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Craensarg: Das Erwachen der Ruinae Trinitas
Craensarg: Das Erwachen der Ruinae Trinitas
Craensarg: Das Erwachen der Ruinae Trinitas
eBook354 Seiten4 Stunden

Craensarg: Das Erwachen der Ruinae Trinitas

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Über dieses E-Book

„Es gibt nur eine Möglichkeit wie wir deine Freunde und Familie retten können. Araxa, du kannst deiner auferlegten Rolle nicht entkommen.“ 

 

Der zweite Teil einer epischen Geschichte geht weiter und sie entführt euch in eine Zeit vor der Veränderung des Schicksals: Die junge Abiturientin Araxa ist ein Schlüsselstück, mit der die wahren Pläne aller Beteiligten aufgeschlüsselt werden. 

 

Craensarg. Es ist ein Name einer Märchenfigur des Dorfes Zenzo, die Kinder in Angst und Schrecken versetzt. Doch für Araxa, einer jungen Abiturientin, ist es kein Märchen. Von Albträumen geplagt, begreift sie nach und nach, dass sich Traum und Realität immer mehr vermischen, und bald steht sie vor einer schweren Entscheidung: Soll sie sich von dem Ghul Craensarg fressen lassen, um dem Schrecken ein Ende zu setzen? 

 

Dieser Teil kann unabhängig von der Reihe gelesen und verstanden werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum1. Apr. 2023
ISBN9783755433095
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    Buchvorschau

    Craensarg - Sandra Kreutzfeldt

    Prolog

    In der Welt der Menschen, genannt Raquel, gab es Wesen, die zu dieser Zeit für wenig Aufsehen gesorgt haben. Und doch stellten sie für uns eine immense Gefahr dar. Menschen verschwanden spurlos und die Kriminalermittler waren ratlos. Manchmal wurden riesige Blutlachen und Überbleibsel gefunden, doch in den meisten Fällen tauchte die Person nicht mehr auf. Das war der Beginn eines Schauermärchens, das nur als mikroskopische Vorführung dienen sollte. Denn die wahre Tragödie sollte erst noch folgen...

    Grausame, realistische Albträume brachten uns um den Verstand. Niemand kannte die wahren Gefahren, die von den magischen Wesen, genannt Unterweltler, ausgingen. Doch was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, war, dass sie selbst untereinander kämpften und dies für die Zukunft schwere Folgen haben würde.

    Eine Nachricht ploppte aus dem heiterem Himmel auf. Misstrauisch schielte ich auf die Nachricht.

    Könntest du bitte herauskommen? Ich habe dein Lieblingsessen gekocht.

    Schwarze Punkte versperrten mir eine freie Sicht. Benommen starrte ich auf die Mitteilung. Erneut wurde ich von ihm herausgebeten. Von ihm, dem Ghul, der meinen Vater gefressen hatte, um mir nah zu sein. Mein Hals schnürte sich schmerzhaft zu. Als sich das Zwerchfell unweigerlich aufstellte, verspürte ich diesen zunehmenden Druck, der sich in der Luft ausbreitete und laut knisterte. Der Gedanke an diese Kreatur brachte Erinnerungen hervor, die ich bis jetzt in den innersten Winkel meiner selbst verschlossen hatte. Kreidebleich stützte ich mich an der hellblauen Wand ab. Ich versank gänzlich in meiner Vorstellung dieser Bestie, die mir alles genommen hatte.

    Ein Ghul war eine Verkörperung des Todes, ein Geschöpf der Finsternis, der sich durch Menschen nährte und mit jedem Mahl stärker wurde. Mit seinem großen Maul hatte er schon etliche Personen in meinem Umfeld gefressen. Allein die Erinnerungsfetzen ließen mich erschaudern. Mein Herz klopfte stark gegen meinen Brustkorb. Niemand konnte ihm entkommen. Nicht einmal mein starker Vater hatte sich gegen ihn behaupten können. Eine Träne lief mir über die Wangen. Der Verlust hatte mich in ein Gefängnis aus Verzweiflung und Hass gestürzt.

    Der Ghul wurde von Vampiren erschaffen, die sich von ihm beschützen ließen, damit sie in Ruhe jagen konnten. Im Gegensatz zu einem Ghul konnte der Vampir nicht durch Menschenblut stärker werden, sondern allein durch das Blut von Dämonen und Teufeln.

    Darüber hinaus konnte es zwischen beiden Rassen wiederholt zu Machtungleichheiten kommen, sodass sich der Ghul seinem Erzeuger widersetzte. Es kam zugleich vor, dass die Vampire ihn töteten, um so an Stärke zu gewinnen. Auch in der tiefsten Finsternis strebten die Wesen stets nach Macht und Ansehen. Denn nur so konnten sie ihr eigenes Überleben sichern. Sie raubten Leben, um zu überleben. Das war ein tragischer Kreislauf, den wir Lebewesen nicht entkommen konnten. Schließlich wurden nur wenige mit der Eigenschaft ausgestattet, die magischen Kreaturen wahrzunehmen. Schwerfällig keuchte ich auf. Je mehr ich über die magischen Lebewesen erfuhr, umso aussichtsloser erschien meine Lage. Meine Knie schlotterten. Die Tatsache, dass ein solch mächtiges Geschöpf mit mir zusammen unter einem Dach lebte, hinterließ schwarze Schlieren in meiner tristlosen Seele, die sich durch immense Gefühlsausbrüche zu einem großen Meer an Depressivität zusammengesaut hatte.

    Doch der Ghul wies eine riesige Schwäche auf. Mit jeder Mahlzeit unterschied er sich weiter von den Vampiren und vermenschlichte. Er konnte einerseits das Aussehen einer Person annehmen und andererseits nahm er dessen Seele an, die sich wie eine Skulptur von Zeit zu Zeit zusammenfügte. 

    Der Ghul, der meinen Vater gefressen hatte, konnte mich nicht umbringen. Nein. Er war mir nah, wie er es immer sein wollte, um mich zu fressen. Doch jetzt schaffte er es nicht das zu tun, was ein Unterweltler normalerweise tat, um zu überleben. Lange hatte ich überlegt, was der Grund dafür war, gerade mich fressen zu wollen. Allerdings konnte ich kaum mit der Bürde leben, der Grund für das Verderben meiner Mitmenschen zu sein.

    Craensarg, so wie ich ihn nannte, war die Verkörperung von Leben und Tod, wie er noch nie dagewesen war. Ich wusste, dass es meine Pflicht war, von ihm gefressen zu werden. Jedoch hätte ich zu jenem Zeitpunkt niemals daran gedacht, diese Option überhaupt in Erwägung zu ziehen.

    Das gesegnete Licht

    Das gesegnete Licht,

    unser ewiger Wanderkamerad,

    dessen Schatten weite Folgen reicht

    und uns die wahre Hoffnungslosigkeit aufzeigt.

    Sorglos ist die Zuversicht,

    die sich durch das Land,

    wie ein wundersames Licht

    in alle Himmelsrichtung ausbreitet

    und uns zur Hilfe eilt.

    Mächtig ist das Gehör der Verzweiflung,

    das uns mit harten Worten niederschmettert.

    Doch das ist uns keineswegs von großer Bedeutung,

    denn wir werden immer wieder auferstehen,

    wie der Phönix aus der Asche

    und siegreich aus dem Kampf hervorgehen.

    Lebendig war die Glückseligkeit,

    die von Zeit zu Zeit verschwand',

    wie ein Fellkleid in der tiefsten Eiszeit

    durchdrang es jede Seele unvorbereitet,

    dass uns heute in zwei Hälften teilt.

    Entschlossen ist die Zuneigung,

    die uns wie ein Buch blättert,

    und uns bei jeder Abzweigung

    begleitet und einen Blick erhasche'

    auf unseren beschwerlichen Pfad,

    der uns nicht oft guttat,

    obwohl wir uns stets das Licht herbeisehnen.

    Das gesegnete Licht,

    unser ewiger Wanderkamerad,

    dessen Schatten weite Folgen reicht

    und uns die wahre Hoffnungslosigkeit aufzeigt.

    Die erste Begegnung mit ihm

    Eine durchdringende Kälte ließ mich bis ins Mark erzittern, indem sie mich einkesselte und plötzlich überkam, als wäre sie von einem Eismonster heraufbeschworen worden. Ich hörte es klirren, leises Grummeln folgte, als ich lange Kratzspuren an den Wänden erkannte. Das Blut gefror in meinen Venen, doch ich war mir nicht sicher, ob von der Kälte oder meiner überkommenden Angst, die mich gebannt auf die zunehmende Dunkelheit starren ließ.

    Nach einigen Augenblicken gewöhnten sich meine Augen an die Finsternis. Schatten zogen bis in den hintersten Winkeln des Zimmers. Doch sie blieben nicht die einzigen Kreaturen, die hervorkrochen und den Raum aufsuchten. Zwei lange, schwarze Beine tauchten vor mir auf. Mein Herz klopfte aufgeregt gegen meinen Brustkorb, während ich mich, langsam, aber sichtlich, aus der Starre lösen konnte. Es bewegte sich zunächst in meine Richtung, klapperte und knackte, ehe es sich in Gänze vor mir aufstellte. Die Pracht des Monstrums ließ mich erschaudern. Es war eine riesige Spinne mit drei Köpfen, mit je vier Augenpaaren, die sich jeweils um dreihundertsechzig Grad bewegen konnten. Sie waren wie Antennen ausgerichtet, um nach ihrer Beute Ausschau zu halten. Seine riesigen Klauen brachten mich um den Verstand.

    Obwohl mir mein Instinkt befahl wegzulaufen, konnte ich mich nicht rühren. Mein Körper gehorchte mir nicht und dass ausgerechnet in einer heiklen Situation wie diese. Es schaute mich mit seinen vierundzwanzig Augen direkt an und schrie laut, wodurch ein dunkelgrünes Sekret abgesondert wurde. Es schien auf mich zuzuspringen. Meine Adern pulsierten. Atemlos kauerte ich in mich zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich das Monstrum an. Unfähig mich zu bewegen. Dabei könnte es Hier und Jetzt mein Ende bedeuten. Doch jegliche Mühe war zum Scheitern verurteilt. Regungslos bibberte ich hilflos. Es war, als würde ich als Zuchttier zum Schlachter geführt werden und müsste auf den plötzlichen Tod warten. Doch ich konnte nichts dagegen tun.

    Es setzte an. Kreischend schloss ich meine Augen und wartete auf den Todesstoß. Das einzige Geräusch, das ich vernahm, war mein lauter Herschlag. Auf den Schmerz ausharrend, spannte ich jegliche Muskeln an. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete ich verwundert meine Lider. Die Spinne fiel schwarzes Blut spuckend in sich zusammen. Keuchend krabbelte ich zurück, bis ich die harte Wand hinter mir spürte. Blitzartig zuckte ich in mich zusammen und wagte einen kurzen Blick zurück. Die Wand war mit einer weißen, kalten Eisschicht überzogen. Mein Rücken brannte durch die kurze Berührung mit der scheußlichen Kälte. Doch das war nicht die einzige Stelle, die gefror. Der ganze Raum glich einer Eishalle.

    Die Hände umgriffen meinen bibbernden Körper. Durch den Temperaturenunterschied, der plötzlich herrschte, atmete ich schwerer. Wenn ich die Luft ausstieß, erzeugte es einen weißen Nebelschleier. Die Kälte umfing mich wie seine Beute in der Dunkelheit, die mich von Minute zu Minute schwächer werden ließ. Durch die Kälte färbten sich meine Hände blau, brannten und wurden anschließend taub. Immer wieder versuchte ich mich in Bewegung zu setzen, doch mein Körper gehorchte nicht - es war vergeblich.

    Langsam wurde ich schläfrig. Aber das durfte ich nicht. Ich versuchte mich zusammenzureißen. Wenn ich jetzt einschlief, bedeutete es meinen sicheren Tod.

    Ein seltsames Geschöpf tauchte vor mir auf – mit blutigen, langen Klauen. Mein Mund wurde trocken. Stiche erfüllten mich mit Schmerz, die wie ein rostiger Nagel wiederkehrend den Weg in die gleiche Bruststelle fanden. Mit großen Pupillen starrte ich auf seine langen Reißzähne, die er sich grinsend beleckte. Meine Augen trafen auf seine. Sie waren blutunterlaufen und pupillenlos. Ein hässlicheres Wesen hatte ich bislang nicht erblickt. Trotzdem konnte ich meine Augen nicht von der großen Gefahr abwenden. Eine Weile hielten wir Blickkontakt. Sein unschuldiges Weiß ließ mein Herz schneller schlagen. Ich versuchte seine nächsten Schritte vorher zu sehen, doch meine Gedanken rauschten an mir vorbei. Die aufkommende Panik hatte mich gänzlich beflügelt und brachte mich in einen unumstößlichen Zustand, der meine Sinne benebelte.

    Es leckte das Blut der Spinne ab und blickte mich weiterhin neugierig an. Entgegen der blanken Angst, die in meinem Nacken saß, konnte ich den Blick abermals nicht von ihm lassen. Obgleich er von Mal zu Mal größer und gefährlicher wirkte, hatte es den Anschein, dass er auf eine Reaktion wartete. Ein kleiner Funke rührte sich in mir. Es rief nach mir, doch erreichte es mich nicht.

    Meine passive Einstellung machte ihn nervös Er streckte seine Gliedmaßen durch. Ich fuhr keuchend in mich zusammen. Die Kreatur warf den Leichnam der Spinne achtlos weg und baute sich vor mir auf. Neugierig musterte er mich, während seine biegsamen Knochen in alle Richtungen standen. Seine Füße wiesen viele Krallen auf, doch auch an seinen Armen und Beinen ragten sie heraus. Es hatte weder Geschlechtsteile noch ein richtiges Gesicht. Die Nase war nicht richtig ausgebildet, sodass lediglich die Nasenlöcher umrissen wurden. Die Haut wies eine gräulich-lilafarbene Farbe auf.

    Es beugte sich über mich und schnupperte an mir, bevor es seine Hand mit seinen messerscharfen Klauen nach mir ausstreckte. Meine Atmung ging schneller. Die Nähe raubte mir den letzten Energieschub, der mir die Panik eingebracht hatte.

    Seine Augen erwarteten eine Reaktion, doch ich schaffte es selbst in dieser heiklen Situation nicht, mich zu rühren. Innerlich verfluchte ich meine Schwäche dafür. Die Kälte hatte die komplette Kontrolle über mich erlangt. Obwohl ich weiterhin den eigenen Atem sah, spürte ich wie sich eine Wärme um mich schloss und sie meine Sinne benebelte. Traurig neigte er seinen Kopf. Seine Augen funkelten in einem seltsamen Glanz. Eine Träne kullerte von seiner Wange. Mitsamt den Wassertropfen breitete sich eine Welle nach der anderen aus und fing mich in einem gesponnenen Netz aus Angst und Verzweiflung. Ich tauchte in die tiefe Dunkelheit ab.

    Nach einer Weile hörte ich ein schrilles Geräusch und spürte die Sonne, die in meinem Gesicht kitzelte. Grummelnd regte ich mich und suchte mir ein Kissen, das ich mir auf meinen Kopf drückte. Als eine laute Stimme ertönte, die an meine Tür klopfte, wusste ich, dass mir keine andere Wahl blieb, als aufzustehen. Meine Lider öffneten sich. Doch das stellte sich als fataler Fehler heraus. Das Sonnenlicht blendete mich. Schnell schloss ich sie wieder und blinzelte mehrfach. Eine kleine Weile verstrich, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnten. Die Tür öffnete sich und meine Mutter trat ein.

    Sie hatte blondes, nackenlanges Haar, die hinten kurz und vorne lang waren. Ein paar Strähnen ihres schiefen Ponys glitten über ihr linkes Auge, das in der Farbe von Haselnuss funkelte.

    „Guten Morgen Schlafmütze, säuselte sie energisch, „wir haben keine Zeit zum Träumen. Deine Freunde warten zur frühen Stunde auf deine Person. Wenn deine Wenigkeit sich nicht beeilt, werden sie alle unpünktlich zur Stunde erscheinen und das möchtest du doch sicherlich nicht, oder?

    Wie gewohnt hetzte sie durch den Raum, griff galant nach meinem azurfarbenen Rucksack und packte Obst und eine Thermoskanne mit frisch aufgebrühtem Hibiskus-Tee ein. Obwohl ich bereits neunzehn war und das letzte Jahr meines Abiturs genoss, war ich nicht wirklich überlebensfähig. Es verstrich kein Tag, an dem ich nicht verschlief und von meiner Mutter frische Kleidung rausgelegt bekam.

    Heute trug sie wie gewöhnlich eine schwarzviolette Militäruniform und die dazu passende Militärmütze. Ihre goldene halbrunde Brille glitt ihr von der Nase, als sie in meinen Rucksack kramte.

    „Schlafmützen haben keinen Anstand, sie schüttelte vorwurfsvoll ihren Kopf, „seiner Mutter vom Bett aus bei der Arbeit zuzusehen. Du kleines, ekeliges Bettmonster.

    Lange schielte ich auf ihre gepiercten Ohren, bevor ich ihr stumm zunickte.

    Für Außenstehende mochte die Ausdrucksweise und die Art meiner Mutter als ruppig und beleidigend angesehen werden, doch war es die schönste und liebevollste Zuneigung, die sich ein Kind von seiner Mutter nur wünschen konnte.

    Gemächlich streckte ich mich und gähnte, bevor ich mich grummelnd ins anliegende Bad begab. Meine Mutter war eine große Frau mit ihren 1,81 Metern, die durch Kabarett ihr Geld verdiente. Sie trat oft in anderen Ortschaften auf und reiste kontinuierlich durch die Region. In meiner Jugend hatte sie mich oft mitgenommen. In unserem Land modelte sie als eine der größten Frauen für diverse Label, die ihre Individualität mit dunklen und militärischen Outfits förderten.

    Als ich in das lichtdurchflutete Bad trat, das mit allerlei grauem Marmor und Spiegeln ausgestattet war, bemerkte ich, dass ich einen Fehler bei der Farbauswahl gemacht hatte – es strahlte mir entgegen und schmerzte in meinen Augen. Als ich zuletzt das Bad eingerichtet hatte, war ich zwölf gewesen und hatte eine Schwäche für neonfarbene Accessoires, die durch die großen Spiegeln mächtig wirkten. Dennoch war ich um die riesige Badewanne froh. Es gab abends nichts, was mehr entspannte.

    Summend streifte ich mir zwei schwarze Strümpfe über. Den einen zog ich bis über die Wade und den zweiten bis zu dem Knie. Darauf trug ich einen hellblauen karierten Rock, einen schwarzen Gürtel, der mit silbernen Nieten und einer silbernen Kette versehen war. Für einen Augenblick blinzelte ich verwirrt und suchte panisch nach meinem Oberteil. Während ich im Bad wie ein aufgescheuchtes Huhn wütete, spürte ich eine unerträgliche Hitze in mir aufsteigen. Grummelnd blieb ich stehen und atmete tief ein. Aus dem Blickwinkel erhaschte ich ein schwarzes trägerloses Top. Achtlos griff ich danach und zog es mir über. Heute entschied ich mich für eine karierte Bluse, die meine Mutter mir gebügelt hingelegt hatte. Meine hellblau glänzenden Boots perfektionierten das Outfit.

    Nachfolgend wusch ich mir das Gesicht und kämmte mir mein kastanienrotes, gewelltes Haar, das mit blonden Strähnen besetzt war. Ich suchte den Mittelscheitel und steckte einige Strähnen, mit einer Seerose als Haarklammer, hoch. Vorne ließ ich zwei lange Strähnen raushängen, die mir bis zur Taille gingen.

    In Windeseile zog ich mich um und streckte mich herzlich. Doch rückblickend betrachtet, stand meine Sorglosigkeit mit den rückblickendem Traum im Zwiespalt. Nichtsahnend summte ich leise vor mir hin. Schwarze Schatten fingen mich ein. Eine grinsende, hässliche Fratze spiegelte sich im Wandspiegel. Pupillenlose Augen stierten mich begierig an. Das Blut gefror mir in den Adern. Es beleckte seine spitzen Zähne. Mit einem spitzen Schrei schreckte ich auf.

    Zitternd hielt ich mich am Waschbecken fest. Meine Kehle schnürte sich zu. Womöglich schlief ich noch. Mit diesem Gedanken sah ich erneut in den Spiegel. Dort erblickte ich lediglich meine rotunterlaufenen schwarzbraunen Augen. Als ich keine andere Person erkannte, schaute ich um mich und stellte erleichternd fest, dass es lediglich in meiner Einbildung vorkam.

    Ächzend und stöhnend begab ich mich in mein buntes Schlafzimmer, um nach meiner Tasche zu greifen - die jedoch nirgends auffindbar war. Verwirrt blickte ich um mich, hörte meine Mutter erneut nach mir rufen. Seufzend fuhr ich nochmal um mich. Mein kleines Gemach war minimalistisch und modern gehalten. Dennoch erkannte ich die Unordnung an Stellen wieder, an denen ich gewütet hatte. Seufzend schloss ich die verschnörkelte Tür hinter mir und lief eine schmale Wendeltreppe runter.  Diese führte mich direkt in den offenen Wohn- und Essbereich, der durch die vielen Sonnenstrahlen glitzerte. Meine Mutter liebte glänzende Objekte. Sie erinnerte mich stets an eine Elster. Die Dekorationen im Haus erschienen mir manchmal kitschig. Ein Geruch von aufgebrühtem Tee trat in meine Nase. Unbewusst sog ich ihn tief ein und entspannte mich abrupt.

    „Araxa, denke bitte daran deinen Wohnungsschlüssel mitzunehmen. Wir möchten doch beide nicht, dass ein gewisser junger Wildfang wieder wie ein Streuner vor der Eingangstür nächtigt."

    Meine Mutter hatte eine faszinierende Art sich auszudrücken. Ihre Redegewandtheit war unbeschreiblich. Wenn ich es umschreiben müsste, würde ich glatt sagen, dass ihr nie die sprachlichen Mittel ausgingen. Jeder Deutschlehrer der Welt wäre stolz und gleichzeitig frustriert gewesen, sie im Unterricht sitzen zu haben.

    Man könnte meinen, dass sie, gerade wegen den vielen Beschimpfungen, einfache Ausdrücke bevorzugte. Doch sobald eine Person ein Wort falsch verwendete, konnte sie zur Furie werden. An ihr war ein furchterregender Lehrer vorbeigezogen – was für die nächste Generation ein Segen und ein Fluch zugleich war, wenn man bedachte in welchen Umständen sie heranwuchsen.

    Im schmalen, dunklen Flur griff ich nach meiner Tasche und meinen Schlüsseln, bevor ich meiner Mutter stumm einen Kuss auf die Wange hauchte und zur großen, hölzernen Eichentür stolperte.

    Grinsend winkte sie mir zu, ehe ich bereits von meinen Freunden abgefangen wurde.

    „Wurde ja auch Zeit!", meckerte meine beste Freundin Banya Fjan, die ihre Hände in die Hüften gestemmt hatte. Ihre Wangen waren aufgeplustert. Sie war bereits am frühen Morgen voller Tatendrang. Ihre dunkelblauen Augen stierten mich finster an.

    „Da sie da ist, sollten wir uns endlich beeilen", klaffte Zäin nervös, der es hasste unpünktlich zu erscheinen. Er war ein schlaksiger Mann, der es bevorzugte, figurenbetonte Kleidung anzuziehen und sein feuerrotes Haar zu einem Zopf zu tragen.

    „Wann lernst du es endlich?!", schrie Banya weiter und ballte ihre Hände zu Fäusten. Dadurch waren die Buchstaben, die auf jeden einzelnen Fingerknöchel abgebildet waren und zusammen das Wort Frei ergaben, gut sichtbar. Grummelnd richtete sie ihr gewelltes, blauschwarzes Haar. Auf der linken Kopfseite war ein Raster in das Haar reinrasiert. Die Spitzen waren türkis.

    „Spar dir den Atem und lauf!", meinte Zanara harsch, die auf Zäin deutete, der bereits über alle Berge war. Banya seufzte schwer, während Zanara abwehrend ihre Hände vor sich hielt. Unweigerlich erkannte eine fremde Person, das Zäin und Zanara Zwillinge waren - blaugrüne Augen, blasser Teint, rote Mähne.

    Haji, ein schwarzhaariger großer Mann, winkte mir zu und ging stumm neben mir her, während Gwan mir einen freundschaftlichen Klaps gab und uns breit grinsend über die neusten Promi-Skandale aufklärte. Sein platinblondes Haar war hinten kurz und vorne lang. Er wurde wegen seiner weiblichen Gesichtszüge und seinem stark geschminktem Gesicht oft mit einer Frau verwechselt. Dabei war es lediglich sein Stil, der wirklich atemberaubend an ihm aussah.

    Während er sich direkt bei mir einhakte und mit uns Seite an Seite zur Schule lief, hing ich noch leicht in meinen eigenen Gedanken fest.

    Der Traum ging mir eine Weile nach, doch ich vergaß ihn kurz darauf und der Alltag brach erneut über mich herein. Zu dieser Zeit wusste ich nicht, wie kostbar und kurzweilig die Zeit mit meinen Freunden sein sollte.

    In einer kleinen Stadt namens Zenzo, nördlich von der Hauptstadt Kesserlan, einer Stadt, in der bereits der Krieg auf dem Vormarsch war und sich das Schicksal in weniger als zwei Jahren erfüllen würde, lebten meine Familie und ich ein relativ ruhiges Dorfleben. Als einer der wenigen, die die magischen Wesen zu jenem Zeitpunkt wahrnehmen konnte, spürte ich die Schnüre, die sich immer enger um das Dorf schlossen.

    Von einem dunklen Omen verfolgt

    Eine Woche verstrich im Bruchteil eines Wimpernschlages, als ich in der Dunkelheit eine Stimme durch meinen Kopf rauschen hörte. Sie klang finster, als sie meinen Namen wiedergab. Es hallte und rauschte in der weiten Finsternis, im Abgrund meiner selbst gefangen, sprach es einen immer wiederkehrenden Satz aus, der mich von den innersten Fesseln befreite und nach meinem wahren Sein rief.

    Die Adern pulsierten, während die Wärme mich umwarb und es sich zu einer lodernden Hitze ausbreitete. Obgleich die Worte etwas tief in mir auslösten, verstand ich sie nicht. Sie waren wie Messer, die mich durchbohrten und gleichzeitig nicht an mich ran traten.

    Das gesprochene Wort konnte ich keiner Sprache zuordnen, die mir geläufig war und doch kam mir der Klang und die Satzstruktur vertraut vor, als ob ich die gleichen Laute schon einmal vernommen hätte. Die Aussprache klang rau und hart. Jede zweite Silbe, die einen Vokal in sich trug, wurde überbetont.

    Die männliche Stimme dröhnte immer lauter werdend durch mein Ohr. nachtraglich erklang die gleiche Phrase abermals. 

    „Ruinae Trinitas, Agastus, orie sordass."

    Mein Herz raste aufgeregt gegen meinen Brustkorb, während sich die Szenerie der absoluten Dunkelheit langsam veränderte.

    Widerhallende Schritte ertönten in einer großen Halle aus Steinsäulen und einem riesigen Thron, der von Artefakten und einigen satanistischen Symbolen eingeschlossen war. Heißer Dampf schoss aus der Lava, die sich in Form eines Hexagramms ausbreitete. Der Boden war rundherum mit heißem Gestein bedeckt. Inmitten dieses Hexagramms stand eine schwarzhaarige Frau mit schwarzroten Hörnern und riesigen Schwingen. Sie glich einer düsteren Märchengestalt, vor denen uns die Autoren aus Kinderbüchern warnten. Doch empfand ich keine Furcht vor ihr. Ein Teil von mir wurde bei dem Anblick nostalgisch und klammerte sich daran fest.

    Ihr Haar war mit Stäben und Broschen zu zwei Zöpfen hochgesteckt. Goldene, geflochtene und geschnürte Bänder hingen bis zu ihren Schultern herunter. Ihre schwarzen Augen blickten tonlos auf mich herab. Mit ihrer Erhabenheit wirkte sie wie eine Königin, die mich allein mit ihrer Anwesenheit erniedrigte. Schwarzrote Markierungen blichen ihre goldene Haut aus. Aus ihren Händen ragten gigantische Klingen, die einen drohten aufzuspießen. Mein Herz setzte aus. Die Sicht verschwamm. Es erinnerte mich an jene Gestalt, die mich in meinem letzten Traum heimsuchte. Es war, als wenn ein Todesengel mein Schicksal besiegelte. Mein Atem wurde schwer, während ich weiter in diesem endlos erscheinendem Szenario gefangen war.

    Ein goldener Umhang verdeckte ihre weiblichen Rundungen. Als sie ihre Schwingen ausbreitete und in die Höhe flog, flatterte der Umhang. Eine fliederfarbene Unterbrust-Corsage blitzte darunter auf. An diesem war ein goldenes Tuch befestigt, dass bis zur Mitte des linken Oberschenkels hing und dort mit einer schwarzen Brosche befestigt wurde. Die fremde Frau trug violette Strumpfhalter mit einer netzartigen Strumpfhose und schwarze Lackschuhe mit einem hohen Absatz, an denen umgekehrte Kreuze hingen. Ihre Kleidung war wie aus einer anderen Welt. Es faszinierte mich auf einer merkwürdigen Art und Weise, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht verstand.

    Ihre Augen starrten wie gebannt auf mich, als ihre biestartigen Gesichtszüge ein erhabenes Grinsen formten. Bevor ich die Charakteristik dieses Wesens begreifen konnte, wendete sich die Frau ab.

    „Erste", dröhnte die Stimme erneut. Doch dieses Mal rauschte es verzerrt und schmerzhaft durch meinen Kopf. Ein wildes Durcheinander war zu vernehmen. Das Adrenalin stieß durch meine Adern. Mein Körper kribbelte und brannte. Die Schritte und Stimmen wurden lauter. Ich konnte die Geräusche nicht mehr voneinander unterscheiden. Die Lava leuchtete rot auf. In binnen eines Augenblicks krümmte sich die fremde Kreatur vor Schmerzen. Sie fiel auf den Boden und zitterte am ganzen Leib. Blitzartig pulsierten meine Adern. Obwohl ich vorpreschen wollte, um ihr zu helfen, stand ich weiter reglos da. Ein schriller Schrei ertönte, der durch Mark und Knochen ging. Ein heftiger, kurzer Schmerz ließ mich erwachen. 

    Schwerfällig öffnete ich meine Augen und registrierte den älteren Herrn vor mir.

    Frau Shanil, haben Sie auch schön geträumt in meinem Unterricht?!

    Nach ein paar Augenblicken erkannte ich ihn als meinen Lehrer wieder, der gebeugt an meinem Tisch stand. Seine grimmige Miene ließ mich hart schlucken. Der Schmerz fuhr weiterhin in den Kopf. Erst dann bemerkte ich wie die Klasse lachte. Herr Sudakun war bekannt für seine Schimpftiraden. Womöglich ging der Schmerz von einem Schlag auf den Hinterkopf aus. Erst dann verstand ich, dass ich eingeschlafen war.Nickend stimmte ich ihm zu.

    Im Unterricht hatte ich ständig Konzentrationsprobleme gehabt. Dadurch bin ich bei unserem Klassenlehrer des Öfteren negativ aufgefallen. Doch war es das erste Mal, dass ich in der Stunde eingenickt war. Seit einer Woche konnte ich kein Auge zubekommen. Die schattenhaften Monster verfolgten mich stets. Auch jetzt verschonten sie mich nicht – nicht einmal in der Schule. Das frustrierte mich zutiefst.

    „Sie sollten besser aufpassen und-"

    „Herr Sudakun, entschuldigen Sie für die Unterbrechung, aber Araxa

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