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Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman
Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman
Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman
eBook463 Seiten6 Stunden

Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman

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Über dieses E-Book

Historischer Roman aus elisabethanischer Zeit
Ein opulentes historisches Abenteuer Anno 1564!
Ein Pirat macht die Ozeane unsicher, und Lord Cooper soll ihn im Auftrag der Königin dazu bringen, für England zu kapern. Doch als er dem gefürchteten Kapitän der Witch Burning gegenübersteht, verschlägt es ihm die Sprache: Es ist eine Frau! Eine eigentlich unmögliche Liebe entbrennt zwischen Lord Cooper und Jeannet Harris. Als der Gesandte der Königin und die Piratin auf verschiedene Seiten geraten, scheint es für ihre Leidenschaft keine Zukunft zu geben...

SpracheDeutsch
HerausgeberYbeling Verlag
Erscheinungsdatum14. Feb. 2023
ISBN9783753299945
Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman

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    Buchvorschau

    Der Fluch der Meere. Historischer Liebesroman - Alfred Bekker

    Prolog

    Das Königreich England zählte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung kaum mehr als vier Millionen Einwohner. Heutzutage vergleichbar mit einer Stadt wie Frankfurt/Main mit Einzugsgebiet. In Frankreich hingegen lebten zur selben Zeit immerhin zwanzig Millionen. England war mithin ein kleines Land, und es lag für damalige Begriffe sogar am Rand der bewohnten Welt.

    Der Aufstieg Englands im Zeitalter von Königin Elisabeth (sie herrschte von 1558 bis 1603), der Tochter vom großen Heinrich VIII., war eng mit der Tatsache verbunden, dass sich die maritime Randlage in Vorzüge zu verwandeln begann. Allerdings nicht von allein. Königin Elisabeth musste es aktiv betreiben. Sie wusste haargenau: Die atlantische Welt war die Welt der Zukunft, doch sie wurde rigoros monopolisiert von der spanischen Handelsschifffahrt - noch!

    Ein offener Konflikt mit dem politisch befreundeten Spanien unter König Philipp II. hätte unweigerlich zu ihrem Sturz geführt, denn sie brauchte ihn als Verbündeten gegen das ihr feindlich gesinnte Rom. Genauso wie er sie brauchte, denn England war von enormer Bedeutung für die Sicherung der Verbindungslinien zwischen Spanien und den Niederlanden.

    Königin Elisabeth fand einen anderen, höchst inoffiziellen Weg. Unter ihrer Herrschaft wurde dies die hohe Zeit der englischen Freibeuter, die insgeheim das Wohlwollen von Königin Elisabeth ernteten, sofern sie bevorzugt spanische Handelsschiffe überfielen und dadurch deren Majorität untergruben!

    Viel später, im zwanzigsten Jahrhundert etwa, hätte man eine solche Vorgehensweise wohl als eine Art Kalten Krieg bezeichnet...

    *

    In der Neuen Welt

    Im Jahre des Herrn 1564

    Die WITCH BURNING hatte beigedreht. Das Piratenschiff lag nun seitlich neben der SWORD FISH, einem Kriegsschiff Ihrer königlichen Majestät Elizabeth I. von England.

    Ein Fallreep verband beide Schiffe. Die Segel waren sowohl auf Seiten der Engländer als auch auf Seiten der Piraten so sehr gerefft, dass beide Schiffe kaum noch Fahrt hatten. Sie dümpelten gemeinsam in Richtung Süden dahin, wo einige Dutzend Seemeilen entfernt die Küste von Darien lag, wie die schmale Landbrücke genannt wurde, die den Atlantik vom Pazifischen Ozean trennte.

    Es wehte ein nur lauer Wind aus Westen, der überdies stetig nachgelassen hatte.

    Ein Wind, der vom Pazifik her über die Mangrovensümpfe Dariens strich.

    Lord Coopers rechte Hand legte sich um den Griff des mächtigen Degens, den der Gesandte seiner jungfräulichen Majestät Elisabeth an der Seite trug.

    Er blinzelte gegen die tiefstehende, milchig gewordene Sonne und sah den grinsenden Piratengesichtern entgegen. Grobe Kerle, gekleidet in geraubte Uniformteile und Kleidungsstücke aus aller Herren Länder waren sie. Zusammengewürfelt aus allen europäischen Nationen. Sie waren gut bewaffnet. Degen, Schwerter, Harkebusen, Musketen und Armbrüste sah Lord Cooper.

    Wo bleibst du, Gesandter der jungfräulichen Königin?, rief einer der Männer mit rauer Stimme. Traust du dich etwa nicht, deine gelackten Schuhe auf die Planken der verfluchten WITCH BURNING zu setzen?

    Ein grölendes Gelächter folgte.

    Die wilde Piratenmeute amüsierte sich köstlich.

    Lord Cooper nahm das gelassen hin. Er suchte mit den Augen die Reihen der wilden Gesellen ab.

    Wo ist sie?, dachte er.

    Jeannet...

    Die Frau, von der er wusste, dass er sie niemals würde vergessen können. Mochten auch Standesunterschiede und die Staatsräson sie trennen.

    Ihr sucht Eure Piratenanführerin, Sire?, fragte Geoffrey Naismith. Der Zweite Offizier der SWORD FISH hatte die Gedanken seines Kommandanten exakt erraten. Ihr wundert Euch, dass sie nicht an Deck ist, um Euch zu begrüßen...

    Lord Cooper wandte den Kopf in Naismith' Richtung. Der süffisante Unterton gefiel Cooper nicht. Naismith war feinfühlig genug, um das zu bemerken.

    Naismith hob beschwichtigend die Hände.

    Vergebt mir, Sire! Aber Eure Sympathie für die Kommandantin der WITCH BURNING war nicht zu übersehen!

    Hütet Euch!, knurrte Lord Cooper düster.

    Naismith lächelte.

    Der Wind frischte etwas auf und wehte ihm das bis über die Schultern reichende gelockte Haar ins Gesicht.

    Missversteht mich nicht! Jeder würde Euch dieses Vergnügen gönnen, selbst wenn es Euch vielleicht mit der Mission im Dienst der jungfräulichen Königin in Konflikt bringen könnte. Trotz der Männerkleidung, die diese junge Frau stets trug, wirkte sie, als wäre darunter einiges zu finden, das Euer Herz vielleicht höher schlagen ließ.

    Die Art, mit der sein Zweiter Offizier sich zu äußern wagte, gefiel Lord Cooper ganz und gar nicht. Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten. Aber dies war nun wirklich der schlechteste Zeitpunkt, um einen Ehrenhändel unter Gentlemen auszutragen.

    Es ist deine eigene Schuld, ging es ihm durch den Kopf. Du hättest vorsichtiger sein müssen. Außerdem solltest du immer und überall damit rechnen, dass der Hof seine Augen und Ohren selbst hier, weit draußen in den feuchtheißen Gewässern der Neuen Welt hat. Lord Coopers mächtiger Brustkorb hob und senkte sich. Vielleicht ist Naismith Auge und Ohr der Königin oder einer ihrer Schranzen. Wer weiß?, überlegte er. Würde er es sonst wagen, derart selbstbewusst gegenüber seinem Kommandanten aufzutreten?

    Einer der Piraten trat an die Reling.

    Es war Ben Rider, der Erste Offizier der WITCH BURNING und Jeannets Stellvertreter.

    Warum zögert Ihr, Cooper?, rief er. Unsere Kommandantin erwartet Euch!

    Naismith hielt ihn zurück.

    Wartet, Sire!

    Weshalb?

    Das ist eine Falle!

    Für Eure Annahme gibt es keinen Anlass! Diese Piraten mögen Euch nicht gefallen, aber Ihr mögt Euch bitte daran erinnern, dass sie Verbündete Englands sind!

    Von Jeannet ist weit und breit nichts zu sehen, Sire.

    Aye.

    Wahrscheinlich hat dieser Halsabschneider Ben Rider längst das Kommando übernommen und Jeannet den Haien zum Fraß vorgeworfen oder als Sklavin verkauft! Ihr wisst doch, wie käuflich diese Hundesöhne sind! Wenn Ihnen jemand ein paar Golddublonen mehr für ihre Dienste gibt, dann wechseln sie bedenkenlos die Seiten.

    Cooper lächelte dünn.

    Jeannet ist eine starke Kommandantin. Ich glaube nicht, dass sie sich so einfach im wahrsten Sinn des Wortes ausbooten lassen würde!

    Cooper trat als erster auf die rutschigen Planken des Fallreeps, das beide Schiffe miteinander verband.

    Naismith fluchte vor sich hin und folgte ihm zusammen mit einem halben Dutzend Bewaffneter.

    Mehr als dieses Gefolge ließen die Männer der WITCH BURNING allerdings nicht zu.

    Die anderen schickten sie mit lautstarken Beschimpfungen zurück. Aber erst auf Coopers Zeichen hin gehorchten sie.

    Ben Rider baute sich breitbeinig vor Lord Cooper auf.

    Eine Hand umfasste den Degen, der Daumen der anderen klemmte hinter einem breiten Gürtel. Eine Filzklappe bedeckte Riders rechtes Auge. Er blickte abschätzig an Cooper hinunter und spuckte dann aus.

    Bringt mich zum Kapitän!, forderte Cooper.

    Folgt mir, Cooper. Aber Eure Männer bleiben hier an Deck.

    Naismiths Hand griff zum Degen.

    Was habe ich Euch gesagt, Sire!, stieß er erregt hervor.

    Der Zweite Offizier der SWORD FISH ließ seine Waffe allerdings stecken, als ein halbes Dutzend Harkebusen, Pistolen und Armbrüste plötzlich in seine Richtung zeigten.

    Es ist schon in Ordnung, erklärte Cooper an Naismith gerichtet.

    Er nickte Rider zu und folgte ihm unter Deck.

    Sie stiegen eine schmale Treppe hinab. Die Bretter knarrten bei jedem Tritt. Anschließend ging es durch einen engen Korridor. Schließlich erreichten sie die Tür zur Offiziersmesse.

    Rider klopfte.

    Lord Cooper ist hier!, rief er.

    Eine helle, freudig erregte Stimme antwortete.

    Dann mag er hereinkommen!

    Lord Cooper hätte diese Stimme unter tausenden sofort erkannt. Zweifellos gehörte sie niemand anderem als Jeannet Harris, der gefürchtesten Piratin, die je die Gewässer der neuen und der alten Welt befahren hatte.

    Die Tür öffnete sich knarrend.

    Rider trat zur Seite.

    Lord Cooper ging in die Kapitänskabine. Hinter ihm ließ Rider die Tür wieder ins Schloss fallen.

    Jeannet!, stieß Lord Cooper hervor.

    Der Anblick, der sich ihm in diesem Augenblick bot, raubte dem großen, breitschultrigen Mann beinahe den Atem. Keine Piratin in Männerkleidern und einem breiten Waffengurt stand vor ihm, sondern eine bildhübsche junge Frau in einem grünweißen, mit kostbaren Stickereien besetzten Kleid, das die vollendeten Formen ihres weiblichen Körpers vorteilhaft betonte. Das rötliche, dichte Haar war kunstvoll aufgesteckt. Wertvolles Geschmeide trug sie um den Hals. Geschmeide, das sie mit Sicherheit spanischen Seglern abgenommen hatte.

    Sie lächelte.

    Nun, Lord Cooper, hat es Euch etwa die Sprache verschlagen --- oder erkennt Ihr mich tatsächlich nicht mehr wieder?

    Nun...

    Eigentlich hatte ich gedacht, dass unsere letzte Begegnung einen etwas nachhaltigeren Eindruck auf Euch gemacht hätte!

    Wie könnte ich Euch vergessen, Jeannet!

    Da bin ich beruhigt! Ich dachte schon, in den langen Monaten, die wir getrennt waren, hättet Ihr Euch Frauen zugewandt, die nicht in Männerkleidern herumlaufen und Musketen abfeuern! Ihre grünen Augen, die Cooper stets an die Farbe und den Geruch von Seetang erinnert hatten, blitzten herausfordernd.

    Während meiner Passage nach England und der Zeit am Hof habe ich nur an Euch gedacht, Jeannet!

    Und doch ist Eure Begrüßung viel scheuer und zurückhaltender, als erwartet. Fast so, als hättet Ihr unseren leidenschaftlichen Abschied schon ganz und gar vergessen...

    Cooper schluckte.

    Sie trat auf ihn zu, raffte dabei etwas ihr Kleid zusammen. Dennoch raschelte der Saum über die Holzplanken. Amüsiert stellte Cooper dabei fest, dass ihre Füße bloß waren.

    Sie drehte sich einmal herum. Das Kleid schwang dabei mit ihr und ergab zusammen mit ihrem schlanken, wohlgeformten Körper ein anmutiges, harmonische Bild. Das ist die neueste Mode aus Spanien, lachte sie. So etwas trägt man jetzt in Madrid und Toledo.

    Geraubt von spanischen Galeonen, murmelte Lord Cooper.

    Geraubt im Auftrag der Königin von England, ergänzte Jeannet.

    Sie schlang die Arme um seinen Hals. Er fasste sie bei der Taille. Der Geruch von französischem Parfum umgab sie. Es war wie einem Traum.

    Er flüsterte zärtlich ihren Namen, sprach ihn mit einem unverwechselbaren Timbre aus, das die junge Frau unwillkürlich schlucken ließ.

    Jeannet...

    Oh, Donald. Ich bin so froh, dich nach all den langen Monaten endlich wieder zu sehen. Ihr Gesicht wirkte auf einmal sehr ernst. Der Blick ihrer Augen suchte in seinen Zügen nach Spuren jener Liebe, die sie miteinander verband. Existierte das unsichtbare Band zwischen ihnen noch? Diese geradezu unheimliche Anziehungskraft, die sie im Zweifel alles andere vergessen lassen würde? Ja, dachte sie. Es ist noch da!

    Sie sah es in seinen Augen, seinem Lächeln, seiner Körperhaltung. In jedem ach so liebgewordenen Detail. Wir sind füreinander bestimmt und daran wird sich nie etwas ändern, dachte sie. Gleichgültig, welche Ozeane uns auch trennen sollten --- mögen sie nun als Salzwasser oder politischen Abgründen bestehen!

    In seinen Augen leuchtete jenes unverwechselbare Feuer, jenes lebenshungrige Blitzen, das sie schwach werden ließ, wenn sie nur daran dachte. Ihm gegenüber brauchte sie nicht darauf zu achten, die Autorität zu behalten. Sie konnte sich fallen lassen, schwach sein und doch die Gewissheit haben, dass er dies niemals ausnützen würde.

    Ich habe mich nach Euch gesehnt, Lord Cooper --- oder gestattet Ihr mir, Euch Donald zu nennen?

    Jeannet sprach leise, fast gedämpft.

    Sie wollte nicht, dass irgendeiner ihrer Männer etwas von dem mitbekam, was hier gesagt wurde.

    Niemanden ging das etwas an.

    Niemanden auf der ganzen Welt.

    Lord Cooper lächelte.

    Jeannet machte sich hin und wieder über die Standesunterschiede zwischen ihnen lustig, indem sie ihn sehr förmlich anredete, obwohl sie ihm in Wahrheit sehr, sehr nahe war. Aber dieser Graben stand nun einmal zwischen ihnen. Sie, die auf die schiefe Bahn geratene Tochter einer im Hexenwahn dahingemordeten Gauklerfamilie, er ein Mann, der sich zum Berater der Königin hochgearbeitet hatte. Sie eine Piratin, er ein Vertreter der Gesetze und der Macht ihrer jungfräulichen königlichen Majestät Elizabeth I. von England. Der Unterschied hätte größer nicht sein, der Graben der Konventionen nicht tiefer.

    Oh, Jeannet, ich habe mich auch so nach euch gesehnt, stieß er hervor.

    Ihrer beider Blicke verschmolzen für einige Augenblicke miteinander. Eine sanfte Röte überzog ihr Gesicht. Cooper strich ihr zärtlich eine verirrte Haarsträhne von der Stirn.

    Sie standen dicht beieinander. Jeder konnte den bebenden Herzschlag des anderen spüren. Jeannet stellte sich auf die Zehenspitzen, während sich Lord Cooper etwas herabbeugte. Sie spürte den Griff seiner starken Hände in ihrem Rücken.

    Ihre Lippen trafen sich mit den seinen zu einem Kuss. Zuerst tastend und vorsichtig, dann fordernder und voller Leidenschaft. Einen Augenblick, von dem Jeannet sich wünschte, er würde ewig anhalten. Ein prickelndes Gefühl überlief ihren Körper. Mein Gott, wie habe ich das nur die ganze Zeit ohne ihn ausgehalten, durchzuckte es sie. Ihre Lippen suchten immer wieder die seinen. Wie ausgehungert fühlte sie sich.

    Atemlos lösten sie sich schließlich wieder voneinander.

    Cooper nahm sehr zärtlich ihre Hände.

    Sie hob die Augenbrauen. Ein strahlendes Lächeln stand in ihrem Gesicht, ihre Augen leuchteten. Na, wie gefalle ich Euch?, fragte sie. Ihr habt Euch bisher noch nicht sehr ausführlich dazu geäußert!

    Cooper lächelte mild.

    Ihr seht bezaubernd aus, Jeannet!

    Ich befürchtete schon, dass Ihr mich längst vergessen hättet. Schließlich gibt es am Hof Ihrer Majestät sicher sehr viel reizvollere Frauen als mich.

    Selbst in Männerkleidern und mit Waffengurt habt Ihr einen reizvolleren Anblick geboten, als manche der Hofdamen von London, erwiderte Cooper.

    Oh, Ihr seid ein Süßholzraspler!

    Ich spreche die Wahrheit.

    Sie lachte auf. Gewiss!

    Was ich sehe, hat mich überwältigt, Jeannet. Aber selbst in Lumpen gehüllt würde ich Euch noch voller Bewunderung und Liebe ansehen.

    Ihr seid ein Schmeichler.

    Ich untertreibe eher noch.

    Ach, Donald!

    Zweifelt Ihr an meinen Worten, Mylady?

    Jetzt übertreibt Ihr wirklich. Diese Anrede kommt mir nicht zu.

    Sie kommt einer Dame von innerem Adel und äußerer Vollkommenheit zu und das seid Ihr zweifellos.

    Sie lachte, halb verlegen, halb vor Glück. Ich wette, Ihr macht mindestens der Hälfte aller Frauen am Hofe Elizabeths derartige Komplimente.

    Wenn dem so sein sollte, so geschah es stets nur aus taktischen Erwägungen, erwiderte Cooper mit einem leicht spöttischen Lächeln.

    Jeannet entzog ihm ihre Hände und stemmte die Arme in gespielter Empörung in die Hüften. Eine Geste, die eher zu der einfachen Gaukler-Tochter als zu dem hochherrschaftlichen Kleid passen wollte.

    Taktische Erwägungen? Was soll das denn heißen?

    Nun, wenn ich die Männer dieser Frauen als Verbündete in der einen oder anderen Beratung mit Ihrer Majestät benötige, so...

    ...so erzählt Ihr ihnen das Blaue vom Himmel? Lasst sie glauben, dass sie schön und begehrenswert sind?

    Cooper atmete tief durch. Sein mächtiger Brustkorb hob und senkte sich dabei. Jeannet, wollen wir uns jetzt wirklich streiten, nachdem wir uns so lange Monate nicht gesehen haben? Im Herzen war ich Euch vollkommen treu...

    Nur im Herzen?

    Von ganzer Seele, Jeannet. Warum so misstrauisch? Ist das nicht unserer Liebe unwürdig?

    Sie seufzte. Dann musterte sie ihn von der Seite, strich sich dabei eine verirrte Strähne ihres dichten Rotschopfs aus dem Gesicht.

    Das, was Ihr über Taktik sagtet, hat mich nachdenklich gemacht, meinte sie.

    Cooper hob beschwichtigend die Hände.

    Das braucht es nicht, Mylady!

    Ist es gar auch Taktik, diese Anrede jetzt erneut zu benutzen?

    Ihr unterschätzt mich, Jeannet.

    Ich hoffe, dass Ihr nicht aus Taktik zum Wohle Englands, sondern aus Liebe zu diesem Treffpunkt gekommen seid, Sir Donald.

    Dessen könnt Ihr sicher sein.

    Erneut nahm er Ihre Hände und sie ließ es geschehen.

    Er sah an ihr herab. Ihr seht wirklich bezaubernd aus.

    Sie seufzte. Es ist lange her, dass ich überhaupt ein Kleid getragen und mich derart herausgeputzt habe.

    Zweifellos solltet Ihr es öfter tun.

    Damit meine Männer mich nicht mehr Ernst nehmen? In mir nur eine schwache Frau sehen und nicht ihren Captain, mit dem sie auf Beutejagd gehen? Sie schüttelte entschieden den Kopf. "Nein, für das Leben, das ich führe, ist das hier ein sehr unpraktischer Aufzug, den ich nur aus einem einzigen Grund angelegt habe: Um Euch gebührend zu empfangen."

    Dieser Ehre bin ich mir wohl bewusst, lächelte Cooper.

    "Gleichwohl ist es ungewohnt. Ihr Männer seid doch darum zu beneiden, dass es Euch möglich ist, gleichzeitig Kleidung zu tragen, die praktisch ist und in denen Ihr den Frauen gefallt."

    Sagt bloß, dieses entzückende Kleid ist Euch unbequem, Jeannet.

    Jeannet zog Cooper zu sich heran.

    Vielleicht habt Ihr ja Lust, mich von dieser Bürde zu befreien... Ich habe mich so danach gesehnt, in Euren Armen zu liegen, Sire.

    Jeannet!

    Warum sollen wir unserer so lange aufgestauten Leidenschaft nicht freien Raum lassen? Sie löste sich aus Coopers Griff, ging zur Tür und schob den Riegel davor. Dann näherte sie sich ihm wieder. Ein halb herausforderndes, halb sehnsüchtiges Lächeln spielte um ihre vollen Lippen. In ihren Augen glänzte das pure Verlangen. Zu viel Zeit war seit ihrem letzten Abschied vergangen und es stand zu befürchten, dass auch dieses Zusammentreffen nur von kurzer Dauer sein würde. Aber ehe der Abgrund zwischen unseren Welten wieder die Ausmaße eines Ozeans annimmt, möchte ich keinen Augenblick verschwenden, der mir mit diesem Mann geschenkt wird, durchzuckte es sie siedend heiß.

    Ich muss Euch etwas sagen, Jeannet!

    Sie trat an ihn heran, drehte sich herum.

    Helft mir bei diesem verflucht komplizierten Verschlüssen! Ohne eine Zofe vermag sie niemand zu öffnen. Kein Wunder, dass die feinen Damen einen Hofstaat brauchen, der manchmal hunderte von Personen zählt. Nun macht schon und befreit mich, Mylord!

    Jeannet!

    "Was glaubt Ihr, wie lange sowohl meine als auch Eure Leute unsere Unterredung tolerieren werden, ohne Misstrauen zu schöpfen? Eine Stunde? Zwei Stunden? Oh, Donald, wir haben Dinge zu besprechen, die die hohe Politik und den ewigen Konflikt zwischen Spanien und England betreffen. Da ist eine Beratungszeit von zwei Stunden doch nichts, worüber sich jemand wundern wird."

    Cooper fasste sie bei den Schultern und drehte sie herum.

    Ich fürchte, die Männer auf unseren Schiffen wundern sich, was das betrifft, ohnehin über kaum etwas.

    Ihre Augen wurden schmal.

    Was soll das heißen, Donald?

    Sein Blick wurde sehr ernst. Nichts würde ich jetzt lieber tun, als mich ausschließlich unserer Liebe hinzugeben, Jeannet...

    Was hindert Euch daran?

    Sie sah ihn fragend an. Irgend etwas stand plötzlich zwischen ihnen, das spürte die junge Frau sehr deutlich. Eine unsichtbare Barriere, die es bei ihrem letzten Abschied noch nicht gegeben hatte. Jeannet hatte plötzlich das Gefühl, einen dicken Kloß in ihrem Hals zu haben. Gerade noch hätte sie vor Glück beinahe zerspringen können, jetzt schien ein düsterer Schatten, alles zu verdunkeln.

    Sie schob Donalds Hände zur Seite und verschränkte die Arme.

    Was ist los?, fragte sie.

    Er sah sie offen an. Am Hof der Königin hat sich der Wind gedreht, erklärte er nach einer kurzen Pause. Elizabeth ist jetzt auf Ausgleich mit Spanien aus.

    Ich dachte, sie sähe in Spanien den schlimmsten Feind Englands und jeder Feind der Spanier wäre ihr Verbündeter. Waren das nicht Eure Worte?

    Cooper nickte.

    Ja, das waren meine Worte.

    Dann verstehe ich nicht, was sich geändert haben sollte!

    England versucht eine Flotte aufzubauen, die in der Lage ist, sich gegen einen Angriff der spanischen Armada zu wehren. Aber das braucht Zeit. Die Regierung Ihrer Majestät plant, die Duldung der Freibeuter in den Gewässern der Neuen Welt und entlang der Passage über den Atlantik aufzuheben.

    Und was will diese ach so mutige Königin damit erreichen? Die Spanier werden sie früher oder später doch angreifen!

    Früher - oder später. Genau das ist die alles entscheidende Frage, an der sich vielleicht Sieg oder Niederlage entscheiden.

    Jeannet hob den Kopf.

    Und jemanden wie mich lässt man dafür über die Klinge springen?

    Cooper nickte.

    Ja, sagte er tonlos. An der Politik seiner Königin gab es in dieser Hinsicht nichts zu beschönigen.

    Jeannet hatte genau erfasst, worauf dieses Spiel hinauslief.

    Die junge Frau schluckte. Ihr war sofort klar, was das bedeutete. Der Pakt, den Lord Cooper zwischen ihr und der Krone von England geschmiedet hatte, konnte schon in Kürze hinfällig sein.

    Heißt das, wir werden wieder auf verschiedenen Seiten stehen?, fragte sie.

    Lord Cooper nickte.

    Ich fürchte ja.

    Sie drehte sich herum, blickte durch eines der Fenster hinaus auf die grünblau schimmernde See. Als sie wieder zu sprechen begann, klang ihre Stimme belegt. Wann wird es dazu kommen?

    Ich nehme an, dass wir uns bei unserer nächsten Begegnung als Feinde gegenüberstehen, Jeannet!

    Sie schluckte. Mit einem Griff löste sie ihre Frisur und ließ das rotgelockte Haar über die Schultern fallen. Tränen glitzerten in ihre Augen, Tränen des Zorns. Ich wusste es! Ich wusste es von Anfang an! Die Gräben zwischen uns scheinen so tief zu sein, dass nicht einmal die Liebe sie zu überwinden vermag. Ich bin nur eine dieser auf Piratenschiffen gestrandeten Existenzen, während Ihr eine geachtete Persönlichkeit am Hof der Königin seid! Ihr hättet Euch nie in mich verlieben dürfen!

    Das solltet Ihr nicht sagen, erwiderte er. Er fasste sie bei den Schultern. Sie versuchte nur halbherzig, sich ihm zu entwinden. Dann schlang sie die Arme um ihn. Sie kamen aus verschiedenen Welten, so schien es. Aus Welten, die für kurze Zeit in Verbindung miteinander getreten waren. Aber diese Verbindung konnte offenbar nicht von Dauer sein.

    Ganz gleich, welche Dokumente die Königin in London mit ihrem Federstrich auch unterzeichnen mag --- ich werde Euch immer lieben, Jeannet, sagte Lord Cooper. Kein Standesunterschied und keine Staatsräson können daran irgend etwas ändern.

    Ich würde Euch so gerne glauben, sagte Jeannet.

    Cooper legte die Arme um ihre Schultern.

    Es wird einen Weg für uns geben, versprach er.

    Es gäbe nichts, was ich mir sehnlicher wünschen würde.

    Warum zweifelt Ihr dann?

    Haltet mich fest! Wenigstens für diesen Moment!

    Für Augenblicke hatte sie geglaubt, dass Glück in den Händen zu halten. Etwas, das wichtiger war, als alle Schätze, die sie spanischen Schiffen im Verlauf ihrer Piratenkarriere abgenommen hatte. Und jetzt drohte ihr dieses Glück zwischen den Händen zu zerrinnen und sich einfach in Nichts aufzulösen. Oft genug hatte sie in den letzten Jahren lebensgefährlichen Situationen gegenübergestanden. Die See konnte so grausam sein wie die spanischen Conquistadores. Aber Jeannet konnte sich nicht daran erinnern, jemals in dieser Zeit eine Verzweiflung und einen inneren Schmerz empfunden zu haben, der mit dem vergleichbar war, was sie in diesem Moment fühlte.

    Was wird nun aus uns?, fragte sie.

    Es wird schwer werden.

    Schwer?

    Ihre Stimme war belegt. Sie musste sich alle Mühe eben, ihre Tränen zu unterdrücken. In den Jahren als Kapitän der WITCH BURNING hatte sie gelernt, wie man das machte. Zumindest in dieser Hinsicht war sie ein Mann geworden, um von Männern akzeptiert zu werden.

    Wir werden einen Weg finden, versprach Lord Cooper. Einen Weg, sodass wir...

    ...zusammenbleiben können und eine gemeinsame Zukunft haben?, unterbrach sie ihn voller Bitterkeit. Meine Eltern wurden der Hexerei bezichtigt und deshalb von Soldaten umgebracht, weil ihr kommandierender Lord nicht den Mut hatte, sich dem Pöbel entgegenzustellen. Und mich verdächtigt man ja auch mitunter der Zuhilfenahme übernatürlicher Mittel. Dabei verfüge ich über nichts weiter, als einen wachen Verstand und zwei gesunde Hände, die allerdings einen Degen zu führen wissen. Ich kann nicht hexen, Mylord --- könnt Ihr es? Aber einen anderen Weg sehe ich für uns nicht.

    Doch, es gibt einen. Doch darüber reden wir später. Zunächst gib deinen Männern den Befehl, vor der Küste des Isthmus vor Anker zu gehen.

    Sie seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Gesicht bekam einen trotzigen Ausdruck. Du willst ein paar schöne Tage mit mir genießen, während deine Männer die Trinkwasservorräte der SWORD FISH auffrischen, stellte sie fest. Und dann werden wir uns trennen. Du bist wieder ein rechtschaffener Diener deiner Königin, ich eine Gesetzlose, die kein Pardon verdient.

    Jeannet!, unterbrach Cooper sie tadelnd.

    Ist es denn nicht die Wahrheit? Jetzt werdet Ihr mir irgendwelche Depeschen Ihrer Majestät überreichen, aber beim nächsten Zusammentreffen wärt Ihr verpflichtet, mich in Ketten nach England zu schaffen!

    Wir werden einen Weg finden, versprach Lord Cooper. Er nahm die etwas widerstrebende Jeannet in den Arm. Zuerst wollte sie ihn von sich stoßen, doch dann schmiegte sie sich an ihn, legte ihren Kopf an seine breite Schulter. Er strich ihr sanft über das Haar. Hatte ich es bisher nicht schwer genug?, dachte die junge Frau dabei. Habe ich nicht auch Anrecht auf etwas Glück? Aber kaum hat man es gefunden, da zerrinnt einem alles zwischen den Händen.

    Es schien keine Gerechtigkeit zu geben.

    Jedenfalls nicht für Menschen wie sie, die nicht in die höheren Schichten der Gesellschaft hineingeboren worden waren.

    Was beklagst du dich?, meldete sich eine andere Stimme in ihr, weit hinten aus ihrem Hinterkopf, während sie weiterhin die Berührungen ihres Geliebten Sir Donald Cooper genoss. Du hast das Glück immerhin kennengelernt, wenn auch nur für kurze Zeit. Aber ist das nichts? Du hättest auch als armselige Bettlerin in der Gosse einer englischen Hafenstadt enden können. Aber stattdessen bist du eine reiche Frau, die sich von niemandem Vorschriften machen zu lassen braucht und hast sogar etwas erfahren, wovon du geglaubt hast, dass es so etwas für eine wie dich nicht geben könnte. Liebe. Ist das nichts? Ist das nicht mehr, als vielen anderen zuteil wird?

    Aber diese Stimme blieb schwach und verhalten.

    Alles in Jeannet sträubte sich dagegen, sich mit der Situation zufrieden zu geben.

    Ich frage mich, ob die mächtigen und gekrönten Häupter eigentlich wissen, was so mancher Federstrich von ihnen für so viele Menschen bedeutet, murmelte Jeannet. Wie er das Glück von Menschen begründen oder zerstören kann.

    Nein, diese gekrönten Häupter ahnen davon nicht einmal etwas, sagte Donald. Sie leben isoliert in einer Scheinwelt, die durch die Intrigen von Höflingen bestimmt wird. Eine Welt, die nichts mit der Wirklichkeit des gemeinen Volkes zu tun hat.

    Warum muss das so sein?

    Oh, Jeannet, ich weiß nicht, ob das wirklich so sein muss. Aber es ist nunmal die Ordnung, in der wir leben. Der Einzelne hat kaum eine Möglichkeit, sich dagegen aufzulehnen.

    Für dich mag das gelten, Donald...

    Für dich nicht?

    Ich bin Freibeuterin. Für mich gilt nur meine eigene Ordnung und der Ehrenkodex der Piraten. Aber es wird nie wieder ein Gesetz oder eine Herrschaft geben, unter deren Willen ich mich zwingen lasse. Nie wieder!

    ...und doch wirst du trotzdem dein Glück nicht erringen können, ging es ihr gleichzeitig durch den Kopf. Was konnte sie tun? Den Augenblick nutzen, das Glück, das sie in Anwesenheit Sir Donalds empfand, festhalten, solange es nur irgend möglich war? Vielleicht ist das alles, was dir bleibt..., überlegte sie. Eine bittere Erkenntnis.

    Durch die Tür hindurch ertönte jetzt die Stimme von Ben Rider, dem Ersten Offizier der WITCH BURNING.

    Kapitän? Eure Beratungen ziehen sich hin! Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, bei denen Ihr der Unterstützung bedürft?

    Ein Lächeln umspielte Jeannets Gesicht. Ein Lächeln, in dem sich Glück und Bitterkeit mischten. Aber das Glück überwog. Dieser Augenblick überwog. Unterstützung? Die brauche ich im Augenblick gewiss nicht!, sagte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab Donald einen zärtlichen Kuss. Mit blitzenden Augen fügte sie dann noch hinzu: Wir kommen mit unseren Verhandlungen sehr gut voran, Rider!

    Wie Ihr meint, Kapitän!

    Bereitet alles vor, um vor der Küste Dariens vor Anker zu gehen! Wir werden uns einen Küstenabschnitt suchen, an dem sich gut landen lässt und wo es keine Mangrovensümpfe gibt!

    Aye, Kapitän!

    Wir könnten unsere Vorräte an Trinkwasser und Nahrungsmitteln gut und gerne wieder auffrischen. Schließlich will ich nicht, dass sich Skorbut ausbreitet!

    Ben Rider zögerte mit seiner Antwort.

    Schließlich brachte er einen Einwand vor: Solange wir mit der SWORD FISH verbunden sind, dürfte das unmöglich sein!

    Jetzt mischte sich Sir Donald in das Gespräch ein.

    Wir haben die Aufnahme von Wasser und Vorräten mindestens ebenso nötig wie eurer Schiff!, rief er. Holt mir meinen Zweiten Offizier her, damit er meine Befehle entgegennehmen kann!

    "Das ist im übrigen auch mein Wunsch!", setzte Jeannet noch hinzu.

    Ihr seid der Kapitän, Jeannet Witch! Und für Euch werde ich sogar zum Lakaien eines Beraters der Königin!

    Vergiss niemals, wer der Kapitän ist und mit wem dir das Beuteglück bisher treu geblieben ist, Ben! Aber dafür vergiss deine Förmlichkeit und nenn mich Jeannet, wie sonst auch! Es besteht keine Notwendigkeit, höflicher zu sein als der Hof! Vor der Tür waren Riders Schritte zu hören, der feste, schwere Tritt seiner Stiefel. Jeannet schlang die Arme um den Hals ihres Geliebten und hauchte: Meinst du nicht auch, Donald?

    Ja.

    "Oder besteht Ihr darauf, dass ich Euch Mylord nenne, Sir Donald?"

    Er lächelte mild.

    Ich fürchte, mein Stand verbietet es mir, eine andere Anrede zu akzeptieren, Mylady!

    Schritte waren vor der Tür zu hören.

    Es klopfte.

    Hier spricht Naismith, Zweiter Offizier der SWORD FISH, meldete sich eine sonore Stimme. Schweren Herzens löste sich Donald von seiner geliebten Jeannet. Er ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Er sah Naismith streng in die Augen. "Die Verhandlungen werden sich hier noch etwas hinziehen, Naismith."

    Wie Sie meinen, Sire!

    Lösen Sie die SWORD FISH von der WITCH BURNING und suchen Sie dann einen gemeinsamen Ankerplatz an der darischen Küste. Sie wissen ja selbst, wie es nach der langen Überfahrt um unsere Vorräte bestellt ist.

    Es war Naismith anzusehen, wie sehr er das Verhalten seines Kommandanten missbilligte.

    Aber er enthielt sich einer Bemerkung.

    Naismith ersuchte, einen Blick ins Innere der Kabine zu zu erhaschen. Aber von der berühmt-berüchtigten Piratenkapitänin war nirgends etwas zu sehen. Jeannet hatte sich mit Bedacht in die Ecke rechts der Tür gestellt, um auf keinen Fall ins Blickfeld zu geraten.

    Donald bemerkte den neugierigen Blick seines Zweiten Offiziers und sagte: Ich denke, Ihr möchtet so wenig wie ich riskieren, dass unsere Leute meutern, weil sie nur noch verdorbenen Zwieback zwischen die vom Skorbut verfaulten Zähne bekommen!

    Natürlich nicht!

    Damit wandte sich Naismith herum und stapfte mit schweren, geräuschvollen Schritten davon.

    Donald verschloss sorgfältig die Tür.

    Ich muss verrückt sein, dieses Risiko immer wieder einzugehen, sagte er dann. Was glaubst du, was geschehen würde, wenn meine Leute herausbekämen, dass ich ganz andere Dinge im Kopf habe, als irgendwelche Botschaften Ihrer Majestät, wenn ich mit dir verhandele...

    Deine Männer werden das längst ahnen, Donald!

    "Aber sollten sie es wissen, könnte mich das die Position, vielleicht sogar den Kopf kosten!"

    Glaubst du, mir würde es besser ergehen?

    Wir scheinen beide einem Wahn verfallen zu sein, Jeannet.

    Einem Wahn, den wir glücklicherweise teilen. Sie schmiegte sich erneut an ihn. Er zögerte einen Augenblick, ehe er sie ergriff und seine kräftigen Arme um ihren Rücken legte.

    Donald fragte sich, ob er im Zweifelsfall wirklich bereit gewesen wäre, alles für sie aufzugeben, alles, was er errichtet hatte, nicht nur aufs Spiel zu setzen --- das hatte er längst getan --- , sondern wegzuwerfen.

    Verworrene Gedanken rasten ihm durch den Kopf.

    Gefühle, die so heftig waren, das sie ihn in einem wahren Strudel einfach mitzureißen drohten.

    Erneut vereinigten sich ihre Lippen zu einem heftigen, leidenschaftlichen Kuss. Dann hob Sir Donald seine Jeannet hoch. Sie schmiegte sich gegen ihn und ließ es geschehen. Es gab niemanden sonst auf der Welt, dem sie das gestattet hätte! Aber wenn die kräftigen Arme dieses großen Mannes sie emporhoben, so geschah das mit einer Selbstverständlichkeit, gegen die sich einfach nichts einwenden ließ. Es war etwas, das einfach geschehen musste. Jeannet hatte das Gefühl, ein Schiff zu sein, dass von einer mächtigen Meeresströmung mit sich gerissen wurde. Es gab kein Halten. Keine Rückkehr, kein Wenden in letzter Sekunde. Die Kraft, die in diesem Strom lag, war einfach zu groß.

    Sir Donald Cooper trat mit Jeannet auf den Armen an das Bett heran, in dem der Kapitän der WITCH BURNING zu nächtigen pflegte.

    Eine Koje, die --- gemessen an den Verhältnissen an Land --- recht eng war. Gemessen an dem, was Seeleuten an Bord eines Schiffes für gewöhnlich zustand, wo jeder Quadratmeter kostbar war, handelte sich um ein großzügiges Lager.

    Sie sah ihn voller Liebe an.

    Ihre Augen strahlten.

    Ein leidenschaftliches Feuer glänzte in ihnen.

    Helft Ihr mir jetzt aus meinem Kleid, Sir Donald? Oder wollt Ihr einer Dame die Hilfe verweigern?

    Er lächelte.

    Scheuchte die düsteren Gedanken an die Zukunft oder das diplomatische Ränkespiel bei Hofe davon. Der Augenblick zählte jetzt. Sonst nichts. Nicht die Vergangenheit und nicht die Zukunft, nicht der Rang und nicht die Standesposition oder die politische Vernunft. Und selbst der Gedanke an die Gefahr, dass jemand wie Geoffrey Naismith sich seine eigenen Gedanken machte, sich vielleicht das eine oder andere zusammenreimte und ihn bei Hofe des Verrats anklagte, um eigene Vorteile daraus zu ziehen, machte ihm in diesem Moment keine Sorgen mehr.

    Einer Dame würde ich die Hilfe niemals verweigern, sagte er. Vorausgesetzt, diese Dame hat nicht mehr die Absicht, mich umzubringen --- so wie es bei unserer ersten Begegnung der Fall war!

    Oh, Donald! Werdet Ihr mir das ewig nachtragen?

    Keineswegs. Ich bin die Gefahr gewohnt. Bei Hofe lauert ständig irgendwo ein Dolch im Rücken, auch wenn er nicht immer aus blankem Stahl bestehen mag, sondern zumeist aus irgendeiner Intrige, die allerdings ebenso tödlich sein kann.

    Sie seufzte, drehte sich herum, während Donald die Verschlüsse ihres Kleides zu lösen begann.

    "Ich werde den Augenblick nie vergessen, als ich dich zum ersten Mal sah, Donald. Damals, zwei Jahre ist es her... Ihr hattet unser Schiff aufgebracht, nachdem wir gerade eine spanische Galeone gekapert und im Schlepptau hatten. Ich sah dich an Deck, der Wind

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