Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Illusion -Königreich der Lügen: Band 1 der High Fantasy Trilogie
Illusion -Königreich der Lügen: Band 1 der High Fantasy Trilogie
Illusion -Königreich der Lügen: Band 1 der High Fantasy Trilogie
eBook397 Seiten5 Stunden

Illusion -Königreich der Lügen: Band 1 der High Fantasy Trilogie

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Band 1 der Illusion-Reihe.
Bist du bereit durch Schatten und Albtäume zu wandeln, um die Wahrheit zu finden?
Klappentext:
Illusion.
Geschaffen aus den Träumen der Menschen.
Heimgesucht von Albträumen.
Asra kämpft als Wanderin gemeinsam mit ihrem Bruder Rowan gegen die Albträume, die sogenannten Kova, welche in den Traumwelten für massive Unruhen sorgen. Doch als immer mehr Menschen in ihren Welten tot aufgefunden werden, wird den beiden klar, dass nicht nur die Kova eine Gefahr darstellen. Auf ihrer erbitterten Suche nach dem Mörder decken Asra und Rowan dunkle Geheimnisse auf, die düstere Schatten über Illusion und seine Bewohner werfen...
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum21. Okt. 2022
ISBN9783910615397
Illusion -Königreich der Lügen: Band 1 der High Fantasy Trilogie

Mehr von Lara Kempa lesen

Ähnlich wie Illusion -Königreich der Lügen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Illusion -Königreich der Lügen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Illusion -Königreich der Lügen - Lara Kempa

    220824_0155_Cover_Ebook_-_Illusion_Entwurf2.jpg

    Copyright 2022 by

    Dunkelstern Verlag GbR

    Lindenhof 1

    76698 Ubstadt-Weiher

    http://www.dunkelstern-verlag.de

    E-Mail: info@dunkelstern-verlag.de

    ISBN: 978-3-910615-39-7

    Alle Rechte vorbehalten

    Inhalt

    1 - Das Licht

    Kapitel 1 - Erbarmungslose Wüste

    Kapitel 2 - Regen aus Silber

    Kapitel 3 - Zurück in der Realität

    Kapitel 4 - Hexenjagd

    Kapitel 5 - Rauch und Metall

    Kapitel 6 - Schwarzes Blut

    Kapitel 7 - Wolfsgeheul

    Kapitel 8 - Erschöpfung

    Kapitel 9 - Ein Thron aus Blut

    Kapitel 10 - Waldgeflüster

    2 - Die Dunkelheit

    Kapitel 11 - Die Saat des Albtraums

    Kapitel 12 - Die Existenz kleiner Superhelden

    Kapitel 13 - Blutrot

    Kapitel 14 - Maskenfest

    Kapitel 15 - Der Bau des Hasenkönigs

    Kapitel 16 - Winter Wunderland

    Kapitel 17 - Die Höhle hinter dem Wasserfall

    Kapitel 18 - Das Archiv des Sumandrialetph

    3 - Die Albträume

    Kapitel 19 - Tagträume

    Kapitel 20 - Dunkles Gewässer

    Kapitel 21 - Erbarmungslose Tiefen

    Kapitel 22 - Ein Herz aus Stein

    Kapitel 23 - Die Stimme des Albtraums

    Kapitel 24 - Rowan

    4 - Die Königin

    ENDE

    Danksagung

    Triggerwarnung:

    Triggerwarnung:

    Dieses Buch nutzt Inhalte, die bei einigen Leserinnen und Lesern Unwohlsein hervorrufen oder eventuelle persönliche Trigger darstellen könnten. Eine Auflistung der inbegriffenen Themen bzw. Szenen ist am Ende dieses Buches zu finden, da sie explizite Spoiler zur Geschichte enthält.

    1

    Das Licht

    Es gibt eine Geschichte, die ich euch erzählen möchte. Eine Geschichte, die mit dem Nichts beginnt und mit Allem aufhört. Das endlose, leere Nichts, in dem kein Leben existiert oder jemals existieren könnte. Doch blieb dieser Ort nicht lange leer.

    Eines Tages erschien in ihm ein gleißendes Licht. Dieses Licht läutete den Untergang der Leere ein. Denn aus ihm entstand eine Person, die aus dem Nichts Etwas machen würde. Dort, wo zuvor nur trostlose Abgeschiedenheit herrschte, entstand eine Welt, gemacht aus den Träumen des Lichts.

    Diese Traumwelt war wie ein Paradies. Es gab grüne Felder, wo auch immer man hinsah. Mit Blumen und Pflanzen, deren Aussehen und Geruch einzigartig waren. Am Horizont schossen kilometerhohe Berge in den hellblauen Himmel und dort, wo die Felder aufhörten, lag ein kristallenes Meer.

    Die Welt wurde bevölkert von Tieren. Manche existieren noch heute, während andere nur noch eine ferne Erinnerung darstellen oder schon lange vergessen sind.

    Über diese Welt herrschte das Licht, welches heutzutage unter vielen Namen bekannt ist. Der geläufigste ist Der Hüter.

    Doch die Tiere allein reichten dem Hüter bald nicht mehr und so erschuf er uns Menschen. Erst nur ein paar wenige und schließlich immer mehr. Bis er bemerkte, dass in einer Welt für die Fülle an Leben, die er geschaffen hatte, nicht genügend Platz war. Und so schlich er sich abends in die Träume der Menschen, stahl, was ihm gefiel und erschuf aus ihnen weitere Traumwelten. Ähnlich Planeten, die parallel zueinander existierten. Manche ein Ebenbild des seinen, andere wiederum entpuppten sich als etwas gänzlich Neues.

    Das Reich des Hüters wuchs und wuchs mit jedem Traum, den er stahl.

    Und so gab er seiner Schöpfung den Namen Illusion.

    Das Königreich der Träume.

    Mit Voranschreiten der Jahre merkte der Hüter, dass er die Welten nicht mehr alleine überwachen und beschützen konnte. So beschloss er, eine Handvoll Menschen zu erwählen und ihnen von der Vielfalt seines Reiches zu erzählen.

    Der Hüter stellte die Menschen auf die Probe, indem er ihnen, ohne ihr Wissen, drei Aufgaben stellte, die es zu bewältigen galt. Er prüfte ihr Vertrauen, ihren Glauben und ihre Sicht.

    Nur wenige bestanden die Prüfung und die, die es taten, wurden zum Ursprung der Schatten und Wanderer Illusions. Sie bekamen die Aufgabe, Illusion zu beschützen und zu bewachen, wenn er selbst es nicht konnte. Und dafür bekamen sie das Geschenk des Wissens.

    Doch der Hüter gab ihnen noch ein weiteres Geschenk.

    Einen Ort zwischen den Traumwelten Illusions, in welchem sie leben sollten.

    Er nannte diesen Ort Vanity.

    Das Königreich der Realität.

    Sobald der Hüter seine Welten in guten Händen wusste, zog er sich zurück und schuf im Verborgenen immer mehr von ihnen. Nach einiger Zeit machte er sich auch daran, Menschen zu erschaffen, welche besondere Fähigkeiten in sich trugen. So entstanden Personen, die sich in Tiere verwandeln konnten. Menschen, die Dinge aus dem Nichts entstehen ließen. Und Menschen, die an Orten lebten, die für andere unmöglich zu bereisen schienen. Diese Personen nannte der Hüter Traummenschen.

    Bis heute wissen nur die Auserwählten von den verschiedenen Welten, während die anderen Bewohner der Reiche noch immer unwissend in ihren jeweiligen Traumwelten lebten.

    Den Hüter hatte niemand jemals wieder zu sehen bekommen. Man glaubt aber, dass er noch immer in seinem ganz eigenen Reich nach Träumen suchte, um sie in etwas Neues zu verwandeln. Etwas, das noch nie jemand zuvor gesehen hatte.

    Dass er noch immer alles und jeden im Blick hatte.

    Sein Reich, der Ort, an welchem er lebte, nannte man Rerum.

    Das Königreich der Wahrheit.

    –1–

    Der Ursprung unserer Welt

    Autor unbekannt

    Kapitel 1

    Erbarmungslose Wüste

    Ich bemerkte die Falle erst, als ich schon mittendrin stand. Ohne Vorwarnung schlich sie sich von hinten an mich heran und schlug ihre Fänge in meinen Knöchel.

    Mir entfuhr ein Schrei, der in der gesamten Lagerhalle widerhallte, während die Schlange mich in die Knie zwang und ich auf dem Boden aufschlug. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Körper, welcher mich geradezu lähmte und jegliche Luft aus meinen Lungen presste. Doch war all das vergessen, als ich der albtraumhaften Kreatur vor mir entgegensah. In ihr schuppiges, triefendes Gesicht blickte.

    Ihre Krallen steckten tief in meinem Bein und beim Anblick des Blutes erbleichte ich. Schleichend kam sie auf mich zugekrochen. Jede ihrer Bewegungen war grauenerregender als die vorherige, als würde die Kreatur über menschliche Knochen wandern.

    Ein Knacken in meinen Ohren, welches mich jedes Mal aufs Neue zusammenzucken ließ.

    Hektisch atmend glitt ich mit meiner Hand hinab zu meinem Knöchel, um ohne Sinn und Verstand an der Kralle zu ziehen. Der Schweiß stand mir auf der Stirn und ich biss mir auf die Zunge, um nicht erneut zu schreien. Doch verliefen alle meine Bemühungen ins Nichts, als die Kreatur ihren Griff verfestigte und sich meine Sicht an den Rändern verdunkelte. Es raubte mir den Atem, derweil der Albtraum stetig näherkam. Sein Maul hatte er bis zum Anschlag geöffnet, sodass ich eine Reihe messerscharfer Zähne aufblitzen sah.

    Meine Hoffnung auf Entkommen versank mit jeder Sekunde, die verging, mehr und mehr im Sande. Da half es auch nicht, dass hinter mir ein paar weitere seiner Art mit ohrenbetäubendem Zischen nach meiner Aufmerksamkeit verlangten. Mit denen würde ich mich befassen, sollte ich ihren Freund vor mir überleben. Wobei das sollte in diesem Satz mein Herz zum Hämmern brachte.

    Ich sprach mir gedanklich Mut zu, um es zum Weiterschlagen zu animieren. Doch stellte sich das als ein hoffnungsloses Unterfangen heraus, denn das Monster umfing im nächsten Moment mein Schienbein mit seinem schuppigen Oberkörper. Und da war meine Ruhe wieder dahin, wenn sie denn je existiert hatte.

    Dem Albtraum troff eine helle, dickflüssige Lauge aus dem Maul, von dem mir der Gestank verwesender Leichen in die Nase stieg. Das Frühstück in meinem Magen rumorte und am liebsten hätte ich mir meine Nase mit einer Hand bedeckt.

    Im letzten verzweifelten Versuch, mich zu befreien, trat ich das Monster mit meinem freien Fuß in die Seite. Doch ließ es sich davon nicht stören. Stattdessen wurde es wütender. Und schneller. Mit raschen Bewegungen von links nach rechts versuchte ich, es von mir herunterzuschleudern. Aber die Kreatur ließ nicht locker.

    »Lass mich los, du widerliches Vieh!«, schrie ich dem Monster entgegen und trat ihm ein letztes Mal mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, in die Seite. Doch ich hatte keine Chance. Das Ding war zu schwer.

    Kurz bevor es auf mein Gesicht zuhielt, schloss ich die Augen, denn niemand schaute gerne in das furchteinflößende Maul eines Albtraums, bevor er starb. Doch passierte nichts dergleichen, stattdessen nahm eine unerwartete Leichtigkeit den Platz des Monsters ein und süßer Sauerstoff strömte in meine Lungen. Die Hoffnung, dem Ding glimpflich entkommen zu sein, gab mir genug Mut, um meine Augen einen Spaltbreit zu öffnen. Fast erwartete ich, trotz allem in das Gesicht der Kreatur zu schauen. Vielleicht verschlang es seine Opfer nur, wenn sie dabei zusahen? Stattdessen lag sie leblos neben mir auf dem Boden, einen Dolch, meinen Dolch, in ihrem Herzen. Und über sie gebeugt saß mein Bruder mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen.

    »Du scheinst ein wenig aus der Übung zu sein«, neckte er mich und zog die Waffe aus dem Albtraum. Dabei spritzte gelbliches Blut aus der Wunde und fiel nur Millimeter neben mir auf den Boden.

    Ich schnaubte auf. »Das wärst du auch, wenn du wochenlang ans Bett gefesselt gewesen wärst.«

    Meine Stimme zitterte aufgrund des Adrenalins, welches durch meine Adern floss und mich daran erinnerte, dass ich gerade haarscharf mit dem Leben davongekommen war. Ächzend setzte ich mich auf, und Rowan hielt mir seine Hand entgegen, um mich hochzuziehen. Ich ignorierte ihn und sprang von allein wieder auf die Beine. Was ich sogleich bereute, als ein stechender Schmerz durch mein Bein schoss und mich fast erneut in die Knie zwang.

    »Die Kova hat dich ziemlich erwischt«, meinte Rowan, während er mit einem forschenden Blick meinen Knöchel musterte. »Aber es könnte schlimmer sein.«

    Ich sah hinunter zu der Stelle, an der drei unsaubere Löcher in meiner Haut klafften. Nicht so tief, dass es gefährlich für mich werden könnte, aber dennoch unangenehm schmerzhaft.

    Rowan musste den Schmerz in meinem Blick gesehen haben, denn schon war er an meiner Seite. Die Wärme seines Körpers umfing mich, als er seinen Arm um meine Schultern legte. Zwar war das Ziehen in meinem Bein damit nicht verschwunden, doch es war um einiges erträglicher Jetzt musste sich nur noch mein Herz beruhigen, von dem ich annahm, dass es jeden Moment aus meiner Brust springen würde.

    Durch den nachlassenden Schmerz verflüchtigte sich die Schwärze vor meinen Augen gerade so weit, dass ich mich das erste Mal in der heruntergekommenen Lagerhalle umsehen konnte. Eine Halle, die so gar nicht zu dem passte, was vor seiner Tür lauerte. Doch gab es hier auch nicht viel zu bestaunen, mit Ausnahme der toten Albträume, die überall verstreut lagen.

    »Die hast du alle allein erledigt?«, fragte ich mit leichtem Unglauben in der Stimme, was Rowan ein Schnauben entlockte.

    »Noch so ein Spruch und du kannst sehen, wie du nach Hause kommst«, erwiderte er und deutete an, mich fallen lassen zu wollen. Mir entschlüpfte ein Kichern, bevor ich mich erneut den Kova zuwandte.

    »Ist ja gut, du Monsterschlächter, aber wo kommen die ganzen Albträume her?«

    Wenn ich mich nicht verzählt hatte, lagen hier insgesamt sechs Kova der Stufe zwei, was ungewöhnlich für sie war. In den meisten Fällen traf man diese Art ausschließlich in Gruppen von höchstens drei an. Was hatte diese also dazu veranlasst, sich in solch einer großen Ansammlung zu vereinen?

    Kova waren Albträume, die einen Weg in die Traumwelten Illusions gefunden hatten und hier seitdem Angst und Schrecken verbreiteten. Es gab insgesamt fünf verschiedene Arten von ihnen, welche wir in Stufen aufgeteilt hatten. Zum einen gab es die Gesichtslosen, die, wie der Name schon vorwegnahm, ohne Gesicht durch die Gegend irrten. Dadurch stellten sie keine große Bedrohung dar, denn die damit einhergehende Blindheit hinderte sie daran, sich schnell zu bewegen.

    Etwas gefährlicher waren da die Trickster, denn diese hatten unheimlichen Spaß daran, den Menschen Fallen zu stellen, um uns dann mit ihren scharfen Krallen umzubringen. Außerdem hatten sie aufgrund ihrer langen Arme eine erhebliche Reichweite. Eine Schwäche dieser Albträume waren dagegen ihre nicht existenten Beine, wodurch für sie das Kriechen die einzige Möglichkeit war, um sich fortzubewegen. Solch eine Kreatur lag in diesem Moment leblos vor meinen Füßen. Sie erinnerte an eine Kreuzung aus Wurm und Schlange mit einer Vielzahl spitzer Zähne. Und zusätzlich stank sie noch immer tierisch nach Tod.

    Normalerweise stellten Trickster für mich kein Problem dar, doch hatte ich seit knapp einem Monat nicht mehr an einer Jagd teilgenommen. Der Grund dafür war ein Zusammenstoß mit einer Kova der Stufe drei, der mich ans Bett gefesselt hatte.

    Diese, auch Spinnen genannt, waren zombieähnliche Kreaturen, die auf acht menschlichen Armen liefen und mit ihren Zähnen und Krallen ein Gift versprühten, welches zum Tod führen konnte. Mit diesem war ich bedauerlicherweise in Berührung gekommen, aber zu meinem Glück existierte dafür ein Gegenmittel. Doch das hatte keine angenehmen Nebenwirkungen. Ich hatte mich ganze drei Wochen nach Einnahme des Tranks gefühlt, als wäre ich von den Toten auferstanden. Ganz zu schweigen von der Menge an Flüssigkeit, die ich innerhalb dieser Tage erbrochen und ausgeschwitzt hatte. Und noch immer hatte ich das Gefühl, dass das Gegengift nicht gänzlich aus meinem Körper verschwunden war. Doch ich konnte und wollte nicht mehr länger nutzlos im Bett liegen.

    »Wir sollten dich zurück nach Hause bringen, damit ich mir deine Wunden ansehen kann.« Rowans besorgter Blick fand meinen Knöchel. Wahrscheinlich sollte mich dieser nicht sonderlich beunruhigen. Nichtsdestotrotz fragte ich mich, was er sah. Ob die Verletzung doch schlimmer war, als er behauptet hatte?

    »Und danach machen wir uns Gedanken über das hier.«

    Er deutete auf die uns umgebenden Kova, die sich in schleimige, gelbe Suppen verwandelten. Gut für uns, denn so mussten wir die Albträume nicht noch entsorgen, nachdem wir sie getötet hatten. Länger als nötig wollte ich mit den Leichen nämlich nicht in einem Raum eingesperrt sein.

    »Lass uns nach Hause gehen.« Und mit zuhause meinte ich nicht unser geliebtes Vanity, wo es einen Kühlschrank mit leckerem Essen und fließendes Wasser gab. Nein, unser derzeitiges Zuhause befand sich im Wohnviertel der Hauptstadt von Alcone. Das Viertel mit der höchsten Kriminalitätsrate, was ganz gut zu uns passte. Konnten wir doch nicht von uns behaupten, die größten Engel auf Erden zu sein. Trotzdem stände ich jetzt lieber unter einer heißen Dusche oder läge in einem angenehmen Schaumbad. Schon allein der Gedanke daran ließ mich innerlich aufstöhnen.

    Rowan und ich stiegen über die übelriechenden Pfützen hinweg zum Ausgang und traten ins Freie. Nur um im nächsten Moment gegen eine Hitzewand zu laufen, die mir schlagartig den Schweiß von der Stirn perlen ließ. Wie hatte es in der Lagerhalle nur so kühl sein können, wenn wir hier draußen gefühlt direkt unter der Sonne liefen? Zwar roch es hier einladender als drinnen, doch würde ich es den Kova jeden Moment gleichtun und in einer Pfütze eingehen.

    Alcone war eine einzige Wüste. Wir waren umgeben von Milliarden Tonnen von Sand, welche nur vereinzelt durch Felsbrocken unterbrochen wurden. Der Weg, auf dem wir standen, würde erst in einigen Kilometern an eine Stadt grenzen und diese würden wir zu Fuß zurücklegen müssen. Schon allein bei dem Gedanken daran pendelte sich meine Motivation bei null ein.

    »Na komm, wir haben noch einen weiten Weg vor uns«, rief Rowan mir zu, als wüsste ich das nicht längst, und doch weigerten sich meine Beine, sich in Bewegung zu setzen. Mein Bruder zog ungeduldig an meinem Arm und schlussendlich marschierten wir in einem einigermaßen annehmbaren Tempo nebeneinander die Straße entlang.

    Wir legten etliche Meter unter den Strahlen der Mittagssonne zurück, ohne einer einzigen anderen Seele zu begegnen. Die Bewohner Alcones hatten sich der Hitze der Wüste angepasst, sodass sie ihren normalen Tätigkeiten von abends bis mittags nachgingen, um dann bei Ankunft der Mittagshitze in ihren Häusern zu schlafen. Deswegen begegneten wir keinen anderen Menschen, denn unglücklicherweise erreichten die Temperaturen gerade ihren höchsten Punkt. Die Sonnenstrahlen prallten gnadenlos auf uns nieder und bei meinem Glück würde ich morgen mit einem Sonnenbrand aufwachen, wenn nicht sogar mit einem Sonnenstich.

    Nach einigen weiteren Metern verschwamm die Gegend vor meinen Augen und meine Beine drohten unter mir nachzugeben. Hätte Rowan mich nicht am Arm gehalten, wäre ich auf der Stelle zu Boden gegangen. Die Sonne brannte sich in meine Haut und das Gefühl der Benommenheit nahm stark zu, als ich mich am Rande des Weges niederließ, um nicht vollkommen durchzudrehen. Das Stechen in meinem Knöchel war erneut schlimmer geworden und machte es mir unmöglich, auch nur einen Schritt weiterzugehen.

    »Ich brauche eine Pause. Mein Bein bringt mich sonst um«, stöhnte ich und zog behutsam meine Jeans über meinen Knöchel. Ein Blick auf die Wunde genügte, um mir zu sagen, dass sie sich entzündet hatte. Denn nicht nur, dass die Löcher von einem roten Schimmer umgeben waren, nein, es quoll auch noch eine gelbliche Flüssigkeit daraus hervor, die stark an Eiter erinnerte.

    Der Trickster musste mir durch seine Krallen ein Gift verabreicht haben, welches den Grad von Verletzungen schneller vorantreiben ließ. Und natürlich erwischte das Gift mich, schließlich hatte ich nicht gerade erst eine Vergiftung hinter mir.

    »Das muss behandelt werden«, sprach mein Bruder das Offensichtliche aus, bevor er seinen Rucksack von der Schulter nahm und ihn neben mir aufzog. Heraus holte er eine Flasche Wasser, welche er öffnete und ohne Vorwarnung über meine Wunde goss. Mir entfuhr ein leises Zischen, welches in einem Laut der Erleichterung gipfelte, als das Stechen etwas nachließ.

    »Zu Hause müssen wir die Wunde richtig säubern, aber das sollte fürs Erste genügen. Bist du sicher, dass du nicht mehr laufen kannst?« Rowans Blick fiel in die Ferne, wo noch immer keine Spur der Stadt zu sehen war.

    Ich startete einen Versuch, mich vom Boden zu erheben, doch sobald ich mein linkes Bein auch nur minimal belastete, schoss ein stechender Schmerz hindurch und die Welt drehte sich um mich herum.

    »Keine Chance«, presste ich mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor und stürzte erneut in den heißen Sand. Das Atmen fiel mir schwer und mein Kopf schmerzte von der stickigen Luft, die uns umgab.

    Rowan lief mit geschlossenen Augen und der Hand am Kinn im Sand vor mir hin und her. Ein Vorgang, den ich nicht lange verfolgen konnte, ohne dass mir furchtbar schwindelig wurde. Meine Augenlider wurden unterdessen immer schwerer und der Gedanke an ein wenig Schlaf immer verlockender.

    »Dann muss ich allein zurückgehen und etwas finden, womit ich dich zurück in die Stadt transportieren kann.« Rowans Worte drangen nur gedämpft zu mir durch, als würde ich mich in einer Blase befinden und er würde von außen zu mir sprechen. Die Taubheit meiner Gedanken wurde immer dicker, bis ein leises Pfeifen die Blase zerplatzen ließ. Überrascht darüber, in dieser Wüste etwas anderes zu hören als Stille, wandte ich meinen Blick der neuen Geräuschkulisse zu. Verschwommen konnte ich die Formen einer schwarz-weißen Kutsche erkennen, die sich uns aus Richtung Magon näherte.

    »Soldaten«, wisperte Rowan, als immer mehr Details der Kutsche sichtbar wurden. Denn diese war keine wirkliche Kutsche, wie ich nun bemerkte. Sie war ein Tier, die Einer ähnelte. Der Kopf, welcher Ähnlichkeiten mit einem Stier hatte, und die Vorderbeine sahen normal aus, doch der hintere Körper glich einer länglichen Schüssel, in welcher die Menschen Platz fanden. Außerdem waren die Hinterbeine zwei mit Fell besetzte Räder, die über den dreckigen Boden rollten. Die beiden Männer, die im Inneren des Tieres saßen, hielten zwei Seile in den Händen, welche mit seinem Nacken verschmolzen. Mit diesen konnten sie es in die Richtung lenken, in die sie wollten. Ähnlich wie die Zügel bei einem Pferd, nur schmerzhafter für das Tier, welches sie Chora nannten.

    Einzig und allein die Soldaten des Präsidenten nutzen diese Art der Fortbewegung und jedes Mal, wenn ich sie damit sah, wurde mir mulmig zumute. Für mich war das Nutzen dieser Lebewesen reinste Tierquälerei, denn die Chora erlitten durch das zusätzliche Gewicht furchtbare Schmerzen.

    Die Soldaten, die uns entgegenfuhren, trugen blaue Westen, die mit einer Anzahl kleinerer Taschen versehen waren, in die nicht mehr passte als eine mickrige Kupfermünze. Ihre braunen Lederhandschuhe waren mit dem Symbol des Präsidenten verziert: eine rote Kralle auf schwarzem Grund. Über ihren Schultern hatten sie Bolzen für die Armbrüste geschnallt, die sie vor sich hielten. Die Beine des Tieres hinterließen sichtbare Spuren in der vom Blut befleckten Erde. Wir liefen anscheinend auf einem Weg, welchen die Gefangenen des Präsidenten nur allzu gut kannten. Ein Grund, weshalb man sich diesen nicht zum Feind machen sollte. Sonst endete man ebenfalls als Blutfleck auf dem Boden.

    Der Präsident von Alcone hatte keinen Namen und kein Gesicht. Er war erbarmungslos, denn wenn man als sein Gefangener endete, konnte man sicher sein, dass man den nächsten Morgen nicht mehr erleben würde.

    Ich war schon seit unserem ersten Besuch in Alcone versessen darauf gewesen, zu erfahren, wer oder was der Präsident war. Doch hing ich zu sehr an meinem Leben, als dass ich es riskieren würde, einen Blick auf ihn zu erhaschen.

    Die Soldaten waren uns schon so nah, dass ich einzig meinen Arm hätte ausstrecken müssen, um eines der Beine des Tieres zu berühren. Stattdessen sah ich stur geradeaus und versuchte, so unschuldig wie möglich auszusehen.

    Ich war angespannt, obwohl ich theoretisch gesehen rein gar nichts falsch gemacht hatte. Gleichwohl war dies die Wirkung, welche die Männer des Präsidenten auf einen hatten. Aufgrund dessen setzte mein Herz einen Schlag aus, als die Soldaten das Tier neben uns zum Stehen brachten.

    »Miss? Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«

    Rowan neben mir versteifte sich, als ich mich mit meinem schönsten Lächeln an die Soldaten wandte.

    »Aber sicher doch. Wieso denn auch nicht?«

    Bei meinen Worten brach mir erneut der Schweiß aus, doch dieses Mal war nicht die Hitze der Grund dafür.

    »Ihr Bein«, erwiderte er und deutete auf meine aufgerissene Jeans, »Sie bluten.«

    »Ach, das«, ich lachte gespielt beschämt auf, wobei ich angestrengt versuchte, nicht in Ohnmacht zu fallen, »Wissen Sie, da passt man einmal nicht auf ...« Ich ließ den Satz unbeendet und hoffte darauf, dass keiner von beiden nachhaken würde.

    Einige nervenaufreibende Sekunden vergingen, in denen mich einer der Soldaten, der um einiges rundlicher war als der andere, misstrauisch musterte, während der zweite Rowan kurz in Augenschein nahm. Schließlich nickte der Größere der beiden mir freundlich zu und sagte: »Wohin sind Sie denn unterwegs?«

    Mit einem flehenden Blick zu Rowan wandte dieser sich an den Soldaten und sagte in seinem herzlichsten Tonfall: »Wir möchten ins Wohnviertel von Magon. Sie sind zwar auf dem Weg in die andere Richtung, doch es wäre sehr freundlich, wenn Sie uns mitnehmen könnten. Meine Schwester hat doch sichtlich Probleme beim Laufen.«

    Ungläubig sah ich meinen Bruder an. Ich konnte nicht fassen, was ich da hörte. Meinte Rowan wirklich, ich würde nur einen Meter weit mit diesem Tier fahren, Mitschuld an der Quälerei dieses Wesens tragen?

    »Das sollte kein Problem sein. Steigen Sie ein.« Der dicklichere Soldat hielt uns eine Trittleiter entgegen, welche Rowan dankend annahm. Er stellte sie neben dem Tier auf und kam dann zu mir zurück, um mir aufzuhelfen. Doch ich weigerte mich, auch nur einen Schritt in die Nähe dieser Soldaten zu machen. Weigerte mich, diesem Lebewesen zu schaden.

    »Ich werde nicht mitfahren«, flüsterte ich mit vor der Brust verschränkten Armen und dieses Mal war es an Rowan, mich mit Argwohn in den Augen anzublicken.

    »Asra, wir bekommen gerade eine Möglichkeit dich zurückzubringen, also hör auf, so stur zu sein«, flehte er mich an und ich sah, wie seine freundliche Fassade bröckelte. Doch war mir das reichlich egal. Sollte er allein mitfahren, ich würde es nicht tun.

    »Ich werde das Tier nicht leiden lassen, nur damit ich zurück in die Stadt komme«, beharrte ich und im nächsten Moment spürte ich Rowans Arme an meinem Rücken.

    »Wenn du nicht freiwillig mitkommen willst ...«

    Und schon mit meinem nächsten Atemzug lag ich über der Schulter meines Bruders. Wäre ich nicht so angeschlagen wegen meines Beines und der brütenden Hitze, hätte ich mich freigewunden. Doch so musste ich wohl oder übel mitansehen, wie Rowan mich gegen meinen Willen zur Chora schleppte.

    »Lass mich sofort runter!«, versuchte ich zu schreien, doch kam nur ein erschöpftes Ächzen aus meinem Mund. Und so legte er mich schlussendlich in die Kutsche, wo ich denn misstrauischen Blicken der Soldaten ausgeliefert war. Was die sich bei dieser Aktion dachten, wollte ich gar nicht wissen.

    »Entschuldigen Sie meine Schwester. Sie ist nicht sehr erfreut über die Art Ihrer Fortbewegung«, entschuldigte sich mein Bruder, bevor er sich neben mir niederließ. Das ließ einen der Soldaten in lautes Gelächter ausbrechen, während der andere das Tier in Richtung Stadt lenkte. Mir hingegen ließ die ganze Situation das Essen vom Vormittag wieder hochkommen.

    »Keine Sorge. Nicht viele Menschen akzeptieren diese Art der Reise.«

    Erschöpft und besiegt sank ich gegen das Fell des Tieres und blendete das Gespräch zwischen den Soldaten und meinem Bruder aus. Ich hatte nicht die Kraft, mich noch länger auf irgendetwas zu konzentrieren, denn der Schmerz, der durch meinen Körper fuhr, nahm mir die letzte Energie, die ich noch hatte. Ich fühlte mich unendlich müde und bevor ich mich versah, schlossen sich meine Augen wie von allein und ich sank hinab in eine Welt voller Dunkelheit.

    ***

    Die Sonne war schon seit geraumer Zeit vom Himmel verschwunden, als ich meine Augen langsam wieder öffnete. Der Schmerz in meinem Bein hatte noch immer nicht nachgelassen, doch klang er nicht mehr in meinem ganzen Körper nach. Meine Sicht hatte sich wieder etwas geklärt, auch wenn ich mich noch immer furchtbar müde fühlte.

    »Du bist wach.« Rowan hatte sich neben mir niedergelassen und sah mir mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn entgegen. »Wie geht es dir?«

    »Nicht gut«, brachte ich heraus, woraufhin er mir eine Flasche Wasser hinhielt, welche ich dankend annahm. Mit dem ersten Schluck merkte ich, wie trocken mein Hals war und wie wohltuend die Kühle des Wassers sich in meinem Mund anfühlte. Denn auch wenn die Temperaturen durch das Einbrechen des Abends gesunken waren, so blieb es doch erdrückend schwül.

    »Wir sind gleich da. Halt noch ein wenig durch«, sagte mein Bruder und mein Blick glitt nach vorne, wo bereits die Kuppel von Magon aufleuchtete.

    Magon war die Hauptstadt von Alcone. Hier befand sich auch der Sitz des Präsidenten und seiner Soldaten. Umgeben war die Stadt von einer gigantischen Kuppel, welche die Bewohner vor der brühenden Hitze der Welt schützte. So konnten diese, anders als die Menschen, welche außerhalb der Stadt wohnten, auch tagsüber aus ihren Häusern gehen. Der Nachteil daran war, dass sich die Bewohner Magons nicht an die hohen Temperaturen der restlichen Welt angepasst hatten und es ihnen somit meist unmöglich war, die Kuppel zu verlassen. Die Menschen, die außerhalb der Schutzvorrichtung lebten, wohnten zumeist in kleineren Dörfern in der Nähe von Oasen oder den beiden größten Flüssen der Welt – dem Teufelsgraben und dem Garem.

    An der Grenze zur Stadt hielten wir an, konnten aber direkt weiterfahren, als die Wachposten erkannten, wer da auf die Kuppel

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1