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Die Tochter der Eriny
Die Tochter der Eriny
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eBook318 Seiten4 Stunden

Die Tochter der Eriny

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Über dieses E-Book

Sarah Aubin ist nun endgültig auf sich alleine gestellt. Nachdem sie wieder einmal den Jaspastein benutzt hat, gerät sie jenseits von Menea Area an einen uralten Ort voller Geheimnisse. Eine abenteuerliche Flucht durch Tirnangart, der kargen Hochebene des Nordens, beginnt. Dann scheint sich auch noch die ganze Welt gegen sie verschworen zu haben und auch ihre Gefühle für Wrehs zer an Dagda bringen ihr nur Leid. In der Hoffnungslosigkeit jedoch erhält sie Hilfe von unerwarteter Seite. Kann sie ihr Schicksal noch beeinflussen und bekommt sie am Ende das, was sie sich am meisten wünscht oder wartet dort nur noch der Tod auf sie?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. Feb. 2017
ISBN9783742798145
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    Buchvorschau

    Die Tochter der Eriny - Lara Elaina Whitman

    Zum Buch

    LARA ELAINA WHITMAN

    DIE

    TOCHTER

    DER

    ERINY

    Grafik 9

    eBook

    Fantasy Romance

    Umfang: 412.000 Zeichen

    Trilogie

    Band I: Das Zeichen der Eriny

    Band II: Die Prophezeiung der Eriny

    Band III: Die Tochter der Eriny

    Sarah Aubin ist nun endgültig auf sich alleine gestellt. Nachdem sie wieder einmal den Jaspastein benutzt hat, gerät sie jenseits von Menea Area an einen uralten Ort voller Geheimnisse. Eine abenteuerliche Flucht durch Tirnangart, der kargen Hochebene des Nordens, beginnt. Dann scheint sich auch noch die ganze Welt gegen sie verschworen zu haben und auch ihre Gefühle für Wrehs zer an Dagda bringen ihr nur Leid. In der Hoffnungslosigkeit jedoch erhält sie Hilfe von unerwarteter Seite.

    Kann sie ihr Schicksal noch beeinflussen und bekommt sie am Ende das, was sie sich am meisten wünscht oder wartet dort nur noch der Tod auf sie?

    Karte von Aremar

    Grafik 2

    Prolog

    Verfolgt von den Schatten.

    Geblendet von Zweifel und Angst.

    Verraten von den Deinen.

    Geliebt von dem Einen.

    Höre, Tochter der Schwäne, höre.

    Auf den Ruf deines Herzens.

    Anmar´aganai

    Barde des Hochkönigs von Aremar

    1. Dynastie

    Im Hohen Norden

    Die Worte folgten mir in die Dunkelheit. Sie umwehten mich wie Geister, kamen näher und entfernten sich, schrien und kreischten. Der kalte Wind sang flüsternd in meinen Ohren, »weine Tochter der Schwäne, weine«.

    Wasser schlug über mir zusammen, eiskalt und dunkel wie die Nacht. Ich versank in den Fluten, die Augen weit aufgerissen vom Schock der Kälte und konnte doch nichts sehen. Immer tiefer sank ich hinab, der Druck in meinen Ohren nahm schmerzhaft zu. Ich wollte atmen, doch dann würde ich ertrinken. Meine Lunge schrie nach Luft. Verzweifelt strampelte ich, um wieder nach oben zu kommen, wo immer auch oben war. Langsam ermatteten meine Bewegungen. Eben war ich doch noch im Felsnadelgebirge gewesen, gebissen von einer Schlange, vergiftet, und Wrehs war aus der Dunkelheit herausgetreten. Oder war es der Schwarze Krieger? Ich konnte die Halluzination von der Realität nicht unterscheiden, war gefangen in tiefer Finsternis die mich erdrücken wollte. Ich war nicht wirklich hier, redete ich mir ein. Mühsam zwang ich mich den Mund geschlossen zu halten und legte den Kopf in den Nacken. Weit oben sah ich Licht schimmern. Dort musste die Oberfläche sein. Aber warum nahm ich das Wasser so intensiv und real wahr, wenn es doch nur Einbildung war? Ich strampelte mit den Beinen. Das Wasser war so eisig. Es lähmte meine Glieder. Schlagartig wurde mir klar, dass das hier keineswegs ein Produkt meiner Fantasie war. Und dann fiel mir wieder alles ein. Thomy, Wrehs und all die anderen. Ihre bestürzten Gesichter, als ich den Jaspastein benutzte. Es war das Letzte, was ich gesehen hatte, bevor der Stein mich hierhergebracht hatte, in diese kalten Fluten, in denen ich mein eisiges, nasses Grab finden würde und es war meine eigene Schuld. All das Gift der Rotviper war mit einem Schlag aus meinen Adern verschwunden und mein Verstand begann wieder zu arbeiten. Ich konnte wieder klar denken. Ich befand mich in einem eisigen Ozean und wurde von den Wellen hin- und hergeworfen, die bis zu mir in die Tiefe herunterreichten und das Wasser um mich herum aufwühlten. Ich hatte kaum noch Luft in meinen Lungen. Hier würde ich also sterben. Panisch drehte ich mich um mich selbst. Der Jaspastein, er war meine Rettung. Mit Entsetzen fiel mir ein, dass ich die Hand geöffnet hatte, nachdem ich in die schaumigen Fluten gefallen war. Hatte ich den Stein etwa schon wieder verloren? War er versunken in den Tiefen dieses Ozeans und gab es jetzt für mich kein Entkommen mehr? Wo war er? Mein Körper schrie verzweifelt nach Luft. Ich musste atmen, ob ich wollte oder nicht. Ein letztes Aufbäumen zeigte mir wie nutzlos das alles war. Ohne den Stein hatte ich keine Chance. Die Oberfläche war zu weit weg. Ich würde sie niemals erreichen. Mein Lebensfunke erlosch langsam und dann trieb ich ohne Gegenwehr in der Dunkelheit des Ozeans davon. Ich fühlte die Sinnlosigkeit durch mich hindurchfluten, wie das Wasser, das durch meinen geöffneten Mund hereindrang. Salziges Nass füllte meine Lungen. Etwas legte sich um meinen Kopf wie ein feiner Schleier. Das Wasser wich. Hustend spuckte ich das Salzwasser aus und sog dann gierig die Luft ein, die mich plötzlich umgab.

    Als ich wieder halbwegs zu Atem gekommen war und die roten Nebel vor meinen Augen verschwunden waren, sah ich mich verblüfft um. Ich trieb in einer großen Blase, die mich gegen das Wasser abschirmte. Jenseits dieses Behältnisses aus Luft wirbelten Gestalten um mich herum, groß und beängstigend. Sie schwammen sehr schnell. Ab und zu drückte sich ein bleiches Gesicht an die Luftblase und betrachtete mich mit intensivem Blick aus eisblauen Augen. Schöne Gesichter, doch als sie lächelten zeigten sie ihre Zähne. Ich erschrak zutiefst. Dies waren keine Menschen. Sie hatten spitze, scharfe Zähne wie der Tektek-Dämon. Angstvoll drehte ich mich in meiner Lebenssphäre im Kreis auf der Suche nach einem Fluchtweg. Ich wollte von diesen gefährlich aussehenden Gestalten fort. Wo war ich hier eigentlich?

    Stimmen begannen in meinem Kopf zu flüstern. Sie sagten seltsame Dinge.

    »Lasst uns mit diesem merkwürdigen Wesen spielen? … Warum spielen? … Wir können es gleich hier an Ort und Stelle verspeisen. Es sieht köstlich aus.« Die Stimme, die diesen schrecklichen Vorschlag gemacht hatte, war hell und kindlich.

    Panisch schrie ich auf und versuchte zu fliehen, aber die Wesen ließen es nicht zu. Sie stupsten die Blase immer wieder an, so dass ich nicht fortkonnte, immer tiefer hinabtrieb. Wo war nur mein Jaspastein? Benommen hielt ich inne und blickte auf meine rechte Hand. Sie war zusammengeballt, die Finger fest verschlossen. Da war er ja! Ich hatte ihn die ganze Zeit gehabt. Das musste der Sauerstoffmangel sein, der mir das Denken schwermachte. Erleichtert nahm ich ihn in meine linke Hand, doch nichts geschah. Es funktionierte nicht! Verzweifelt und voller Angst hob ich den Kopf und sah direkt in das Gesicht eines dieser Wesen. Es sah männlich und sehr attraktiv aus, menschenähnlich. Allerdings war das auch so ziemlich alles was mit einem Menschen Ähnlichkeit hatte. Seine langen Haare hatten die Farbe von dunkelgrünem Tang und seine Haut am Körper war bedeckt mit Schuppen, wie bei Fischen. Es hatte anstelle von Beinen einen Fischschwanz.

    »Meermenschen!«, sagte ich überrascht. Schon wieder Fabelwesen, die es doch eigentlich gar nicht geben sollte.

    Der Meermenschenmann zuckte zurück. »Es spricht! Es weiß was ich bin!«, sagte er überrascht in meinem Kopf.

    Alle anderen kamen nun auch näher und begutachteten mich interessiert. Es waren auch Frauen darunter. Sie hatten lange rötlich schimmernde Tanghaare, die hinter ihnen in der Strömung trieben und wunderschöne Gesichter, solange sie nicht lachten. Ihre Stimmen waren melodisch, aber mir war klar, dass ich sie nur in meinem Kopf hören konnte, so wie Gedankenlesen.

    »Sie ist ein Kind des Landes!« Die Meerfrau, die das gesagt hatte klang freundlicher als die andere, die mich essen wollte.

    »Na und! Sie hat sich in unser Reich gewagt und hat hier nichts zu suchen. Wir dulden keine Landmenschen hier. Lasst sie uns jagen und erlegen, so wie wir es mit Beute tun. Ich bin hungrig«, sprach wieder die Meerfrau von vorhin. Sie war noch ein Mädchen, kaum älter als ich und sie fixierte mich mit gierigem Blick.

    Meine Furcht wich Zorn. »Ich bin kein Tier, das du einfach erlegen kannst. Das ist kannibalisch.« Andere Menschenwesen zu essen war ekelhaft. Hoffentlich sahen die das auch so.

    »Euresgleichen hat uns gejagt. Euresgleichen hat uns vertrieben. Warum sollte ich dich als Meinesgleichen betrachten?«, sang das Meermädchen und versuchte die Blase mit einem langen Stab anzustechen. Ein paar Wassertropfen drangen durch die Membran hindurch. Ich betrachtete sie entsetzt.

    »Halt!«, sagte eine Stimme befehlend, die zu einer großen Meerfrau gehörte, die jetzt an meine Luftblase heranschwamm und mich von oben bis unten anschaute. Sie war wirklich furchteinflößend, aber auch majestätisch.

    Vorsichtshalber deutete ich eine Verneigung an. Man konnte ja nie wissen.

    Sie lächelte erfreut. »Kind der Landmenschen. Du hast gute Manieren. Ich bin die Königin dieses Volkes. Was machst du hier?«, fragte sie mit wohlklingender Stimme in meinem Kopf.

    Statt einer Antwort zeigte ich ihr den Jaspastein, den ich immer noch in der Hand hielt. Dabei sah sie mein Zeichen. Mechanisch schob ich den Stein in meine Hosentasche.

    »Königin, du glaubst ihr doch nicht etwa?« mischte sich die kleine Meerfrau ein, die mich unbedingt verzehren wollte.

    »Still! Geh! Es ist nicht ihr Schicksal hier zu sterben«, wies die Meermenschenkönigin sie scharf zurecht. Das Meermädchen duckte sich und verschwand ohne Widerworte in den Tiefen des Ozeans.

    Ich war mir sicher, dass ich in ihr bestimmt keine Freundin gefunden hatte. Vermutlich sollte ich ab jetzt nie mehr auf Aremar im Meer baden gehen. Es könnte mich mein Leben kosten.

    Die Königin der Meermenschen winkte und der Meermann, der mich vorhin so eingehend betrachtet hatte kam sofort an ihre Seite. »Meine Königin?«

    »Bring die verlorene Tochter an Land. Du bürgst mir für sie mit deinem Leben, sollte sie jemals wieder unsere Welt betreten und ihr etwas geschehen«, befahl sie ihm.

    Der Meermann verbeugte sich noch einmal. Ich konnte seinem Gesicht ansehen, dass ihm diese Aufgabe nicht behagte. Das verstand ich nur zu gut. Wie sollte er das auch machen. Aremar bestand ja fast nur aus Ozeanen. Wie sollte er das denn überwachen? Ich hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken oder auch der Meermenschenkönigin zu danken, denn der Meermann stieß mit einem langen Stock durch die Luftblase. Ohne Vorwarnung schoss das Wasser um mich zusammen, eiskalt. Der Schock raubte mir fast das Bewusstsein und ich merkte kaum noch, dass sich ein starker Arm um meine Taille schlang und mich zur Oberfläche emporzog.

    Nur noch ganz leise hörte ich die Königin sagen, »Höre mein Volk! Diese Tochter des Landes ist für euch tabu. Sollte sie jemals Hilfe brauchen so gewährt sie ihr und verbreitet die Nachricht in allen Ozeanen dieser Welt.«

    »Wow«, dachte ich benommen, »ob die sich wohl daranhalten werden?«.

    »Das werden sie!«, kam prompt die Antwort von dem Meermann, der mich eng umschlungen durch das Wasser beförderte. »Und du wirst Schutz in mir finden, so oft du ihn benötigst.«

    Huch, das mit dem Gedankenlesen war aber wirklich unpraktisch. Hoffentlich dachte ich jetzt keinen Blödsinn mehr. Vor allem war der Arm, der mich umschlang, sehr stark und weckte ein leises Kribbeln in mir das ich nicht verstand. Der Meermann lächelte mich erfreut an und ich bemühte mich, dabei nicht zu erschrecken und nichts mehr zu denken.

    Die nächsten Minuten kamen mir wie eine Ewigkeit vor. Wir sprangen wie die Delphine und schwammen mit einem atemberaubenden Tempo durch das Meer. Wenn es nicht so kalt wäre, dann wäre das sicher ein tolles Erlebnis gewesen, aber so konnte ich zwischen luftholen und abtauchen nur mit den Zähnen klappern. Wenn ich nicht bald aus diesem eisigen Wasser herauskam, würde ich an Unterkühlung sterben. Ich war so erschöpft, dass ich nur noch in den starken Armen des Meermannes hing. Und dann verlor ich erneut mein Bewusstsein.

    Irgendetwas schlug gegen meinen Kopf. Eine Welle überrollte mein Gesicht, spülte Wasser in meinen Mund. Ich spuckte und hustete, doch ich fühlte etwas unter meinem Rücken. Steine! Land! Die nächste Welle überspülte mich erneut und setzte mich unsanft auf dem Kiesstrand ab. Ich kroch fort vom Wasser, höher hinauf und blieb erst einmal erschöpft liegen. Irgendetwas roch bestialisch, es brachte mich zum erbrechen. Ein Schwall Meerwasser ergoss sich aus meinem Mund. Ich konnte nicht mehr aufhören mich zu übergeben, aber irgendwann war alles von dem salzigen Nass draußen und mein Magen fühlte sich besser an. Mühsam setzte ich mich auf und sah mich um. Was stank hier nur so entsetzlich nach altem Fisch und Toilette? Um mich herum wälzten sich träge braune Leiber auf dem Kiesstrand, kratzten sich mit ihren Flossenfüßen hinter den Ohren und sahen mich aus schwarzen Knopfaugen neugierig an. Seehunde? Ein wenig seltsame zwar, denn sie trugen mitten auf der langen Schnauze ein einzelnes Horn, in etwa so wie bei irdischen Nashörnern. Außerdem hatten sie einen schuppigen Rücken, doch es waren eindeutig Seehunde. Ziemlich neugierige Seehunde, denn sie robbten langsam näher an mich heran, beäugten mich von oben bis unten und bellten heiser.

    Immer noch konnte ich es nicht fassen. Ich saß tatsächlich am Ufer eines graugrünen Ozeans, umgeben von Seehunden. Wellen brachen sich in immer gleichem Rhythmus am Strand, schäumend und gischtend. Ich überlegte ob die Tiere gefährlich waren, da sie immer näher heranrückten. Vielleicht war es doch besser ich brachte ein bisschen Abstand zwischen uns. Vorsichtig versuchte ich aufzustehen, aber meine Beine trugen mich nicht. So kroch ich auf allen Vieren den Hang hinauf, fort von der Seehundkolonie. Oben blieb ich schwer atmend liegen. Mir taten schon wieder sämtliche Knochen im Leib weh, aber wenigstens war mein Kopf klar. Mir dröhnte zwar der Schädel und ich fror in dem kalten Wind erbärmlich, aber ich war froh, dass ich es überlebt hatte. Ich warf einen prüfenden Blick hinaus auf den Ozean. Von den Meermenschen war nichts mehr zu sehen. Das erleichterte mich. Sie waren mir doch ein wenig zu unheimlich und ich nahm mir vor das Meer zu meiden. Das würde mir bei der Kälte des Wassers sowieso nicht schwerfallen.

    Was sollte ich nun tun? Hier konnte ich nicht bleiben. Ich hatte Durst und Hunger. Wenigstens fror ich nicht mehr so sehr, da mein Pullover erstaunlicherweise schon getrocknet war. Die warme Wolle hielt sogar ein wenig den schneidend kalten Wind ab. Und das Rotvipernmieder und die Meerdrachenhose waren sowieso nicht nass gewesen. Das Material nahm kein Wasser auf, was ziemlich praktisch war. Es musste auch nicht gewaschen werden. Nur meine Haare waren noch feucht. Hoffentlich würde ich mich nicht erkälten. Eigentlich müsste ich völlig unterkühlt sein, aber es ging mir erstaunlich gut, was auch mein Zeichen bewies. Es leuchtete normal. Die Linien waren strahlend weiß, obwohl ich mich ziemlich ausgelaugt fühlte. Tunnelreisen war einfach anstrengend. Wo war der Jaspastein, fiel mir entsetzt ein. Ich durchwühlte die Taschen meiner Hose. Ich war mir sicher, dass ich ihn, nachdem ich ihn der Meermenschenkönigin gezeigt hatte, wieder eingesteckt hatte, doch da war er nicht mehr. Ich musste ihn bei der wilden Reise durch den Ozean verloren haben, überlegte ich bestürzt. Oder aber vielleicht an Land? Zögernd warf ich einen Blick zur Seehundkolonie hinunter. Konnte ich es wagen, zurück zu krabbeln? Die Steine waren selten und sehr wertvoll. Es wäre dann der dritte, der mir abhandenkam. Wer weiß, vielleicht würden mir die Schicksalsfeen keinen mehr geben, wenn ich nicht besser darauf aufpasste und jetzt danach suchte.

    Mühevoll stemmte ich mich hoch. Dieses Mal gelang es mir sogar. Der Wind pfiff durch meine feuchten Haare. Ich zog fröstelnd die Schultern hoch. Sobald ich den Jaspastein gefunden hatte musste ich dringend etwas zu essen und eine Unterkunft für die Nacht auftreiben. Lange würde es nicht mehr dauern bis es dunkel wurde. In diesem Zustand konnte ich ihn nicht benutzen, denn ich war zu schwach dafür, soviel war mir klar. Torkelnd stolperte ich den Abhang wieder hinunter. Die Seehunde wichen unruhig vor mir zurück.

    Ich hatte das Gefühl eine Ewigkeit gesucht zu haben, fast hätte ich aufgegeben, als ich ihn endlich fand. Erleichtert schob ich den Stein in das schmale Fach meines Mieders, das ich gut verschloss. Die Elben hatten wohl an alles gedacht. Das war praktisch. Dann stieg ich den mit spärlichen Gräsern bewachsenen Hügel wieder hinauf.

    Es gab nicht viel zu sehen. Die Bucht dehnte sich kilometerweit nach Süden aus und schwang in einem weiten Bogen hinaus auf den Ozean. In der Ferne stieg das Land abrupt an. Eine felsige zergliederte Küste reichte bis an das Meer heran. Es erinnerte mich an die Mündungen von Fjorden, wie in Norwegen. Hier war für mich kein Weiterkommen. Ich drehte mich um und blickte in die andere Richtung.

    Nach Norden hin verlor sich der Strand im diesigen Nebel. Die Hügel waren flacher und schienen in eine steppenartige Einöde überzugehen. Von Menschen war nichts zu sehen, obwohl ich bezweifelte, dass ich hier überhaupt Menschen finden würde. Was hatte mir Thomys Vater, Brioc na Andranor, gesagt? Der Norden jenseits der Blauen Berge Menea Area wurde hauptsächlich von Dunkelelben bewohnt. Besorgt betrachtete ich die Sonne, die gerade im Begriff war unterzugehen. Weit im Westen schrammte sie am Horizont entlang, aber sie verschwand nicht ganz, sondern wanderte stattdessen als weiß-gelblicher Ball an der Horizontlinie entlang. Die fahle Sonne tauchte das Meer in bleigraues Licht. In Nordschweden, jenseits des Polarkreises, ging im Sommer die Sonne auch nicht unter. Da war es sogar um Mitternacht noch hell genug, dass man ein Buch lesen konnte. Mir schien, das war hier genauso. Ich zog die Karte, die mir Brioc na Andranor gezeichnet hatte, aus der Gesäßtasche meiner Meerdrachenhose und faltete sie auseinander. Sie war erstaunlicherweise trocken geblieben. Nichts war verschmiert. Nachdem ich mir die Zeichnung genau angesehen hatte, war ich mir sicher. Ich war im Hohen Norden aus dem Tunnel gekommen, jenseits des Polarkreises. Die Sonne stand tief im Westen und da Aremar hier in der gleichen Richtung um die Sonne kreiste, wie die Erde dies auch tat, war der Ozean, der dieses eisigkalte Land begrenzte, der Oceanus Notis. Ich war also in Terunwar an der Westküste des Kontinents, irgendwo zwischen den Todesbergen und den Menea Area. Da war ich mir absolut sicher, auch wenn ich keinen Kompass und keinen Sextanten hatte. Meine Segelausbildung half mir dabei mich zurecht zu finden. Auf dem Meer musste man schließlich auch wissen wo man sich befand, wenn sämtliche Instrumente ausgefallen waren. Darauf hatte mein Vater Wert gelegt und mir schon mit acht Jahren beigebracht mich anhand von Sonne und Sternbildern oder mit Sextant und Kompass zu orientieren. Die Sterne waren leider nur ganz schwach zu erkennen, denn es war zu hell dafür. Ich bezweifelte ohnehin, dass es hier die gleichen Sternbilder wie auf der Erde gab. Wenigstens konnte ich die Sonne deutlich sehen. Sie stand eindeutig im Westen. In jedem Fall war ich weit weg von Schloss Dagda, viele tausend Kilometer. Wenigstens gab es keine Eisfelder, so wie in den Eislanden. Nicht auszudenken, wenn ich dort aus dem Tunnel herausgekommen wäre. Da wäre ich ganz bestimmt erfroren oder von Eisbären gefressen worden, wenn es denn dort überhaupt welche gab. Vermutlich waren es noch bedrohlichere Ausgaben als die irdischen Eisbären, so wie alles auf dieser Welt. Ich warf einen raschen Blick in den Himmel, doch nichts flog herum das groß genug war mich fressen zu können. Trotzdem war es bestimmt besser, wenn ich nicht so gut sichtbar auf einem Hügel herumstand. Aber wo sollte ich hingehen? Hier war weit und breit nichts und niemand. Auf Briocs Karte waren keine Städte eingezeichnet. Es gab nur zwei Orte an dieser Küste. Drun und Caldor und beide waren Festungen von Dunkelelben. Dort war ich bestimmt nicht willkommen. Ich war ja schließlich ein Mensch. Mutlos ließ ich den Kopf hängen. Meine Lage war ziemlich aussichtslos. Vielleicht sollte ich einfach wieder den Jaspastein benutzen, aber ich traute mich nicht mehr. Immerhin war es möglich, dass ich dann noch weiter in den Norden hinaufbefördert wurde. Ich konnte das nicht steuern, wo ich landete. Es war zu gefährlich. Außerdem war ich zu hungrig dafür. Ich hatte bestimmt nicht genug Energie mich erneut den Ungeheuern in dem Tunnel zu stellen. Es gruselte mich ein wenig bei dem Gedanken an die Schreie von Diwehza Brion und ihrem Begleiter. Nein, das wollte ich nicht tun. Aber ich brauchte dringend etwas zu trinken und zu essen. Nachts würde es bestimmt noch kälter werden und wer weiß, welch schreckliche Wesen sich hier auf der Suche nach Nahrung herumtrieben. Der Süden, wo ich eigentlich lieber hingehen würde, blieb mir versperrt. Also musste ich nach Norden gehen um Nahrung zu finden oder jemanden, der mir half. Angestrengt starrte ich in die Richtung. Meine Augen suchten verzweifelt den Horizont ab und nach einer Weile glaubte ich tatsächlich etwas zu erkennen. Da glitzerte doch etwas? Ich kniff die Augen zusammen. Wenn es keine Fata Morgana war, dann war dort ein Fluss. Ich hoffte, dass ich mich nicht irrte und das eisblau glänzende Band, das dort drüben durch die matschig braune Einöde mäanderte, tatsächlich ein Fluss war. Vielleicht konnte ich das Wasser trinken und so wenigstens meinen Durst stillen. Ich leckte mir über die spröden, aufgesprungenen Lippen. Das Salzwasser hatte sie völlig ausgedörrt und der Wind tat sein Übriges. Mit steifen Gliedern machte ich mich auf den Weg. Wenn ich nicht hier sterben wollte, dann hatte ich keine Wahl, ich musste mir selbst helfen. Vielleicht konnte ich Fische fangen, so wie Brioc, und sie dann roh essen, denn ich hatte nichts um ein Feuer anzuzünden. Ein schrecklicher Gedanke, zumal ich sie ja auch noch töten musste. Niedergeschlagen stolperte ich den Hügel hinunter und der Wind sang leise sein schmerzvolles Lied in meinen Ohren.

    Hexenspionin

    Die Sonne sank tiefer und tauchte die Landschaft in graues Zwielicht. Es blieb so hell, dass ich gerade noch genug um mich herum erkennen konnte. Tiere huschten durch das Dickicht, hielten aber Abstand zu mir. Ein oder zweimal glaubte ich so etwas wie ein Kiohtuan zu sehen, aber ich konnte mich auch getäuscht haben. Ohnehin war ich zu müde um noch über die Gefahren nachzudenken, die es hier zweifellos gab. Zwischenzeitlich lief ich wie ein Automat. Einen Schritt nach dem anderen zwang ich meinen Körper vorwärts zu gehen. Der Schlamm, durch den ich waten musste, war stellenweise knöcheltief. Ab und zu gab es tiefe Senken in dem Gelände und ich hatte Angst hineinzufallen, da das Zwielicht die Konturen verschwimmen ließ und Kanten seltsam abflachte. Ich war so müde, aber ich wusste, dass ich nicht stehen bleiben durfte. Ich würde nicht mehr aufstehen und hier, ungeschützt wie ich war, sterben. Nur noch mein Wille trieb mich voran und ich wartete darauf, dass ich endgültig zusammenbrechen würde. Von dem Fluss war nichts mehr zu sehen, zu dem ich ursprünglich wollte. Ich kam nur an ein paar Tümpeln vorbei, deren sumpfiges Ufer mich davon abhielt daraus zu trinken. Vermutlich wäre es auch nicht gesund gewesen. Aus einigen schauten mich dazu noch große geschlitzte Augen an, die knapp über der Oberfläche dahintrieben, so als ob sie zu keinem Lebewesen gehörten. Ich war mir aber sicher, dass sich der dazugehörige Kopf knapp unter der Wasserlinie befand. Wer weiß, was da lauerte.

    Dann setzte auch noch der Regen ein. Donner rollte leise in der Ferne und Blitze zuckten über den sich immer mehr verdunkelnden Himmel. Ich war in wenigen Minuten klitschnass, aber ich öffnete den Mund und trank durstig das saubere Wasser. Wenigstens hatte ich jetzt ausreichend zu trinken, denn der Regen wollte auch die nächsten Stunden nicht mehr aufhören vom Himmel zu fallen. Der rauschende Vorhang wurde immer dichter und irgendwann wusste ich endgültig nicht mehr, in welche Richtung ich lief. Der Untergrund verwandelte sich zunehmend in ein quietschendes Polster, in das ich bei jedem Schritt einsank. Ich war gerade dabei einen kleinen Hügel hinunterzuklettern, als ich über eine niedrige Mauer aus groben, übereinandergeschichteten Feldsteinen stolperte. Die Mauer glich denen, die ich in Schottland überall auf den Wiesen gesehen hatte. Fast hätte ich

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