Das Nötigste über das Glück: Roman
Von Bernhard Aichner
3.5/5
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Über dieses E-Book
EIN ROMAN ALS ROADMOVIE
Damit platzt Elvina in sein Leben: laut, schrill, exaltiert und ebenso bunt wie die Stifte, mit denen sie Hans' Postkarte ausmalt. Ohne zu fragen, legt sie sich zu Hans auf den Küchenboden und färbt seine Welt neu ein. Sie ist so anders als Hans, und doch verbindet die beiden die Sehnsucht nach Aufbruch und Glück. Elvina überredet Hans zu einem Roadtrip und sie beginnen eine Reise, die beide mit Fragen konfrontiert, von denen sie nicht wissen, ob sie die Antworten darauf überhaupt kennen wollen. Bis sie letztlich in einem roten Haus mit grünem Dach an der spanischen Küste ihr Ziel erreichen: das Ziel des stillen, zarten, intimen Glücks.
SCHNÖRKELLOSE LIEBESGESCHICHTE ÜBER DAS KLEINE GROSSE GLÜCK
Bernhard Aichner erzählt mit enormem Tempo und ohne Kitsch eine wundervolle Liebesgeschichte. Wie mit einer Kamera hält er das Leben von Hans und Elvina in präzisen Schnappschüssen fest und schafft es auf einzigartige Weise, das Nötigste über das Glück festzuhalten.
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Rezensionen für Das Nötigste über das Glück
3 Bewertungen1 Rezension
- Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Einmal Spanien und zurück - auf diesen Roadtrip schickt Bernhard Aichner seine beiden Protagonisten Elvina und Hans. Über das Nötigste über das Glück wird tatsächlich nur das Nötigste erzählt. Schnörkellos und in einfachen Sätzen. Keine komplexe Handlung, kein langes Einführen von Figuren. Was passiert, passiert - ansatzlos und selbstverständlich. So wie das Glück eben sein soll. Und so wie es sich Hans, der zu Beginn am liebsten tot sein möchte, und Elvina, die so gerne Pilotin wäre, getrennt voneinander wohl nie hätten erträumen lassen. Ein Roadmovie voller Unbeschwertheit und doch mit Tiefgang. Aber eben nicht so tief, dass es die Herzen der Leser nachhaltig zu berühren vermag. Trotzdem: (Sommer)Lektüre, die durchaus zum Nachdenken und zum Träumen anregt.
Buchvorschau
Das Nötigste über das Glück - Bernhard Aichner
Hesse
1
Da war dieser Witz an der Klowand. In seiner Lieblingsbar, eine alte Postkarte. Gezeichnet. Ein Mann liegt mit offenem Mund am Boden und eine Frau kommt in den Raum. Aus ihrem Mund eine Sprechblase: Du tot in der Küche, Hans? So kenn ich dich gar nicht!
Er musste innerlich lachen. Weil auch er Hans hieß. Mit einem breiten Grinsen stand er da und starrte auf die Postkarte. Er lachte über diese Frau. Über diese Ehrlichkeit, diese Logik. Der Hans auf der Karte war einfach tot. Das war neu für sie, aufregend, das hat sie noch nie gesehen. Den toten Hans. Zum ersten Mal. Den hat noch keiner gesehen. Wie er so dalag. Wie er so tot war, der Hans.
Der echte Hans hat die Postkarte mitgenommen. Von der Klowand in sein Schlafzimmer. Wenn er aufwachte, hing sie an der weißen Wand. Sonst war da nichts. Nur der Witz immer wieder für Stunden. Er hat kein Bild länger angesehen in seinem Leben, er kannte es auswendig, jeden Strich, jeden Punkt vom Postkartenhans. Und von der Frau mit der Sprechblase. Wenn er wach lag, dachte er oft nach über sie, wer sie war, woran sie gedacht hatte, kurz vorher, bevor sie ins Zimmer gekommen war. Ob sie ihn geliebt hatte, den Hans, ob sie traurig war. Und was sie dann tat. Nachdem sie begriffen hatte, dass er einfach liegen bleiben würde auf dem Küchenboden.
Der echte Hans überlegte, ob die Frau etwas essen, ob sie sich hinsetzen und ihn anstarren würde mit Brot im Mund. Er sah sie vor sich, wie sie schmatzte, Kaffee trank und hinunterschaute auf ihren toten Hans. Vielleicht saß sie dann neben ihm und fuhr mit der Hand über sein Gesicht. Mit ihren kleinen Fingern über seinen Mund, die Lippen nach. Vielleicht blies sie ihm Atem in die Augen, weil sie die so nicht kannte. Vielleicht lag sie neben ihm und fühlte, wie er kalt wurde. Vielleicht legte sie sich auf ihn, wärmte ihn, streichelte ihn, biss in sein Ohr, spuckte in sein Auge und schaute zu, wie der Speichel verrann, wie ein kleiner See wurde, und wie er austrocknete nach Stunden. Vielleicht beschimpfte sie ihn. Vielleicht weinte sie auch. Brach zusammen. Vielleicht ging sie aber auch einkaufen und ließ sich danach Wasser in der Badewanne ein. Alles Mögliche stellte er sich vor, während er schlaflos in seinem Bett lag. Mitten in den Nächten die Postkarte. Diese Frau.
Auf der Zeichnung hatte sie einen Schlafrock an. Er nur seine Unterhose. Haare auf seinem Bauch, auf den Beinen, keine Schönheit war er. So wie der echte Hans. Auch ihm war mit den Jahren ein Fell gewachsen, auch er trug Unterhosen mit Streifen. Ähnlich waren sie sich. Nur bewegte er sich. Auf der Postkarte stand immer alles still. Bei ihm nicht. Immer war da sein Leben, sobald die Augen aufgingen, war es da und quälte ihn. Es ging nicht weg. Es blieb einfach da. Egal, ob es weh tat. Ein Scheißleben war das.
Tagelang im Bett. Keine Kraft mehr, sich dagegenzustellen, sich zu wehren. Gegen diese Ohnmacht, die ihn in die Laken drückte. So lange hat er darüber nachgedacht. Über das Sterben. Wie einfach es wäre. Licht aus. Ende. Am Boden liegen bleiben wie der Postkartenhans. Er fragte sich, wie der wohl gestorben war. Ob er einfach umgefallen war. Ob sein Herz einfach aufgehört hatte zu schlagen. Einmal hatte er noch ausgeatmet, dann war da nichts mehr. Es war dunkel, keine Sorgen mehr, still war alles. Da war nur die Frau, die sich über ihn beugte und ihm ins Ohr biss, in sein Auge spuckte, ihn berührte, wärmte, sich auf ihn legte und auf ihm liegen blieb. Jemand, der kam und sich um ihn kümmerte. Egal wie.
In Hans wuchs die Sehnsucht. Das Schicksal mit dem Postkartenhans zu teilen, so zu enden wie er. Gefunden zu werden von einer Frau. Ihr Flüstern, wenn sie fragte: Du tot in der Küche, Hans? Ihre Haut, die näherkam. Ihr Mund. Wie sehr er es sich wünschte. Aber da war keine Frau im Schlafrock. Keine. Nicht in seiner Küche. Er lag wach, schaute die Postkarte an, diesen glücklichen Hans, wie er alles hatte. Immer wieder schaltete er das Licht aus und hoffte, dass ihn wenigstens die Träume in Ruhe lassen würden. Weil nur der Schlaf war ein bisschen wie das Glück vom Postkartenhans.
Oft hat er einfach nur gewartet. In seinem kleinen Bahnwärterhaus allein. Gewartet, dass etwas passierte, dass ein Flugzeug auf das kleine Haus fiel. Dass ein Erdbeben in seinen Wald kam. Aber nichts. Kein Unglück beendete das seine. Lange nicht. Alles blieb, wie es war. Bis er irgendwann diese Anzeige aufgab. Er wollte nicht mehr länger warten, er konnte nicht mehr. Hans machte die Tür auf und ließ sie in sein Leben.
Eine Fremde. Sie kam drei Mal in der Woche. Sie war schön und sie schnitt Zwiebeln in seiner Küche, von heute auf morgen war sie da. Elvina. Dieser Name. Wie sie sprach. Was sie sagte. Er fragte sie, ob sie sich vorstellen könnte, noch zu bleiben, wenn sie fertig war mit Putzen und Kochen und Waschen, und was sonst noch war. Irgendetwas in ihm trieb ihn, zwang ihn, er wollte nicht, dass sie wegging von ihm. Er hat sie darum gebeten und sie hat ja gesagt. Drei Mal in der Woche haben sie miteinander gegessen. Lange und ohne Ziel, einfach schön war es. Irgendwann war sich Hans sicher. Er hat sie angeschaut und sich gedacht, dass sie ihn finden sollte. Sie war perfekt.
Nach einem langen Abend hat er ihr den Witz gezeigt. Er hatte sich nicht überlegt, was sie sagen würde, er hatte keine Angst vor ihrer Reaktion. Trotzdem war er überrascht. Wie selbstverständlich sie es hinnahm. Ohne sich zu wundern, fragte sie, welche Farbe der Schlafrock haben sollte. Da war kein Entsetzen, keine Angst, ungerührt fragte sie ihn, wann es denn so weit sein sollte. Sie ist da gesessen mit Hühnerflügeln im Mund und hat ja gesagt, sie würde gerne in sein Auge spucken und zusehen, wie die Spucke trocknete. Auch auf ihn legen würde sie sich. Und in sein Ohr beißen. Wann sie denn kommen sollte, hat sie gefragt. Wann er denn sterben wollte.
Ungerührt. Elvina schaute in sein Gesicht und er wusste nicht, welcher Tag gut war zum Sterben. Eigentlich jeder, dachte er. Aber sich für einen entscheiden. Und wie, ohne dass es blutete überall. Einfach umfallen wie der Postkartenhans. Aber man fällt nicht einfach um, nur weil die Zugehfrau kommt. So dachte er, während sie ihm gegenübersaß und sich die fettigen Finger ableckte. Die Knochen von dem Huhn auf einem Haufen vor ihr. Wann soll ich nun kommen, fragte sie wieder. Und er sagte Mittwoch. Weil Mittwoch nicht besser war als Montag. Sie hat ja gesagt, ist aufgestanden, hat abgespült, ihn auf die Stirn geküsst