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Dragon Sword Das Erwachen: Buch Mond
Dragon Sword Das Erwachen: Buch Mond
Dragon Sword Das Erwachen: Buch Mond
eBook552 Seiten7 Stunden

Dragon Sword Das Erwachen: Buch Mond

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Über dieses E-Book

Legende der Lumia.
Auf dem Planeten Chikyu herrscht ein immerwährender Krieg zwischen dem hohen Rat der Menschheit und den Dämonen der Unterwelt.
Manche Sterbliche werden mit der Gabe der Magie geboren und in Gilden ausgebildet, um dem Rat im Kampf gegen die Dämonen zu unterstützen.
Luna ist eine von ihnen. Als ihre Heimat bis auf die Grundmauern niedergebrannt, ihr gesamtes Dorf vernichtet und die Menschen von Dämonen gefoltert und getötet werden, ist Flucht ihr einziger Ausweg. So beschließt sie, der Gilde Dragon Sword beizutreten.
Bekannt als die stärkste Gilde, berüchtigt für die mächtigsten Magier, sieht Luna es als Chance all Das hinter sich zu lassen.
Doch der Vergangenheit zu entfliehen und der innere Kampf gegen Rache werden umwoben von Schicksal und Intrigen, denen Luna Flehens zu entrinnen versucht.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Dez. 2023
ISBN9783758394683
Dragon Sword Das Erwachen: Buch Mond
Autor

Nadja Schneider

Nadja Schneider wurde ins Jahr 1998 geboren und wuchs im mitteleuropäischen Österreich auf. Bücher und fantastische Geschichten hat sie immer schon geliebt. So erschuf sie bereits früh ihre erste Saga. Die Welt um Heldin Luna Tsukitsume entstand und wuchs zu einem Buch heran. Neben Lesen und Schreiben ist der Schlittenhundesport ihre größte Leidenschaft, welche sie in die freie Natur verschlägt. Daraus schöpft sie ihre Inspiration für immer neue Geschichten.

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    Buchvorschau

    Dragon Sword Das Erwachen - Nadja Schneider

    Kapitel 1

    Feuer und Asche.

    Mein entsetzend pochendes Herz, meine Schreie, die je im Lärm verstummten, meine vor Angst zitternden Hände.

    All das raste um meinen Verstand, während die Flammen immer höher den Himmel emporstiegen. Häuser niederbrannten, bis sie in sich zusammenfielen. Hilflose Menschen lebendig die Haut versengten und jegliche Luft zu atmen von dichten Rauch genommen wurde.

    Schwarze Flammen. In der tiefen Nacht kaum zu erkennen und dennoch so tödlich. Eben schwarze Schatten. Gesichtslose Dämonen in den Flammen. Mit Klingen aus Onyx, die erbarmungslos alles in den Tod rissen.

    Ich lief. Rannte, so schnell und so weit ich konnte. Weg von dem Lärm, von der Furcht, vor dem Grauen. Lief, solange meine Beine mich trugen. Drehte mich erst um, als jeder Ausweg vergebens war.

    Schweißgebadet fuhr ich hoch. Mein Atem prasselnd, meine Finger tief in den Waldboden gekrallt, wachte ich aus demselben Albtraum, der mich seit Monaten weckte. Inständig hoffte ich jedes Mal, es wäre nun das allerletzte Mal. Ich hatte beschlossen meine Vergangenheit und all das hinter mir zu lassen. Zog durch die entlegensten Gebiete des Nebelwaldes, von den tiefsten Tälern bis in die höchsten Gebirgsketten. Dennoch kahm ich nie zur Ruhe. Seufzend sog ich die frische Morgenluft in meine Lungen. Es roch nach Regen. Frisch und kühl. Es hatte etwas Beruhigendes. Er wusch Altes davon und brachte neues Leben mit sich. Schnell rappelte ich mich von meinem vorübergehenden Schlafplatz hoch. Er bestand aus einer Einbuchtung in einem Felsen, in die ich ein wenig Moos gebettet hatte. Nicht gerade das, was man sich als sechzehnjähriges Mädchen wünschte, aber zweckmäßig. Lange streckte ich meine Glieder und schüttelte sie, um ein wenig wach zu werden. Mein Magen begann plötzlich laut zu gurgeln. In Momenten wie diesen wagte ich von einem Zuhause im Dorf zu träumen. Genauso wie ich es einst hatte. Entschlossen schüttelte ich den Kopf. Ich durfte nicht klagen. Ich hatte inzwischen gelernt, hier draußen allein klar zu kommen. Je besser ich dies beherrschte, desto mehr fand ich meinen Gefallen daran. Leichtfüßig sprang ich von meinem Felsvorsprung hinab, hantelte mich über die breiten Äste, bis auf den mit Nadeln bedeckten Waldboden. Ein neuer Tag hatte begonnen und ich beschloss das Beste daraus zu machen.

    Mein Weg führte mich zu der Wasserstelle, um meinen Lederbeutel aufzufüllen. So weit draußen hielten sich so gut wie nie Menschen auf und Magier kamen erst Recht nicht hier her.

    Die waren viel zu sehr damit beschäftigt ihre Städte vor den Dämonen zu schützen. Noch ein Grund warum ich das Alleinsein in der Wildnis genoss. Kein Dämon interessierte sich für ein Mädchen, das im Wald lebte.

    Vorsichtig kletterte ich auf die umliegenden Felsen und genoss die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf der Haut. Der Wind wehte sanft durch mein dunkelviolettes, langes Haar und kitzelte in meiner Nase. Tief tauchte ich meinen Lederbeutel in das blau spiegelnde Wasser.

    Ein plötzlich vorbeiziehender Schatten ließ mich aufschrecken.

    Sofort zog ich meinen Dolch aus dem Schaft.

    Nichts.

    Nur das Wispern des Windes und ich.

    Diese Vorfälle häuften sich in letzter Zeit. Ich schrieb es meiner zunehmenden Paranoia zu. Kopfschüttelnd steckte ich die kurze Metallklinge wieder an seinen Platz an meinem Oberschenkel.

    Es waren weitere sieben Tage vergangen. Die Klinge war abgenutzt und stumpf.

    Gedankenverloren betrachtete ich, in der Spiegelung des kristallklaren Sees mein verschmutztes und zerfurchtes Selbst.

    Die Wildnis hatte eindeutige Spuren hinterlassen.

    Gierig trank ich aus der Schüssel, die meine Finger bildeten.

    Tauchte meine Arme tief in das kühle Nass, und wusch mein Gesicht. Ich hoffte, damit weitgehende Spuren zu entfernen.

    Bedrückt starrte ich in dunkelbraune Augen. Wasser tropfte von meiner Nasenspitze und zeichnete sanfte Wellen auf die Oberfläche.

    Ein neues Gesicht tauchte in der Spiegelung auf. Goldene Augen leuchteten aus markanten Zügen, verdeckt von einigen dunklen Haarsträhnen. Ein kaltes Kribbeln kroch meinen Nacken empor, gefolgt von unnatürlicher Hitze. Ich fuhr herum. Wider meiner Erwartungen, war ich allein.

    Was beim Erschaffer ist nur los mit mir?!

    Wütete ich innerlich.

    Das Kribbeln und die aufwallende Hitze waren verschwunden.

    Ich beschloss, diesen Vorfall schnell wieder zu vergessen. In meinem Kopf schwirrten bereits genug Dämonen umher. Ich brauchte keine Weiteren. Schlimm genug, was der Verstand mit mir hier draußen machte. Ich sollte es vielleicht doch in Erwägung ziehen mir ein Zuhause in einem Dorf zu suchen.

    Freunde kennenlernen und ein normales Leben führen.

    Ja klar, Luna. Sonst noch Wünsche?

    Bitter lachte ich in mich hinein.

    Selbst wenn ich ein solches Dorf, geschweige denn, solche Freunde, finden würde. Ein normales Leben wäre für mich wohl kaum möglich. Zum einem, war ich eine Magierin. Was an sich nichts Schlechtes war. Magier waren hoch angesehen und verteidigten die Bevölkerung vor den Dämonen, dessen Bedrohung von Tag zu Tag immer größer wurde. Da kommen wir zum Zweiten: Ich konnte die Gabe meiner Magie nicht wirken.

    Ja richtig.

    Ich war also eine Magierin, die keine Magie heraufbeschwören konnte.

    Was für eine Ironie. Wer sich sowas wohl ausgedacht hatte?

    Wie es dazu kam?

    Das ist eine wirklich lange Geschichte. Um es abzukürzen:

    Die Gabe der Magie erfordert nicht nur konsequentes Training, sondern ist außerdem dicht an Emotionen geknüpft.

    Tja.

    Beides macht mir eine Ausübung meiner Gabe nahezu unmöglich. Als Waise hatte ich keine familiären Privilegien und auch keine Möglichkeit zum Training, um jemals an einer Gilde für Magie angenommen zu werden. Die Tatsache, dass meine einzige Ersatzfamilie vor einigen Monaten gänzlich von Dämonen ausgerottet wurde, sorgt nicht gerade für eine emotionale Grundlage für das Erlernen von Magie ...

    Was nicht bedeutet, dass ich keine Kräfte hätte ... ooh neein... die hatte ich gewiss.

    Sie treten allerdings unwillkürlich und unkontrollierbar auf.

    Was also habe ich getan, als die Dämonen kamen und alles zerstörten?

    Nutzlos wie ich war, lief ich davon ...

    So weit, wie ich nur konnte ...

    Mein Magen unterbrach gurgelnd meine gewohnten Selbstgespräche. Die einzig kompetente Beratung, die mir momentan zur Verfügung stand.

    Meine Essensquelle wuchs direkt aus dem Boden und zeigte sich in saftigen, aber auch kleinen Beeren, welche herrlich süß dufteten. Grinsend machte ich mich über die Köstlichkeiten her.

    Das würde fürs Erste reichen. Aufmerksam lugte ich zwischen den Büschen hindurch. Sie säumten das Ende des Nebelwaldes und gaben einen prächtigen Blick auf die Stadt Majikku frei.

    Gewiss war es von hier noch ein halber Tag Fußmarsch bis zu den Toren der hohen Stadtmauern, die Majikku komplett umringten. Mein Interesse lag ohnehin nicht bei den majestätisch hohen Gebäuden, die sich den Himmel entgegenstreckten, sondern bei den nahegelegenden Feldern und Weiden. Sie lagen außerhalb der Stadtmauern und mit etwas Glück boten sie eine gute Stelle, um gefahrlos an Nahrung zu kommen.

    Ein Rascheln in den Büschen lenkte mich ab. Vorsichtig rückte ich von meinem Beobachtungsposten weg. Ein lautes Knurren ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Sofort machte ich kehrt.

    Gerade noch rechtzeitig. Ein Dracerta sprang aus dem Schatten der Bäume direkt auf mich zu. In letzter Sekunde hechtete ich zur Seite und verhinderte, dass es mich mit seinen langen Krallen in Stücke riss. Diese Youcones waren gefährlich, allerdings nur, wenn man sie in ihrem Revier bedrohte. Das aggressive Verhalten verwirrte mich. Erneut wich ich ihm aus. Angreifen war keine Option. Ihr über zwei Meter langer Körper bestand aus reinen Muskeln, geschützt von gepanzerten Schuppen und langen Reißzähnen war es eines der stärksten Youcones auf ganz Chikyu.

    Das tiefe Grollen drang an meine Ohren. Schnell setzte ich zu meiner Flucht an, rollte über den steinigen Boden und hechtete zurück in den Wald. Hier drin hatte ich eine Chance, es abzuhängen. Ein weiteres Knurren ließ mich erschaudern.

    Plötzlich waren sie zu dritt hinter mir her. Mein Herz machte einen Sprung. Meine Beine flogen in rasender Geschwindigkeit über den Waldboden.

    Verdammt. Sie werden mich erwischen.

    Das Fletschen hinter mir kam immer näher, lange würde ich ihnen nicht mehr entkommen. Drei waren zwei zu viel. So konnten sie mich einkreisen und mir den Weg abschneiden. Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen, sonst war`s das.

    Weiter kämpfte ich mich durch das Dickicht der Bäume. Äste schlugen mir ins Gesicht und rissen tiefe Furchen in meine weiche Haut. Blut rann aus den Wunden und tropfte auf den Waldboden.

    „So ein Mist!", fluchte ich laut.

    Plötzlich teilte sich das Dickicht. Mein Herz setzte einen Moment aus. Eines der drei sprang frontal auf mich zu. Ich ließ mich fallen – rollte seitlich weg - und kam dann schnellstens wieder auf die Beine. Auge in Auge stand ich mit der Bestie. Ihre Zähne gefletscht, bereit mich anzugreifen. Instinktiv ließ ich meine Arme kreisen. Eine Technik, um meine Magie herbeizurufen.

    Nichts passierte und ich sah verzweifelt auf meine Finger. Bis auf ein paar magere, violette Funken brachte ich nichts zu Stande.

    Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Pure Angst pochte in meinem Herzen. Verzweifelt fluchte ich. In dem Moment schoss eine mächtige Pranke auf mich zu. Dem Angriff des Dracertas konnte ich nicht mehr ausweichen. Es traf mich mit voller Wucht an meinem Rückgrat und schleuderte mich über den Waldboden. Ein schriller Schrei entglitt meiner Kehle. Ich verlor den Halt und rutschte einen steilen Hang hinunter. Rollend versuchte ich den Fall abzubremsen. Staub und Schmutz wirbelte auf. Immer und immer wieder stieß ich gegen harte Felsen bis ich auf Knien, im sandigen Boden landete.

    Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein?, hustend spuckte ich Sand und Dreck.

    Unmittelbar sah ich nach oben. Die Dracertas waren verschwunden. Gerade noch sah ich einen schwarzen Schatten zwischen den Bäumen verschwinden. Dass sie so schnell aufgaben, hatte ich nicht gedacht.

    Ich betrachtete meine neue Umgebung genauer und runzelte die Stirn. Anstatt hoher Bäume tat sich vor mir eine weite flache Ödnis auf. Mitten im Wald. Plötzlich riss mich etwas beiseite und ich rollte abermals über den Boden.

    „Pass doch besser auf!", rief eine tiefe Stimme.

    Ein Junge in außergewöhnlicher Kampfkleidung rappelte sich auf.

    „Es hätte dich beinahe erwischt.", fügte er hinzu.

    Tadelnd sah er mich durch grasgrüne Augen an. Sein auffallend oranges Haar stand wild in alle Richtungen ab.

    „Wovon redest du da?, gestikulierte ich in die weite Ödnis, „Wer bist du überhaupt?

    „Wie? Ein Prüfling natürlich. Bist du auf den Kopf gefallen?",

    stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf.

    „Du solltest mir besser danken. Ohne mich wäre deine Prüfung jetzt gelaufen.", skeptisch musterte er mich von Kopf bis Fuß.

    „Du bist doch ein Prüfling?", der fremde Junge zog eine Augenbraue hoch.

    Ich verstand kein Wort. Zu einer Antwort kam ich allerdings auch nicht mehr. Ein langer Schatten zog über uns beide hinweg. Ein Youcone erschien wie aus dem Nichts hinter uns. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Dracerta, war aber wesentlich größer.

    Auch seine Schuppen waren nicht Smaragd, sondern reflektierten im hellen Ocker. Das Youcone schoss direkt auf uns zu. Ein greller Schrei kündigte seinen Angriff an.

    „Vorsicht!", rief der fremde Junge.

    Unmittelbar nahm er eine imposante Kampfhaltung an. Massen an Sand wirbelten plötzlich um ihn herum auf. So dicht, dass man ihn kaum mehr erkennen konnte.

    Ein Magier, hauchte ich fasziniert.

    Schnell katapultierte ich mich außerhalb seiner Angriffszone. Die Luft zog Kreise um den Wirbel aus Sand. Das riesige Dracerta schien es nur noch aggressiver zu machen und rannte direkt auf ihn zu. Das schien der junge Magier geplant zu haben. Denn der mitreißende Sandsturm schoss nun mit rasender Geschwindigkeit auf das Youcone zu. Beim Zusammenprall schrie das Wesen wütend auf. Der Angriff wirbelte eine Menge Staub auf und für einen Moment konnte ich die Hand vor Augen nicht erkennen.

    Als er sich wieder legte, eröffnete sich vor mir ein spektakuläres Schauspiel. Weitere junge Magier erschienen und bekämpften gemeinsam das Dracerta. Magiesalven flogen über meinen Kopf hinweg, so gewaltig war das Ausmaß ihrer Kräfte. Es kribbelte in meinen Fingern. Ich war versucht an dem Kampf teilzunehmen.

    Jedoch wusste ich, dass ich ihnen ohne Magie vielmehr im Weg stehen würde, als dass ich eine Hilfe wäre. Gerade wollte ich mich unauffällig entfernen, da fuhr das Youcone plötzlich herum.

    Es war unglaublich schnell. In Sekunden warf es mit Agilität und Kraft all die Magier zu Boden. Erschrocken stand mir der Mund offen. Genauso erstarrt schien das Dracerta, als es mich mit bedrohlich schwarzen Augen anstarrte. Durch seine Nüstern blies es verderblichen Atem, der in meiner Nase stach. Dennoch wagte ich nicht, mich zu rühren. Die anderen Magier begannen sich wieder aufzurappeln. Der Kopf des Wesens riss schlagartig hin und her.

    Es reagiert auf Bewegungen.

    Die Magier begannen mit ihrer erneuten Aufstellung. Das Dracerta brüllte aufgeregt und schoss auf sie zu. Ich haderte mit mir selbst. Das war meine Chance zu fliehen. Angestrengt mahlte ich mit meinen Zähnen.

    „He, du Riesen-Bestie! Hier bin ich!", wild wedelte ich mit den Armen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

    Es klappte. Das Youcone wendete prompt in meine Richtung.

    Dahinter ließ es entgeisterte Magier zurück. Für einen Moment grinste ich triumphierend in mich hinein. Das Lachen verging mir prompt. Ich hatte das nicht zu Ende gedacht. Postwendend lief ich auf die hohen Klippen zu, von denen ich gefallen war. Das wütende Dracerta immer einen Schritt hinter mir.

    „Wieso nur mache ich immer solchen Unsinn?!", rief ich mir selbst zu.

    Die hohe Wand tat sich vor mir auf und ich schluckte.

    Diesmal musste es einfach klappen.

    Tief atmete ich ein. Sprang aus voller Kraft gegen die Wand, stieß mich ab und flog kopfüber die Bestie. Diese hatte Mühe rechtzeitig zu bremsen. Erneut kreiste ich mit meinen Armen während ich noch in der Luft hang. Dieser Moment schien sich unendlich in die Länge zu ziehen. Mein Blick kreuzte sich mit dem Youcone. Erneut brach mein Zauber mittendrin ab. Unsanft landete ich im Sand.

    „Komm schon!", rief ich zähneknirschend und faltete die Hände zu einem weiteren Zauber.

    Das Dracerta rappelte sich auf und schoss erneut auf mich zu.

    Nur kleine Funken.

    Ich setzte alles darauf und reckte meine Arme nach vorn.

    Jetzt oder nie!

    Tatsächlich. Aus meinen Händen schoss meine lang ersehnte Kraft. Violette Druckwellen schossen auf das Youcone zu und drückten mich durch die Wucht des Aufpralls zurück. Doch ich hielt stand. Die Arme weiterhin nach vorne gestreckt, prallten weitere Wellen meiner violetten Magie auf das Wesen ein. Es schien, als würde es durch irgendeine Magie geschützt. Vehement setzte ich meine letzte Energie in einen erneuten Angriff. Die Anstrengung zehrte an meinen Gliedern. Ein weiterer Aufprall meiner Magie, und das Schutzschild des Dracertas brach. Energie löste sich von dem Angriff und drückte mich weiter zurück. Sand wirbelte auf und ich hielt meine Arme schützend vors Gesicht.

    Atemlos stand ich vor der leergefegten Ödnis, vom Dracerta fehlte jede Spur. Blut rann aus meiner Nase und ich wischte es schnell beiseite.

    Ich hätte jubeln müssen. Schon allein deswegen, weil ich es nach Monaten zum ersten Mal schaffte, meine Kräfte gezielt zu nutzen.

    Jedoch blieb ein mulmiges Gefühl im Magen zurück und gönnte mir meinen Erfolg nicht.

    „Unglaublich! Du hast es besiegt! Allein.", der junge Erdmagier mit dem orangenen Haar stand staunend neben mir.

    Auch die anderen versammelten sich rund um mich, bis alle Blicke neugierig auf mir ruhten. Unbehagen machte sich in mir breit. Unter Menschen zu sein nahm für mich nie ein gutes Ende und ich überlegte wie ich am Besten wieder davonkam.

    „Wie heißt du?, „Wie hast du das gemacht?, überschütteten sie mich mit Fragen.

    Ich stand verdattert da und wusste nicht, wie ich antworten sollte.

    Plötzlich erhellte ein weißes Licht den Tageshimmel und schlug wie ein Kugelblitz in den braunen Sand. Er wirbelte abermals in die Höhe und ich schützte meine Augen.

    Das Licht verglühte und eine zierliche, junge Frau stand inmitten der unwirklichen Ödnis.

    Mein Tag hatte so ruhig angefangen! Wo hab ich mich da nur reingeritten?

    Jammerte ich.

    Das kurze karmesinrote Haar, der Frau, wehte im aufkommenden Wind, genauso wie ihr ebenroter Kimono, den sie eng um ihren schlanken Körper gebunden trug. Entschlossen kam sie auf die Ansammlung von Magiern zu. Mit mir in dessen Mitte. Die Aura, die von ihr ausging, war überwältigend. Sie strahlte eine selbstverständliche Autorität aus, die mich sowohl neugierig, als auch zwingend unterordnend stimmte. Dies wäre der Moment gewesen, um mich möglichst unauffällig aus dem Staub zu machen. Doch ihre Ausstrahlung ließ mich innehalten. Ihre Augen strahlten in einem hellen Bernstein, während sie jeden einzelnen von uns eingehend betrachtete.

    „Ich gratuliere. Ein jeder von euch hat die Prüfung bestanden.",

    als sie ihre Stimme erhob, hallte sie über die gesamte Ebene.

    Helle Aufregung machte sich unter den Magiern breit. Nur ich stand wie angewurzelt da und starrte die Frau vor mir an.

    Wovon beim Erschaffer sprichst sie? Was für eine Prüfung?

    Ehrfürchtig hob sie ihren rechten Arm, auf dem sich ein schwarzes Zeichen befand. Aus der Ferne sah es aus wie ein Schwert, vielleicht aber auch ein Drache mit einem Schwert. Erst jetzt dämmerte es mir. Mein Herz setzte einen Schlag aus.

    „Wartet, ich...!", begann ich.

    Plötzlich packte mich ein übelerregender Schwindel. Der Boden begann Wellen zu schlagen und alles um mich bewegte sich nur noch in Zeitlupe.

    Ich muss schnellstens hier weg!

    Rief ich mir selbst in Gedanken zu.

    Es war bereits zu spät. Mein Körper gehorchte mir nicht. Mein Umfeld verschwamm zur Gänze und die Übelkeit wurde unerträglich. Ich befürchtete, das Bewusstsein zu verlieren, da hörte es plötzlich auf.

    Fester Boden befand sich wieder unter meinen Füßen. Grüne Flecken tauchten vor mir auf und verformten sich nach und nach zu Pflanzen um mich herum. Kurzerhand stand ich in einem groß angelegten Hof, umgeben von denselben Magiern und der mysteriösen Frau vor uns. Die Übelkeit übermannte mich. Ein Busch, ganz in meiner Nähe, musste daran glauben.

    „Was beim Erschaffer... was ist hier nur los?", feixte ich immer noch benommen.

    Doch niemand beachtete mich. Alle warteten gebannt, was die Magierin, die uns eben mittels ihrer Kräfte an diesen Ort brachte, verkündete.

    „Ich bin beeindruckt. Noch nie haben es Prüflinge geschafft, meine Illusion so schnell auszulöschen", sprach sie mit eindrucksvoller Stimme.

    „Wie habt ihr das geschafft?"

    Es wurde still. Einer nach dem Anderen drehte sich zu mir herum und trat dann ein paar Schritte zurück. Mein Herz machte einen Sprung. Ich hatte mich ganz nach hinten verschanzt. Doch die anderen formten einen Halbkreis um mich. Ich stand direkt vor der respekteinflößenden Frau. Ihre bernsteinfarbenen Augen strahlten eine unabstreitbare Klugheit aus. Ihr Blick leuchtete in einer herausfordernden Raffinesse. Dennoch wirkte sie nicht bedrohlich auf mich.

    „Du warst es, die meine Illusion besiegt hat?", überrascht hob sie eine Augenbraue und musterte mich von Kopf bis Fuß.

    Meine Kleidung, die ich seit Monaten immer nur notdürftig wusch und mein stark zerzaustes Haar, zusammen mit den Schrammen aus der Wildnis, sprachen für sich.

    „Das ist alles ein großes Missverständnis."

    Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Wusste nicht, wo ich hier reingeraten war.

    „Also hast du nicht, die Illusion besiegt?", fragte sie nun mit beiden hochgezogenen Augenbrauen.

    „Nein. Also doch... das hab ich, aber...", stotterte ich.

    „Wie ist dein Name, junge Magierin?", unterbrach die Frau mich entschieden.

    „Luna... Luna Tsukitsume..."

    Die Fremde fixierte mich eingehend durch ihre bernstein-glühenden Augen.

    „Ich habe es selbst gesehen, Meisterin, meldete sich der junge Erdmagier rasch zu Wort, „Sie hat mit einem mächtigen Angriff das Youcone besiegt. Ich wollte es erst auch nicht glauben.

    Meisterin? Youcone? Oh nein.

    Alles fügte sich zusammen.

    Nun erkannte ich auch das Gebäude, welches hinter den Bäumen des Hofes in den Himmel ragte. Die Meisterin, wie der junge Magier sie eben nannte.

    Die Aufnahmeprüfung!, hämmerte es in meinen Gedanken.

    „Luna Tsukitsume.", murmelte sie.

    „Dann gratuliere ich. Du hast die Aufnahmeprüfung für deinen Eintritt in die Gilde Dragon Sword mit Bravour bestanden."

    Ehe ich protestieren konnte, nahm die Meisterin meine rechte Hand. Weißes Licht glühte zuerst um ihre Finger, schoss dann auf meine über und brannte ein schwarzes Zeichen von meinem Zeigefinger bis zu meinem Handgelenk.

    Ein Drache der sich um ein Schwert wand.

    „Willkommen, Magierin der Gilde Dragon Sword!", majestätisch erklang die Stimme der Meisterin über den Hof.

    Weiße Runen leuchteten auf dem Marmorboden unter meinen Füßen auf und verglühten wieder. Dann ließ sie meine Hand los und ich stand sprachlos mit offenem Mund vor ihr.

    Kapitel 2

    Immer noch völlig perplex folgte ich, zusammen mit den anderen Magiern, der Meisterin.

    Nicht alle von ihnen hatten es geschafft. Nur eine Handvoll junger Magier – und ich – folgten der anmutigen Frau durch ein hohes schmiedeeisernes Tor, welches auf eine weitere groß angelegte Grünfläche führte. Ein breit geschotterter Weg führte uns zu einem weiteren doppelflügeligen Tor. Angrenzend an hohen Mauern, gab es uns dahinter einen großen Innenhof preis, der noch beeindruckender aussah. Alleine der Hof war beinahe so weitläufig wie mein ganzes ehemaliges Dorf. Die Wege bogen in verschiedenste Richtungen, unter anderem zu unterschiedlichsten Gebäuden ab. Das Areal war atemberaubend. Ich hatte bereits von der Gilde Dragon Sword gehört. Berüchtigt als das Zentrum mächtigster Magier und bester Ausbildung in Kampf und Magie übertraf es nun all meine Vorstellungen.

    Wie kam es bloß dazu, dass ich ausgerechnet hier landete?

    „Es beeindruckt mich auch jedes Mal, wenn ich hier bin.", ich erschrak, als ich das blonde Mädchen neben mir entdeckte.

    „Du bist schon öfters in der Gilde gewesen?", überrascht sah ich das Mädchen mit außergewöhnlicher Kampfkleidung und strahlend blauen Augen an.

    Fröhlich lachte sie mich an.

    „Aber klar. Wir alle bekommen hier die Chance unsere Kräfte zu entwickeln bevor wir uns endgültig für die Aufnahmeprüfung entscheiden."

    Die junge Magierin, in etwa so alt wie ich, strahlte eine so natürliche Fröhlichkeit aus, dass es ansteckte. Weiterhin beeindruckt, bestaunte ich die verschiedenen hohen Gebäude, die sich alle mit ihren schwarzen Dächern den Himmel entgegenstreckten. Die Mauer des größten Gebäudes strahlte in hellem weiß, welches die Morgensonne reflektierte.

    „Du bist nicht von der Gegend hier, oder?", ich bemerkte, wie unhöflich ich sein musste, und bemühte mich um ein scheues Lächeln.

    „Was hat mich denn verraten?", deutete ich auf meine abgenützte Kleidung und ungepflegtes Äußeres.

    „Ganz ehrlich? Die Tatsache, dass du die Einzige bist, die aus dem Staunen nicht mehr rauskommt., kicherte sie vergnügt, „Ich bin Kaminari.

    Beherzt hielt sie mir ihre Hand hin.

    Ich überlegte einen Moment. Sah prüfend auf ihre Hand, umschlugen vom schwarzen Zeichen der Gilde.

    „Luna.", erwiderte ich schließlich.

    Wir betraten das große Hauptgebäude, während mir Kaminari einiges über die Gilde erzählte. Ihre Augen glänzten dabei begeistert. Die riesigen verstärkten Holzflügel standen weit offen und führten uns in eine imposante Eingangshalle. Der Boden bestand aus reinem Marmor und hallte unter den Schritten unserer Füße. Lautes Klatschen begrüßte uns beim Eintreten. Die knapp ein Dutzend Prüflinge und ich wurden von Reihen Gildenmagiern laut johlend begrüßt. Etwas unwohl versuchte ich, in der Menge unter zu gehen. Während Kaminari neben mir, stolz und mit erhobenem Haupt hereinmarschierte. Die Meisterin stellte sich auf die dritte der hohen Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Sie klatschte in die Hände und der Trubel legte sich umgehend.

    „Willkommen! Von heute an seid ihr offiziell Schüler der Gilde Dragon Sword!", erneut erhob sich johlender Beifall, den die Meisterin mit einer entschiedenen Handbewegung unterband.

    „Euch erwarten Monate des harten Trainings und intensive Stunden des Lernens bis euch eure nächste Etappe auf dem Weg zum hochrangigen Magier erwartet, die Kasumaprüfung!"

    Statt lautem Jubel begann diesmal aufgeregtes Geflüster. Stumm beobachtete ich die Mitglieder um uns herum. Ich glaubte zu sehen, dass einige von ihnen Goldmünzen untereinander tauschten. Verwirrt runzelte ich die Stirn.

    „Euch wird bewusst werden, wie hart der Weg dorthin sein kann.

    Nicht alle werden es schaffen. Einige werden aufgeben bevor sie den halben Weg geschafft haben.", sprach die Meisterin mit erhobener Stimme weiter.

    „Schließen die etwa Wetten auf uns ab? ,Kaminari beobachtete die Reihen der Mitglieder, „So ein abscheulicher Haufen.

    Ich gab ihr Recht. Vielmehr aber faszinierte mich gerade das bunte Licht, welches auf die Meisterin fiel. Ich drehte mich herum und erkannte oberhalb des Einganges ein meterhohes farbenfrohes Glasfenster. Das Bild darauf zeugte von einem petrolfarbenen Drachen, der sich um ein silbernes Schwert wandte. Nachdenklich betrachtete ich meine rechte Hand, auf der dasselbe Zeichen eingebrannt war. Ich fuhr mit meinen Fingern über die feinen schwarzen Linien.

    Schülerin der Gilde Dragon Sword.

    Das hatte tatsächlich etwas Reizvolles.

    Ein erneutes Klatschen der Meisterin riss mich aus meinen Gedanken.

    „Nun möchte ich euch bitten eure Zimmer zu inspizieren. Die Mädchen folgen Equester Taki, die Jungs Equester Tenshi zum jeweiligen Schlaftrakt.", sie deutete einmal auf eine zierliche Frau mit eisblauen Haaren und Silber glänzender Kampfrüstung und weiters auf einen athletischen Mann mit strengem Blick und dunkelbrauner Kluft.

    Die Magier um uns herum verließen allmählich die Halle, während wir uns den Weg zu Equester Taki bahnten. Diese wartete erst gar nicht, ob alle versammelt waren, und marschierte schnellen Schrittes zum Westausgang der Halle. Unser Weg führte uns über den westlichen Hof bis hin zu einem kleineren Seitengebäude. Inzwischen erklärte sie uns einige Regeln, die in der Gilde vorherrschten. Welche ich mir beim besten Willen nicht alle merken konnte. Da es hauptsächlich Jungs waren, welche die Prüfung bestanden, war unsere Gruppe Mädchen doch relativ klein. Ein Mädchen mit pechschwarzem Haar fiel mir besonders auf. Sie wirkte sehr schüchtern, ihr Name war, glaube ich, Kate.

    Kurzerhand teilte Equester Taki uns die freien Zimmer zu. Sie erklärte noch, dass die Gemeinschaftsduschen außerhalb des Schlaftraktes lagen, dann machte sie sich lautlos davon.

    „Achja, wer von euch ist Luna Tsukitsume?", ihre Stimme war klirrend hell.

    „Das bin ich."

    Aus irgendeinem Grund konnte ich diese Frau nicht ausstehen.

    Hoffentlich würde ich ihr nicht allzu oft über den Weg laufen.

    Dich möchte Meisterin Kyuchi später in ihrem Büro sehen., sie brach ab und verzog angewidert das Gesicht „Du tätest allerdings gut daran dich vorher zu waschen.

    Wut kochte in mir hoch und ich ballte die Fäuste. Ich war dabei, etwas zu erwidern, da trat mir Kaminari auf die Zehen und ich verpasste diese Chance.

    „Abendessen gibt es um neunzehn Uhr. Seid pünktlich.", mit überheblichem Gesichtsausdruck machte die Frau auf der Ferse kehrt und marschierte schnellen Schrittes davon.

    Immer noch geladen stand ich eine Weile da und sah ihr nach.

    Dabei bemerkte ich nicht, wie mich die anderen Mädchen anstarrten.

    „Komm. Sehen wir uns erstmal unser Zimmer an.", knuffte mich Kaminari in die Seite.

    Sie legte die rechte Hand mit ihrem Gildenzeichen gegen das grifflose Holzblatt, welches den Eingang zu unserem Zimmer darstellte. Lautlos schwang das schwere Holz beiseite und gewährte uns Einlass.

    „Woow! Sieh dir das an!", begeistert schoss sie hinein und begutachtete jeden Zentimeter unseres neuen Wohnreiches.

    Amüsiert sah ich ihr zu wie sie sich in eines der beiden Betten warf und es damit für sich beanspruchte.

    „Sieh dir nur diese weichen Matratzen an. Der Wahnsinn! Und der Waschraum erst! Das musst du sehen!", sie war völlig aus dem Häuschen und ich musste schmunzeln.

    Dieses Zusammenwohnen wird für mich eine große Herausforderung werden. War ich es jetzt monatelang gewohnt, allein unter freien Himmel zu schlafen. Während sie unseren Kleiderschrank durchforstete, sah ich bedenklich durch das kleine Fenster, welches sich zwischen unseren Betten befand. Wir waren hier im obersten Stock – und damit im Dritten – des gesamten Mädchentrakts. Unser Ausblick allerdings beschränkte sich auf das Dach und die Gemäuer der anliegenden Gebäude.

    „Sag mal. Haben die vergessen deine Sachen herzubringen? Ich seh` hier irgendwie nur meine Klamotten.", Kaminari steckte fast vollständig in unserem mittelgroßen Schrank am anderen Ende des Zimmers und schien aufgeregt darin zu wühlen.

    Ich hatte mich inzwischen auf das andere Bett gesetzt und schaute etwas ratlos drein.

    „Ich besitze nur das was ich an mir trage.", antwortete ich beiläufig.

    „Waas!? Unmöglich!", sie kam wortwörtlich aus unserem Schrank heraus und deutete mit gestrecktem Zeigefinger und gescherzt verzogenen Gesicht auf mich.

    „Das müssen wir demnächst in Ordnung bringen", blinzelte sie mir zu.

    Ich konnte nicht anders als bei dieser Grimasse zu grinsen.

    „Jetzt aber solltest du dich beeilen. Wollte Meisterin Kyuchi dich nicht sehen? Du solltest sie besser nicht warten lassen."

    Plötzlich wurde sie wieder ernst.

    Mit der Frau – die Meisterin der gesamten Gilde – war wohl wirklich nicht zu spaßen.

    „Nimm mir das bitte jetzt nicht übel, aber vorher sollten wir dich wirklich ein wenig frisch machen.", ich sah in ihre unschuldig, blauen Augen und musste erneut breit grinsen.

    „Schon überredet.", lenkte ich händewinkend ein.

    Schon stand sie beim kleinen Beistelltisch und wühlte in den Pergamentrollen, die darauf verstreut lagen.

    Das Eine rollte sie energisch auseinander, das Andere schob sie mir sogleich unter die Nase.

    Ungläubig las ich daraus vor:

    Fünf Uhr Früh – aufstehen; fünf Uhr dreißig – Morgenlauf um das gesamte Gildengelände; sechs Uhr Frühstück im großen Saal; sieben Uhr – Beginn des praktischen Unterrichts; zehn Uhr dreißig – halbe Stunde Pause – Duschmöglichkeit; elf Uhr – Beginn theoretischer Unterricht; vierzehn Uhr – Mittagessen; fünfzehn Uhr – Arbeitseinteilungen, Hausaufgaben, eigenverantwortliches Studieren; neunzehn Uhr – Abendessen; zweiundzwanzig Uhr – Sperrstunde;

    „Beim Erschaffer. Das nenn ich mal einen strickten Tagesplan.",

    lugte mir Kaminari pfeifend über die Schulter.

    „Sieh mal was ich gefunden habe", sie hielt mir einige Pergamente mit Listen verschiedenster Bücher und Unterrichts Requisiten, sowie einen Lageplan des gesamten Areals unter die Nase.

    „So wie ich das sehe müssen wir an folgenden Tagen diese Dinge mit in den Unterricht bringen.", murmelte sie stirnrunzelnd.

    Schuluniform – ausnahmslos am gesamten Gildengelände zu tragen. Freizeitkleidung – nur außerhalb des Unterrichts und außerhalb des Areals gestattet. Wo bekommen wir denn so eine Uniform her?"

    Kaminari räusperte sich und wedelte mit einem Kleiderbügel, bepackt mit dunkelblauer Baumwolle, hin und her.

    „Ich denke, ich weiß es."

    Skeptisch betrachtete ich den außergewöhnlichen Stoff.

    „Hoffentlich haben die Dinger die richtige Größe.", scherzte Kaminari und klappte sich einen weiteren unter den Arm.

    „Jetzt aber los, ab zu den Duschen.", ohne das schwere Holzblatt berühren zu müssen, schwang es beiseite. Eilig folgte ich meiner übermotivierten Mitbewohnerin.

    Die Gemeinschaftsduschen lagen von unserem Zimmer aus etwas weiter nördlich. Es war ein gemauertes schmales Gebäude, das keinerlei Fenster hatte.

    „Sieh mal.", Kaminari deutete nach oben.

    Ich staunte nicht schlecht. Sobald man das Gebäude betrat, gab es keine Decke und kein Dach. Ich starrte auf einen blauen Tageshimmel und die darauf ziehende Sonne.

    „Unglaublich.", hauchte sie fasziniert.

    Meine Faszination nahm ein jehes Ende. Gestoppt von einer Schlange junger Mädchen, die unruhig hin und her wippten.

    Die standen doch nicht etwa alle für die Duschen an?

    „So bin ich nie rechtzeitig fertig.", raunte ich geschlagene zwanzig Minuten später an der Spitze der Reihe.

    Kaminari war bereits in einer der Kabinen verschwunden. Ich war die Nächste und wartete gebannt, dass der nächste Duschplatz frei wurde.

    Da! Endlich.

    Ein Mädchen im grasgrünen Badeanzug trat aus dem Abteil.

    Höflich wartete ich, bis sie an mir vorbei war, bevor ich die Kabine betrat. Da rempelte mich jemand beiseite und schob sich vor mir in das Abteil hinein.

    „Nach dir will ich bestimmt nicht mehr da rein!", hörte ich die grelle Stimme, bevor mir das Holzblatt vor der Nase zugeschoben wurde.

    Zähneknirschend schob ich mich wieder an die Spitze der Reihe.

    Das würde ich bestimmt nicht auf mir sitzen lassen.

    Endlich – weitaus später – ergatterte ich meinen Platz in einer der Kabinen. Dankbar schälte ich mich aus der zerrissenen Kluft und warf sie beiseite.

    Das aufgeregte Geschnatter der anderen Mädchen drängte sich jäh in den Hintergrund, als quellend heißes Wasser auf mich herab goss und auch den hartnäckigsten Schmutz einfach wegwusch. Gedankenverloren griff ich mit beiden Händen in meinen Nacken und fuhr aus alter Gewohnheit die Konturen meines Halswirbels nach.

    Genau da – zwischen meinen Schulterblättern – befand sich mein Geburtsmal.

    Die Kralle eines Wolfes.

    Bis heute wusste ich nicht, was es zu bedeuten hatte, nur dass es mir mehr Unmut zugetragen hatte, als ich verkraften konnte.

    Die Frau, die mich aufzog, beteuerte, ein Geburtsmal entstamme immer aus dunkler Magie und ich täte besser daran, es immer bedeckt zu halten.

    Ob schwarze Magie oder nicht, mit einem hatte sie Recht, sobald andere mein Mal sahen wurde ich als schwarze Hexe abgestempelt und gemieden.

    Meine Fingerspitzen glitten über die Wunde, die mit das Dracerta zugefügt hatte und ich zischte wütend auf.

    Bei all dem Trubel hatte ich das ganz und gar vergessen.

    Das sollte ich unbedingt behandeln lassen.

    Beim Verlassen der Kabine achtete ich fest darauf, dass mein Geburtsmal von meinen Haaren und dem Handtuch verdeckt war.

    Ich schlich an der Schar Mädchen vorbei.

    Kaminari war nirgends zu sehen.

    Jedoch die Gildenuniform, die sie mir da gelassen hatte.

    Ich sah sie auf einem der Haken hängen und zog es über. Der Stoff war ungewöhnlich fest. Es bestand aus einem petrolfarbenen schmucklosen Kleid, welches an der Taille mit einem Ledergürtel zusammengebunden wurde, einer dunklen knöchellangen Hose und festen Stiefeln. Das Ganze rundete ein schwarzer kurzer Umhang ab. Während ich ihn anlegte, betrachtete ich mein Spiegelbild.

    Ich erkannte mich selbst kaum wieder.

    Kleider machen Leute, sagt man.

    Doch, das Mädchen – in nobler Gildenuniform – das mich aus dem Spiegel heraus musterte, glich mir in nichts mehr.

    Abgesehen von dem Amulette, welches ich um den Hals trug und nach dem ich nun wehmütig griff.

    Der violette Amethyst war in handgeschmiedetes Silber eingefasst. Gedankenversunken beobachtete ich, wie sich das Licht im Kristall brach.

    Das Einzige, das mir von meiner leiblichen Familie – die ich nie kennengelernt hatte – geblieben war.

    Den Weg zum Büro der Meisterin zu finden gestaltete sich schwieriger als gedacht. Nicht nur, dass ich einiges an Fußmarsch zurücklegte, da ich mich einige Male verlief, noch dazu, erlaubten sich einige Gildenmitglieder einen schlechten Spaß mit mir. Plötzlich stand ich vorm Jungentrakt und machte beschämt kehrt, als es mir bewusst wurde.

    Ich ärgerte mich und stand, nach einigen Versuchen, schließlich vor der Türe auf der Meisterin angeschlagen stand. Ich klopfte vorsichtig an. Statt einem erwarteten herein, schwang die Tür von alleine auf. Frischer, kühler Wind wehte mir um meine Nase und durchs nasse Haar.

    „Meisterin Kyuchi?...", unsicher lugte ich in starre Finsternis hinter der Tür.

    Keine Antwort.

    Bloß ein weiterer kalter Windzug, der mich schaudern ließ. Ich musste mich geirrt haben.

    Ich machte auf der Ferse kehrt, zur Treppe. Doch plötzlich erstarrte mein Körper. Meine Beine fühlten sich an wie Blei, unmöglich sich zu bewegen. Schwindel packte mich und riss mich aus jeglicher Realität. Der Boden unter meinen Füßen begann zu schwanken und sich vor meinen Augen ins Nichts aufzulösen.

    „Was beim Erschaffer geht hier vor?!"

    Mein Atem stockte, als hätte ihn mir jemand direkt aus meinen Lungen gesogen.

    Die Temperatur fiel um ein Vielfaches, bis ich anfing unkontrolliert, zu zittern. Das Licht um mich erlosch unmittelbar.

    Im gleichen Moment stand alles still. Dichte Finsternis erstickte mich und nur ein gleichmäßiges Plätschern übertönte das Pochen meines Herzens.

    Langsam passten sich meine Augen an die bedrückende Dunkelheit an. Schwarzer Stein glänzte mir von allen Seiten entgegen, während unter meinen Füßen petrolfarbenes Wasser floss.

    Dennoch stand ich nicht darin, sondern unmittelbar darüber. Es fühlte sich an, als stände ich auf kompensierter Luft.

    „Was soll das, verdammt?", hauchte ich immer noch fröstelnd.

    Die Ärmel meiner Gildenuniform waren kurz und auch die Hose war für solch niedrige Temperaturen nicht geeignet. Hastig drehte ich mich herum und suchte verbissen nach einer Tür, die mich wieder hier rausbrachte.

    Vergebens.

    Nervös zitternd rieb ich meine Oberarme. Beim Ausatmen stieß ich weißen Nebel aus.

    Ich muss schnellstens hier raus!

    Da mir nichts Besseres einfiel, tastete ich hastig die schwarzen Felsen ab, die beklemmend auf mich einwirkten. Irgendwo musste es doch einen Spalt geben, durch den ich schlüpfen konnte. Den Gedanken, dass dieser mich vielleicht nur noch tiefer in diese verfluchte Höhle brachte und dann nie wieder herauskam, schob ich vehement zur Seite.

    „Komm schon!", keuchte ich verzweifelt.

    Ich machte einen Schritt auf die Seite und verlor plötzlich den Halt. Die Barriere unter meinen Füßen verschwand und zwang mich in eiskaltes Nass. Ich wartete auf den Schock, den es mir durch den Körper jagte, wenn mein Atem durch das eisige Wasser aussetzte. Doch der kam nicht.

    Mit geschlossenen Augen fiel ich.

    Fiel und fiel immer weiter ...

    Ich konnte nicht verhindern, dass ich laut zu schreien begann.

    Etwas berührte sanft meine Stirn.

    Eine Hand.

    Ein Finger.

    Sanft stupste es gegen meinen Verstand und rückte in wieder an den rechten Platz. Weißes Licht drang durch meine Augenlider.

    Vorsichtig, aber fordernd.

    „Es ist in Ordnung. Du kannst

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