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Platzangst
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eBook411 Seiten5 Stunden

Platzangst

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Über dieses E-Book

Paulina Wagenfeld arbeitet mit ihren Freundinnen Nele und Schnürrchen in der Zahnarztpraxis von Dr. Bendix. Hier lernt sie auch Lars von Holthusen kennen und lieben. Als ihre Beziehung eskaliert, flüchtet sie sich auf die Insel, auf der ihre Mutter wohnt, um mit sich ins Reine zu kommen. Alles würde gut, wäre da nicht Manuel ...
Dies ist ein Buch über Gewalt in der Beziehung und Agoraphobie (Platzangst), wie sie das Leben und das Verhalten von Menschen beeinflussen können und wie es einen möglichen Weg aus einem solchen Dilemma gibt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum23. Aug. 2022
ISBN9783910388048
Platzangst
Autor

Kerstin Honerkamp

Kerstin Honerkamp ist 1969 geboren, lebt heute in Bünde und hat selbst Erfahrungen mit Agoraphobie gemacht, einer Phobie, die ihr viel Lebensqualität geraubt hat, bis sie sich entschloss, sich therapieren zu lassen. Sie hat 2007 mit dem Roman 'Zwischen den Stühlen' debütiert. Heute schreibt sie gerne Theaterstücke, einige sind im Plausus Verlag erhältlich.

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    Buchvorschau

    Platzangst - Kerstin Honerkamp

    Platzangst

    Platzangst

    von Kerstin Honerkamp

    Buchbeschreibung:

    Paulina Wagenfeld arbeitet mit ihren Freundinnen Nele und Schnürrchen in der Zahnarztpraxis von Dr. Bendix. Hier lernt sie auch Lars von Holthusen kennen und lieben. Als ihre Beziehung eskaliert, flüchtet sie sich auf die Insel, auf der ihre Mutter wohnt, um mit sich ins Reine zu kommen. Alles würde gut, wäre da nicht Manuel ...

    Dies ist ein Buch über Gewalt in der Beziehung und Agoraphobie (Platzangst), wie sie das Leben und das Verhalten von Menschen beeinflussen können und wie es einen möglichen Weg aus einem solchen Dilemma gibt.

    Über die Autorin:

    Kerstin Honerkamp ist 1969 geboren, lebt heute in Bünde und hat selbst Erfahrungen mit Agoraphobie gemacht, einer Phobie, die ihr viel Lebensqualität geraubt hat, bis sie sich entschloss, sich therapieren zu lassen.

    Sie hat 2007 mit dem Roman Zwischen den Stühlen debütiert.

    Heute schreibt sie gerne Theaterstücke, einige sind im Plausus Verlag erhältlich.

    Impressum

    © 2022 Baltrum Verlag GbR

    BV 2213 – Platzangst – Kerstin Honerkamp

    Umschlaggestaltung: Baltrum Verlag GbR

    Lektorat, Korrektorat: Baltrum Verlag GbR

    Herausgeber: Baltrum Verlag GbR

    Verlag: Baltrum Verlag GbR, Weststraße 5, 67454 Haßloch

    ISBN: 978-3-910388-04-8

    Internet: www.baltrum-verlag.de

    E-Mail an info@baltrum-verlag.de

    Druck: BoD

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Platzangst

    Von Kerstin Honerkamp

    Baltrum Verlag

    Weststraße 5

    67454 Haßloch

    Wenn ich stark genug bin, sähe ich Vergissmeinnicht.

    »Das wollte ich nicht«, stieß er erschrocken hervor.

    »Raus, sofort!«, zischte sie. Ihre Stimme klang zittrig, was sie verärgerte. Sie tastete mit den Fingerspitzen an ihre Unterlippe. Diese fühlte sich auf merkwürdige Art taub an, schmerzte widererwartend aber kaum.

    Er hob die Hand, um sie ihr versöhnend auf die Schulter zu legen. Sie zuckte zurück, trat dabei auf die Scherben des Tellers, den sie vor Schreck hatte fallen lassen und stieß mit der Hüfte leicht gegen die Anrichte. Das Geschirrhandtuch hielt sie noch in der Hand und blickte verwirrt auf den karierten Stoff. Was war passiert?

    »Es tut mir leid. Bitte, verzeih mir.«

    Sie schaute auf ihre Fingerkuppen, tiefrot vom Blut. Im Nu waren ihre Gedanken wieder klar.

    »Ich sagte raus und ich sagte sofort!«, stieß sie jetzt mit fester und klarer Stimme hervor.

    Lars nahm den Arm zurück, den er versöhnend ausgestreckt hatte und ließ ihn schlaff neben seinem Körper hängen.

    »Paulina, bitte!« Er sah sie an, erkannte aber an ihrem entschlossenen Blick, dass es besser war, das Feld zu räumen.

    »Okay, wir reden später. Ich wollte das nicht, wirklich nicht.«

    Als die Wohnungstür ins Schloss fiel, löste sich der Knoten in ihrem Bauch und die Tränen bahnten sich ihren Weg.

    Mit einem im Wasser getränkten Papiertaschentuch stand sie nun im Bad vorm Spiegel und tupfte das Blut von ihrer aufgeplatzten Lippe.

    »So ein verdammtes Arschloch«, murmelte sie und begutachtete die Wunde an ihrem Mund. Es war ein kleiner Riss, der senkrecht an der Seite ihrer Unterlippe verlief. Nicht besonders tief, dennoch konnte sie die Tränen der Demütigung nicht zurückhalten.

    Das Klingeln ihres Mobiltelefons ließ sie zusammenzucken, sodass sie mit dem Tuch gegen die Wunde stieß, der Schmerz schoss stechend durch ihre Lippe. Sie schmiss das Taschentuch ins Waschbecken, wischte sich mit dem Handballen die Tränen aus dem Gesicht und zog die Nase hoch. Niemand sollte merken, dass sie geweint hatte, keiner durfte wissen, was passiert war. Sie zog ihr Telefon aus der Gesäßtasche und ging ins Wohnzimmer hinüber.

    »Du glaubst nicht, was mir heute passiert ist. Diese blöde Kuh sagt mir doch tatsächlich ab?«, begann ihre Mutter zu reden, ohne abzuwarten, dass sie sich meldete.

    »Wer hat abgesagt?«, frage sie.

    »Na die Göhme! Nicole Göhme! Meine Urlaubsvertretung.«

    »Was ist denn passiert?« Paulina setzte sich auf die Lehne der kleinen Rundecke, ein Erbstück aus längst vergangenen Zeiten.

    »Also«, begann Jasmin. »Übermorgen fahre ich doch zu meiner Freundin nach Bochum. Als Urlaubsvertretung habe ich der Hausverwaltung die Göhme vorgeschlagen. Ich habe ihr alles gezeigt und erklärt was sie machen muss. Ich meine, das ist ja nun wirklich kein Hexenwerk und als ich sie heute anrufe, weil wir abgemacht haben, dass ich ihr die Schlüssel bringe, sagt sie doch glatt zu mir: ›Du, ich habe mir das noch mal überlegt, ich kann die Urlaubsvertretung nicht machen.‹ Jetzt stehe ich da wie eine doofe Kuh und weiß nicht wo vorne und wo hinten ist.«

    »Das ist wirklich ein starkes Stück. Und findest du niemand anderen der dich vertreten kann?«

    »Nein. Wie denn? Du weißt doch, wir sind chronisch unterbesetzt und wer will denn schon putzen.«

    »Ich könnte das machen, wenn du magst.«

    »Du? Ich dachte ihr fahrt in Urlaub?«

    »Hat sich kurzfristig zerschlagen.« Sie rollte die Augen über das unbeabsichtigte Wortspiel und verzog sarkastisch den Mund zu einem Lächeln, doch der Schmerz zwang sie jäh, sich das Lächeln zu verkneifen.

    Vor sieben Jahren war ihr Vater plötzlich gestorben. Ein schmerzlicher Verlust, ein gravierender Einschnitt in ihr Leben. Von einer Sekunde auf die Andere war nichts in ihrem Leben mehr so, wie es war. Alles hatte sich geändert, mit einem Wimpernschlag.

    Plötzlich fand sie sich mit ihrer Mutter in einem Haus wieder, das sie allein nicht halten konnten und ohnehin für sie beide nun viel zu groß war. Krampfhaft hatten sie einige Zeit versucht, so etwas wie normalen Alltag zu leben, ohne Erfolg. Der Zug des Lebens war mit dem Tod ihres Vaters in voller Fahrt aus den Gleisen gesprungen und so hatte sich ihre Mutter Jasmin entschlossen, das Haus zu verkaufen und in das Haus auf der Nordseeinsel zu ziehen, dass sie von ihren Eltern, Paulinas Großeltern, geerbt hatte.

    Sie war in Bünde geblieben, einer kleinen Stadt am Rande des Wiehengebirges, wo sie sich eine kleine Zweizimmerwohnung, in einem Mehrfamilienhaus gemietet, und einen Teil der Möbel aus ihrem Elternhaus übernommen hatte. So wie diese kleine blau-beige Rundecke auf dessen Lehne sie gerade saß und den Fernseher, der in der Ecke des Raumes stand. Ihre Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten hatte sie vor vier Jahren abgeschlossen und arbeitete nun in der Praxis von Dr. Kai Bendix. Innerhalb der Schulferien machte die Praxis Betriebsferien und morgen war Freitag, was hieß, dass sie lediglich bis Mittag arbeiten musste und dann zwei Wochen Urlaub vor ihr lagen, von denen sie jetzt, aus einem Bauchgefühl heraus, eine ganze Woche verplant hatte.

    »Was soll das heißen du haust ab?«, gekonnt tupfte Nele die Jodtinktur auf Paulinas verletzte Lippe. »Halt still!«, befahl sie, als Paulina zurückzuckte.

    »Was für ein Idiot. Ich hoffe, du hast ihm in die Eier getreten, aber ordentlich!« Nele richtete sich auf und betrachtete ihr Werk.

    »Hm, nein. Ich habe ihm nur gesagt, dass er gehen soll.«, Paulina rutsche unruhig auf dem Armlehnstuhl hin und her, senkte den Blick und schämte sich für ihre Tränen.

    »Er ist es nicht wert Paulina, dass du auch nur eine Träne vergießt«, Nele ging zur Dunstabzugshaube, zupfte sich eine Zigarette aus einer Packung und betätigte den Schalter des Dunstabzuges, der daraufhin ein leises Summen von sich gab. Dann zündete sie die Zigarette an. Sie nahm zwei tiefe Züge.

    Paulina beobachtete, wie der ausgestoßene Qualm von der Haube aufgesogen wurde und verschwand.

    »Ich dachte du wolltest aufhören?«

    Nele zuckte mit den Schultern »Leichter gesagt als getan«, sagte sie, lehnte an die Anrichte und schaute hinüber zu ihrer Freundin, die wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl lümmelte.

    »Also, haust du jetzt erst mal ab, oder was?«

    »So in etwa. Ich fahre auf die Insel. Ich brauche Abstand, ich muss erst mal ...«, sie wies mit der Hand auf ihre Lippe, unfähig den Satz zu Ende zu bringen, weil ein dicker Kloß in ihrem Hals saß.

    »Schon gut«, Nele zog nochmal an ihrer Zigarette, inhalierte den Rauch tief, um ihn dann mit vorgeschobener Unterlippe in Richtung Dunstabzugshaube auszustoßen. Dann drückte sie die Zigarette aus, kam zurück zum Küchentisch und setzte sich ihrer Arbeitskollegin und Freundin gegenüber.

    »Weißt du, ich denke dein Lars hat Torschlusspanik. Nicht, dass ich das Arschloch in Schutz nehmen will, aber er ist halt acht Jahre älter als du. Psychologisch gesehen ist es wahrscheinlich, dass er heiraten und Kinder kriegen will.«

    »Das ist mir gerade aber sowas von scheißegal.«

    »War nur so ein Gedanke. Sorry.«

    »Tut mir leid. War nicht gegen dich.«

    »Alles gut. Mach dir keine Gedanken.«

    Sie sah ihre Freundin Nele an, sie kannten sich seit der fünften Klasse und waren seitdem unzertrennlich. Nele war das genaue Gegenteil von ihr. Ihr Haar war kastanienbraun und schulterlang, Neles blond und kurz. Sie trug Konfektionsgröße 36, Nele 42. Nele beneidete sie um ihre schlanke Figur, sie Nele um ihren wohlgeformten Körper.

    »Wie geht es dir eigentlich? Ich bin so mit mir selbst beschäftigt, dass ich gar nicht gefragt habe.«

    Nele legte ihr eine Hand aufs Knie.

    »Du bist süß, weißt du das? Mach dir doch um mich keine Sorgen.«

    Nele war überzeugter Single, was nicht hieß, dass sie sich nicht von Zeit zu Zeit in eine Affäre stürzte. Ihre jüngste Eroberung hieß Marc und war Inhaber eines Autohauses in Bad Oeynhausen einem Kurort zwanzig Autominuten entfernt von Bünde und ein Mekka für Neu– und Gebrauchtfahrzeuge aller Art. Er trug sie auf Händen und Nele genoss seine Aufmerksamkeiten in vollen Zügen. Es gab da nur eine winzige, nicht erwähnenswerte Kleinigkeit, wie Nele meinte, die das vollkommene Glück störte. Marc besaß den Makel verheiratet und eine ständig auf ihn wartende Ehefrau zu haben.

    Als Paulina sich nach ihm erkundete, leuchteten Neles Augen freudig auf.

    »Er nimmt sich ein paar Tage frei und hat uns ein Zimmer in einem fünf Sterne Bunker in Paris gebucht. Ist das nicht romantisch?«

    »Und seine Frau?«

    »Die denkt, er ist auf einer Präsentation von irgendeinem neuen Elektroauto.«

    »Stört es dich denn gar nicht, dass er verheiratet ist?«, wollte sie wissen.

    Nele winkte ab »Quatsch. Solange keiner von uns zu viele Gefühle investiert, ist alles gut. Wir haben Spaß und außergewöhnlich guten Sex. Weißt du, null Verpflichtungen, hundert Prozent Spaß. Was willst du mehr?«, sie grinste schelmisch.

    Paulina schaute auf die Küchenuhr.

    »Oh Mensch, es ist schon nach eins. Ich muss nach Hause, sonst komme ich morgen früh nicht aus dem Bett.« Sie stand auf und verabschiedete sich von ihrer Freundin.

    »Fahr vorsichtig und mach dir nicht so viele Gedanken, ja?«, meinte Nele.

    Paulina verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ja, Mama.«

    Nele lachte. »Ich hab' dich auch lieb, doofe Kuh«, dann drückte sie ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange und schloss die Tür.

    Von Neles Wohnung, in dem kleinen Ort Stift Quernheim, bis zu ihrer Wohnung in Bünde fuhr sie fast eine halbe Stunde mit dem Auto. Obwohl die beiden Ortschaften nicht sehr weit auseinanderlagen, gelangte man von einem zum anderen Ort nur über kurvenreiche Landstraßen, die durch bewaldete, dunkle Gebiete führten. Paulina mochte Stift Quernheim, in deren Ort einer Sage zufolge die Hedwigte vor langer Zeit entstanden. Milch-Hefe-Brötchen, mit dicken Rosinen, die auch heute noch an Kinder verteilt werden. Damals, laut Sage, eine lebensrettende Aktion, heute eine absolute Köstlichkeit.

    Die Scheinwerfer warfen einen hellen Kegel auf die nachtdunkle Straße, im Radio sang Bonnie Tyler: »I need a hero!«

    Paulina warf einen Blick auf ihr Handy. Keine Nachricht von Lars. Komisch, dass er sich nicht meldete.

    »I holding out for a hero till the end of the night!«

    Eigentlich hatte sie eine Nachricht von ihm erwartet, eine Entschuldigung oder wenigstens die Frage, ob es ihr gut ging.

    »He’s gotta be strong and he’s gotta be fast and he’s gotta be fresh from the fight«.

    Bestimmt machte er sich wahnsinnige Vorwürfe.

    Ob ihr Entschluss, morgen auf die Insel zu ihrer Mutter zu fahren, nein zu flüchten, richtig war? Absagen konnte sie jetzt auf keinen Fall mehr. Ihre Mutter verließ sich auf sie und sie wollte sie auf keinem Fall enttäuschen. Aber was sollte sie Lars sagen? Sollte sie ihm überhaupt sagen, dass sie auf die Insel fahren würde?

    Nein, warum auch?

    Es war vorbei.

    Wahrscheinlich würde er sich sowieso nicht mehr melden. Nicht, nachdem was vorgefallen war.

    Als Bonnie erneut »I need a Hero!«, schmetterte, knipste sie das Autoradio aus und konzentrierte sich auf die Straße. Es hatte keinen Sinn, darüber zu sinnieren. Es würde jetzt nichts ändern und sie würde jetzt keine ultimative Lösung finden.

    Morgen würde die Welt schon wieder anders aussehen, hatte Nele gesagt und bestimmt hatte sie recht. Sie musste sich nur an dieses Gefühl gewöhnen, jetzt alleine zu sein.

    Sie stellte ihren Wagen auf den Parkplatz vor dem Wohnhaus, in dem sie wohnte. Alle Fenster waren dunkel. Die anderen Mieter, ausnahmslos schon im Rentenalter schliefen wahrscheinlich längst. Auf Zehenspitzen schlich sie durch Treppenhaus und schlüpfte, so leise wie möglich durch die Wohnungstür um niemanden, in dem hellhörigen Haus zu wecken.

    Obwohl schon spät und müde, fand sie nur mühsam in den Schlaf. Wenn sie die Augen schloss, sah sie Lars wütendes Gesicht und seine Hand, die sich unaufhaltsam ihrem Gesicht näherte, unfähig zu reagieren oder auszuweichen, traf er immer wieder mit präziser Genauigkeit, und sie fuhr erschrocken aus dem Schlaf. Dementsprechend gerädert fühlte sie sich am nächsten Morgen, als sie die Praxis erreichte. Mit dem Gefühl, eine tonnenschwere Last mit sich zu schleppen, öffnete sie die Praxistür. Sie war sich sicher, jeder konnte ihr ansehen, was gestern passiert war. Der Riss auf ihrer Lippe hatte eine Borke gebildet und ihre Unterlippe war leicht angeschwollen und tuckerte nervös im Inneren. Sie hatte vergebens versucht, die Schwellung mit etwas Make-up zu retuschieren. Auch die Augenringe hatte sie übergeschminkt. Mit gesenktem Kopf huschte sie in die Umkleide und zog ihre Praxiskleidung an. Als sie gerade ihre weißen Schuhe zuschnürte, kam Nele herein. »Na, wie geht es dir?«

    »Beschissen. Schau mich an. Jeder kann sehen, was passiert ist.«

    »Zeig mal her.« Nele begutachtete ihre Lippe. »Sieht gar nicht so schlecht aus. Du kannst es noch ein wenig kühlen, dann geht die Schwellung zurück. Wenn du möchtest, kannst du ein Schmerzmittel nehmen, falls es weh tut. Ich gebe dir etwas, das ist auch gut, damit es sich nicht entzündet.«

    »Danke.«

    »Nicht weinen. Der Typ ist es nicht wert. Du wirst ihn vergessen haben, noch bevor deine Lippe verheilt ist. Oder hat er sich etwa bei dir gemeldet? Das würde mich wundern.«

    »Nein. Er hat nicht mal gefragt, wie es mir geht. Er hätte doch fragen müssen, oder? Ich meine, er hat mich geschlagen, er hätte doch fragen müssen, ob es mir gut geht – oder nicht?«

    »Was soll ich dazu sagen, Süße? Vielleicht ist es besser, wenn du nie wieder etwas von ihm hörst.«

    »Ich weiß auch nicht. Ich hoffe nur, dass dieser Tag schnell rumgeht. Ich will einfach nur weg hier. Ob es richtig ist einfach abzuhauen? Ich bin mir so unsicher.«

    »Es ist das Beste was du machen kannst. Fahr zu deiner Mutter, komm zur Ruhe, entspann dich und nächste Woche sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«

    Zum Glück wurden an Freitagen keine großen Eingriffe vorgenommen, sondern nur Kontrollen, halbjährliche oder solche, die nach Extraktionen gemacht wurden.

    Fäden ziehen, Zahnreinigungen, nur selten kam ein Patient mit Schmerzen und musste behandelt werden, was zum Glück heute nicht der Fall war.

    Katharina Schnürrmann, von allen nur Schnürrchen genannt und der Doktor waren, zu Paulinas Erleichterung, so mit den letzten Urlaubsvorbereitungen der Praxis beschäftigt, dass sie ihre Niedergeschlagenheit nicht bemerkten. Nur Nele, die wusste, was am gestrigen Abend passiert war, schenkte ihr ab und zu ein aufmunterndes Lächeln, wenn sie sich in den Praxisräumen begegneten. So ging der Vormittag schneller vorbei, als Paulina befürchtet hatte. Die Arbeit lenkte sie ab, worüber sie sehr froh war. Als der Feierabend näher rückte, hatte sie sich so weit unter Kontrolle, dass ihr nicht dauernd die Tränen in die Augen stiegen. Schnürrchen hatte eine Flasche Sekt geöffnet, um auf den bevorstehenden Urlaub anzustoßen. Paulina begnügte sich mit einem Glas Wasser, sie wollte keinen Alkohol trinken. Sie hatte die Schmerztabletten genommen, die Nele ihr gegeben hatte, außerdem wollte sie die Fähre, die sie heute Nachmittag noch zur Insel transportieren sollte, erreichen. Es würde eine lange und anstrengende Autofahrt werden, in drei verschiedenen Bundesländern begannen die Schulferien und alle würden in Scharen in die Urlaubsparadiese an die Nordsee strömen.

    An die Anrichte der Küchenzeile gelehnt, in der sie normalerweise ihre Pausen verbrachten, lauschte sie Schnürrchens Schwärmereien von Berlin und dem umliegenden Brandenburg.

    Paulina lauschte Schnürrchens Berliner Akzent, den sie gerne hörte, und Schnürrchen konnte reden wie ein Wasserfall, und das ohne Punkt und Komma.

    »Ick freu mir ma richtich uff Berlin. Meene janze Familije is da«, schwärmte Schnürrchen, dass ihrer Meinung nach viel zu steife Hochdeutsch, kam ihr nie so recht über die Lippen, weswegen der Versuch, akzentfrei zu sprechen, jedes Mal kläglich scheiterte.

    »Fährste nich och wech? Österreich oder sowat?«, erkundigte sie sich bei Paulina.

    Sie schluckte hart. »Ja, erstmal fahre ich aber meine Mutter besuchen.«

    »Nordsee, wa?«

    »Ja, war schon lange nicht mehr da.«

    »Wat haste denn mit deener Schnute anjestellt?«, wollte Schnürrchen wissen, wobei sie sich selbst mit den Fingern an die eigene Unterlippe fasste, um auf die Stelle zu deuten an der Paulina verletzt war.

    Sie wechselte einen hastigen Blick mit Nele, meinte dann so gelassen wie möglich. »Ach das, hab mich an einem kaputten Glas geschnitten.«

    »Dit hat bestimmt wehjetan, wa? Ick hoff ja mal, det haste jut desinfiziert und dit kaputte Glas sollteste entsorjen, nich wahr? Nich dat de nochma draus trinkst, weeste , sonst siehste nachher aus wie ne Boxerlejende.«

    »Ja habe ich. Es heilt ja auch schon wieder, nicht der Rede wert.« Den körperlichen Schmerz kann ich vertragen, dachte sie und die Wunde heilt, aber … Sie schluckte erneut den Kloß in ihrem Hals hinunter und nahm einen Schluck Wasser aus ihrem Glas, verschluckte sich, hustete, Tränen traten aus ihren Augen. »Mist!«, fluchte sie. Schnürrchen klopfte ihr beherzt auf den Rücken, »so, jeht dit wieder wa?

    »Ja, danke.« Sie stellte das Glas auf die anthrazitfarbene Arbeitsplatte, wischte sich die Tränen, die nicht nur vom Verschlucken herrührten, was zum Glück aber niemand merkte, vom Gesicht und nahm erleichtert wahr, dass Schnürrchen sich nun Nele zuwandte.

    »Und du Nele, wo willst'n du hin?«

    »Och, ich habe noch keine Pläne«, log sie, nippte an ihrem Sekt und warf Paulina einen vielsagenden Blick zu. »Frau Schnürmann will mal wieder alles ganz genau wissen.«

    »Ja klar will ick dat. Passiert ja sonst nüscht uff'm Kuhdorf wa?«, protestierte Schnürrchen.

    »Was willst du denn hören? Mord und Totschlag oder heiße, unerlaubte Affären?«

    »Verschon mir nich mit Details?«, Schnürrchen lachte und schenkte noch mal nach.

    Paulina musste schmunzeln über Neles Unverfrorenheit. Was für ein Theater. Sie standen hier im Aufenthaltsraum der Praxis und einer nach dem Anderen tischte Schnürrchen eine fette Lüge auf. Das hatte Schnürrchen nicht verdient, sie war ihre Freundin und sie beide logen sie an. Paulina fühlte sich deswegen schlecht. Niemand wusste, von Neles Verhältnis mit Marc dem Autohändler, außer ihr. Eine innere Stimme sagte ihr, dass Marc nicht der richtige Mann für Nele war. Doch gerade sie war wohl sicher nicht die Richtige, um solche Behauptungen aufzustellen. Sie erahnte, wie viele Lügen hinter Neles Affäre stecken mussten. Der Doktor riss sie aus ihren Gedanken, als er in den Aufenthaltsraum trat um seine Angestellten in den wohlverdienten Urlaub, wie er es nannte, zu schicken.

    »Meine Frau hat zwei Wochen Toskana gebucht, ich werde mich ihren Wünschen wohl oder übel beugen müssen«, sagte er schmunzelnd, als er nach seinen Urlaubsplänen gefragt wurde.

    Schnürrchen wies alle darauf hin, nicht zu vergessen viele Fotos zu machen und via WhatsApp zu senden. »Nich dat ick auss'm Urlaub wieder komm und nich mehr weeß wer ihr seid«, scherzte sie. Sie drückte alle herzlich zum Abschied. »Da kenn ick keen Erbarmen Herr Doktor«, meinte sie lachend und drückte ihn ebenfalls herzlich an die Brust.

    »Kein Problem Schnürrchen. Ich wünsche euch allen einen erholsamen Urlaub, und kommen sie mir ja alle gesund und munter wieder, ja?«, er klopfte ihr leicht auf den Rücken in seiner etwas ungelenken Umarmung.

    Am frühen Nachmittag stellte Paulina ihre rote Sporttasche und den Trolli in den Kofferraum ihres Ford C-Max. Auch das Auto hatte ursprünglich ihren Eltern gehört. Nachdem ihre Mutter auf die autofreie Insel gezogen war, hatte sie den Wagen übernommen. Jetzt kam er langsam in die Jahre, fuhr trotzdem zuverlässig, hatte sie noch nie im Stich gelassen. Wie schnell die Zeit doch rennt. Sie würde sich nur schweren Herzens von diesem Auto trennen, wenn er irgendwann nicht mehr durch den TÜV kommen würde. Den Rucksack, in dem sie ihre Schuhe gepackt hatte, warf sie neben die Sporttasche. Dann nahm sie ihre Marschverpflegung, die aus einer Tüte Chips und einer Flasche Cola bestand und fuhr los. Von ihrem Wohnort bis zu ihrem Ziel lagen 230 Kilometer Autobahn und ein gutes Stück Landstraße vor ihr, danach würde sie mit der Fähre auf die Nordseeinsel übersetzten. Sicher lenkte sie den Wagen auf die Autobahn. Erst als sie die A30 in Osnabrück/Lotte verließ und sich auf der A1 in Richtung Bremen eingefädelt hatte, entspannte sie sich und steckte sich ein paar Chips in den Mund.

    Das Salz brannte in der Wunde ihrer Lippe. »Mist!«, fluchte sie. Mit einem Schluck Cola versuchte sie das Brennen zu löschen und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

    Wie hatte er ihr das antun können? Sie hatten sich schon oft gestritten, aber nie hatte Lars sie geschlagen. Dabei hatte es harmlos angefangen. Er wollte einen neuen Fernseher kaufen für ihre Wohnung. Einen der größer war, eine höhere Bildqualität versprach, damit er Fußball und Spielfilme gucken konnte, wenn er bei ihr war. Demzufolge fand er es nur gerecht, dass sie die Hälfte des Kaufpreises dazu beisteuerte. Sie hatte ihm erklärt, dass ihr Auto eine Reparatur brauchte, der TÜV war fast abgelaufen, somit blieb nichts übrig für Extraanschaffungen. Woraufhin Lars vorschlug, dass sie ihr Auto verkaufen, ihre Wohnung aufgeben und bei ihm einziehen solle. Sie hatte im deutlich erklärt, dass sie ihr unabhängiges Leben mochte, auch wollte sie nicht nach Osnabrück in die Stadt ziehen. Die Argumente, dass sie hier ihre Freundinnen und ihre Arbeit hatte, wischte er wirsch zur Seite.

    »Freunde kann man neue finden, Arbeit ebenso. Man muss es nur wollen«, hatte er gemeint.

    »Was soll das heißen, nur wollen?«, hatte sie seinen Vorwurf nachhaken wollen, doch damit war der Streit eskaliert, in dessen Folge Lars davon ausging, dass sie keinen Bock auf ihn habe und eifersüchtig fragte, ob der Grund männlich wäre und sie deshalb nicht zu ihm ziehen wollte.

    Sie hatte mit einem sarkastischem »Klar, ich vögel jeden, der nicht bei drei auf dem Baum ist«, geantwortet, woraufhin er unmittelbar zugeschlagen hatte. So heftig, dass ihr Kopf zur Seite geflogen war und ihre Unterlippe, dort wo seine Hand sie getroffen hatte, aufgeplatzt war. Nun brannte das Salz in der Wunde ihrer Lippe, sowie die Demütigung auf ihrer Seele. Sie hatte wieder diesen Kloß im Hals und gegen ihren Willen sammelten sich Tränen in ihren Augen. Wütend über sich selbst, schlug sie mit der Hand, auf das Lenkrad ihres Wagens, wobei sie die Hupe auslöste, sich erschrak und zusammenfuhr.

    »Mist!«, fluchte sie erneut. Sie wollte nicht um ihn weinen. Er hatte es nicht verdient, dass sie um ihn weinte, auch nicht vor Wut.

    *

    Sie schreckte hoch, als die Fähre mit einem kräftigen Rumps anlegte, nahm ihre Sachen und trottete der Menschenmenge hinterher. Alle mit dem gleichen Ziel, von der Fähre in den Zug, der sie vom Hafen zum Inselkern transportieren würde. Anders ging es hier nicht weiter, es sei denn, man wollte einen Fußmarsch durch das Naturschutzgebiet machen, den Salzwiesen und Dünen. Man würde Stunden brauchen, allerdings war es strengstens verboten, auch nur einen Fuß in das Naturschutzgebiet zu setzten.

    Die rote Reisetasche im Gepäcknetz verstaut, ihren Trolli zwischen ihren Füßen auf den Boden, saß sie nun im vorletzten Abteil des Zuges am Fenster mit dem Rucksack auf ihrem Schoß, um den sie die Arme gelegt hatte, und schaute hinaus. Der Himmel war strahlend blau, es war heiß, die Luft stand flirrend über dem Hafengelände. Im Zugabteil war es stickig und sie war froh, dass sich niemand zu ihr setzte und sie auf der Bank, auf der sie Platz genommen hatte, einengte. Sie schwitzte und ihre Kleidung fühlte sich vom Schweiß klamm an. Nach kurzer Zeit hatte sie das Gefühl, auf der grünblauen Bank festzukleben. Die Luft wurde immer stickiger. Schade, dass es keine Möglichkeit gab, zum Inselkern zu laufen. Sie hätte lieber den Fußmarsch in Kauf genommen, als hier im Zugabteil bei lebendigem Leibe gedünstet zu werden. Sie schaute weiter aus dem Fenster, konzentrierte sich auf ihren Atem und verschränkte ihre Finger ineinander. Ruckelnd und quietschend setzte sich die Bahn quälend langsam in Bewegung und damit auf den Weg, seine Passagiere zum kleinen Ortskern der Insel zu bringen, um sie dort wieder auszuspucken. Kinder, die von ihren Eltern kaum zu bändigen waren, liefen durch das Abteil, kreischend vor Vergnügen, quetschten sich an die Fenster und starrten aufgeregt hinaus.

    »Warte«, wies sie einen etwa vierjährigen, rothaarigen Jungen an, der versuchte, sich an ihr vorbeizuquetschen, um ans Fenster zu gelangen. Sie stellte ihren Rucksack zur Seite und schob ihren Trolli weiter unter den Sitz, um dann selbst auf den Nachbarsitz an den Gang zu rutschen. »Danke«, meinte der junge Fahrgast und setzte sich auf den nun frei gewordenen Platz am Fenster und schaute hinaus. In selben Moment tauchte seine Mutter auf. »Hier bist du«, sagte sie mit einem leichten englischen Akzent.

    »Ich will raus gucken«, protestierte der Rotschopf, ohne seinen Blick vom Fenster abzuwenden.

    »Das geht nicht, Cillian. Du kannst andere Fahrgäste nicht belästigen«, tadelte die Mutter.

    »Das stört mich nicht«, sagte Paulina schnell. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, darf Cillian gerne hier sitzen bleiben.«

    »Siehst du, ich gelästere keine Pagagiere«, meinte Cillian, jetzt guckte er erst zu ihr, dann zu seiner Mutter, die ihm ein ergebenes Lächeln schenkte. Cillians Mutter betrachtete Paulina einen Moment mit einem prüfenden Blick.

    Oh je, das hätte ich nicht sagen dürfen, ging es Paulina durch den Kopf. Nun hatte sie sich in die Erziehung des Jungen eingemischt. Doch dann lächelte Cillians Mutter und sagte: »Okay, aber wenn das Zug anhält, dann du kommst sofort zurück, understood?«

    »Ja«, antwortete der Rotschopf prompt.

    »Danke schön«, sagte die Mutter an Paulina gewandt.

    »Kein Problem. Bevor der Zug stoppt, schicke ich ihn zu Ihnen zurück.«

    Cillians Mutter ging zurück zu ihrem Sitz, wobei sie sich rechts und links mit beiden Händen an den grünblauen, billigen Lederimitaten der Sitze krallte, weil der Zug ruckelnd und schaukelnd durch eine Kurve fuhr.

    Dann setzte sie sich in eine Bank, aus dessen Seite Schaumstoff quoll, weil das grünblaue Lederimitat gerissen war zu Ihrem Mann und zwei weiteren Kindern, welche auf ihre Smartphones starrten, wahrscheinlich Cillians ältere Geschwister, mutmaßte Paulina.

    Paulina war dankbar für die Ablenkung. Cillian stellte tausend Fragen, die sie nicht beantworten konnte. So verging die Fahrt in dem stickigen Zug nun doch relativ schnell, und sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken, wie viel oder wenig Sauerstoff in der Luft noch zur Verfügung stand, oder ob sie sich nur einbildete schlechter atmen zu können.

    Sie stieg aus dem Zug, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ihr kleiner Sitznachbar, wohlbehalten zu seiner Familie zurückgekehrt war. Nachdem dreiviertel der Passagiere den Zug drängelnd und ungeduldig, fast fluchtartig verlassen hatten, machte auch sie sich auf den Weg zum Ausgang und balancierte ihre Taschen zwischen den Sitzreihen wie im Spiel 'der heiße Draht', bloß nirgends anecken oder hängen bleiben. Sie blieb kurz in der Tür stehen, nahm einen befreienden Atemzug. Außerhalb des Wagons kam ihr die warme Luft des Sommers kühl und erfrischend vor. Nun schaute sie suchend den Bahnsteig ab, stieg dann aber mit ihrer roten Sporttasche und den Trolli in der Hand aus. Den Rucksack trug sie auf dem Rücken, wo der Absatz eines Schuhs sich schmerzhaft in ihr Fleisch bohrte. Wahrscheinlich hatte sie sowieso viel zu viele Schuhe mitgenommen. In ihrer unüberlegten Flucht hatte sie nicht wirklich darüber nachgedacht, was sie alles mitnehmen muss. Sicherlich waren Schuhe mit Absatz nicht sonderlich praktisch am Strand oder beim Putzen eines Treppenhauses, aber

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