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Nachhall der Verdammten: Die Verschwundenen Krieger
Nachhall der Verdammten: Die Verschwundenen Krieger
Nachhall der Verdammten: Die Verschwundenen Krieger
eBook618 Seiten7 Stunden

Nachhall der Verdammten: Die Verschwundenen Krieger

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Über dieses E-Book

Der Auftrag, die junge Memue ausfindig zu machen, verschlägt den Captain einer Eliteeinheit Cole Fonder auf den Planeten Dura, der von den aggressiven Kiaren bevölkert wird. Nach einer gefährlichen Suche gelingt es ihm, Memue aus einer Haftanstalt zu befreien. Doch die Frau birgt eine viel größere Gefahr in sich: Sie gehört den Hexen an.
Gegen jede Vernunft und seinen Auftrag beschließt Cole, Memue zu ihrem Volk zurückzubringen.
Auf Comata, dem Planeten der Hexen, erfährt er, dass mächtige Magier die alleinige Herrschaft über die Galaxie anstreben. Nur die verschwundenen Krieger, die über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen, können ihnen standhalten. Doch eine Suche nach ihnen scheint aussichtslos.
Dann erscheint das Zeichen der Verdammten …  
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum20. Okt. 2023
ISBN9783347991408
Nachhall der Verdammten: Die Verschwundenen Krieger
Autor

P.S. Hanlor

In einem beschaulichen Dorf, umgeben von der Ruhe der Natur, lässt sich Hanlor von den Geheimnissen des Universums inspirieren. Jeder Blick in den sternklaren Himmel und die Sehnsucht nach den Nordlichtern fördern seine Kreativität und verstärken seine Leidenschaft für das Genre. Bereits in der Kindheit entdeckte Hanlor die Faszination für Bücher, die als Tor zu anderen Welten dienten. »Die verschwundenen Krieger» ist der erste Band der Reihe Nachhall der Verdammten. Der zweite Band trägt den Untertitel »Gefährliche Bündnisse«.

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    Buchvorschau

    Nachhall der Verdammten - P.S. Hanlor

    Nachhall Der Verdammten

    Die verschwundenen Krieger

    Der Auftrag, die junge Memue ausfindig zu machen, verschlägt den Captain einer Eliteeinheit Cole Fonder auf den Planeten Dura, der von den aggressiven Kiaren bevölkert wird. Nach einer gefährlichen Suche gelingt es ihm, Memue aus einer Haftanstalt zu befreien. Doch die Frau birgt eine viel größere Gefahr in sich: Sie gehört den Hexen an.

    Gegen jede Vernunft und seinen Auftrag beschließt Cole, Memue zu ihrem Volk zurückzubringen.

    Auf Comata, dem Planeten der Hexen, erfährt er, dass mächtige Magier die alleinige Herrschaft über die Galaxie anstreben. Nur die verschwundenen Krieger, die über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen, können ihnen standhalten. Doch eine Suche nach ihnen scheint aussichtslos.

    Dann erscheint das Zeichen der Verdammten …

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Die Publikation und Verbreitung erfolgt im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

    © 2023 P.S. Hanlor

    Lektorat/Korrektorat: Sascha Rimpl, Lektorat TextFlow

    Cover/Buchsatz/Illustrationen: Lars Hütz, 4H-DIGITAL

    Druck und Distribution im Auftrag: tredition GmbH, An der

    Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany Deutschland.

    ISBN Softcover: 978-3-347-99139-2

    ISBN E-Book: 978-3-347-99140-8

    Inhalt

    Prolog

    Die Strafe

    Der Auftrag

    Der Planet der Riesen

    Die Suche

    Hilfe

    Flucht von Dura

    Die Hexen im Nebelsystem

    Gefangenschaft

    Schuldig

    Dunkelheit

    Erinnerungen

    Aufbruch der Befreier

    Gefahr

    Der Weg aus der Todeszone

    Freunde

    Eine Scheinehe

    Zurück ins Leben

    Abschied

    Ein Wiedersehen

    Verfolgt

    Kopfjäger

    Die Schwarzen Kämpfer

    Auf dem Hexenplaneten

    Angriff der Tarantalika

    Alarm der Pretecaner

    Ein waghalsiger Plan

    Der Gefangene

    Die Legende der Verdammten

    Unerwartete Mitteilungen

    Die Fährte der Krieger

    Dem Tode nahe

    Hinterhalt

    Geheimnisse

    Die Krieger im Kerker

    Die Falle schnappt zu

    Vorschau auf Band 2

    Man sagt:

    »Schau nur nach vorn, aber wenn du schon zurückblickst,

    dann nur, um Fehler nicht zu wiederholen.«

    Prolog

    Die soeben eingegangene Datenaufzeichnung erschütterte ihn zutiefst. Er war unvorbereitet gewesen, völlig ahnungslos. Und nur deswegen hatte ihn diese Nachricht so hart treffen können. Weshalb? Wie? Warum nur konnte etwas derart S chreckliches passieren, ohne dass dadurch nicht auch gleich das gesamte Universum in sich zusammenfiel? War er wirklich so blind gewesen?

    Er stand am Fenster und legte seine Stirn an die Scheibe. Verzweifelt starrte er in die Nacht hinaus. Er sah die Lichter, sah die vorbeihuschenden Gestalten und nahm doch nichts wahr. Was ihm eben noch wichtig erschienen war, versank nun in Bedeutungslosigkeit, und das Leben da draußen lief einfach weiter, als wäre nichts geschehen. Merkte denn keiner außer ihm, dass sich alles, absolut alles, schlagartig verändert hatte? Das konnte nicht wahr sein, durfte nicht der Realität entsprechen, oder doch?

    Er ballte seine Hände zu Fäusten, sein Körper verkrampfte sich. Dieser wahnsinnige Schmerz schien ihn auseinanderzureißen. Er krümmte sich und sank auf die Knie. Wie lange er in dieser Stellung verharrte, war ihm nicht bewusst. Jegliches Zeitgefühl verblasste angesichts der ihn völlig ausfüllenden Qual. Sterben – er wollte sterben, nur um nichts mehr fühlen zu müssen. Aber sein Wunsch erfüllte sich nicht.

    Und dann geschah es. Ein neuer Gedanke schoss unerwartet durch seinen Kopf. Plötzlich präsent, ließ er sich nicht mehr verdrängen. Warum auch? Es tat gut, richtig gut.

    Die Verzweiflung schwand, als der Hass wuchs. Übermächtig stieg er in ihm auf. Sofort war ihm klar, dass dieser Hass für die Ewigkeit galt und ihn fortan beherrschen würde. Sein Leben hatte ab jetzt nur noch einen Sinn – er würde sich an dem Mann, der für sein Elend verantwortlich war, rächen! So brutal und furchtbar, wie sich vor ihm noch nie jemand gerächt hatte. Jetzt erst schrie er. Er brüllte all seine Wut hinaus in die Galaxie. Doch niemand hörte seinen Schrei. Er war allein, so allein wie nie zuvor in seinem Leben.

    Dann verstummte er. Seine schwarzen Augen glühten, sein Entschluss stand fest. Ein Todesurteil ohne jegliche Aussicht auf Begnadigung. Er musste es vollstrecken. Er schwor es, und diesen Schwur würde er halten.

    Die Dunkelheit machte er zu seinem neuen Verbündeten, einem äußerst starken Verbündeten – vermutlich der stärkste überhaupt. Er zückte sein Messer, zog die Schneide über seinen linken Handrücken und ließ das Blut zu Boden tropfen. Mit diesem Pakt des Grauens, durch sein Blut besiegelt und mit einer mächtigen Beschwörung bekräftigt, gehorchten ihm die Schatten der Nacht.

    Es waren Wesen des Todes, denen keiner entkommen konnte. Sie forderten unzählige Organe verschiedener Rassen, um wieder zum Leben erweckt zu werden. Zehn Jahre nach der Vollendung seines Eides würde er ihnen sein Herz als letzte Opfergabe überlassen müssen und sie damit aus ihrem Schattendasein befreien.

    In dem Moment, da dieser Bund geschlossen war, starb alles Gute in ihm. Er starb. Ein neues Wesen war geboren. Sein altes Ich, es gebar: Retsud!

    Retsuds Augen blitzten auf, und zornbebend stürmte er hinaus in die Nacht. Mit hektisch umherirrendem Blick, zitternd wie im Fieber, durchsuchte er die Dunkelheit.

    Er stieß die Fäuste gen Himmel. Da peitschte der Wind und wirbelte Staub auf. Immer heftiger stürmte es. Neben ihm schlugen Blitze ein, und sein Hemd flatterte in den orkanartigen Böen.

    Aus dem Nichts tauchte ein schwarzer Umhang auf. Vom Wind wurde er direkt zu ihm getragen und landete auf seinen Fäusten. Seine Finger krallten sich in den Stoff. Mit der rechten Hand riss er sich das Hemd vom Körper, schleuderte es angeekelt fort und warf sich den Umhang über die Schultern. Sofort schmiegte er sich an seine Haut, während Schatten in Gestalt von Kämpfern ihn umschwirrten.

    Eine eisige Kälte kroch in ihm hoch, bis sie sein Herz erreichte. Diese Endgültigkeit betraf nun sein gesamtes Dasein. Ein tiefes Knurren entwich seinem Mund.

    Ich werde dich vernichten, dich und deine gesamte verfluchte Sippe! Ich schwöre es! Erst wenn dein Name ausgelöscht ist und kein Tropfen deines Blutes mehr in irgendeines Menschen Adern fließt, wird deine Schuld getilgt sein, und ich werde meinen Frieden finden!

    Lautlos formten seine Lippen das Gelübde. So sollte und so würde es geschehen.

    Jahre vergingen …

    Die Strafe

    Hell loderten die Flammen unzähliger Feuer. Dunkler Rauch erfüllte die Luft und stieg gen Himmel. Tod und Vernichtung beherrschten den brennenden Hangar des Mondes Quantor im Nebelsystem.

    Nur wenige Gebäude in der Nähe waren nicht vollständig vernichtet. Noch war das Feuer nicht bis zu ihnen vorgedrungen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis auch sie brennen würden. Die ersten Funken trafen bereits die Mauern.

    Die entsetzlichen Schreie der Bewohner waren mittlerweile verstummt, jegliches Leben schien ausgelöscht. Und doch gab es einen, der dieses Massaker überlebt hatte.

    Mit brennenden Augen drückte sich der kleine Junge an eine der letzten unversehrten Wände. Seine an den Körper gezogenen Beine hielt er fest mit beiden Armen umschlungen. Er presste den Kopf auf die Knie. Unerträgliche Hitze breitete sich rings um ihn aus. Es gab kein Entrinnen. Sein Gesicht glühte, und langsam hob er den Kopf. Ascheteilchen schwebten zu Boden und nahmen ihm die Sicht, aber er wusste, wie es um ihn herum aussah.

    Es stank nach verbranntem Fleisch, ein furchtbarer Geruch, den er wohl nie wieder in seinem Leben vergessen würde. Der Junge glaubte, die zerstückelten Leichen, die einfach liegen gelassen worden waren, vor sich zu sehen, obwohl der dichte Qualm ihren schauerlichen Anblick verbarg.

    Tränen stiegen ihm in die Augen. Die meisten Opfer kannte er, mit vielen hatte ihn eine enge Freundschaft verbunden. Nun waren sie tot.

    Wie ein Orkan waren die Horden über die Bewohner hinweggefegt. Vermummte Gestalten hatten wahllos Männer, Frauen und Kinder abgeschlachtet. Niemand hatte die Angreifer gekannt, keiner wusste den Grund für diesen Frevel.

    Seine verzweifelten Gedanken kreisten unablässig. Ob die rasende Meute noch immer in der Nähe war?

    Der Junge hielt die Luft an und lauschte angestrengt. Doch allzu lange schaffte er das nicht. Er spürte, wie es in seiner Kehle kratzte, und er versuchte, den stärker werdenden Hustenreiz zu unterdrücken. Sein Hals schien wie zugeschnürt, und noch einmal versuchte er, die Luft anzuhalten. Es gelang ihm nicht, und er hustete heftig.

    Nach einiger Zeit hörte der Hustenanfall auf. Hektisch blickte er sich um, doch die über ihn hinwegziehenden Rauchschwaden verhinderten, dass er Genaueres erkannte. Nur das Prasseln der langsam herunterbrennenden Feuer unterbrach die Ruhe, die seit dem Verstummen des letzten Stöhnens und Weinens der Verwundeten herrschte. Schlagartig begriff der Junge, dass er wohl als Einziger überlebt hatte. Wo sollte er hin?

    Er schluchzte. So verlassen hatte er sich noch nie gefühlt. Die winzige Hoffnung, dass seine Eltern überlebt hatten, war lange verflogen. Wenn sie noch lebten, so hätten sie ihn sicherlich schon längst geholt.

    Geräusche ließen ihn zusammenzucken. Er war doch nicht allein. Aber die, die nun in seine Richtung kamen, gehörten nicht zu seinem Volk. Jeder, den er kannte, trug Schuhe mit Sohlen, die ein lautloses Gehen ermöglichten. Doch nun dröhnten schwere Schritte durch die zerstörte Halle.

    Vermutlich suchten sie Überlebende. Er hatte Angst. Der Junge schob den Daumenballen seiner linken Hand in den Mund. Er durfte jetzt keinen Laut von sich geben.

    Das Trampeln wurde lauter und lauter und drängte genau in seine Richtung. Der Junge riss vor Entsetzen seine Augen auf. Sie kamen …

    Cole Fonder erwachte. Er blieb mit geschlossenen Augen liegen und versuchte, die eben geträumten Bilder festzuhalten. Sosehr er sich auch konzentrierte, er sah nur noch Bruchstücke des Traumes vor sich. Die verschwommenen Bilder lösten sich auf wie Nebelschwaden in der Sonne. Doch etwas blieb in seinem Gedächtnis haften.

    Er hatte wieder einmal diesen furchtbaren Albtraum gehabt. Es war seine Heimat, die gebrannt hatte, und er war der kleine Junge inmitten des Feuers gewesen. Er musste dieses Grauen einst selbst erlebt haben, anders ließen sich die Erinnerungsfetzen, die seine Träume beherrschten, nicht erklären. Undeutlich erinnerte er sich an ein grausames Massaker in seiner Kindheit.

    Erneut versuchte er, die einzelnen Bilder zusammenzufügen. Vor allem die Gesichter seiner Eltern wollte er sich endlich vergegenwärtigen können. Aber es gelang ihm nicht.

    Doch eines hatte ihn aus seinem Traum begleitet: das Trampeln der näher kommenden Schritte. Er konnte sie auch jetzt noch hören.

    Ruckartig sprang Cole von seinem Lager auf. Sein Hemd klebte an seinem vor Schweiß triefenden Körper. Sein Blick irrte umher. Was er sah, katapultierte ihn in die Gegenwart zurück, und ihm fiel ein, wo er sich befand. Er steckte seit Tagen in einer Arrestzelle an Bord der Massuran, eines Kampfschiffes der Pretecaner.

    Die Zelle war winzig. Ihm blieben nur drei Schritte von vorn nach hinten und zwei Schritte von einer Seite zur anderen. An den beiden langen Seiten sowie an der Rückwand wurde die Zelle von dicken Metallwänden begrenzt. Nur vorn flirrten Laserstrahlen und verhinderten jegliches Durchkommen.

    Cole streckte sich. Sein Herz hämmerte immer noch. Er fixierte einen Punkt an der Wand. Den Blick zu fokussieren half manchmal, den Horror der Albträume zu vertreiben. Erleichtert spürte er, dass sein Puls sich beruhigte.

    Er fühlte sich versucht, einen Schritt zurückzuweichen, um die Wand an seinem Rücken zu spüren. Sie bot immerhin einen Funken an Sicherheit, und dieses Gefühl brauchte er im Moment. Noch immer wirbelten die grauenvollen Bilder aus dem Traum durch seinen Kopf.

    Gleichmäßig knallten Stiefelabsätze auf den harten Boden. Peng! Peng! Peng! Das dumpfe Pochen übertrug sich auf seine Schläfen.

    Er schaute in Richtung des Ganges. Dabei stand er dicht neben der Liege, die an der langen Wand angebracht war. Er hob seinen Fuß und kickte leicht gegen die Unterseite. Die Liege schnellte nach oben und knallte mit lautem Getöse gegen die Wand, wo sie hängen blieb.

    Cole atmete auf. Wenigstens hatte er nun die volle Breite der Zelle zur Verfügung und würde nicht mehr über das einzige Möbelstück stolpern. Er starrte nach links. Von dort würden sie kommen.

    Er vermutete, dass sie kamen, um ihn zu holen, und straffte seine Schultern. Es klang, als ob sich vier Personen näherten. Er presste die Lippen zusammen. Wenn dem so war, dann wurde es ernst. Eigentlich hatte er gehofft, dass ihn höchstens zwei Wärter herauslassen würden, doch von dieser Hoffnung verabschiedete er sich nun.

    Und dies geschah keinen Augenblick zu früh. Zwei bewaffnete Uniformierte bogen um die Ecke, zwei weitere folgten ihnen dichtauf. Die Mienen der Herankommenden wirkten hart und kalt. Kein Muskel regte sich in den Gesichtern. Bullige, große Männer, die nun direkt vor der Strahlenwand stoppten.

    »Cole Fonder«, sagte einer von ihnen, mehr nicht.

    Und obwohl er als Inhaftierter in der weitaus schwächeren Position war, erwiderte Cole nur ihre eisigen Blicke und sprach kein Wort. Noch standen sie völlig unbeweglich da und machten keine Anstalten, die Zelle zu öffnen. Auch er rührte sich nicht. Ein stummes Kräftemessen begann, das ihm einen Schauer über den Rücken jagte.

    Seine innere Anspannung steigerte sich, und doch verbot er sich jegliche Reaktion. Gut, er könnte vielleicht etwas fragen, irgendetwas sagen oder einfach nur an die Sperre treten, doch er ahnte, dass sie dies als Schwäche auslegen würden, und so verzichtete er darauf.

    Mittlerweile war es ganz still geworden. In Gedanken zählte er die vergehenden Zeiteinheiten mit. Er stand bequem und konnte dies noch lange durchhalten.

    Noch immer blieben die Posten stumm und gaben ihm so die Gelegenheit, über die neue Situation nachzudenken. Es sah nicht gut für ihn aus. Die Männer waren ihm fremd, und allein dadurch wusste er, dass er in ernsten Schwierigkeiten steckte. Er dachte an Veru. Lebte der Mann noch? Doch die Frage konnte er nicht stellen, da diese Truppe nicht zu seiner Einheit gehörte.

    In der letzten Zeit hatten ihn ausschließlich ihm bekannte Männer bewacht, und selbst die berichteten ihm nichts über Veru, sondern blockten all seine Gesprächsversuche ab.

    Cole verlagerte unmerklich sein Gewicht und schätzte die Entfernung zur Sperre ab. Wenn er einen Schritt mit rechts nach vorn machte und dann mit links absprang, könnte er den vorderen Posten mit einem gezielten Sprungkick ausschalten. Die beiden unmittelbar daneben Stehenden würde er sicher mit Handkantenschlägen erwischen. Blieb noch der Letzte. Cole wusste nicht, welche Befehle man ihnen erteilt hatte, vermutete jedoch, dass sie ihn nicht sofort töten sollten. Er war schnell genug, um wenigstens einer der Wachen die Waffe abzunehmen. Danach käme es auf die Reaktion der übrigen an.

    Allerdings waren sie nicht die Einzigen an Bord, und er konnte und wollte nicht fliehen.

    Schon schaute der Posten, der ganz links stand, verstohlen zu dem in der Mitte. Fast hätte Cole gelächelt. Also gut. Er konzentrierte sich vorwiegend auf diesen Mann. Gegen ihn wirkte Cole schmächtig. Aber er war durchtrainiert, und er war schnell – verflixt schnell.

    Der bullige Mann trat einen winzigen Schritt nach links und deaktivierte die Strahlensperre. Der Weg auf den Gang war frei, aber noch zögerte Cole.

    Erst als ihm einer der Posten einen Wink gab, verließ er die Zelle und trat zwischen die Wachen. Sie nahmen ihn in ihre Mitte und gingen schweigend den Gang entlang. Ebenso schweigend wechselten sie auf die nächsthöhere Ebene, und schweigend erreichten sie den Konferenzbereich. Dort öffnete sich eben der Zugang.

    Sie traten ein, und als seine Wachposten stoppten, hielt auch Cole an. Der vor ihm stehende Mann trat zur Seite und gab den Weg frei. Neugierig sah Cole sich um, und was er wahrnahm, ließ ihn erblassen. Er fand sich in genau der kritischen Situation wieder, die er insgeheim auf dem Weg hierher befürchtet hatte.

    Sein Blick blieb an einer Gestalt hängen, deren Präsenz den gesamten Raum beherrschte. Der Mann saß zurückgelehnt mit übereinandergeschlagenen Beinen in einem Sessel. Die dunklen Haare hatte er mit viel Pomade nach hinten gekämmt, der hellgraue Anzug passte wie auf ihn zugeschnitten. Seine mit auffälligen Ringen geschmückte rechte Hand hielt ein Glas, das er hin und her schwenkte, bevor er es zum Mund führte. Nachdem er getrunken hatte, fuhr er sich mit seiner Zunge über die Oberlippe, dann stellte er das Glas auf den Beistelltisch neben sich.

    Cole wusste, dass dieser Mann Ragdor de Fabre hieß und neben Vertretern aller größeren Völker zu den Schlichtern gehörte. Die Tatsache, dass sein Bruder Davalo de Fabre der Vorsitzende der Schlichter war, sicherte Ragdor diese Amtsstellung, und damit umfangreiche Privilegien.

    Die Schlichter – als Gemeinschaft – galten als loyale Friedensstifter. Sie wurden nicht nur allgemein respektiert, sondern von allen geachtet. Sämtliche politischen Belange durchliefen ihren Entscheidungsbereich, und jedes Volk konnte seine Anliegen vortragen.

    Coles Blick glitt zu dem zweiten Mann im Raum. Dieser stand in seiner grauen Uniform vor Ragdor und war ihm bestens bekannt. Dass sich sein größter Kontrahent Danckin, Nahkampfausbilder und Captain der Pretecaner, hier aufhielt, war kein gutes Omen.

    Darum also hatten ihn fremde Wachen aus seiner Zelle geholt. Cole hätte sich gewünscht, dass sie ihn zu seinem Vorgesetzten Vandrak, dem obersten Führer der Pretecaner, gebracht hätten.

    Ragdor und Danckin nahmen noch immer keine Notiz von seiner Anwesenheit, obwohl sie ihn sicherlich wahrgenommen hatten.

    Dann drehte Ragdor den Kopf. »Ist das dieser Cole Fonder, der Verbrecher, der zu den Pretecanern gewechselt ist, um einer Strafe zu entgehen?« Er sah fragend zu Danckin.

    »Ja, Sir, das ist er.«

    »Er hat also den letzten Einsatz vermasselt, soso.«

    Cole blieb ruhig, obwohl es in ihm brodelte. Dass Danckin ihn angeschwärzt hatte, konnte er nachvollziehen. Schließlich verstanden sie sich nicht besonders. Doch dieser schmierige Typ Ragdor hatte sicherlich noch nie einen Einsatz erlebt, obwohl er engen Kontakt zu den Pretecanern hielt. Aber sollte er ruhig seine unqualifizierte Meinung von sich geben. Letztendlich gehörte er nicht zu den Pretecanern und hatte daher auch keinen Einfluss auf deren Entscheidungen.

    »Du wirst aus der Kämpfereinheit ausgeschlossen«, sagte Ragdor zu Cole. »Solche unfähigen Leute brauchen und dulden wir nicht bei den Pretecanern. Außerdem weiß ich von Danckin, dass du früher schon straffällig geworden bist, weil du Überfälle begangen hast.«

    Nun erschrak Cole doch. Der Gedanke an den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung ließ die Hitze in seine Wangen steigen.

    »Diese Entscheidung kann nur Vandrak treffen«, wagte er den Einwand, auch auf die Gefahr hin, dass er Ragdor vollends gegen sich aufbrachte.

    »Bitte«, erwiderte Ragdor und gab Danckin einen Wink.

    Danckin trat einen Schritt näher. »Sobald unser Commander hier ist, wird der Beschluss gefasst und vollstreckt. Bevor jedoch dein Gedächtnis ausgelöscht wird und du endgültig vergisst, wer du bist und dass du einmal zu unserer Eliteeinheit gehört hast, wirst du Einzelheiten über deinen letzten Einsatz bekannt geben. Der Auftraggeber Ragdor de Fabre hat ein Recht zu erfahren, was genau passiert ist.«

    »Ich bin einzig und allein dem Commander gegenüber zur Auskunft verpflichtet«, entgegnete Cole.

    »Nein, ich habe den Pretecanern den Auftrag erteilt und sie auch bezahlt«, mischte sich Ragdor ein. »Also schuldet ihr mir die Leistung, und ich will sofort wissen, warum du so jämmerlich versagt hast. Die Daten waren wichtig für mich und sind jetzt verloren – durch deine Schuld.«

    Cole wollte schon widersprechen, als er hinter sich etwas hörte. Er wandte seinen Kopf und sah, dass sich ein stattlicher Mann mit vollen grauen Haaren zwischen den Posten an der Tür hindurchdrängte.

    Vandrak würdigte ihn keines Blickes. Zielstrebig marschierte er zu der Sitzgruppe und stellte sich neben Danckin. Die wild wuchernden Augenbrauen finster zusammengezogen, die groben Hände zu Fäusten geballt, schien er nichts von seiner Umgebung wahrzunehmen. Allein Ragdor de Fabre galt seine Aufmerksamkeit. Sein gesamter Körper, der in einer maßgeschneiderten grauen Uniform steckte, stand nicht nur unter höchster Anspannung, sondern offensichtlich kurz vor einer Explosion. Cole kannte Vandraks Launen nur allzu gut.

    »Nehmt Platz, Vandrak.« Ragdor wies auf einen Sessel, der dem seinen gegenüberstand.

    »Danke, wir stehen lieber.« Vandrak wehrte ab, und auch Danckin setzte sich auf Geheiß von Vandrak nicht. »Kommen wir gleich zur Sache: Auch wenn Ihr der Auftraggeber seid, Ihr habt kein Recht, eigenmächtig einen meiner Männer zu Euch zu zitieren, ohne mit mir vorab gesprochen zu haben.«

    »Moment.« Ragdor wandte sich an seine Posten, die noch immer Cole flankierten, und gab ihnen einen Wink mit der linken Hand. Die Männer zogen sich daraufhin zurück.

    Cole verharrte auf seinem Platz. Für einen Moment war er versucht, die Wachen zu begleiten. Er wusste, was nun kommen würde, und er ahnte, dass es gleich um sein künftiges Leben ging. Danckins Drohung, ihm sein Gedächtnis zu nehmen, wirkte. Er kannte diese Art der Bestrafung bei den Pretecanern, denn er hatte sie bereits miterlebt. Noch immer lief ihm ein Schauer über den Rücken, wenn er daran dachte, dass durch diese Prozedur ganze Lebensabschnitte ausgelöscht wurden. Das würde er niemals mit sich machen lassen. Lieber versuchte er eine Flucht, auch wenn er dabei draufgehen sollte. Als die Tür hinter ihm zufiel, zuckte er leicht zusammen.

    »Cole!«

    Er kam zu sich, als er seinen Namen hörte, und sah Vandrak direkt an.

    »Erstatte Bericht, und zwar ausführlich!«

    »Was ist mit Veru?«, fragte Cole. Dass Veru unter seinem Kommando schwer verletzt worden war, machte ihm zu schaffen.

    »Du bist nicht in der Position, Fragen zu stellen«, erwiderte Vandrak harsch. »Muss ich dich erst daran erinnern, dass du dich nur mit einem Informanten treffen solltest? Nichts weiter. Und jetzt erkläre, was passiert ist!«

    »Der Informant ist tot. Ich konnte ihn nicht retten.«

    »Mich interessiert, wie das passieren konnte. Dein Auftrag war eindeutig, und du warst verantwortlich. Die negativen Auswirkungen auf uns sind noch nicht in vollem Umfang abzuschätzen. Wenn sich das herumspricht und andere Informanten nicht mehr mit uns zusammenarbeiten, bekommen wir Schwierigkeiten. Das solltest du eigentlich wissen!«

    »Das ist mir völlig klar.« Cole kämpfte mit sich, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als nachzugeben, und so begann er: »Als Treffpunkt war der Planet Nardos im Grottensystem vereinbart. Er ist weitestgehend unbewohnt, obwohl die Atmosphäre dort nahezu perfekt ist, und vor allem ist er in verhältnismäßig kurzer Zeit vom Nebelsystem und vom Zentralsystem aus erreichbar. Doch kein Transporter fliegt über Nardos. Jeder hält sich an die öffentlichen Routen, da diese geschützt werden. Und auch das Schwarze Loch auf der anderen Seite von Nardos in einer halben AE Entfernung schreckt Piloten ab. Als wir ankamen, ist uns ein für diese Region untypischer Flieger aufgefallen. Die starke Bewaffnung und auch den entlegenen Landeplatz am Rande einer Kraterlandschaft fanden wir auffällig. So verhalten sich eigentlich Kopfjäger. Wenn sie sich abseits halten, können sie die enthaupteten Körper der Gejagten unbemerkt entsorgen.«

    Cole verschwieg an dieser Stelle, dass nur er misstrauisch geworden war. Die Männer, die mit ihm ein Team gebildet hatten, waren allesamt unerfahren gewesen. Seine übliche Truppe hatte man ihm verwehrt. Kurz sah er zu Danckin, denn dieser hatte ihm die Männer zugeteilt. Danckin reckte seinen Kopf, doch Cole hatte nicht vor, ihm eine Mitschuld vorzuwerfen. Stattdessen sprach er weiter.

    »Wir haben zunächst den Flieger abgeschirmt und sind dann nach Osten zu den Meteoritenkratern. Der Informant war noch nicht da, und so habe ich beschlossen, mich in der Nähe umzusehen. Da alles ruhig war, sind zwei der Männer in das Zentrum des Kraters gegangen, um auf den Informanten zu warten. Veru hat den Einstieg bewacht, und ich habe oben den Wall gesichert. Es gab keine Anzeichen einer Gefahr, dafür stehe ich ein. Dann tauchte der Informant auf und ging zu unseren Männern. Ich konnte beobachten, wie er ihnen eine Dateneinheit aushändigte und die Bezahlung entgegennahm. Dann ging alles sehr schnell. Es gab leichte, kaum wahrnehmbare Wellenbewegungen auf dem Boden an den Kraterseiten. Ich konnte noch einen Warnpfiff abgeben, und Veru hat perfekt reagiert. Er hat sich etwas zurückgezogen und ist in Deckung gegangen. Einer der beiden anderen verlor leider die Nerven. Sein hektisch suchender Blick hat den Feinden gezeigt, dass wir den Hinterhalt bemerkt haben.«

    »Wer von den beiden?«, unterbrach Vandrak ihn, doch Cole hob seine Hand.

    »Das werde ich nicht sagen, denn er ist tot, und er soll nicht als unfähig oder nervenschwach in Erinnerung bleiben.«

    »Du hast gesagt, dass du keine Gefahr entdeckt hast«, sagte Danckin. »Wie konntest du die Falle übersehen?«

    »Du hast recht, Danckin. Ich habe nichts entdeckt, sonst hätte ich keinen da hereingelassen. Erst hinterher wurde deutlich, dass sie unter der Erde gewartet haben mussten. Sie sind durch Tunnelsysteme geflohen, denn der auffällige Flieger war später verschwunden, und auch der Kopf des Informanten war weg.«

    »Einer hat sich also wild umgesehen, und wie ging es weiter?«, mischte sich Vandrak erneut ein.

    »Der Boden riss auf, und gleich darauf gab es eine Explosion. Die gezündeten Gravitationssprengsätze haben die Körper von allen im Krater stehenden Personen sofort zerquetscht. Ich wurde durch den starken Sog nach unten gerissen. Als ich wieder zu mir kam, bin ich zu den drei Männern. Der Kopf des Informanten war abgetrennt, und die zwei Pretecaner waren tot. Ich bin dann zum Kratereingang und habe nach Veru gesucht. Als ich ihn fand, war er ohne Bewusstsein und unter herabgestürztem Geröll begraben. Aber er lebte noch, und als ich ihn befreit hatte, sah ich, dass er schwer verletzt war. Ich konnte nur den gequetschten Brustkorb stabilisieren, seine gebrochenen Arme und Beine fixieren und die Blutungen weitestgehend stillen. Um ihn zu retten, habe ich ihn zum Flieger geschafft und bin so schnell es mir möglich war hierhergeflogen. Unterwegs habe ich noch ein Rettungsteam zur Bergung unserer Männer geordert und auch ein Medischiff angefordert. Den Rest kennt ihr. Ihr seid mir mit der Massuran entgegengekommen, und seither liegt Veru hier an Bord auf der Medistation.«

    Ragdor griff nach seinem Drink und nahm einen Schluck. »Das klingt unglaubwürdig«, murmelte er vor sich hin. Dann sah er Cole an, der seinen Blick erwiderte.

    »Sobald Veru zu sich kommt, kann er meine Aussagen bestätigen.«

    »Gut, dann warten wir, bis Veru aus dem Koma erwacht«, fasste Vandrak einen Entschluss.

    Doch Ragdor war nicht einverstanden, und das machte er auch deutlich: »Nein, ich will die sofortige Entlassung dieses Mannes.«

    »Ein Hinauswurf steht nicht zur Debatte«, widersprach Vandrak. »Ich denke darüber nach, ihm seinen Rang als Captain zu entziehen, mehr nicht.«

    »Eine Degradierung reicht mir nicht. Die Daten waren zu wichtig für mich. Und immerhin gab es drei Tote.«

    »Die Strafe wird durch uns Pretecaner festgelegt und nicht durch Euch, Sir. Kein Schlichter hat eine Einflussmöglichkeit auf unser Handeln. Wir sind und bleiben eine neutrale Eliteeinheit.«

    Als Vandrak so deutlich aussprach, dass er keine andere Meinung akzeptieren würde, stand Ragdor auf.

    Cole machte sich auf eine harte Auseinandersetzung gefasst, doch dann öffnete sich die Tür. Er drehte sich um und sah Jad vor sich. Allein an der Haltung und dem Blick seines Freundes erkannte er, dass etwas Gravierendes passiert war.

    Jad ließ die Tür offen, während er an Cole vorbei zu Vandrak trat. Der mahnende Blick, den er ihm zuwarf, aktivierte Cole. Jad schob sich vor ihn und deckte ihn.

    »Veru ist vor wenigen Augenblicken verstorben. Er hat nichts mehr sagen können. Seine Verletzungen waren zu schwerwiegend. Ich war gerade in der Nähe und habe deshalb beschlossen, dass ich Euch persönlich davon in Kenntnis setze.«

    Jad redete und redete, und Cole wusste, dass er ihm dadurch eine Chance zum Handeln verschaffte. Coles Fluchtreflex stieg stark in ihm auf, und doch gab er ihm nicht nach. Er musste und würde die Konsequenzen tragen. Er war kein Feigling. Auch glaubte er an Vandrak, der nur über eine Degradierung nachdachte, und damit würde er klarkommen.

    Dann schwieg Jad, drehte sich um und schob sich wieder an Cole vorbei. Der nickte ihm zu, und Jad legte im Vorbeigehen kurz seine Hand auf Coles Schulter. Auch diesmal schloss Jad die Tür nicht.

    Noch bevor Ragdor zu Wort kommen konnte, übernahm Vandrak: »Es ist fürs Erste alles gesagt. Wir sollten uns jetzt um den aktuellen Einsatz kümmern. Nicht, dass wieder etwas misslingt. Hinterher werden wir beraten, was mit Cole Fonder geschieht.«

    »Ihr werdet mich von Eurer Entscheidung in Kenntnis setzen«, sagte Ragdor, »und ich erwarte, dass sie meinen Wünschen entspricht.«

    »So soll es sein«, erwiderte Vandrak und nickte Ragdor zu. »Danckin!« Vandrak gab seinem Captain ein Zeichen mit der rechten Hand, bevor er sich umdrehte. »Und du begleitest mich.« Dann wandte er sich an Cole und streckte ihm seine Hand entgegen. »Dein Abzeichen, her damit.«

    Wortlos entfernte Cole die Kokarde, die ihn als Captain auswies, und legte sie auf Vandraks Hand, dann folgte er ihm.

    Der Auftrag

    Als sie die Brücke erreichten, sah Cole sich um, während Vandrak wutentbrannt in der Kommandozentrale hin und her lief.

    Nur wenige Crewmitglieder waren anwesend. Coles Blick blieb an zwei Männern hängen, die verkrampft versuchten, nicht beachtet zu werden. Sie starrten auf ihre Bildschirme und täuschten eine Geschäftigkeit vor, die fast schon lächerlich wirkte.

    Einer dieser Männer beugte sich eben tiefer über die Anzeigetafel. Routiniert glitten seine Finger über das Schaltpult vor ihm. Er drückte auf Schalter, die dann aufleuchteten und Daten auf den Bildschirm übertrugen. Der Mann tat so, als riefe er die Daten ab. Doch seine Augen verweilten zu kurz auf der Anzeige, und er wechselte die Ansichten zu schnell. So rasch konnte niemand Informationen aufnehmen. Darren, so hieß der junge Mann mit den struppigen blonden Haaren, galt als Chaot, und das nicht nur, weil er über ein äußerst loses Mundwerk verfügte. Doch hier und jetzt wollte er anscheinend nicht auffallen. Cole erinnerte sich bestens, wie viele Doppelschichten der Commander Darren aufgehalst hatte, nur um ihm eine Lektion zu erteilen.

    Mont, das zweite Crewmitglied dort vorn, war ein älterer Mann mit leicht ergrauten Haaren und dunkelbraunen Augen und eigentlich der Technikexperte, doch an diesem Tag saß er auf dem Co-Piloten-Sitz.

    Cole bemerkte, dass Darren ihn entdeckt hatte und grüßend seine Hand hob, bevor er sich noch tiefer über die Anzeigen beugte.

    »Darren, du verschwindest jetzt!«, befahl Vandrak. »Und du, Cole Fonder, wirst hierbleiben, wo ich dich im Auge behalten kann!« Ein eisiger Blick begleitete die Order.

    Fast schon fluchtartig verließ Darren den Kontrollraum.

    »Cole!«

    Der Commander sprach nur das eine Wort, nannte nur seinen Namen, und doch wusste er genau, wie es nun weiterging. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Steuerung des Schiffes selbst zu übernehmen, und so beeilte er sich, den Pilotensitz zu erreichen. Gleich darauf nahm er neben Mont Platz. Der schob ihm wortlos seine Waffen hin, die man ihm zu Beginn seiner Haftstrafe abgenommen hatte.

    Cole sah zu Vandrak, und als der Commander sich nicht dagegen aussprach, sondern die Waffenübergabe duldete, griff Cole aufatmend zu und steckte seine Splitts, die gebräuchlichste Handfeuerwaffe der Pretecaner, wieder in das Holster an seinem rechten Oberschenkel. Mit der Splitts konnten in Stellung A, der Angriffsstellung, einzelne Laserstrahlen abgefeuert werden. Drückte man den Hebel nach innen, gab es einen Dauerlaserstrahl. Stellte man auf Stellung B, die Betäubungsstellung, um, wurde der getroffene Gegner nur bewusstlos. Die Energiekapseln in der Waffe luden sich automatisch bei Nichtgebrauch auf.

    Nach der Schusswaffe folgte das Messer. Nun ging es Cole gleich besser, er fühlte sich wieder komplett. Auf das fehlende Abzeichen konnte er verzichten.

    Vandrak katapultierte ihn aus seinen Gedanken in die Realität zurück. »Wir haben einen neuen Auftrag, und ein Teil davon betrifft ausschließlich deine Person.«

    »Ich soll also dabei sein?«, fragte Cole vorsichtshalber nach. Eben ging es noch um seine Entlassung, oder im günstigsten Fall um seine Degradierung, und jetzt sollte er an dem Einsatz aktiv teilnehmen?

    »Ja, du wirst mitgehen. Ich gebe dir eine letzte Chance, dich zu bewähren. Zeig, was du kannst, und beweise Ragdor de Fabre, dass er sich bezüglich deiner Person irrt. Unmissverständlich, Cole, dieser Einsatz ist deine Bewährungsprobe. Bestehst du sie, bleibst du Pretecaner. Falls nicht, werde ich über deine Entlassung nachdenken müssen. Die Schlichter haben zwar keinen Einfluss auf unsere Entscheidungen, da wir ihnen nicht unterstellt sind, aber sie können Druck ausüben, und ich werde keine Konflikte mit ihnen zulassen.«

    Cole verstand das Dilemma, in dem Vandrak steckte.

    »Einverstanden.«

    »Gut.«

    Zufrieden setzte sich Vandrak auf den zentralen Platz, der für die ranghöchsten Offiziere bestimmt war und zu dem ein größerer Bildschirm gehörte. Dann begann er mit der Einweisung. Cole nahm die Ausführungen des Commanders in sich auf, doch was Vandrak dann erklärend hinzufügte, klang nicht nach einem Routineeinsatz, ganz und gar nicht. Dieser Auftrag war von vornherein zum Scheitern verurteilt. So sah sich Cole seinerseits gezwungen nachzuhaken.

    »Das kann Davalo de Fabre nicht von uns verlangen. Es ist völlig unmöglich, diesen Auftrag zu erfüllen! Eine einzelne verschleierte Frau auf einem Planeten finden – wie soll das gehen? Vor allem in so kurzer Zeit? Warum will er unbedingt uns Pretecaner einsetzen? Das ist doch absolut schwachsinnig!«

    »Wenn der Schlichter uns anfordert, hat er seine Gründe, und du bist nicht in der Position, sie zu hinterfragen. Unmissverständlich, Cole, halte dich zurück und erledige deinen Job!«

    »Das geht nicht, und du weißt das auch.«

    »Dann zeig, was du kannst, und lass das Unmögliche möglich werden! Das ist mein letztes Wort!«

    Cole gab nach, da es ihm aussichtslos erschien, noch weiterzubohren. Vandrak wusste anscheinend nicht mehr, was für Befehle er da gab, oder er wollte nichts Weiteres sagen.

    Doch warum hatte der Commander den Einsatz dann nicht abgelehnt? War es wegen der Macht, über die Davalo de Fabre verfügte? Er als oberster Führer der Schlichter konnte ihnen extreme Schwierigkeiten bereiten. Neben den Pretecanern kannte auch er die Anflugkoordinaten von Burean. Hinzu kam, dass Davalo über eine Schlichterentscheidung die Basis auf Burean auflösen konnte. Es war bereits im Gespräch, die Pretecaner den Schlichtern zu unterstellen.

    »Ragdor schickt euch ein paar Kämpfer seiner Sicherheitseinheit mit«, sagte Vandrak. »Sie sind an Bord und halten sich bereit.«

    Cole glaubte, sich verhört zu haben. Bis eben hatte er noch alles mehr oder weniger geduldig über sich ergehen lassen, obwohl der ganze Auftrag schon einem Albtraum glich, doch nun war endgültig Schluss. Das ging entschieden zu weit!

    »Konntest du das nicht abbiegen?«, unterbrach er Vandrak. »Ich bin nun wahrlich nicht sonderlich scharf darauf, mich auch noch um Ragdors Leute zu kümmern.«

    »Nein, das konnte ich nicht!«, schrie Vandrak ihn an.

    Cole zuckte nicht, obwohl sich alles in ihm gegen diesen zusätzlichen Befehl sträubte. Aber er war auch nicht bereit, diese Entscheidung kommentarlos zu schlucken.

    »Die fehlen uns gerade noch! Nur weil Ragdor glaubt, seinem Bruder einen Gefallen schuldig zu sein, und seinen Status gerne für sich ausnutzt, haben wir nun ein paar lausige Anfänger im Schlepptau. Ehrlich, Vandrak, die bringen uns nichts als Stress und Ärger, das ist sicher.«

    »Mein Entschluss steht fest. Sie werden dabei sein!«

    »Na super! Da bahnt sich ja ein katastrophaler Einsatz an. Selbst die Posten, die mich zu Ragdor gebracht haben, könnten wir nicht problemlos einsetzen, obwohl sie durchtrainiert aussahen.« Cole fuhr sich durch sein dunkles Haar, das ihm weit in die Stirn hing.

    »Dann sorge dafür, dass nichts schiefläuft!«, sagte der Commander. »Es hängt auch für dich viel vom Gelingen des Einsatzes ab, vergiss das nicht.«

    Vandrak schien es diesmal bitterernst zu meinen, und Cole presste seine Lippen zusammen, um sich nicht zu einer Äußerung hinreißen zu lassen, die Vandrak noch mehr reizte. Er konnte und wollte nichts mehr riskieren.

    »Was denkst du, wie lange werdet ihr brauchen?«, fragte Vandrak Cole etwas später.

    »Die Kiaren sehen in jeder anderen Lebensform eine potenzielle Bedrohung und greifen sofort an. Es kommt also darauf an, wie aufmerksam sie ihre Überwachung organisiert haben. Unbemerkt reinzukommen dürfte kein Problem sein, doch alles andere ist mehr als schwierig. Ich kenne den Planeten Dura von Aufzeichnungen her. Die Schwerkraft ist zwar ähnlich der auf Burean, aber die Luftfeuchtigkeit ist extrem. Ständiger Niederschlag in den jetzt vorherrschenden Regenperioden verschlechtert zusätzlich die Sicht.«

    »Hm, und wenn ihr Gleiter einsetzt?«

    »Bei dem Pflanzenwuchs dort? Da kommen wir garantiert nicht durch.«

    »Was dann?«, forschte Vandrak nach.

    Cole hob seine Schultern. »Keine Ahnung, wir werden eben improvisieren müssen, wie immer. Ich fürchte außerdem, dass die Kiaren uns längst erwarten, auch wenn sie nicht sehr intelligent sind. Die ganze Geschichte, die Davalo dir da aufgetischt hat, ist ein einziger Witz. Davon stimmt nichts. Er verbirgt die Wahrheit, weil er uns nach Dura schicken will. Das riecht stark nach einem Hinterhalt. Wir werden kämpfen müssen, und das auch noch für einen fingierten Auftrag.«

    Nun stutzte Vandrak. »Du meinst, er will die Pretecaner nach Dura locken? Vielleicht irrst du dich, obwohl …« Nachdenklich starrte er ins All. »Nein, niemals. Vergiss es, Cole. Nie würde der Schlichter uns in eine Falle schicken. Dafür gibt es absolut keinen Grund.« Vandrak machte eine Pause, die Stirn in Falten gelegt, bevor er fortfuhr: »Aber geh trotzdem vorsorglich vom Schlimmsten aus und sichere uns vernünftig ab.«

    »Genau das habe ich vor.«

    Ihr Gespräch versiegte, und Cole fasste einen Entschluss.

    »Ich sehe mir mal die Leute von diesem Ragdor de Fabre an. Schließlich sollte ich besser wissen, wen wir da mitschleppen.« Schon aktivierte Cole sein Com und rief Jad auf die Brücke. Als Jad wenig später auftauchte, erhob sich auch Vandrak.

    »Willst du etwa mitkommen?«, fragte Cole überrascht.

    »Bist du irrsinnig?«, brauste Vandrak auf. »Nie im Leben! Ich begebe mich zur Ruhe, was sonst! Ach übrigens, der Anführer der Truppe von Ragdor nennt sich Kiehorn und ist Captain. Ich denke, das solltest du wissen.«

    Cole erkannte ihn fast nicht wieder, so lässig grinsend stolzierte Vandrak von dannen.

    Dieses Schlitzohr! Das hat er absichtlich angerührt, und ich darf es ausbaden, wurde Cole mit einem Mal klar. Damit hat er mich kalt erwischt. Ich schätze, das ist die Retourkutsche für meine letzte Aktion auf Burean, auch wenn ich die Strafe dafür geschluckt habe.

    »Na, das war ja mehr als deutlich!«, meinte Jad.

    »Bis später!«, rief Cole Vandrak hinterher. »Ach, und, Jad, halte den halben Schub. Mont scannt weiter unsere Route, und die Kampfflieger bleiben in Bereitschaft. Wenn was sein sollte, weißt du, wie und wo du mich erreichen kannst.« Er nickte Jad kurz zu, dann verschwand auch er.

    Erst einmal galt es, dieses Zusammentreffen mit Ragdors Leuten schnellstens hinter sich zu bringen. Cole verspürte wahrlich keine Lust, sich übermäßig lange damit abzugeben.

    Durch die Überwachungssensoren an Bord wusste er, wo sie sich befanden. Wenig später stand er ihnen gegenüber. Sie saßen im Aufenthaltsraum diskutierend an einer langen Tafel.

    Entschlossen trat er an den Tisch und kam am Kopfende, direkt neben dem Captain, zum Stehen. Schlagartig verstummten sie, und alle Blicke wandten sich ihm zu. Er ließ die Musterung seiner Person geduldig über sich ergehen, verschafften ihm die Kerle damit ebenso Zeit, auch sie einzuschätzen.

    Bei Captain Kiehorn, einem kleineren und zur Fettleibigkeit neigenden Mann, beendete er seine Beobachtung. Cole fand seine ursprüngliche Meinung bestätigt. Diese Männer konnte er nicht gebrauchen, schon gar nicht auf einem Einsatz der Pretecaner. Er verstand nicht, warum Vandrak ihm diesen Trupp zumutete. Lektion hin oder her. Die hätte er ihm besser auf andere Art und Weise erteilt. Und seine Bewährung brauchte der Commander auch nicht zu erschweren. Es würde hart genug werden.

    »Wer bist du denn?«, herrschte der Captain ihn an. »Stellt man sich heute nicht mehr vor?«

    Gleichmütig gab Cole seinen Namen bekannt.

    »Du kommst reichlich spät«, fuhr Kiehorn fort. »Lass mich raten, du hast erst Pause gemacht und deinen Befehl verschoben, was? Ich bin versucht, deine Unfähigkeit zu melden, und zwar deinem Commander persönlich! Also streng dich besser an, dann überlege ich es mir vielleicht noch!«

    Tief durchatmen! Cole brauchte einen Moment, um diese Frechheit herunterzuwürgen und nicht auszurasten.

    »Los jetzt!«, sagte Kiehorn und stand auf. Wollte er seinen Männern etwas beweisen? Oder musste er es sogar? Wie auch immer.

    »Also gut«, sagte Cole. »In ungefähr zehn Zeiteinheiten landen wir auf Dura. Sobald wir unten sind, haltet ihr euch an Aaro Schanley. Er hat das Kommando.«

    »Wie wird es dann weitergehen?«, fragte Kiehorn.

    »Das entscheiden wir vor Ort.« Cole hob seine Schultern. Er wollte keine Lagebesprechung mit diesem Captain und hoffte, dass der Kerl ihm seine Unwissenheit abnahm. Sollte Aaro diese unliebsame Aufgabe übernehmen.

    »Du kannst jetzt gehen!«, sagte Captain Kiehorn. »Ich schätze, mehr weißt du eh nicht.«

    Wie gnädig, dachte Cole, während er kopfschüttelnd verschwand.

    Wieder auf der Brücke angekommen, starrte ihm Jad neugierig entgegen, doch Cole erzählte nichts von der unangenehmen Konfrontation. Jad quatschte ganz gern, und er konnte keine Konflikte zwischen beiden Einheiten gebrauchen. Cole setzte sich auf den Platz des Captains hinter seinem Freund.

    Jad flog, bis sie Dura erreichten. Seine Finger drückten verschiedene Schalter auf der Schubdeaktivierungskonsole, die nacheinander kurz aufleuchteten und dann dunkel wurden. Erst jetzt tauchte der Commander wieder auf, und Jad verschwand ohne weitere Erklärung. Cole warf ihm einen gespielt bösen Blick zu, doch da sein Freund nicht darauf ansprang und auch Vandrak ihn nicht zurückhielt, wechselte er nur still den Platz.

    »Auf den Zentralschirm!«

    Cole tat, was Vandrak von ihm forderte. Er übertrug die Ansicht von seinem kleinen Bildschirm auf den größeren des Commanders. Dann wartete er auf weitere Anordnungen.

    »Es gibt noch einen zusätzlichen Auftrag!« Vandraks Stimme klang hart und unnachgiebig.

    Ein Sonderauftrag? Obwohl Cole mehr wissen wollte,

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