Affäre J. und kein Ende: Dr. Norden Extra 196 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Ich fühle mich gut.« Die ehemalige Haushälterin der Familie Norden lächelte den Klinikchef mit dem ganzen Charme ihrer siebzig Jahre an. Seit Lenni die Leitung des Klinikkiosks abgegeben hatte, bekam Daniel sie nur noch selten zu Gesicht. Umso auffallender war ihre Veränderung. »Das sind Ihre Beschwerden?« Daniel musterte Lenni sichtlich verwirrt. Sie hatte etwas Nostalgisches an sich. Wie eine per Hand kolorierte Schwarzweißfotografie. Und war da etwa ein Hauch von Rosé auf ihren faltigen Lippen? So viel Weiblichkeit hatte er der bis dato immer sehr sachlichen Dame nicht zugetraut. »Und Ihre Symptome?« Lennis Lebensgefährte Oskar stand in der Ecke und tappte mit der Fußspitze auf den Boden. »Ich habe ihr gesagt, dass das Zeitverschwendung ist.« Sein Gesicht machte einer Bulldogge alle Ehre. Dr. Norden sah nur kurz hinüber, um sich gleich wieder auf seine Patientin auf der Behandlungsliege zu konzentrieren. Nickte ihr aufmunternd zu. Lenni lächelte wie ein junges Mädchen zurück. »Wissen Sie, ich nehme die Welt plötzlich ganz anders wahr. Auf einmal ist alles so bunt und fröhlich.
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Buchvorschau
Affäre J. und kein Ende - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Extra
– 196 –
Affäre J. und kein Ende
Patricia Vandenberg
»Ich fühle mich gut.« Die ehemalige Haushälterin der Familie Norden lächelte den Klinikchef mit dem ganzen Charme ihrer siebzig Jahre an.
Seit Lenni die Leitung des Klinikkiosks abgegeben hatte, bekam Daniel sie nur noch selten zu Gesicht. Umso auffallender war ihre Veränderung.
»Das sind Ihre Beschwerden?« Daniel musterte Lenni sichtlich verwirrt. Sie hatte etwas Nostalgisches an sich. Wie eine per Hand kolorierte Schwarzweißfotografie. Und war da etwa ein Hauch von Rosé auf ihren faltigen Lippen? So viel Weiblichkeit hatte er der bis dato immer sehr sachlichen Dame nicht zugetraut. »Und Ihre Symptome?«
Lennis Lebensgefährte Oskar stand in der Ecke und tappte mit der Fußspitze auf den Boden.
»Ich habe ihr gesagt, dass das Zeitverschwendung ist.« Sein Gesicht machte einer Bulldogge alle Ehre.
Dr. Norden sah nur kurz hinüber, um sich gleich wieder auf seine Patientin auf der Behandlungsliege zu konzentrieren. Nickte ihr aufmunternd zu.
Lenni lächelte wie ein junges Mädchen zurück.
»Wissen Sie, ich nehme die Welt plötzlich ganz anders wahr. Auf einmal ist alles so bunt und fröhlich. Sie wissen ja: Ich hatte nie etwas übrig für das Fotografieren. Aber jetzt kann ich nicht genug davon bekommen. Ich muss alles festhalten, was ich sehe. Besonders hübsche junge Menschen.«
»Stell dir vor: Lenni hat sich sogar für einen Kursus angemeldet«, warf Oskar ein. »Dabei würde ich viel lieber mit ihr zum Tanztee gehen.«
»Tanztee!« Aus Lennis Mund klang das wie ein Schimpfwort. »Die alten Schachteln und Mummelgreise, die da herumhumpeln! Alt bin ich selbst. Ich will Frischfleisch sehen. Knackige Pobacken. Hübsche, glatte Gesichter. Muskulöse Arme.« Ihre Augen leuchteten wie zwei Sterne.
Allmählich verstand Daniel, warum Lenni und Oskar zu ihm gekommen waren. Besonders Oskar konnte einem leidtun.
»Seit wann haben Sie diese Symptome?«
»Vor ungefähr vor drei Wochen fing es an. Oskar hatte eine DVD aus der Bücherei geliehen«, berichtete Lenni. »›Casablanca‹ mit dem jungen Humphrey Bogart. Aber es war ein falscher Film in der Hülle.«
»Du hättest sie sehen müssen. Sie hat den jungen Schauspieler, diesen Chris Dila … Dela … ach, was weiß ich denn … fast mit den Augen aufgefressen«, schimpfte Oskar aus seiner Ecke.
»Chris de la Costa Barranca, mein Lieber«, berichtigte Lenni ihren Lebensgefährten mit Oberlehrerinnen-Stimme. »Und sag’ bloß, du bist eifersüchtig auf einen Schauspieler?«
»Das wäre ja noch schöner.« Oskars Lachen klang gequält. »Aber es ist nicht gerade schmeichelhaft, dass du mich ständig mit diesem Kerlchen vergleichst. Der ist ja gerade erst der Pubertät entwachsen, während ich ein gestandener Mann im besten Alter bin.«
Lenni rollte mit den Augen.
»Ein typischer Fall von Selbstüberschätzung.«
Dr. Norden konnte Oskar verstehen. Er suchte noch nach einer Antwort, als er Lennis Blick bemerkte. Sie sah ihn an mit einem Lächeln, das ihn beunruhigte. So hatte Lenni ihn nie angelächelt.
»Wenn ich Sie genau ansehe, dann haben Sie sogar ein bisschen Ähnlichkeit mit ihm«, seufzte sie verzückt.
Daniel sah hinüber zu Oskar. Der zuckte mit den Schultern.
»Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wer dieser Chris Dela … Dela … ist«.
»De la Costa Barranca!«
»Gut, de la Costa Barranca dann eben, ist. Aber das spielt im Augenblick keine Rolle.«
»Wie meinen Sie das?« Lenni legte den Kopf schief.
Daniel Norden griff nach den Händen seiner ehemaligen Haushälterin. Diesmal wich er ihrem Blick nicht aus. Ganz im Gegenteil nahm er sie ins Visier.
»Es war eine sehr kluge Entscheidung, in die Klinik zu kommen. Ihre Persönlichkeit ändert sich. Wir müssen den Grund dafür herausfinden.«
Lenni schluckte. Mit einem Schlag verschwand das ganze Entzücken aus ihrem Gesicht.
»Glauben Sie, es ist schlimm?« Ihre Stimme war heiser.
»Das kann ich noch nicht sagen.« Es war dem Klinikchef anzusehen, wie schwer sein Herz war. »Sind Sie damit einverstanden, dass ich Schwester Elena rufe, damit sie die Aufnahmeformalitäten mit Ihnen erledigt?«
»Natürlich, Chris!«, murmelte Lenni und rutschte von der Liege herunter direkt in die Arme ihres ehemaligen Chefs.
*
Er hatte es verdorben. Wieder einmal. Mit gesenktem Kopf stand Dr. Matthias Weigand an Leas Kinderbett. Er betrachtete die Tochter seiner Freundin, ohne ihr Lächeln zu sehen. Ohne ihr Gurgeln und Brabbeln zu hören. Das einzige, was er sah, waren Jakob und Sophie, wie sie sich auf dem Klinikflur gegenüberstanden. Viel näher, als es sich für Kollegen geziemt hätte. Und wieder einmal war ihm die Sicherung durchgebrannt. Hatte er Sophie in die Flucht geschlagen. Seitdem redete sie kein Wort mehr mit ihm. Matthias konnte es ihr noch nicht einmal übelnehmen. Von der gemeinsamen Freundin Elena wusste er, dass Sophie ihn bitten wollte, sie zu heiraten. Der Ring war schon gekauft. Das war vor ein paar Tagen gewesen.
Seitdem dachte er nun schon darüber nach, wie er die Sache wieder in Ordnung bringen konnte. Denn viel schlimmer als alles andere war die Angst, Sophie zu verlieren. Er musste mit ihr reden! Am besten, bevor er zum Dienst in die Behnisch-Klinik aufbrach. Matthias spitzte die Ohren. Noch immer rauschte das Wasser im Bad. Ein Duft nach Orange und Vanille, Sophies Lieblingsduschgel, stieg ihm in die Nase. Matthias liebte diesen Duft. Besonders, wenn er ihn direkt auf ihrer Haut riechen konnte. Ob er jemals wieder sein Gesicht an ihrem Hals vergraben durfte? Diese Unsicherheit trieb ihn in den Wahnsinn. Er musste mit ihr reden. Vor seinem Dienst!
»Brauchst du noch lange, Sophie?« Matthias klopfte an die Badtür.
Das Rauschen hatte aufgehört. Er musste noch nicht einmal die Augen schließen, um sie vor sich zu sehen. Wie sie den Fuß auf den Badewannenrand setzte, um das Gazellenbein abzutrocknen.
»Kann man hier noch nicht mal mehr in Ruhe duschen?«, fauchte die Gazelle wie eine nass gewordene Katze. Nebenbei schaltete sie das Handy aus. Der Tag war noch jung, und schon meldete ihr Mobiltelefon sieben neue Nachrichten von Jakob. Ein Albtraum, aus dem es kein Entrinnen gab.
Davon hatte Matthias keine Ahnung. Doch Sophies Stimme genügte, um seine Traumbilder zerplatzten zu lassen..