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Geheimnisvoller Herr der Schatten: Patricia Vanhelsing aus London ermittelt Band 17. Zwei mysteriöse Fälle
Geheimnisvoller Herr der Schatten: Patricia Vanhelsing aus London ermittelt Band 17. Zwei mysteriöse Fälle
Geheimnisvoller Herr der Schatten: Patricia Vanhelsing aus London ermittelt Band 17. Zwei mysteriöse Fälle
eBook290 Seiten3 Stunden

Geheimnisvoller Herr der Schatten: Patricia Vanhelsing aus London ermittelt Band 17. Zwei mysteriöse Fälle

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Über dieses E-Book

Patricia Vanhelsing ist Reporterin eines Boulevard-Blattes in London - und ihre Spezialität sind Fälle der ungewöhnlichen, mysteriösen Art. Sie stellt sich auch den unfassbarsten Geheimnissen und lässt nicht locker, ehe auch das letzte Geheimnis enträtselt ist.
 
Dieser Band enthält folgende Bände:
 
Dämonen-Dschungel
Todesangst glänzte in den mandelförmigen Augen des jungen Mönchs. Er raffte das orangefarbene Gewand enger zusammen. Das fahle Mondlicht spiegelte sich auf dem kahlrasierten Schädel. Schweißperlen stand ihm auf der Stirn. Der junge Mann schrak zusammen.
Ein grauenerregender Schrei durchschnitt die feuchtheiße Luft.
Ein Schrei, der alle anderen Laute des Dschungels mit einem Mal verstummen ließ.
Gespenstische Stille machte sich breit.
Der Mönch starrte wie gebannt in die namenlose Dunkelheit, die in den unteren Regionen des dampfenden Dschungels herrschte.
Es kommt näher!, durchzuckte es ihn.
Panik stieg in ihm auf.
 
Vampirblut
Vampire im schottischen Hochland. Aus einer zunächst unglaublichen Meldung wird für Patricia Vanhelsing rasch Gewissheit. Ausgerechnet ihre Tante hat sich auf den Weg dorthin aufgemacht, um einem alten Freund zur Seite zu stehen. Patti und Tom Hamilton machen sich ebenfalls auf den Weg, doch schon auf der Anreise wird der Zug von den Vampiren überfallen. Nur mit Hilfe einer alten Beschwörung entgehen sie einem grausigen Schicksal. Aber wo ist Tante Lizzy, und weshalb benehmen sich die Leute hier so seltsam? Als Patricia gebissen wird, erkennt sie die Hintergründe, doch sie verwandelt sich gerade selbst in einen Vampir, ohne Hoffnung auf Erlösung.
 
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell

SpracheDeutsch
HerausgeberYbeling Verlag
Erscheinungsdatum19. Mai 2023
ISBN9783753200361
Geheimnisvoller Herr der Schatten: Patricia Vanhelsing aus London ermittelt Band 17. Zwei mysteriöse Fälle

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    Buchvorschau

    Geheimnisvoller Herr der Schatten - Alfred Bekker

    Dämonen-Dschungel

    Ein Patricia Vanhelsing-Roman

    von Alfred Bekker

    Mein Name ist Patricia Vanhelsing und – ja, ich bin tatsächlich mit dem berühmten Vampirjäger gleichen Namens verwandt. Weshalb unser Zweig der Familie seine Schreibweise von »van Helsing in »Vanhelsing änderte, kann ich Ihnen allerdings auch nicht genau sagen. Es existieren da innerhalb meiner Verwandtschaft die unterschiedlichsten Theorien. Um ehrlich zu sein, besonders einleuchtend erscheint mir keine davon. Aber muss es nicht auch Geheimnisse geben, die sich letztlich nicht erklären lassen? Eins können Sie mir jedenfalls glauben: Das Übernatürliche spielte bei uns schon immer eine besondere Rolle.

    In meinem Fall war es Fluch und Gabe zugleich.

    1

    Todesangst glänzte in den mandelförmigen Augen des jungen Mönchs. Er raffte das orangefarbene Gewand enger zusammen. Das fahle Mondlicht spiegelte sich auf dem kahlrasierten Schädel. Schweißperlen stand ihm auf der Stirn. Der junge Mann schrak zusammen.

    Ein grauenerregender Schrei durchschnitt die feuchtheiße Luft.

    Ein Schrei, der alle anderen Laute des Dschungels mit einem Mal verstummen ließ.

    Gespenstische Stille machte sich breit.

    Der Mönch starrte wie gebannt in die namenlose Dunkelheit, die in den unteren Regionen des dampfenden Dschungels herrschte.

    Es kommt näher!, durchzuckte es ihn.

    Panik stieg in ihm auf.

    Und selbst die Konzentrationstechniken, da man ihm im Kloster von Pa Tam Ran beigebracht hatte, vermochten es nicht, das Zittern zu unterdrücken, das seinen gesamten Körper erfasst hatte.

    Wieder ein schauriger Schrei aus der Schwärze des dichten Unterholzes... Von dort her, wohin kein Strahl des fahlen Mondlichtes zu dringen vermochte. Dumpf und kehlig klang dieser Laut. Er konnte einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.

    Es raschelte.

    Stampfende Schritte dröhnten auf dem Waldboden. Äste knackten.

    »Nein«, flüsterte der Mönch tonlos. »Ihr Götter!« Er stürzte weiter, taumelte, als sein Fuß sich in einer Schlingpflanze verfing.

    Schwer fiel der Mönch zu Boden. Er rappelte sich mit panischen, rudernden Bewegungen wieder auf. Das dichte Gestrüpp riss ihm die Haut auf.

    Er glaubte fühlen zu können, wie sich etwas von hinten näherte.

    Ein eiskalter Schauder fuhr dem jungen Mann über die Schulter. Er drehte sich um. Der Mönch hörte einen keuchenden Atem, dazu die stampfenden Schritte. Das Unterholz teilte sich. Eine etwa zweieinhalb Meter hoch aufragende Gestalt räumte mit weit ausholenden Bewegungen das Gestrüpp zur Seite.

    Nur kurz fiel das fahle Mondlicht auf die Gestalt. Dem Mönch drohte das Blut in den Adern zu gefrieren. Er glaubte an die Wiedergeburt und hatte keine Angst vor dem Tod. Schließlich wusste er, dass der Tod nichts anderes war, als ein Übergang in eine andere Existenz.

    Der Mönch erinnerte sich vieler Leben, die er gelebt hatte. Und vieler Tode, die er gestorben war.

    Aber das, was er in dieser Sekunde sah, ging weit über die Grenzen des Vorstellbaren.

    Die Gestalt kam näher.

    Der Mönch fühlte eine geradezu unmenschliche Kälte in sich aufsteigen. Eine Kälte, die alles durchdrang und binnen eines Augenblicks den letzten Winkel seiner Seele ausfüllte. Die Aura des Todes...

    Aber der junge Mönch spürte instinktiv, dass dieser Tod nichts mit jenem Übergang in ein anderes Leben zu tun hatte, den er kannte...

    Es war das absolute, endgültige Nichts.

    Die ewige Nacht.

    Die Erstarrung in namenloser Kälte.

    Die Gestalt hielt einen Augenblick inne. Entfernt erinnerte sie an die Umrisse eines Menschen. Wie ein verzerrter Schatten wirkte sie. Die Arme waren sehr lang, das gleiche galt für die vier Finger an den Händen...

    Als das Mondlicht sie für Sekundenbruchteile beschien, war zu sehen, dass es lange, dornenartige Krallen waren, die diese Finger so lang erscheinen ließen. Spitze, stachelartige Auswüchse waren auch an den Armen und den Schultern. Vom Kopf war nicht viel zu sehen.

    Das meiste lag gnädigerweise in der Finsternis des Schattens.

    Aber das Mondlicht spiegelte sich in einem glatten Wulst, der sich auf dem Schädel befand und ebenfalls von dornenartigen Stacheln umrahmt wurde.

    Dieser Wulst wirkte wie ein glatter Panzer aus glänzendem Chitin.

    Die Gestalt stieß ein dumpfes Brummen aus. Ein eigenartiger, vibrierender Ton, der nichts Menschliches an sich hatte und entfernt an die Laute von Insekten erinnerte. Das Wesen setzte stampfend einen Fuß vor den anderen. Mit weit ausholenden Bewegungen fuhren die messerscharfen Krallen durch die Pflanzen, mähten sie wie eine Sense hinweg. Der Mönch stolperte.

    Immer wieder wandte er sich herum, starrte mit aufgerissenen Augen seinem grauenerregenden Gegenüber entgegen.

    Er verfing sich im dichten Gestrüpp, strauchelte, blieb aber auf den Beinen. Mit der Energie der Verzweiflung rannte er weiter, immer tiefer in das dichte Gewirr des Dschungels hinein.

    Das unheimliche Wesen ließ einen brüllenden Laut hören. Es hob die vierfingrigen Hände.

    Das tiefe, brummende Geräusch war wieder zu hören. Die Hände verfärbten sich. Sie wirkten jetzt, als ob sie aus rotglühendem Metall bestünden.

    Grelle Strahlen schossen gleichzeitig aus beiden Händen heraus. Blitzen gleich zuckten sie durch die Nacht und trafen sich genau zwischen den Schulterblättern des Mönches. Dieser erstarrte mitten in der Bewegung.

    Sein Gesicht war eine Maske gefrorenen Schreckens. Der Mund war weit aufgerissen, wie zu einem letzten Schrei. Ein Schrei, den er nicht auszustoßen vermochte. Grelles Licht umfing ihn.

    Er zitterte, als ob ein Stromstoß von ungeheurer Stärke seinen Körper durchfuhr.

    Das dumpfe Brummen, das von dem Wesen ausging, wurde lauter. Es wirkte beinahe wie ein Laut des Wohlbehagens. Der junge Mönch zuckte noch immer wie eine Marionette. Die Strahlen, die aus den glühenden Händen des Wesens herausschossen, waren wie Fäden, an denen eine willenlose, tote Puppe hilflos zappelte.

    Der Körper des Mönchs wurde durchsichtig.

    Sein Skelett war wie auf einem Röntgenschirm zu sehen. Dann hörte der Strahlenbeschuss auf. Wie Fackeln leuchteten die rotglühenden Hände des Monstrums. In ihrem Schein war die erstarrte Gestalt des Mönchs zu sehen.

    Kaum eine Sekunde lang stand er so da, dann begann sich die Haut an der durch sein orangefarbenes Gewand freigelassenen Schulter aufzulösen.

    Sein Fleisch verwandelte sich in Staub.

    Wie eine aus nassem Sand geformte Figur bröckelte der Körper auseinander.

    Das Skelett in einzelne Knochen.

    Es hatte keinerlei Zusammenhalt mehr. Wirbel und Rippen lösten sich voneinander, als würden sie nur noch aus porösem, brüchigen Kalk bestehen.

    Mit einem klackernden Geräusch sackte das Skelett förmlich ineinander.

    Innerhalb eines Augenblicks lag da nur noch ein Haufen aus feinem, grauen Staub und Knochen. Das orangefarbene Gewand des Mönchs hatte sich über den Totenschädel gelegt. Das Monstrum streckte den Gebeinen des Mönchs die Handflächen seiner noch immer wie glühend wirkenden Pranken entgegen.

    In beiden Handflächen entstand eine Öffnung, die an einen gierigen Schlund erinnerte.

    Das Brummen, das von dem Wesen ausging, veränderte sich. Die Tonhöhe hob sich etwas, wurde durchdringender. Ein zischendes Geräusch mischte sich dazu.

    Der Haufen der Gebeine wurde auf einmal durcheinandergewirbelt. Die Schlünde auf den Handflächen des Monstrums saugten den Staub an. In einem grauen, unheimlichen Strom gelangte das feine, ascheartige Material in die dunklen Öffnungen hinein. Nur das orangefarbene Gewand, Knochen und ein bleicher Totenschädel blieben zurück.

    2

    Oft genug war ich mitten in der Nacht erwacht, schweißgebadet von einer jenen alptraumhaften Visionen, die mich regelmäßig heimsuchen. Sie sind Teil einer leichten übersinnlichen Begabung, die ich von meiner Mutter erbte. Diesmal aber hatte keine Vision mir den Schlaf geraubt. Keine mehr oder minder rätselhaften Bilder aus der Zukunft, der Vergangenheit oder von fernen Orten waren mir erschienen, Bilder, von denen ich stets wusste, dass sie irgend etwas mit meinem eigenen Schicksal zu tun haben mussten.

    Diesmal war es wohl nur der Vollmond gewesen, der für meine Schlaflosigkeit verantwortlich war. Als fahles Rund schien er direkt in mein Schlafzimmer hinein.

    Ich seufzte.

    Eigentlich brauchte ich den Schlaf. Morgen würde ich wieder früh in der Redaktion der LONDON EXPRESS NEWS als Reporterin meine Frau stehen müssen. Und dazu war man besser ausgeschlafen.

    Aber es hatte keinen Sinn. Immer wieder hatte ich mich in den Kissen herumgewälzt.

    Toms Schulter fehlt dir, ging es mir durch den Kopf. Aber Tom Hamilton, der Mann, den ich liebte, war für ein paar Tage nach Stockholm gefahren. Er war ebenso wie ich als Reporter bei dem Boulevardblatt LONDON EXPRESS NEWS angestellt und besuchte als solcher einen Kongress von UFOlogen, um für unser Blatt darüber zu berichten.

    Ich strich mir das Haar aus dem Gesicht.

    Ein paar sehnsuchtsvolle Gedanken stellten sich ein. Wie lange wird es sich halten, dieses Gefühl der Verliebtheit?, fragte ich mich. Ich hoffte, für immer. Geräusche rissen mich aus meinen Gedanken heraus. Sie drangen von draußen an mein Ohr.

    Schritte!

    Ich schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf. Barfuß ging ich zum Fenster.

    Ich lauschte.

    Wieder hörte ich Schritte.

    Jemand ging mit harten Sohlen über den Steinweg im Garten. Ich blickte hinaus, sah eine schemenhafte Gestalt. Als sie aus dem Schatten der hohen Bäume ins fahle Mondlicht trat, erkannte ich sie.

    Es war niemand anderes als meine Großtante Elizabeth Vanhelsing, in deren Villa ich nach wie vor lebte.

    Was macht Tante Lizzy da draußen - um diese Zeit?

    Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.

    Tante Lizzy verschwand hinter ein paar Sträuchern. Sie hielt irgend etwas in der Hand. Vielleicht ein Eimer... Ein kurzer Blick zur Uhr sagte mir, dass Mitternacht schon vorbei war. Die Vorstellung, schon bald wieder aufstehen zu müssen ließ mich schaudern. Und mindestens ebenso furchtbar war die Vorstellung eines grantigen Chefredakteurs. Und Michael T. Swann würde mit Sicherheit schlechte Laune bekommen, wenn ich vor lauter Übermüdung meine Artikel mit zahllosen Rechtschreib- und Tippfehlern spickte... Ich zog mich trotzdem an. Eine Jeans, ein Sweat-Shirt und Turnschuhe. Dann lief ich die Treppe hinunter. In Tante Lizzys Villa bewohnte ich die oberere Etage. Ich durchquerte den düsteren Flur, dessen Wände mit überquellenden Bücherregalen nahezu völlig bedeckt waren. Es war beinahe unmöglich, hier auch nur einen Quadratzentimeter zu finden, auf dem die freie Tapete zu sehen war. Aber so sahen in dieser Villa alle Räume aus - von meiner Etage abgesehen. Tante Lizzys umfangreiche Sammlung okkulter Schriften platzte aus allen Nähten.

    Über den Salon gelangte ich zum Hintereingang der Villa. Die Tür war nur angelehnt.

    Ich trat hinaus, fühlte den kühlen Wind, der mich ein wenig frösteln ließ und gleichzeitig den letzten Rest von Müdigkeit hinwegfegte.

    Diese verfluchten Vollmondnächte...

    »Tante Lizzy?«, rief ich.

    Niemand antwortete. Nur der Ruf einer Eule war zu hören, die irgendwo in dem dichten Geäst der hohen Bäume sitzen musste und auf Beute wartete.

    Ich ging in den verwilderten Garten der Vanhelsing Villa. Das Gras war knöchelhoch und entsprach überhaupt nicht dem, was man gemeinhin unter einem englischen Rasen verstand. Aber bei all den Aktivitäten, die die alte Dame im Hinblick auf ihr Okkultismus-Archiv zu bewältigen hatte, konnte es schon vorkommen, dass die Gartenpflege etwas zu kurz kam. Vielleicht mit Ausnahme ihres Kräutergartens.

    Ich lief durch das feuchte Gras und sah mich um.

    »Tante Lizzy?«

    »Kind!«

    Ich sah sie am Ende des Steinplattenwegs. Ihre Hand hielt sie in der Nähe des Herzens. »Meine Güte, hast du mich aber erschreckt.«

    »Tut mir leid, das wollte ich nicht...«

    »Mein Herz ist keine zwanzig mehr!« Sie näherte sich. In der Hand hielt sie tatsächlich einen Eimer. Ich konnte aber nicht erkennen, was sich darin befand. Immerhin musste er ziemlich schwer sein.

    »Warte, ich nehme dir das Ding ab...«

    »Nein, nein, Patti! Lass nur! So alt und gebrechlich bin ich dann doch noch nicht.«

    Ich sah sie etwas erstaunt an.

    Der bleiche Mond spiegelte sich in den gütigen Augen jener Frau, die mich nach dem frühen Tod meiner Eltern bei sich aufgenommen hatte.

    Sie lächelte matt.

    »Was um alles in der Welt machst du hier draußen?«, fragte ich. »Um diese Zeit!«

    Sie seufzte, sah mich prüfend an und ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie nur nach einer Möglichkeit suchte, meiner Frage auszuweichen. »Musst du morgen nicht in die Redaktion?«

    »Ja, sicher...«

    »Mr. Swann wird nicht begeistert sein, wenn du vor dem Computer einschläfst..«

    »Nun sag' schon! Du läufst doch nicht ohne Grund mitten in der Nacht durch den Garten!«

    »Ich habe dir doch von den Schriften eines ungarischen von-Schlichten-Schülers erzählt...«

    »Ferenz Borsody«, sagte ich.

    Tante Lizzy nickte.

    Die - sehr seltenen und oft nur in unzureichenden Übersetzungen auffindbaren - Bücher des früh verstorbenen Okkultismus-Forschers Ferenz Borsody hatten es Tante Lizzy zur Zeit angetan. Borsody war ein Schüler des großen Okkultisten Hermann von Schlichten, der mit seinem Werk ABSONDERLICHE KULTE eine Art Kompendium des Ungewöhnlichen geschaffen hatte. Borsody hatte sich zeitlebens mit der Wirkungsweise der auch bei von Schlichten erwähnten Zeichen des lebenden Todes beschäftigt. Die Mächtigkeit dieser uralten Symbole hatte ich selbst vor kurzem erfahren.

    Tante Lizzy hatte sich in letzter Zeit näher mit Borsodys Schriften befasst. Nacht für Nacht las sie in seinem recht umfangreichen Werk. Sie war inzwischen zu der Ansicht gelangt, dass Borsody möglicherweise Kenntnisse über von Schlichtens legendären aber verschollenen zweiten Band der ABSONDERLICHEN KULTE besaß und so studierte sie die Bücher des Ungarn nun nach versteckten Hinweisen.

    Nächtelang brütete sie über den staubigen Folianten von teils unklarer Herkunft.

    Insbesondere Borsodys Hauptwerk hatte es ihr angetan. Es trug den Titel ZEICHEN DER GEHEIMEN KRAFT und ging offenbar auf die verschollene SAMMLUNG MAGISCHER

    SYMBOLE zurück, die der maurische Geisterseher Abdul von Cordoba im 8.Jahrhundert angelegt hatte.

    »Komm, Patti!«, sagte Tante Lizzy. »Lass uns erst einmal ins Haus gehen...«

    »Aber...«

    »Komm schon!«

    Ich warf einen Blick in den Eimer.

    Der Geruch, der mir von dort entgegenschlug bestätigte meine Vermutung.

    Farbe.

    »Sag bloß, du bist unter die Maler gegangen!«, meinte ich.

    »In gewissem Sinn könnte man das so bezeichnen, Patti... Obwohl ich das Wort schreiben bevorzugen würde.«

    3

    Wir gingen ins Haus. Ich nahm Tante Lizzy den Farbeimer ab. Tante Lizzy verschloss sorgfältig die Tür, als fürchtete sie, dass ihr irgend etwas von da draußen folgen könnte. Sie atmete tief durch.

    »Ich will versuchen, es dir zu erklären«, sagte sie dann und rieb dabei die Handflächen aneinander. »Ich habe dir ja schon viel über Borsody und seine Schriften erzählt...«

    »Ja.«

    »Über die Mächtigkeit der Zeichen der Geheimen Kraft, von denen die Zeichen des lebenden Todes nur eine Art Untergruppe darstellen. Ich habe einige dieser Zeichen um die Villa herum angebracht, Patti!«

    »Aber warum?«

    Ich verstand sie nicht.

    Sie hatte sich zwar über Jahre hinweg mit dem Okkulten und Unerklärbaren beschäftigt, aber wenn jemand vor der Gefährlichkeit magischer Praktiken warnte, dann war sie es. Nie hatte sie dem leichtfertigen Ausprobieren von Ritualen und Beschwörungen das Wort geredet.

    Es musste einen guten Grund für ihren Sinneswandel geben.

    »Wir brauchen einen Schutz, Patti«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Mit dem ORDEN DER MASKE hast du dir eine mächtige Organisation zum Feind gemacht...« Ich verstand, was Tante Lizzy meinte.

    Wiederholt hatten Tom und ich die Machenschaften dieser Weltuntergangssekte aufgedeckt, deren Mitglieder sich mit Hilfe eigenartiger Metallmasken in sogenannte Geister der Sonne zu verwandeln vermochten und ihre Befehle direkt von Cayamu, einem auf dem fernen Planeten einer Doppelsonne residierenden Wesen, erhielten. Der ORDEN arbeitete auf den Tag des Weltuntergangs hin. Cayamu würde dann - so die Prophezeiung die seinen entmaterialisieren lassen, während der Rest der Menschheit ein jämmerliches Ende finden würde. Tante Lizzy sah mich sehr ernst an. »Dem ORDEN stehen natürliche und übernatürliche Mittel zur Verfügung, um seine Gegner zu bekämpfen. Die wissen, wer du bist, wo du wohnst, welche Adresse du hast und welche Menschen dir nahestehen. Vielleicht haben sie noch Pläne mit dir, vielleicht schonen sie dich, weil sie glauben, dich irgendwann für sich gewinnen zu können. Schließlich könnte ihnen deine übersinnliche Kraft von Nutzen sein. Aber wir wissen nicht, wann die Oberen des ORDENS ihre Meinung ändern. Und dafür brauchen wir Schutz. Mehr Schutz, als verstärkte Polizeistreifen einer mutigen Journalistin angedeihen lassen können.«

    »Ich hoffe, du weißt, was du tust, Tante Lizzy.« Sie nickte bestimmt.

    In ihrem Tonfall klang Entschlossenheit mit.

    »Ja, das weiß ich«, erklärte sie im Brustton der Überzeugung. »Und ich kenne auch das Risiko. Schließlich ist unser Wissen über das, was man gemeinhin als okkulte oder parapsychische Kräfte bezeichnet noch sehr lückenhaft. Wir ahnen mehr, als das es wirklich einen Fundus an gesicherten Erkenntnissen gäbe.«

    Tante Lizzy sah mich fragend an, schwieg eine Weile.

    »Willst du mehr darüber wissen?«

    Ich nickte.

    »Dann komm, Patti...«

    Sie nahm mich bei der Hand und führte mich in die Bibliothek. Es war ein eigenartiges Gefühl, das mich beschlich. Am ehesten war es mit jenen Empfindungen vergleichbar, die ich verspürt hatte, als Tante Lizzy mir zum ersten Mal eröffnete, dass ich eine sogenannte Gabe besaß... In der Bibliothek waren sämtliche Tische, Stühle und der Großteil des Fußbodens mit aufgeschlagenen Büchern bedeckt. Man musste sehr vorsichtig sein, um

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