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Die Freibeuterin des Königs
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eBook334 Seiten4 Stunden

Die Freibeuterin des Königs

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Über dieses E-Book

Glühend steigt Bethany bei Lord Alsmeeths kühnen Blicken das Blut in die Wangen. Fast, als wisse er um den Kuss des Straßenräubers, der in ihr ungestümes Begehren geweckt hat! Wie kann nur sie, die mutige Freibeuterin, vor ihren Gefühlen so hilflos kapitulieren?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum1. Okt. 2015
ISBN9783733760311
Die Freibeuterin des Königs
Autor

Ruth Langan

Ruth Langan (auch als Ruth Ryan Langan bekannt) war eine ausgezeichnete Schülerin an der High School, die auf Grund ihrer Leistungen ein volles College – Stipendium bekam. Sie wollte am College ihren Englisch – Abschluss machen. Ihre Pläne veränderten sich auf Grund finanzieller Probleme und sie ging ins Arbeitsleben. Sie wurde Sekretärin des Vizepräsidenten eines großen Unternehmens. Ruth Ryan Langan ist verheiratet und hat fünf Kinder. Sie und ihr Ehemann sind leidenschaftliche Reisende und enthusiastische Sportler. Sie Bowlen, spielen Golf, fahren Ski und Schwimmen. Ruth Langan joggt mehrere Kilometer am Tag (um ihrem Word Prozessor zu entfliehen). Ihre Karriere als Autorin begann, als sie sich selber ein besonderes Geburtstagsgeschenk machte. Ihr Geschenk war, sich eine Stunde am Tag freizumachen, um zu schreiben. Bald darauf wurde sie eine veröffentlichte Autorin. Sie sagt selber zu ihrer Karriere “die größte Auszeichnung, die man als Autor bekommen kann, ist die, wenn jemand sagt dass er das Buch beim Lesen geliebt hat. Diese einfachen Worte machen all die Stunden die man mit Schreiben verbracht hat, lohnenswert. Ruth Langan hat unter all ihren Historical - Romanen auch ein Kinderbuch veröffentlicht, das Illustrationen ihrer Stieftochter Petty Langan enthält.

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    Buchvorschau

    Die Freibeuterin des Königs - Ruth Langan

    Ruth Langan

    Die Freibeuterin des Königs

    IMPRESSUM

    Die Freibeuterin des Königs erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © by Ruth Ryan Langan

    Originaltitel: „The Sea Nymph"

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe 2003 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Abbildungen: Harlequin Books S.A.

    Veröffentlicht im ePub Format in 10/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733760311

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY, CORA CLASSICS

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    PROLOG

    Cornwall, 1657

    Winnie, Winnie!" Drei der vier Lambert-Kinder rannten soeben die leicht ansteigende Rasenfläche zu ihrem Zuhause Mary Castle hinauf. Sie riefen atemlos nach ihrer Kinderfrau Miss Winifred Mellon.

    Diese saß gerade bei einer Tasse Tee und gönnte sich die erste Pause seit dem frühen Morgen, als die Kinder den gesamten Haushalt mit einem lautstark geführten Kampf aufgeweckt hatten. Als Waffen dienten ihnen dabei Schwerter, die sie sich aus Holz selbst geschnitzt hatten.

    „Was ist denn los?", wollte Winnie wissen und sah dem ältesten der Lambert-Kinder, gleichzeitig dem einzigen Jungen, entgegen.

    „Bethany ist hingefallen", sagte James. Er war ein ungestümer, Furchtloser und draufgängerischer Bursche, doch seine drei Schwestern standen ihm in nichts nach. Zum Leidwesen ihrer Kinderfrau und auch der Haushälterin Mistress Coffey weigerten sie sich, den Umgang mit Nadel und Faden, das kunstvolle Arrangieren prächtiger Blumensträuße oder sonst irgendeine Tätigkeit zu erlernen, die man gemeinhin als weiblich bezeichnete. Vielmehr zogen es die drei Mädchen vor, ihre Zeit mit Kämpfen und Duellen, wobei sie stets hölzerne Waffen benutzten, zu verbringen sowie Ausflüge mit ihrem kleinen Kahn zu unternehmen.

    „Wo ist sie dieses Mal herumgeklettert?", erkundigte sich Winnie, während sie sich erhob und den Kindern folgte.

    „Auf den Klippen."

    „Oh, grundgütiger Himmel", murmelte sie und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Sie raffte ihre Röcke und lief, so schnell sie konnte. Als sie schließlich die Felsen, die zur See hin schroff abfielen, erreichte, erblickte sie weit unten Bethanys roten Haarschopf.

    „Was sollen wir bloß tun?, rief Miss Winifred verzweifelt aus. Sie rang die Hände und lief ein paar Mal ruhelos hin und her, bevor sie sich schließlich an die neunjährige Ambrosia wandte. „Beeil dich, Kind, und hol Newton Findlay. Er wird wissen, wie wir Bethany retten können.

    Ambrosia tat, wie ihr geheißen, und kehrte nach kurzer Zeit mit dem alten Seemann zurück. Newt hatte vor vielen Jahren bei einem Zusammentreffen mit einem Hai ein Bein verloren. Damit war für ihn die Seefahrerei an Bord der Undaunted, welche dem Vater der Kinder gehörte, beendet gewesen. Seitdem verrichtete er im Dienste der Lamberts alle möglichen Arbeiten, ärgerte mit Vorliebe die Haushälterin und war allen Bewohnern von Mary Castle ein geliebter und unentbehrlicher Ansprechpartner in allen Lebenslagen geworden.

    „Schau nur, Newt. Winnie wies mit zitternder Hand nach unten auf die leblose Gestalt auf einem Felsvorsprung. „Es ist Bethany.

    „Ja, das sehe ich." Ohne weitere Umstände befestigte er ein dickes Seil an einem Baum und begann dann mit dem gefährlichen Abstieg. Dieser wurde noch erschwert durch die Tatsache, dass Newton als Ersatz für das verlorene Bein einen hölzernen Pflock benutzte.

    Unten angekommen, beugte er sich über das kleine Mädchen. „Sie lebt, rief er schließlich nach oben. „Sie hat wohl nur das Bewusstsein verloren.

    „Dem Himmel sei Dank!" Die arme Winifred Mellon ließ sich zu Boden sinken und begann herzzerreißend zu schluchzen, während die drei anderen Lambert-Kinder vor Freude über die Rettung ihrer Schwester anfingen, zu tanzen und zu johlen.

    Eine kleine Ewigkeit schien vergangen zu sein, bevor Newton und das kleine Mädchen schließlich wieder sicheren Boden unter den Füßen hatten.

    „Winnie! Bethany lief zu ihrer Kinderfrau und musterte sie aufmerksam. „Weinst du etwa? Warum denn?

    „Weinen? Nichts liegt mir ferner! Winnie trocknete sich die Augen mit einem blütenweißen Tuch. „Aber du wirst in Kürze Tränen vergießen. Sag mir, wieso du dort hinuntergefallen bist.

    „Ich wollte fliegen. Ich hatte die Seevögel dabei beobachtet, wie sie zwischen den Klippen und Felsen auftauchten und verschwanden und immer wieder auftauchten. Ich wollte einfach sehen, ob ich ihnen nicht Gesellschaft leisten kann."

    „Ihnen Gesellschaft leisten", wiederholte Winnie ungläubig und wechselte einen kurzen Blick mit Newton, der nur die Augen verdrehte. Nachdem ihre Angst abgeklungen war, verspürte Miss Mellon ein noch stärkeres Gefühl, das nur sehr selten bei ihr zum Vorschein kam. Sie wurde in der Tat kaum jemals wirklich wütend. Doch wenn es so weit war, erschienen zwei leuchtend rote Flecken auf ihren Wangen, und ihre sanften blauen Augen schienen Blitze zu versprühen.

    „Dieses Mal bist du zu weit gegangen, Bethany, erklärte sie streng. „Du wirst dich auf der Stelle in deine Kammer begeben und dort all die Gründe niederschreiben, aus denen Menschen nicht fliegen können. Dann wirst du mir das Ergebnis deiner Arbeit zeigen, und ich entscheide sodann, welche weiteren Strafen du zu erwarten hast.

    „Ich soll bestraft werden dafür, dass ich versucht habe zu fliegen?"

    „Nein, dafür nicht. Aber für diese wilde, ungebärdige Ader in dir, junge Dame. Wenn deinem ungestümen Wesen nicht in der Jugend Einhalt geboten wird, könnte sich deine Veranlagung als ernstes Entwicklungshindernis auf dem Weg zu einer wahren Lady erweisen."

    Bethany schielte Hilfe suchend zu Newton hinüber, doch dieser zeigte keinerlei Regung. Vielmehr machte er sich daran, das Seil aufzuwickeln und alsdann zum Haus zurückzugehen.

    „Newt, das ist nicht fair, rief sie und lief hinter ihm her. Ihre Stimme war hoch und schrill vor kindlicher Empörung. „Ich habe doch nichts verkehrt gemacht, oder?

    Newton wählte seine Worte mit Bedacht. „Mir scheint, dass Miss Mellon in gewisser Weise durchaus recht hat. Du hast keine Flügel, meine Kleine."

    „Nein, aber ich könnte mir welche basteln aus … Zweigen." Hoffnungsvoll schaute Bethany zu einem besonders hohen und schönen Baum hinüber.

    „Ja, das könntest du tun. Und wahrscheinlich würdest du wieder abstürzen. Dir müssen doch alle Knochen im Leib wehtun. Das war ein böser Sturz heute."

    „Ja, ich habe Schmerzen, gab Bethany zu. „Aber Papa sagt immer, wenn wir uns wehgetan haben, sollen wir einfach aufstehen und es noch einmal versuchen.

    „Das mag sein, aber lass dir gesagt sein, Mädchen: So ein Körper ist ein zerbrechliches Ding. Er wurde nicht erschaffen, von felsigen Klippen in die Tiefe zu fallen. Du hättest dir das Genick brechen können."

    „Dann wäre ich jetzt bei Mama im Himmel. Papa sagt, der Himmel ist ein wundervoller Ort."

    „Davon habe ich auch schon gehört, versetzte der alte Seemann. „Aber nicht viele von uns haben es eilig, dorthin zu kommen. Vielleicht haben die meisten von uns bereits hier unten auf Erden ihren eigenen Himmel gefunden.

    Inzwischen hatten sie den neben dem Haus liegenden Schuppen erreicht, und Newt hängte das Seil dort auf einen Haken. „Und nun, mein Mädchen, erklärte er, „kannst du aufhören zu versuchen, die Strafe weiter hinauszuschieben. Am vernünftigsten wäre es, wenn du jetzt nach oben gingest und tätest, was Miss Mellon dir aufgetragen hat.

    „Und dann?"

    Newton zwinkerte ihr zu. „Und dann versprichst du ihr, dass du keinen weiteren Versuch zu fliegen unternehmen wirst."

    „Aber ich werde es trotzdem wieder versuchen", versetzte Bethany.

    Newt seufzte tief auf. „Geh jetzt, Kleine, und trage deine Strafe wie … Beinahe hätte er gesagt: „… wie ein Mann. Denn in aller Ehrlichkeit musste man sagen, dass die drei Lambert-Schwestern durchaus nichts gemein hatten mit irgendwelchen weiblichen Wesen, die ihm in seinem langen Leben begegnet waren. Wild und frei waren diese Mädchen, und was Zähigkeit und Ausdauer betraf, so standen sie ihrem Bruder James in nichts nach.

    O ja, mit ihnen hatte man auf Mary Castle wirklich alle Hände voll zu tun.

    Und Newton war rettungslos in sie alle vernarrt.

    1. KAPITEL

    Der Atlantik – Vor der Küste von Cornwall, 1665

    Schiff ohne Flagge voraus!" Bethany Lambert saß hoch oben im Ausguck der Undaunted , dem stolzen Segelschiff der Familie Lambert, und rief die Warnung aus voller Kehle. „Ich kann es erkennen. Es ist das Piratenschiff, die Shark . Sie verfolgt einen kleinen Segler, der die englischen Farben geflaggt hat."

    Jeder Mann der Undaunted – Besatzung wusste, was das bedeutete. In jüngerer Vergangenheit hatten es sich Piraten zur Gewohnheit gemacht, kleine Vergnügungsboote anzugreifen, die sich meist im Besitz wohlhabender, adeliger Gentlemen befanden. Die Räuber machten fast immer leichte Beute, bestehend aus Gold und Schmuck, versenkten das Schiff und schickten ihre unseligen Opfer in ein dunkles, feuchtes Grab.

    Die Undaunted war dazu bestimmt, die Sicherheit sämtlicher englischen Schiffe zu erhöhen. Nach dem Tod ihres Vaters und Bruders durch die Hand von Piraten hatten Bethany und ihre Schwestern geschworen, das Erbe ihres Vaters als Freibeuter im Namen von König Charles II. fortzuführen.

    Als Reaktion auf die Warnung ordnete Bethanys Großvater Geoffrey Lambert, der am Ruder stand, an, dass mehr Segel gehisst wurden, und schon bald gelang es ihm, ihren Segler zwischen das Piratenschiff und das kleinere Boot zu steuern. Es nahm die Gelegenheit zu entkommen sofort wahr, und es war nun an den Seeleuten an Bord der Undaunted, sich den Piraten in einem Kampf auf Leben und Tod zu stellen.

    Das stolze Schiff erzitterte unter dem Einschlag der ersten Kanonenkugel, und durch den dichten Rauch kletterten abenteuerlich maskierte Männer über die Reling. Sie schwangen Schwerter und Messer und stießen in schrillen Tönen übelste Verwünschungen aus, bei denen einem angst und bange werden konnte.

    „Hinter dir, Großvater", rief Bethany und zielte gleichzeitig mit ruhiger Hand auf den Mann, der im Begriff stand, den alten Lambert zu attackieren. Tödlich getroffen von einem Schuss aus Bethanys Pistole sank der Angreifer zu Boden.

    „Newt!" Der Ruf galt dem alten Seemann, der den Lambert-Schwestern alles über das Meer und die Seefahrt beigebracht hatte, was es zu wissen gab, zusammen mit Geoffrey Lambert.

    Er wandte sich um, gerade rechtzeitig, um einen Piraten niederzustrecken, der ihn hatte angreifen wollen. „Danke, Mädchen", rief er und schwang sein Schwert.

    Der Kampf wogte hin und her, doch nach einigen Stunden waren die Piraten endlich besiegt. Von der Besatzung der Undaunted hatte niemand ernsthaften Schaden erlitten, doch das Schiff selber war in einem beklagenswerten Zustand. Die Kanonenkugel hatte ein Loch in den Bug gerissen, durch das unaufhörlich Wasser in den Laderaum strömte. Zwar hatte man das Feuer an Deck löschen können, doch die Planken waren schwer beschädigt.

    Aber die Undaunted war ein stolzes, starkes Schiff. Sie würde den Weg zurück in den sicheren Hafen schaffen. Langsam, mühsam bahnte sich der Segler seinen Weg durch die Wellen, vorbei an dem kleineren Boot, das den Piraten entkommen war. Mit lautem Rufen und Triumphschreien wurde der Untergang des Piratenschiffs zur Kenntnis genommen.

    In seiner Kabine ließ der Mann, der das Geschehen durch das Bullauge beobachtet hatte, das Fernglas sinken. Der Kampf an sich war schon fesselnd genug gewesen. Doch als er gesehen hatte, dass es sich bei einem der Seeleute an Bord der Undaunted um ein weibliches Wesen handelte, hatte er seinen Augen kaum trauen wollen.

    Die Frau war wie die Männer an Bord gekleidet gewesen. Enge, knapp unter dem Knie endende Hosen steckten in hohen Stiefeln. Dazu ein buntes Hemd mit weiten Ärmeln. Die Haare waren unter dem um den Kopf geknoteten Tuch verborgen gewesen. Allerdings waren die Umrisse des weiblichen Körpers unter der Seemannskleidung deutlich zu erkennen gewesen.

    Während des Kampfes hatte sich das Tuch um den Kopf gelöst. Die rotgoldene Lockenpracht und die verführerischen Rundungen ergaben zusammen ein unvergessliches Bild. Die junge Frau handhabte ihre Pistole wie ein Mann, hatte sich unerschrocken ins Kampfgetümmel gestürzt und sich so gut wie jeder Mann geschlagen. Sie hatte einen fantastischen Anblick geboten.

    Von außen wurde an die Kabinentür geklopft, und sogleich stieß der große Hund, der zu Füßen seines Herrn lag, ein drohendes Knurren aus. „Wir nähern uns der Hafeneinfahrt von Land’s End, Eure Lordschaft", erklang die Stimme eines Matrosen von draußen.

    Der Mann legte dem Hund beruhigend eine Hand auf den Kopf als Zeichen dafür, dass keine Gefahr bestand. „Wie heißt das Schiff, das zu unserer Rettung kam?"

    „Das weiß ich nicht, Mylord. Soll ich mich im Hafen danach erkundigen?"

    „Nein." Das wäre vergebene Mühe gewesen. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, dass mehrere Schiffe, getarnt als Frachtschiffe, die Gewässer für englische Segler sicherten. Nur der König kannte ihre wahre Identität. Die Leute, die in seinem Auftrag fuhren, schützten ihre Privatsphäre genauso entschlossen, wie sie ihre Feinde auf See bekämpften.

    Doch der Mann hatte eigene Mittel und Möglichkeiten, den Namen des rettenden Schiffes herauszufinden.

    Während er sich anschickte, von Bord zu gehen, schaute der Adelige noch einmal sehnsüchtig auf den Segler, der ihn und seine Mannschaft vor dem sicheren Tod gerettet hatte, bevor dieser eine Landzunge umfuhr und seinen Blicken entschwand.

    Was würde er nicht alles geben, wenn er die Freiheit hätte, jenen mutigen Leuten in ihrem unermüdlichen Kampf gegen die brutalen Räuber zur Seite zu stehen und deren brutalem Treiben ein Ende zu setzen.

    Ja, und gleichermaßen viel würde er geben, wenn er die junge Frau kennenlernen könnte, die offenkundig in unbändiger Freiheit lebte und so beherzt zu kämpfen verstand.

    „Felsen und Untiefen an Backbord!", erscholl hoch aus der Takelage der Ruf einer unverkennbar weiblichen Stimme. Doch die zu der Stimme gehörende Gestalt, die sich soeben behände nach unten hangelte und leichtfüßig auf Deck sprang, war gekleidet wie jeder gewöhnliche Matrose.

    „Ja, Bethany, ich sehe sie auch. Geoffrey Lambert hielt mit fester Hand das Ruder, während die Mannschaft Vorbereitungen zum Ankern traf. „Dem Himmel sei Dank, wir sind fast zu Hause, setzte er noch hinzu.

    Für gewöhnlich dauerte die Reise von der kleinen Stadt Port Hellick nach Land’s End höchstens einen halben Tag, doch das Zusammentreffen mit den Piraten hatte die Heimkehr erheblich verzögert.

    „Soll ich das Ruder übernehmen, Großvater?", erkundigte sich Bethany fürsorglich, und dankbar überließ ihr der alte Mann seinen Platz. Wie ihre Schwestern Ambrosia und Darcy, so war auch die mittlere seiner Enkelinnen eine hervorragende Seglerin. Sie kannte sich in den Gewässern vor der Küste Cornwalls besser aus als so mancher Mann.

    „Schau nur, Großvater, rief sie jetzt und deutete mit einer Hand zum Ufer hin. „Dort drüben ist Darcy. Und Winnie und Mistress Coffey sind bei ihr. Sie winkte ihrer kleinen Schwester sowie ihrer alten Kinderfrau und der Haushälterin zu, die auf dem sogenannten „Widow’s Walk" standen, einer Balustrade, die sich um das oberste Stockwerk des Gebäudes wand. Mary Castle, das Anwesen der Lamberts, erhob sich hoch über den Atlantik. Weit und breit gab es kein anderes Haus.

    Den Namen hatte es vom Vater der drei Mädchen, Kapitän John Lambert, erhalten, der damit ihre Mutter ehren wollte. Viele Menschen in Land’s End nannten das Haus „Lambert’s Folly, was so viel wie „Lambert’s Torheit bedeutet. Damit wollten die Leute ihre Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass kein Haus, das dermaßen nahe am Meer errichtet wurde, den Unbilden des Wetters lange würde trotzen können. Doch Mary Castle stand nun schon seit vielen, vielen Jahren solide wie eine Festung und war weder durch Stürme noch den von Unwettern aufgepeitschten Atlantik oder schwerste Gewitter zu erschüttern.

    Als das Schiff nunmehr die schützende Bucht erreichte, machten sich die Seeleute schnell und behände daran, es sicher zu vertäuen, die Segel einzuholen und das kleine Beiboot so oft hin- und herzurudern, bis alle Matrosen an Land gebracht worden waren.

    „Unsere Fracht ist vollständig ruiniert, Großvater, erklärte Bethany, während sie die Stiege vom größtenteils unter Wasser stehenden Frachtraum hochkam. „Niemand wird uns für nasse Gewürze und aufgeweichten Tee etwas bezahlen.

    „Genau, mein Mädchen. Und als ob das noch nicht ärgerlich genug wäre, müssen wir auch unverzüglich darangehen, den Schaden zu beheben. Geoffrey schaute sich um. „Allerdings habe ich keine Ahnung, wie wir das alles bezahlen sollen. Erschöpft und mutlos machte er sich daran, die Strickleiter zu dem Beiboot hinunterzuklettern.

    „Ich werde schon einen Weg finden." Bethany wusste, dass sie gefährlich nahe daran waren, alles zu verlieren, wofür sie so hart gearbeitet hatten. Ohne Schiff war es ihnen unmöglich, ihr Zuhause zu erhalten und für die ältlichen Bediensteten zu sorgen, die völlig abhängig von den Lamberts waren. Aber ohne die erwartete Bezahlung der jetzt verdorbenen Fracht würden sie auch die unumgänglichen Ausbesserungen an der Undaunted nicht bezahlen können.

    Wenn nur Ambrosia und ihr Gatte, Kapitän Riordan Spencer, hier wären! Dann gäbe es keine Schwierigkeiten. Riordan war ein vermögender Mann, der ihnen mit Freuden eine Anleihe gewähren würde. Aber das junge Paar befand sich an Bord von Riordans Schiff, der Warrior, deren Rückkehr frühestens in einem Monat erwartet wurde.

    Bethany wusste, dass die Sorgen und die Verantwortung ganz allein auf ihren Schultern lasteten.

    „Nach dem Zustand der Undaunted zu urteilen, wart ihr in einen Kampf verwickelt", bemerkte Darcy, die jüngste der Lambert-Schwestern, und Bethany nickte.

    „Dann musst du mir alles ganz genau erzählen", verlangte Darcy.

    „Ja, aber erst lass mich mal ein wenig Luft holen. Wo sind Winnie und Mistress Coffey? Ich dachte, ich hätte sie vom Schiff aus hier draußen stehen sehen."

    „Sie sind bereits im Salon und warten. Beeil dich lieber. Die beiden sind schon stundenlang voller Sorge hin und her gelaufen." Darcy nahm ihre Schwester an der Hand, hakte sich bei ihrem Großvater ein und zog die beiden mit sich ins Haus.

    „Nun schau dich nur mal an. Winifred Mellon blickte auf, als die Mädchen mit Geoffrey in den Salon traten. Obwohl ihre Tage als Kindermädchen der drei Schwestern schon lange vorbei waren, hatten die Lamberts darauf bestanden, dass Winnie bei ihnen blieb. Ihnen war nämlich zu Ohren gekommen, dass Winnie niemanden hatte, bei dem sie hätte bleiben können. „Du bist ja verletzt, Bethany!

    „Ach was, das ist nur ein kleiner Kratzer." Bethany schaute auf ihren Arm und schien ehrlich überrascht zu sein, als sie Blutspuren auf dem Ärmel entdeckte.

    Geoffrey war an der Tür stehen geblieben. „Wenn sie nicht gewesen wäre, wäre ich jetzt nicht hier, erklärte er. „Bethanys Umgang mit der Pistole ist überaus fachmännisch und sicher.

    Das Mädchen errötete ein wenig. „Ich habe nicht mehr getan als alle anderen, Großvater."

    „Ach, meinst du? Er schüttelte den Kopf. „Dem Himmel sei Dank, dass du über einen so schnellen und scharfen Geist verfügst.

    „Nun müsst ihr uns aber alles von Anfang bis Ende erzählen", verlangte Winnie, die vor lauter Spannung auf ihrem Stuhl weit nach vorn gerutscht war und nun auf der äußersten Kante saß.

    „Allerdings", bekräftigte Mistress Coffey. Sie reichte mit Ale und Tee gefüllte Gefäße herum und nahm dann auf einer Chaise direkt vor dem offenen Kaminfeuer Platz.

    Wie Winnie, so stand auch die Haushälterin seit mehr als zwanzig Jahren in Diensten der Lambert-Familie. Als Witwe trug sie stets Schwarz. Sie hielt sich immer kerzengerade und aufrecht, obwohl das Alter ihr zunehmend zu schaffen machte. Immer mehr der häuslichen Pflichten gab sie an die drei Schwestern ab. „Wir bestehen auf jeder noch so winzigen Einzelheit, erklärte sie bestimmt. „War euer Erlebnis diesmal genauso aufregend wie unser letztes … nun, sagen wir, Abenteuer?

    Bethany und Darcy wechselten ein Lächeln tiefsten Einverständnisses. Was ursprünglich lediglich das Versprechen gewesen war, die Arbeit des Vaters fortzuführen, war schließlich ein Familienunternehmen geworden, an dem nicht nur ihr Großvater und der alte Newt teilgenommen hatten, sondern auch diese beiden liebenswerten älteren Damen.

    Die gemeinsam bestandenen Abenteuer hatten jeden und jede Einzelne von ihnen verändert. Die Schwestern hatten noch mehr Selbstvertrauen entwickelt, und die alten Leute hatten noch einmal das Gefühl von Jugend und Lebenskraft verspürt, das sie lange verloren geglaubt hatten. Alles zusammen stellte einen weiteren unsichtbaren Faden dar, mit dem ihrer aller Schicksal miteinander verbunden war.

    „Unser heutiges Abenteuer war nicht annähernd so aufregend und gefährlich wie jenes, das wir alle gemeinsam bestanden, versicherte Bethany. „In der Tat war unsere Reise völlig ereignislos, bis wir eines der Seeräuberschiffe entdeckten, das gerade eine vornehme Segeljacht angreifen wollte. Wir kümmerten uns um die Piraten, und schon bald konnten wir sie alle in ihr nasses, dunkles Grab schicken.

    „Und das andere Schiff?, wollte Winnie wissen. „Kanntet ihr es?

    „Nein. Bethany schüttelte den Kopf. „Ich habe es in unseren Gewässern noch niemals zuvor gesehen. Aber das ist jetzt unbedeutend, da es mit Sicherheit im Hafen von Land’s End vor Anker gegangen ist und keinerlei Hilfe mehr benötigt.

    Sie trank ihren Tee aus, stellte die Tasse beiseite und bewegte sich in Richtung Tür.

    „Und was, bitte schön, glaubst du, was du jetzt tust?", erkundigte sich Mistress Coffey.

    „Ich gehe in meine Kammer, werde ein heißes Bad und ein gemütliches Abendessen genießen und sodann zu Bett gehen, wo ich mindestens eine Woche lang bleiben werde."

    „Nein, junge Dame, daraus wird heute Abend wohl nichts, versetzte die alte Haushälterin und wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Winnie. „Hatten wir nicht abgemacht, dass deine Pflichten an Bord nicht im Widerstreit zu jenen hier zu Hause stehen würden?

    „Jaaaa?" Bethany schaute zu ihrer Schwester hin, doch diese starrte angelegentlich auf einen unsichtbaren Punkt an der Wand.

    „Im Pfarrhaus findet heute Abend eine Bibellesung statt, erklärte Mistress Coffey vielsagend. „Und da Ambrosia sich noch auf Hochzeitsreise befindet, bleiben nur du und Darcy übrig.

    „Wieso kann Darcy nicht an meiner Stelle an der Lesung teilnehmen?" Bethany wollte sich noch nicht geschlagen geben.

    „Weil sie sich schon bereit erklärt hat, meinen Platz bei dem Ladies-Nähzirkel einzunehmen, und zwar an der Seite von Miss Winnie."

    Die Schwestern verdrehten theatralisch die Augen. Nähzirkel und Bibelstunden! Es gab nichts Schlimmeres für sie als diese beiden Freizeitbeschäftigungen.

    „Ich erwarte einfach, dass du an der Lesung teilnimmst, Bethany. Der Tonfall der Haushälterin duldete keinen weiteren Widerspruch. „Und ich werde dich selbstverständlich als Anstandsdame begleiten.

    In einem letzten Versuch, sich doch noch vor der Aufgabe drücken zu können, wandte sich Bethany an Geoffrey Lambert. „Großvater, ich komme gerade erst von einem gefährlichen Seeabenteuer zurück und soll eine Bibellesung besuchen. Was hältst du davon?"

    Der alte Mann hob eine Hand ans Ohr, als hätte er nicht verstanden, was seine Enkelin gesagt hatte. Bethany hätte beinahe mit dem Fuß aufgestampft, denn sie durchschaute natürlich seine List.

    Der alte Herr hörte grundsätzlich nur das, was er hören wollte. Vor vielen Jahren war bei einer Fehlzündung eine Kanonenkugel unmittelbar neben ihm explodiert. Wegen der daraus entstandenen Taubheit hatte er die Seefahrt aufgeben müssen. Doch seine Familie war fest davon überzeugt, dass sein Hörvermögen im Laufe der Zeit zurückgekehrt war und er seine angebliche Behinderung ganz gezielt immer dann einsetzte, wenn er sich einen Vorteil davon erhoffte.

    „Bethany, hast du schon das Neueste gehört?" Edwina Cannon, die größte Klatschtante des Dorfes, griff nach Bethanys Arm, als sie nebeneinander zu der wartenden Kutsche gingen. Sie hatten die letzte Stunde damit verbracht, im Pfarrhaus dem jungen, attraktiven Diakon Ian Welland bei seiner Lesung aus den Psalmen zuzuhören.

    Mistress Coffey machte einen hochzufriedenen Eindruck, und Bethany wusste auch, warum. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sich die Haushälterin in den Kopf gesetzt, dass eine der Lambert-Schwestern einen Geistlichen heiraten sollte. Und da Ambrosia bereits mit ihrem schneidigen Kapitän verheiratet war und Darcy einem Seemann namens Gray Barton zugetan zu sein schien, blieb also nur noch Bethany übrig.

    Diese musste zugeben, dass der junge Diakon recht gut aussah. Auch war ihr bekannt, dass so manches Mädchen in Land’s End

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