Wettlauf mit der Zeit: Dr. Norden 73 – Arztroman
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Es war noch dunkel draußen, als die nahe Kirchturmuhr fünf Mal schlug. Unablässig fiel ein feiner, wispernder Regen, und als Annemarie Wendel, von allen nur Wendy genannt, im Morgengrauen erwachte, hatte sie das Gefühl, dass winzige Finger unablässig gegen die Fensterscheibe klopften. Unruhig warf sie sich im Bett von einer Seite auf die andere. Obwohl es noch viel zu früh am Morgen war, konnte sie keinen Schlaf mehr finden. »Das hält ja kein Mensch aus!«, schimpfte sie, als sie schließlich beschloss aufzustehen. »Da kann ich genauso gut zur Arbeit gehen und mich schon mal an die Abrechnung machen.« Auf bloßen Füßen tappte Wendy durch ihr Schlafzimmer ins Bad und war bereits eine halbe Stunde später zum Aufbruch bereit. »Geldbeutel, Schlüssel, Mobiltelefon«, prüfte sie den Inhalt ihrer Handtasche, ehe sie die Wohnungstür ins Schloss zog und sich auf den Weg in die Praxis machte. Es regnete noch immer, und das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich auf den nassen Gehwegen und Straßen. »Von wegen Sommer!«, schimpfte sie unwillig und umklammerte den Regenschirm, damit der Wind ihn nicht fortwehen konnte. Zum Glück war der Weg in die Praxis nicht weit, sodass Wendy halbwegs trocken dort ankam. Kaum hatte sie die Räume betreten, als auch schon ein zufriedenes Lächeln um ihre Lippen spielte. Das hier war ihr zweites Zuhause und als der aromatische Kaffeeduft durch den Flur zog, entfuhr ihr ein zufriedenes Seufzen. Doch die beschauliche Ruhe sollte ein jähes Ende finden. Wendy saß am Schreibtisch, in die Abrechnung vertieft, als ein wütender Windstoß durch die Bäume und Sträucher draußen fuhr. Die nassen Äste klatschten gegen die Scheiben, und Dr. Nordens langjährige Assistentin sprang auf, um sich zu vergewissern, dass draußen alles in Ordnung war.
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Buchvorschau
Wettlauf mit der Zeit - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 73 –
Wettlauf mit der Zeit
Patricia Vandenberg
Es war noch dunkel draußen, als die nahe Kirchturmuhr fünf Mal schlug. Unablässig fiel ein feiner, wispernder Regen, und als Annemarie Wendel, von allen nur Wendy genannt, im Morgengrauen erwachte, hatte sie das Gefühl, dass winzige Finger unablässig gegen die Fensterscheibe klopften. Unruhig warf sie sich im Bett von einer Seite auf die andere. Obwohl es noch viel zu früh am Morgen war, konnte sie keinen Schlaf mehr finden.
»Das hält ja kein Mensch aus!«, schimpfte sie, als sie schließlich beschloss aufzustehen. »Da kann ich genauso gut zur Arbeit gehen und mich schon mal an die Abrechnung machen.« Auf bloßen Füßen tappte Wendy durch ihr Schlafzimmer ins Bad und war bereits eine halbe Stunde später zum Aufbruch bereit. »Geldbeutel, Schlüssel, Mobiltelefon«, prüfte sie den Inhalt ihrer Handtasche, ehe sie die Wohnungstür ins Schloss zog und sich auf den Weg in die Praxis machte.
Es regnete noch immer, und das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich auf den nassen Gehwegen und Straßen.
»Von wegen Sommer!«, schimpfte sie unwillig und umklammerte den Regenschirm, damit der Wind ihn nicht fortwehen konnte. Zum Glück war der Weg in die Praxis nicht weit, sodass Wendy halbwegs trocken dort ankam.
Kaum hatte sie die Räume betreten, als auch schon ein zufriedenes Lächeln um ihre Lippen spielte. Das hier war ihr zweites Zuhause und als der aromatische Kaffeeduft durch den Flur zog, entfuhr ihr ein zufriedenes Seufzen.
Doch die beschauliche Ruhe sollte ein jähes Ende finden. Wendy saß am Schreibtisch, in die Abrechnung vertieft, als ein wütender Windstoß durch die Bäume und Sträucher draußen fuhr. Die nassen Äste klatschten gegen die Scheiben, und Dr. Nordens langjährige Assistentin sprang auf, um sich zu vergewissern, dass draußen alles in Ordnung war. Inzwischen graute ein blasser Morgen, und Wendy sah durch die Scheiben nach draußen. Von hier aus konnte sie direkt auf den Eingangsbereich der Praxis sehen. Sie konnte keinen Schaden feststellen. Dafür entdeckte sie etwas anderes.
»Nanu, was ist denn das?« Angestrengt starrte Wendy hinaus auf das Bündel, das vor dem überdachten Eingang auf dem Boden lag und das vorhin noch nicht dagewesen war. »Sieht aus wie ein Tragekorb«, murmelte sie und machte sich auf den Weg zur Tür.
Gleich darauf bestätigten sich ihre schlimmsten Befürchtungen.
Ungläubig blickte Dr. Nordens Assistentin hinunter auf den Babykorb vor ihren Füßen. Eingewickelt in eine dicke Decke lag darin ein Baby. Auf den ersten Blick war zu sehen, dass es erst wenige Stunden alt war.
»Das gibt’s doch nicht!«, schnaufte Wendy erschrocken und sah sich suchend um. Doch der Gehweg vor der Praxis war menschenleer. Und auch sonst gab es kein Anzeichen, woher das Kind so plötzlich stammen mochte. »Na komm schon, du kleiner Wurm. Lass uns erst mal reingehen. Da hast du dir ja einen wirklich unfreundlichen Tag ausgesucht.« Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Wagen ihrer Kollegin vorfuhr. Trotzdem wartete Wendy nicht länger, sondern brachte ihren kleinen Schützling in die wohltuende Wärme der Praxis. »Was machen wir denn jetzt mit dir, du kleiner Wurm?«, fragte sie, nachdem sie das Kind aus dem Korb genommen hatte.
Sie hielt das Kleine hoch und war so vertieft in seinen Anblick, dass sie nicht bemerkte, wie ihre Freundin und Kollegin Janine eintrat. Sie war triefend nass. Doch ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem ungewöhnlichen Bild, das sich ihr bot. »Wie heißt du Spatz denn?«, fuhr Wendy unterdessen mit ihrer Befragung fort.
»Sei mir nicht böse, wenn ich dir das so schonungslos sage. Aber Kinder in dem Alter können noch nicht sprechen«, erinnerte Janine ihre Kollegin belustigt.
Wendy schickte ihr nur einen kurzen Schulterblick, ehe sie das Kind in ihren rechten Arm bettete. Dann trat sie auf Janine zu und zeigte ihr das Bündel Mensch.
»Schau mal, was ich vorhin vor der Tür gefunden habe. Ich dachte, für solche Fälle gibt es Babyklappen an Krankenhäusern.«
»Jemand hat das Kind vor der Praxis abgelegt?« Damit hatte Janine nicht gerechnet und auch sie schnappte ungläubig nach Luft. Vor Mitgefühl zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Sie beugte sich über den Säugling und betrachtete ihn eingehend. »Wie kann eine Mutter so grausam sein und ihr Kind so kurz nach der Geburt aussetzen?«
Obwohl Wendy keine Antwort auf diese Frage hatte, sah sie die Dinge differenzierter.
»Solange wir keine Ahnung haben, was passiert ist, steht uns kein Urteil zu«, erklärte sie fast streng und drückte der verdutzten Janine kurzentschlossen das Baby in den Arm.
»Was hast du vor? Du lässt mich doch hoffentlich nicht mit einem Säugling allein? Mit Kindern kenne ich mich nicht aus.« Fast panisch sah Janine ihrer Freundin dabei zu, wie sie hinter dem Tresen verschwand.
»Keine Sorge. Ich rufe einen unserer Ärzte an. Sie müssen sofort kommen und das Baby untersuchen«, gab Wendy postwendend Entwarnung.
Erleichtert atmete Janine auf und konnte sich sogar ein bisschen entspannen.
»Dann ruf bei Danny an. Dr. Norden senior ist mit Sicherheit schon auf dem Weg in die Klinik«, empfahl sie Wendy. »Er wollte gleich in der Früh Frau Wegener besuchen.«
»Gut, dann Danny«, willigte Wendy ein und wählte die Nummer, die sie im Schlaf hätte aufsagen können.
*
Aromatischer Kaffeeduft entströmte der Tasse, die auf einem Tablett auf Danny Nordens Seite des Doppelbettes stand. Normalerweise genügte dieser Duft, um die junge Frau daneben selbst aus todesähnlichem Schlaf zu wecken. Doch diesmal ging diese Strategie nicht auf. Tatjana bewegte sich nicht.
Verliebt lächelnd beugte sich Danny über seine Freundin und küsste sie auf die vollen Lippen.
»Aufwachen, du Schlafmütze. Es ist gleich sieben Uhr.«
Doch auch auf diese liebevolle Begrüßung reagierte Tatjana nicht. Erst nach ein paar weiteren Küssen bewegte sie sich. Mit geschlossenen Augen schob sie ihren Freund entschieden von sich.
»Ich zeig dich an wegen Ruhestörung! Es ist noch mitten in der Nacht«, murrte sie unwillig und drehte sich auf die andere Seite. Dabei schaukelte das Tablett gefährlich auf der Matratze. »Wie konnte ich mich nur in so einen herzlosen Menschen verlieben? Ich muss verrückt gewesen sein.«
Nur Dannys beherzter Griff rettete den Kaffee vor dem Überschwappen.
»Geliebte Verrückte, ob du es hören willst oder nicht: Wenn du bei diesem Wetter keine Lust hast, zu Fuß zur Arbeit zu gehen, musst du wohl oder übel jetzt aufstehen.« Er nahm die Tasse vom Tablett und ging ums Bett herum, um sie Tatjana direkt unter die Nase zu halten.
»Ich hasse diesen unangenehmen Moment zwischen Aufstehen und Feierabend!«, stöhnte sie, schaffte es aber immerhin, eine Hand unter der Bettdecke hervorzuschieben und nach dem Kaffee zu greifen.
Danny lachte und stützte ihren Kopf, während sie mit geschlossen Augen trank und dann erschöpft wieder zurück in die weichen Kissen fiel.
»Wann bist du denn heute Nacht überhaupt ins Bett gekommen?« Die kunstvoll verzierten Donuts, die