehungen über den Tanzplatz.

    Nun folgte er nicht mehr den Trommeln, sie folgten ihm. Und zu ihrem Rhythmus, den er mit seinem Stampfen und seinen schlenkernden Armen vorgab, fielen alle Dörfler in den Tanz ein. Sie erhoben ihre Stimmen zu einem wütenden Geheul.

    Im Rausch der Nacht und der Schläge gaben sich die Sklaven ihren alten Göttern hin, vergaßen die Knute der Aufseher, den Hunger und die geblähten Bäuche der schwächsten Kinder. Ihr kreischender Gesang übertönte sogar den Lärm aus dem Herrenhaus.

    Der Dschungel verbarg das rote Leuchten aus den Fenstern, und der Rauch aus den Feuerstellen wehrte den schweren, lähmenden Duft ab, der mittlerweile selbst bis in den Dschungel strömte und mit seiner verrottenden Süße die Nachtblüten vergiftete.

    Der Junge hob die Hände zur Abwehr und verging fast im Schrei seines Triumphs, als er die fremden Mächte schwinden spürte. Das, was nach dem Dorf griff, wich zurück, zurück zu den Plantagen.

    Mit ihm wich auch die fremde Kraft aus seinen Adern, er taumelte und fiel. Doch die kräftigen, knochigen Hände des alten Schamanen fingen ihn auf und brachten ihn sanft zur Erde. »Gut gemacht«, raunte Babatundes dunkle heisere Stimme. »Gut gemacht, Eno. Heute Nacht sind wir sicher.«

    Zwei Männer trugen den Jungen zurück ins Dorf. Der Nachtwind kühlte seine schweißnasse Haut. Doch das Blut pochte noch in seinen Ohren, seine Sinne waren überreizt, dennoch vermochte er kaum wahrzunehmen, was um ihn herum vorging. Mit dem Blut des Opfertieres schmierte Babatunde Schutzzeichen an die Hütten. Schon verbargen sich die dürren Sklaven wieder in ihren dürftigen Behausungen.

    Trotz des düsteren Johlens und der brünstigen Schreie, die vom Herrenhaus herüberdrangen, fanden sie Ruhe unter dem Schutz ihrer vertrauten Götter.

    Eno fand Ruhe in der Hütte des Schamanen. Die dürren, doch kräftigen Hände mischten rohes Ei, Zuckerrohrschnaps und Kräutersud zu einem stärkenden Gebräu und führten es zu seinen Lippen. Der Junge trank gierig, dann ließ er seinen brummenden Schädel auf das Lager aus Palmblättern sinken. Er starrte hinauf zur Decke aus Reisig und trockenem Bananenlaub. Über ihm wiegten sich herabhängende Kräutersträuße, Schlangenhäute, Meerkatzenpfoten und kleine Tierschädel im Luftzug. Sein Herzschlag beruhigte sich nur langsam.

    »Du besitzt eine besondere Verbindung zu den Göttern.« Der Schamane brachte ein paar Holzscheite in der Feuerstelle zum Glimmen, hängte einen alten mit Wasser gefüllten Tontopf darüber und hockte sich mit gekreuzten Beinen neben ihn. »Und ein natürliches Talent für Magie. Die Alten haben dich gesegnet.«

    Enno rang um Luft. »Aber dennoch müssen wir diese Peiniger ertragen«, stieß er hervor. »Selbst jetzt vergiftet der Lärm ihrer götterverfluchten Heimstatt unsere Ohren.«

    Nun, da die Trommeln verklungen waren und sich wieder Stille über das Hüttendorf gelegt hatte, vernahmen die stummen Dörfler nur allzu deutlich die spitzen Schreie und das unheimliche Fauchen und Jaulen. Der Krach drang in Nächten wie diesen vom Haupthaus herüber wie eine höhnische Drohung. Das Geheul würde die ganze Nacht anhalten und erst beim Morgengrauen abreißen.

    Die Sklaven wussten eins nur allzu gut: Ihr Herr war der Teufel, und erst das Licht der Sonne setzte seinem bösen Treiben ein Ende.

    Schließlich wirkte Babatundes Trank, und der Junge schlief trotz der verstörenden Laute ein. Doch sie verfolgten ihn bis in seine Träume. Unruhig wälzte er sich auf seinem Lager hin und her und schwitzte wie im Fieber. Bis ein panischer Schrei ihn aus seinen wirren Träumen riss.

    Dorian, Umland von Amsterdam,

    Niederlande (Gegenwart)

    Der Dämonenkiller erwachte schweißgebadet. Sein Herz schlug schnell, doch entglitt ihm der Grund dafür. Ein Teil der geträumten Erinnerung jedoch war allzu klar in seinem Gedächtnis präsent. Eno, der Junge, der die Götter anrief und bei einem alten Schamanen in die Lehre ging.

    Einen Augenblick lang glaubte Dorian, die würzige Seeluft einer fremden Küste zu riechen, ihren einzigartigen Geruch durchsetzt von Rauch, exotischen Kräutern und Fisch, der hinter der Hütte trocknete.

    Doch war die Luft, die ihm entgegenschlug, klamm und modrig. Er setzte sich auf und ließ den Blick schweifen. Das Dach der alten Scheune wies große Löcher auf, Strohreste schimmelten in den Ecken vor sich hin. Eindringender Regen hatte auf dem staubigen Boden kleine Bäche gebildet, und so übersäte ein chaotisches Gewirr aus Pfützen und Schlamm den Untergrund.

    Zu seinen Füßen raschelte ein kleiner Körper durch einen Haufen dreckverkrusteter Abdeckplanen. Dorian richtete sich auf. Die Bretterbank, die ihm als Unterlage diente, knarrte, und das Tier, das er aufgestört hatte, huschte davon. Eine widerliche kleine Ratte.

    Dorian war versucht, dem Biest etwas hinterherzuwerfen, aber sie war schon im Schatten eines uralten Traktors verschwunden, der halb abgedeckt im hinteren Teil der Scheune vor sich hin rostete.

    Dorian fluchte leise. Ratten. Immer wieder Ratten. Seit er seine Jagd nach Edwin Jong begonnen hatte, wichen ihm die Biester nicht mehr von der Seite. Bei jedem der kleinen Plagegeister musste man damit rechnen, beobachtet zu werden. Immerhin ließ sich das Tier nicht mehr blicken, das ließ hoffen, dass es sich bei diesem Exemplar um eine gewöhnliche Ratte handelte.

    Dennoch beschlich ihn eine innere Unruhe, die durch seinen verwirrenden Traum nur verstärkt wurde. Schließlich war seine Flucht mit Salamanda Setis vom Anwesen des holländischen Hexers denkbar knapp gewesen. Allein die Wiederauferstehung der alten Ratten-Jenny hatte den Plan des Hexers durchkreuzt und Dorians Leben gerettet.

    Doch über allzu großen Komfort konnte man sich nicht beschweren. In Ermangelung besserer Optionen hatte diese Bruchbude von einer Scheune für die dringend benötigte Verschnaufpause herhalten müssen.

    Und mehr als diese kurze Pause wollte sich der Dämonenkiller nicht gönnen. Mit dem Leben davongekommen zu sein, bedeutete noch lange keinen Erfolg. Auch seine Pläne hatten nicht gefruchtet. Die neue Ratten-Jenny, die ihn zu Jongs Schatz hätte führen können, war außer Reichweite. Falls sie überhaupt noch lebte und nicht von den Dienern der alten Jenny zerfleischt worden war.

    Er legte die Stirn in Falten. Das waren trübe Aussichten.

    Die Rabisu hatte es sich auf einem alten Melkschemel mehr oder weniger bequem gemacht. Sie hatte die Lider halb geschlossen und schien nach draußen zu lauschen.

    »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Dorian knapp.

    Sie hob den Kopf. Mit einem Hauch von Gleichgültigkeit erwiderte sie seinen forschenden Blick. »Nicht lange. Aber es schien, als ob du die Ruhe nötig hattest. Du hast geträumt.«

    »Das weiß ich selbst«, erwiderte er unwirsch. »Was weißt du über den Verbleib der kleinen Ratten-Jenny? Ist während meines Schlafs etwas geschehen, das ich wissen sollte?«

    Er reckte sich und dehnte die Muskeln, um wieder Leben in seinen schlafmüden Körper zu bringen. Auch wenn ihm die Vision noch in den Knochen steckte und sein Schädel brummte wie nach einer durchzechten Nacht.

    Salamanda verneinte. »Ich kann dir nur sagen, was ich zuletzt wahrgenommen habe. Die Ratten haben sich von Jongs Grundstück zurückgezogen. Also können wir annehmen, dass die Situation geklärt wurde. So oder so.«

    »Das heißt, die neue Jenny ist entweder tot, oder Jong hat die Oberhand behalten und die Ratten der alten Jenny vertrieben«, mutmaßte er. »Die alte Jenny hätte nie freiwillig von ihrer Mordlust abgelassen.«

    »Das glaube ich auch nicht«, stimmte die Dämonin zu. »Ich setze auf Jong.«

    Dorian musterte die Vampirin abschätzend. Sich auf eine wie sie verlassen zu müssen, mit einer Blutsaugerin verbündet zu sein, wurmte ihn. Sie gab sich friedlich und loyal. Aber wie lange? Trauen konnte man ihr vermutlich nicht.

    Doch eine andere Wahl hatte er nicht. Denn jäh spürte Dorian, dass die Zeit der Visionen noch nicht vorbei war. Ein stechender Kopfschmerz und ein flaues Gefühl in der Magengrube kündigten eine weitere Welle ungebetener Erinnerung an.

    Er kannte den Prozess mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er dagegen machtlos war. Wieder einmal triumphierte ein früheres Leben über die Gegenwart. Es gelang ihm gerade noch, mit rauer Stimme Salamanda loszuschicken, um die Lage auszukundschaften, dann riss ihn die Erinnerung mit sich in die Dunkelheit.

    Edwin Jong (Gegenwart)

    Die kleinen Knochen knackten wie die Schale einer Walnuss, als die Stiefelsohle das Fellbündel in die Blutlache drückte. Ärgerlich betrachtete Edwin Jong seine Stiefel. Schlamm- und blutverkrustet gaben sie nicht mehr das hübscheste Schuhwerk ab. Die toten Ratten waren noch schwerer zu ertragen als die lebenden.

    Irgendwer musste die Schweinerei schließlich beseitigen, die der Dämonenkiller und die beiden Jennys hinterlassen hatten.

    Der Landsitz bot keinen eleganten Anblick mehr. An den Wänden und am grauen Reetdach klebten Eingeweide.

    Die Überreste zerfetzter Tierkörper erinnerten an Farbkleckse. Sie bildeten ein zufälliges, hässliches Muster an den Wänden.

    Ein paar besonders malerisch verreckte Tiere steckten aufgespießt unter Glassplittern.

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