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8 Wilde Western Großband 1002
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8 Wilde Western Großband 1002
eBook877 Seiten12 Stunden

8 Wilde Western Großband 1002

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende PETE HACKETT Western:

 

Band 49    Ein Rudel Bluthunde

Band 50    Bis zum letzten Tropfen Blut 

Band 51    Tag der Abrechnung 

Band 52    Longhorn-Trail 

Band 53    Die lange Jagd 

Band 54    Für Recht und Gesetz  

Band 55    Ich hol dich aus der Hölle, Bonny 

Band 56    Sharons Rache

 

Rinder muhten, Stiere brüllten, Kälber blökten. Fast widerwillig setzte sich die Herde in Bewegung. Staub wallte in die Höhe, als 2000 Hufe den Boden aufwühlten. Treiberpeitschen knallten. Zwei Mann bildeten den Schluss. Es waren die so genannten Dragrider. Zwei Mann ritten an der Spitze, zwei hüteten die Flanken.Es waren also sechs Männer, die eine Herde der Diamant-B Ranch abtrieben.Rustler!Sie waren ins Land gekommen, um sich ein Stück von dem großen Kuchen abzuschneiden, den es nach ihrer Meinung zu verteilen galt. Der Anführer der Bande hieß Steve Clark. Er war ein mit allen schmutzigen Wassern gewaschener Bandit, dem nichts heilig war. Er war zusammengesetzt aus Niedertracht, Heimtücke und Skrupellosigkeit ...

 

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBEKKERpublishing
Erscheinungsdatum10. Sept. 2023
ISBN9798223205586
8 Wilde Western Großband 1002

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    Buchvorschau

    8 Wilde Western Großband 1002 - Pete Hackett

    8 Wilde Western Großband 1002

    von Pete Hackett

    Pete Hackett Western - Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien Der Kopfgeldjäger, Weg des Unheils, Chiricahua und U.S. Marshal Bill Logan.

    U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.

    ––––––––

    Über den Autor

    Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

    Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie Texas-Marshal und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.

    Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie Der Kopfgeldjäger. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

    Band 49

    Ein Rudel Bluthunde

    Rinder muhten, Stiere brüllten, Kälber blökten. Fast widerwillig setzte sich die Herde in Bewegung. Staub wallte in die Höhe, als 2000 Hufe den Boden aufwühlten. Treiberpeitschen knallten. Zwei Mann bildeten den Schluss. Es waren die so genannten Dragrider. Zwei Mann ritten an der Spitze, zwei hüteten die Flanken.

    Es waren also sechs Männer, die eine Herde der Diamant-B Ranch abtrieben.

    Rustler!

    Sie waren ins Land gekommen, um sich ein Stück von dem großen Kuchen abzuschneiden, den es nach ihrer Meinung zu verteilen galt. Der Anführer der Bande hieß Steve Clark. Er war ein mit allen schmutzigen Wassern gewaschener Bandit, dem nichts heilig war. Er war zusammengesetzt aus Niedertracht, Heimtücke und Skrupellosigkeit ...

    John Hollow sah die Staubwolke, die sich über eine flache Anhöhe erhob. Es war mehr Staub, als dass ihn nur der Wind aufgewirbelt haben konnte. Schließlich vernahm der Cowboy auch das ferne Rumoren, das die trailenden Rinder verursachten.

    Jack, rief Hollow, hörst du das auch? Hört sich an, als würde in der Ferne ein Gewitter heraufziehen. Aber es ist kein Gewitter. Denn ich sehe keine einzige Wolke am Himmel.

    Ja, ich vernehme es, antwortete Jack Parker. Die Geräusche verursacht eine ziehende Herde. Ist dir was bekannt, dass Rinder abgetrieben werden sollen?

    Nein. Doch nicht mitten im Sommer.

    Sehen wir nach, stieß Jack Parker hervor.

    Die beiden Cowboys trieben ihre Pferde an. Die Herde, die sie bewachten, war ruhig. Sie konnten es sich also leisten, die Tiere alleine zu lassen.

    Die Pferde trugen sie durch die weitläufige Ebene und dann den Abhang der Anhöhe hinauf, über der John Hollow die Staubwolke gesehen hatte. Oben zerrten sie ihre Pferde in den Stand. Sie sahen die Herde, die weiter westlich in eine Lücke zwischen den Hügeln zog. Aufgewirbelter Staub markierte ihren Weg.

    Das sind Viehdiebe!, entfuhr es John Hollow. Gott verdamm mich! Es sind Rustler, die die Herde abtreiben. Wir müssen einschreiten, Jack.

    Ja. Jack Parker zog das Gewehr aus dem Scabbard und gab seinem Pferd die Sporen. Das Tier streckte sich und verfiel schon nach wenigen Schritten in stiebenden Galopp.

    John Palmer zog ebenfalls seine Winchester aus dem Sattelschuh und repetierte. Dann folgte er seinem Gefährten. Die Hufe ihrer Pferde wirbelten.

    Die beiden Cowboys dachten in diesen Sekunden nicht an die Gefahr, in die sie sich begaben. Sie sahen es als ihre Pflicht an, einzuschreiten.

    Einer der Schlussreiter sah sie kommen. Er machte seinen Komplizen, der mit ihm am Schluss der Herde ritt, darauf aufmerksam. Die beiden drehten die Pferde herum und nahmen die Gewehre zur Hand. John Hollow und Jack Parker ritten auseinander. Tief duckten sie sich auf die Hälse ihrer Pferde. Hollow begann trotz des scharfen Rittes zu schießen. Im Auf und Ab des Galopps aber war es unmöglich, zu zielen. Und so verfehlten seine Kugeln die Rustler.

    Die Pferde der beiden Banditen standen ruhig. Einer der Kerle feuerte. Hollows Pferd brach vorne ein, schlitterte ein ganzes Stück über den Boden und kippte schließlich zur Seite. Hollow überschlug sich einige Male im Gras. Benommen blieb er liegen.

    Parker stob weiter auf die Rustler zu.

    Wieder peitschte ein Gewehr. Auch Parkers Pferd brach zusammen. Hals über Kopf stürzte der Cowboy zu Boden. Das Pferd schlegelte noch einige Male mit den Hufen, dann lag es still.

    Parker kam auf die Beine, holte sein Gewehr, das er verloren hatte, hob es an die Schulter, zielte kurz und feuerte. Aber da trieben die Rustler ihre Pferde schon wieder an. Die Kugel war vergeudet. Einer der Banditen drehte sich im Sattel herum und schoss. Parker warf sich hinter dem Pferdekadaver in Deckung. Er riegelte eine Patrone in den Lauf. Doch er feuerte nicht mehr. Er sah ein, dass er den Abtrieb der Herde nicht verhindern konnte. Seine Zähne knirschten in hilfloser Wut übereinander.

    Parker erhob sich und ging zu Hollow hin, der jetzt seine Benommenheit abschüttelte und sich aufsetzte. Hollow griff sich an den Kopf und stöhnte. Die Hölle verschlinge diese verdammten Banditen, entrang es sich ihm. Er erhob sich und stand schließlich schwankend vor seinem Gefährten.

    Einer von uns muss Strong benachrichtigen, knurrte Parker.

    Ja. Gehen wir ins Camp zurück. Ich glaube, ich habe eine leichte Gehirnerschütterung. Das heißt, dass du zur Ranch reiten musst, Jack.

    Sie nahmen ihren toten Pferden Sattel- und Zaumzeug ab, dann marschierten sie den Weg zurück, den sie gekommen waren.

    Die Herde war in dem Hügeleinschnitt verschwunden. Der aufgewirbelte Staub senkte sich auf die Erde zurück. Bald war auch das ferne Grollen in der Lautlosigkeit versunken.

    John Hollow und Jack Parker erreichten das Weidecamp. In einem Seilcorral standen für jeden von ihnen zwei Ersatzpferde. Jack Parker legte einem der Tiere seinen Sattel auf und zäumte es. Dann schwang er sich in den Sattel und ritt an ...

    *

    Das ist die zweite Herde innerhalb einer Woche, die die verdammten Rustler abgetrieben haben, wetterte Mel Strong, der Vormann der Diamant-B Ranch.

    Die Diamant-B war eine Unterranch der Green Belt Ranch. Diese lag am Salt Fork Red River und war eine Hauptranch der Panhandle Cattle Company. Verwalter der Green Belt war Charles McLeod, ein 50-jähriger, unduldsamer Mann, der gerne seine eigenen Gesetze schrieb und praktizierte.

    Wir müssen McLeod Bescheid sagen, fuhr Mel Strong fort. Er soll entscheiden, ob wir den Rustlern folgen oder ob wir das Bezirksgericht einschalten.

    Die Spur der Herde ist frisch, sagte Jack Parker. Es wäre ein Leichtes, ihr zu folgen und den Höllenhunden die heilige Mannesfurcht einzujagen.

    Und dabei riskieren, dass sie aus dem Hinterhalt ein Zielschießen auf uns veranstalten. Mel Strong schüttelte den Kopf. Wozu haben wir das Distriktgericht mit seinen Marshals? Es ist deren Job, Verbrecher zu jagen und zu stellen.

    Soll ich gleich zur Green Belt weiterreiten?, fragte Jack Parker.

    Nein. Ruhe dich ein paar Stunden aus und kehre dann ins Weidecamp zurück. Ich reite selbst zur Green Belt.

    Eine halbe Stunde später war der Vormann auf dem Weg. Er ritt eine Fuchsstute. Für den Weg bis zur Green Belt Ranch benötige er vier Stunden. Verstaubt und verschwitzt kam er an. Einer der Ranchhelfer übernahm sein Pferd, um sich darum zu kümmern. Strong ging nicht zum Haupthaus, sondern betrat den kleinen Anbau, in dem sich das Ranch Office befand.

    Er traf im Büro auf Cole Hebard, den Vormann der Green Belt.

    Was treibt dich her?, fragte Hebard, nachdem er Strongs Gruß erwidert hatte. Bei dieser Hitze ...

    Die Viehdiebe haben wieder eine Herde gestohlen, Cole, erklärte Strong. 500 Longhorns. Jetzt sind es bereits über 1000 Rinder, die sie abgetrieben haben.

    Hebard presste einen Moment die Lippen zusammen, dann fragte er: Seid ihr den Viehdieben gefolgt?

    John Hollow und Jack Parker versuchten, sie aufzuhalten. Sie haben den beiden die Pferde weggeschossen. Den Rustlern zu folgen, hieße, das Leben meiner Cowboys aufs Spiel zu setzen. Wir sind bereits einmal in ihren Hinterhalt geritten. Drei Reiter wurden verwundet. Genauso gut hätten sie tot sein können.

    Fragen wir McLeod, knurrte Hebard. Er ist schließlich der Boss.

    Sie begaben sich ins Haupthaus, wo sie in der großen Halle den Ranchboss antrafen. McLeod war ein großer, schwergewichtiger Mann mit markanten Gesichtszügen. Er verströmte ein hohes Maß an natürlicher Autorität. Ein Blick in seine harten, grauen Augen verriet, dass er in der Lage war, seinen Absichten und Wünschen Geltung zu verschaffen. Strong, Sie?, entfuhr es ihm überrascht, als die beiden Vormänner die Halle betraten.

    Mel Strong erklärte, was ihn herführte. Die Brauen McLeods hatten sich zusammengeschoben, zwei senkrechte Falten hatten sich über seiner Nasenwurzel gebildet. Er grollte, nachdem Strong geendet hatte: Wir können es nicht hinnehmen, dass diese elenden Banditen unser Vieh stehlen. Hebard, nehmen Sie sich ein Dutzend Reiter und folgen Sie der Spur der Viehdiebe. Sie werden nach dem Gesetz der freien Weide behandelt, wenn ihr sie erwischt.

    Es sind ausgekochte, hartgesottene Banditen, wandte Cole Hebard ein. Strong ist ihnen schon nach dem ersten Diebstahl gefolgt. Was dabei herauskam, wissen wir. Drei Cowboys wurden verwundet, einer davon schwer. Wenn wir ihnen erneut folgen, kann es Tote geben. Drum bin ich dafür, dass wir einen Reiter nach Amarillo schicken, der Anzeige beim Bezirksgericht erstattet. Soll doch Richter Humphrey einige Marshals damit beauftragen, dem Rustlerunwesen auf PCC-Weide entgegenzutreten.

    McLeod schaute nachdenklich. Schließlich nickte er. Sie haben Recht, Hebard. Schicken Sie einen Boten nach Amarillo zu Richter Humphrey. Ja, lassen wir das Bezirksgericht für uns die Kastanien aus dem Feuer holen. Warum sollen die Marshal nicht auch mal für die PCC tätig werden?

    Er grinste nach seinem letzten Satz vielsagend, um nicht zu sagen höhnisch. Seine letzten Worte waren nicht von ungefähr gefallen. Die Green Belt Ranch hatte in der Vergangenheit vor allem der Horseshoe Ranch Jane Carters hart zugesetzt. Der frühere Vormann der Ranch, Pat Tatum, war sogar einer der Mörder Jim Carters gewesen, mit dem Jane verheiratet gewesen war. Tatum wurde von U.S. Marshal Bill Logan erschossen ...

    Zwanzig Minuten später war ein Mann nach Amarillo unterwegs.

    Mel Strong kehrte auf die Diamant-B zurück ...

    *

    One Eye Jim Tucker folgte der Spur der Herde. Ihn hatte Richter Jerome F. Humphrey damit beauftragt, dem Rustlerunwesen auf dem Weideland der Green Belt Ranch ein Ende zu setzen.

    Tucker war U.S. Marshal und ritt für das District Court for the Northern District of Texas. Als 17-Jähriger verlor er sein linkes Auge durch eine Schrotkugel. Er trug eine schwarze Augenklappe über dem Auge. Sie verlieh ihm das Aussehen eines Piraten.

    Tucker war ein bemerkenswerter Mann; groß, hager, dunkel, hart und wortkarg. Ein schwarzer Schnurrbart verdeckte seine Oberlippe. Wo andere redeten, handelte er. Er war der härteste Marshal, den das Distriktgericht beschäftigte.

    Tucker war mit seinem Gefängniswagen unterwegs. Zwei Kaltblüter zogen das rollende Gefängnis, das auch 'Tumblewed-Wagen' genannt wurde. Sein Reitpferd, einen Braunen, hatte Tucker am Fuhrwerk festgebunden.

    Der Aufbau des Fuhrwerks war eine mit dicken Bandeisen verstärkte Balkenkonstruktion. Die Seite zum Kutschbock sowie die rechte Längsseite waren mit dicken Bohlen verschalt, und an diesen geschlossenen Wänden gab es jeweils eine hölzerne Sitzbank. Über den Sitzbänken waren an dicken, rostigen Eisenketten Handschellen befestigt. Die Bank an der Längsseite des Fuhrwerks bot einem halben Dutzend Männern Platz, die an der Breitseite dreien.

    Die Rückseite und die linke Längsseite des Aufbaus waren mit soliden Eisenstangen gesichert wie eine Gefängniszelle. Die Tür in der Rückseite, zu der vier Stufen hinaufführten, ebenfalls. Durch Rück- und Längsseite konnte man in den Wagen blicken wie in einen Raubtierkäfig.

    Der einäugige Marshal benutzte die Reit- und Fahrstraße, die von Amarillo aus nach Osten führte. Die Straße war von Rädern zerfurcht und von Hufen zerwühlt. Feiner Sand knirschte unter den eisenumreiften Rädern des Gefängniswagens. Die Achsen quietschten leise in den Naben, in denen sich das Wagenfett mit Staub vermischt hatte.

    Es war heiß. Die Sonne stand wie eine zerfließende Scheibe aus Weißgold hoch im Zenit. Die Gespanntiere gingen mit hängenden Köpfen. In ihrem Fell glitzerte der Schweiß. Die Hitze setzte auch dem Mann zu.

    Tucker war am frühen Morgen aufgebrochen. Bis zum McClellan Creek hatte er insgesamt 80 Meilen zurückzulegen. Der Marshal hatte zwei Tage für die Strecke veranlagt. Manchmal nahm er einen Schluck aus der Wasserflasche, die neben ihm auf dem Wagenbock lag. Hin und wieder nahm er auch seinen Hut ab, um mit seinem Halstuch das Schweißband trocken zu wischen.

    Im Schatten eines haushohen Felsens hielt Jim Tucker das Gespann an. Am Fuhrwerk war ein Wasserfass befestigt. Daneben hing ein Eimer aus Leder an einem Haken. Jim Tucker tränkte die Tiere. Dann aß er Dörrfleisch und Brot. Obwohl er im Schatten saß, war es fast unerträglich heiß.

    Tucker rastete eine Stunde. Ehe er weiterfuhr, stieg er mit seinem Fernglas auf eine Anhöhe, um einen Blick in die Runde zu werfen.

    Hügel, so weit das Auge reichte. Die Straße verschwand im Osten zwischen den Abhängen, auf denen niedrige Büsche wuchsen. Hier und dort ragte ein Felsen aus dem Boden. Alles war ruhig, wie ausgestorben.

    Tucker kehrte zum Fuhrwerk zurück, verstaute das Fernglas in der Satteltasche, stieg auf den Bock und griff nach der Peitsche. Die Peitschenschnur knallte in der Luft wie ein Revolverschuss. Die Gespannpferde zogen an ...

    Die Nacht verbrachte Tucker an der Quelle des McClellan Creek. Er baute mit seinem Lasso einen Seilcorral, der zum Fluss hin offen war, und nahm seinem Pferd den Sattel ab. Tucker schlief tief und fest. Am Morgen ging es weiter. Und am späten Nachmittag erreichte er die Diamant-B Ranch.

    Es war keine große Ranch, mehr ein Außenwerk der Green Belt. Die beiden Ranchhelfer hielten in ihrer Arbeit inne und beobachteten den großen Mann mit dem seltsamen Fuhrwerk, das an einen Käfig erinnerte.

    Tucker stieg vom Bock.

    Aus dem Ranchhaus trat Mel Strong. Er sah das Abzeichen an Tuckers schwarzer Weste und kniff die Augen eng. Sie kommen vom Bezirksgericht?

    Ja. Mein Name ist Tucker. McLeod von der Green Belt hat Anzeige erstattet, weil wiederholt seine Rinder gestohlen wurden.

    So ist es. Aber dass der Richter nur einen einzigen Mann schickt ...

    Sicher weiß Humphrey, was er tut, knurrte Tucker.

    Kommen Sie herein. Strong rief: Jesse, kümmere dich um die Pferde des Marshals.

    Einer der Ranchhelfer setzte sich sofort in Bewegung.

    Strong machte eine einladende Handbewegung. Tucker schritt an ihm vorbei ins Haus. Er befand sich in einer nicht sehr großen Halle, in der ein Tisch stand, um den herum sechs Stühle gruppiert waren.

    Setzen Sie sich, forderte Strong den Marshal auf. Möchten Sie etwas trinken?

    Nein, danke. Tucker ließ sich nieder.

    Auch Strong setzte sich. Es handelt sich um eine Bande von mindestens sechs Mann, Marshal. Hat das der Bote von der Green Belt dem Richter nicht erzählt? Ich fürchte, dass Sie alleine keine Chance haben, den Schuften das Handwerk zu legen.

    Das lassen Sie meine Sorge sein, Strong, versetzte Tucker ruhig. Einer Ihrer Leute muss mich zum Ort des Überfalles führen. Von dort aus werde ich die Spur aufnehmen.

    Wollen Sie etwa mit dem Wagen kreuz und quer durchs Gelände fahren? Ungläubig musterte Strong den Marshal.

    Soweit es das Gelände zulässt – ja.

    Na schön. Wie Sie meinen. Strong schaute skeptisch. Sie können die Nacht in der Mannschaftsunterkunft verbringen. Morgen früh wird Sie einer meiner Männer auf die Ostweide begleiten.

    Ich will gleich aufbrechen. Warum eine Nacht abwarten?

    Von mir aus, sagte Strong. Ich überlasse es Ihnen, Marshal.

    Strong erhob sich und ging zu Tür. Matt!

    Ein Mann antwortete.

    Sattle dein Pferd. Du musst dem Marshal den Weg zur Ostweide zeigen.

    Strong kam zurück. Es sind gut fünf Meilen, Marshal. In zwei Stunden wird es dunkel. Wollen Sie es sich nicht überlegen?

    "Nein. Ich übernachte irgendwo im Freien, sobald ich die Spur aufgenommen habe.

    Strong zuckte mit den Achseln ...

    Zwei Stunden später lag die Spur vor Jim Tucker. Der Mann, der ihn hergeleitet hatte, ritt zur Ranch zurück. Die Rinder hatten eine richtige Schneise in das Weideland getreten. Der Boden war aufgewühlt. In der Ebene lagen zwei tote Pferde. Die Kadaver waren über und über mit Fliegen bedeckt.

    Die Sonne stand im Westen schon dicht über dem Horizont. Rötlicher Schein lag auf den Hügelkuppen und Abhängen. Die Schatten waren lang und blass.

    Jim Tucker fuhr auf der Fährte. Sie bohrte sich zwischen die Hügel. Linkerhand floss der McClellan Creek. Das Wasser glitzerte im Sonnenuntergang wie flüssige Bronze. Im Ufergestrüpp zwitscherten die Vögel. Die Sonne versank. Von Osten her schoben sich die Grauschleier der Dämmerung ins Land.

    Erst, als es finster war, hielt der einäugige Marshal an. Er schlug zwischen einigen Büschen sein Nachtlager auf. Über ihm glitzerten Myriaden von Sternen. Der Mond stand im Osten über dem hügeligen Land. Tucker tränkte die Pferde. Irgendwo in der Ferne heulte ein Coyote. Tucker benutzte den Sattel als Kopfkissen. Als ihn die Müdigkeit zu überwältigen drohte, vernahm er Hufschlag.

    Schlagartig war der Marshal hellwach. Er schleuderte die Decke weg und erhob sich, griff nach seinem Gewehr und repetierte. Dann glitt er zwischen die Büsche und wurde eins mit der Finsternis.

    Die Hufschläge näherten sich ihm von Norden. Sie wehten über den Creek und wurden langsam deutlicher. Dann sah Tucker auf der anderen Seite des Flüsschens einige Reiter, die sich aus der Dunkelheit schälten. Sie ritten in loser Ordnung. Tucker zählte sechs Mann. Sie lenkten ihre Pferde in den Fluss. Das Wasser gischtete und spritzte. Tucker zeigte sich nicht. Die Reiter zogen in einer Entfernung von ungefähr 100 Yards an den Büschen vorbei, zwischen denen Tucker den Gefängniswagen abgestellt und sein Nachtlager aufgeschlagen hatte.

    Jim Tucker fragte sich, ob es sich um Reiter der Diamant-B oder von der Green Belt Ranch handelte, oder ob er einige der Rustler vor sich hatte. Vielleicht sogar die ganze Bande. Wenn es so war, dann mussten sie mit der Herde irgendwo den Fluss überquert haben.

    Die Reiter verschmolzen wieder mit der Dunkelheit. Die Hufschläge wurden leiser und leiser und verklangen schließlich. Der Marshal überlegte, ob er den Reitern folgen sollte. Doch dann entschloss er sich, es nicht zu tun. Wenn es sich um die Rustler handelte, würden sie mit einer gestohlenen Herde irgendwann in der Nacht zurückkommen. Er brauchte also nur abzuwarten.

    Tucker rollte sich wieder in seine Decke und schloss die Augen. Gleich darauf war er eingeschlafen. Als er die Augen wieder aufschlug, graute der Morgen. Dumpfes Rumoren erfüllte die Luft. Tucker wusste die Geräusche sofort zu deuten. Da kam eine Herde. Je näher sie kam, desto deutlicher wurden die Geräusche. Tucker erhob sich und schlich zum Rand der Buschgruppe, in der er lagerte.

    Die Herde zog südlich an ihm vorbei. Sechs Mann trieben sie. Treiberpeitschen knallten, Horn klapperte, buschige Schwanzenden peitschten über knochige Rücken. Es waren gut und gerne 600 Longhorns. Fast greifbar nahe zogen sie an Jim Tucker vorbei.

    Der Marshal ahnte, dass es sich um eine gestohlene Herde handelte. Er wartete, bis sie verschwunden war. Dann spannte er die Pferde vor die Kutsche, sattelte sein Reittier und band es am Gefängniswagen fest. Langsam folgte er der Herde. Er erreichte die Stelle, wo sie den McClellan Creek überschritten hatte. Deutlich lag die Spur vor ihm. Sie führte auf der anderen Flussseite weiter nach Osten.

    Als die Fährte vor Tucker zwischen den Hügeln verschwand, ließ er den Gefängniswagen mit den beiden Zugtieren zurück. Er saß im Sattel und ritt auf der Spur. Das Gewehr hielt Tucker in der Hand. Er hatte es quer über dem Mähnenkamm des Braunen liegen. Eine Kugel befand sich in der Kammer.

    Tuckers Sinne waren aktiviert. Er spürte die Anspannung, die ihn erfüllte und sicherte unablässig um sich. Und das rettete ihm das Leben. Als es zwischen den Hügeln aufblitzte, ließ Tucker sich seitlich vom Pferd kippen. Die Kugel pfiff über den Kopf des Pferdes hinweg und hätte Tucker in die Brust getroffen, hätte er nicht derart geistesgegenwärtig gehandelt.

    Der Marshal gab zwei Schnappschüsse ab, schnellte hoch und kam mit einem Satz aufs Pferd. Hart trieb er den Braunen an. Er jagte ihn nach Norden. Noch zweimal peitschte es zwischen den Hügeln auf, aber die Geschosse verfehlten den einäugigen Marshal. Dann war er aus dem Schussfeld seiner Gegner und zerrte das Pferd in den Stand. Eine wilde Entschlossenheit sprach aus jedem Zug seines Gesichtes. Das rechte Auge blickte hart. Für Heckenschützen brachte Tucker nicht die Spur von Verständnis auf. Na warte, Hombre, murmelte er für sich ...

    *

    Jim Tucker saß ab. Er leinte den Braunen an einem Strauch fest und rannte den Abhang hinauf. Oben ging er neben einem Felsen in Deckung. Das Gewehr hielt er an der Hüfte. Er spähte in die Richtung, aus der er beschossen worden war. Tucker wusste, dass der Schütze in dem Einschnitt zwischen den Hügeln gelauert hatte. Dass es einer der Rustler war, stand für ihn außer Frage.

    Der Marshal verließ die Hügelkuppe und ritt hinter den Anhöhen nach Osten, schlug einen Bogen nach Süden und erreichte den McClellan Creek. Hier stieß er auch wieder auf die Spur der Herde. Er trieb sein Pferd ins Ufergebüsch und wartete.

    Die Sonne schob sich über die Hügel im Osten und vertrieb das Grau des Morgens. Die Natur gewann ihre Farben zurück.

    Tucker hörte ein Pferd kommen. Der Reiter ließ das Tier traben. Der Marshal bog das Zweiggespinst etwas zur Seite und hatte den Blick frei auf den Burschen. Ahnungslos ritt der Rustler vorüber. Jim Tucker trieb den Braunen aus dem Gebüsch und rief: Stopp! Und keine falsche Bewegung.

    Erschreckt fiel der Reiter dem Pferd in die Zügel und hielt es an. Er vollführte mit dem Oberkörper eine halbe Drehung stützte sich mit dem linken Arm auf die Kruppe seines Pferdes und rief: Was willst du von mir? O verdammt, du trägst ja einen Stern ...

    Ich bin U.S. Marshal Jim Tucker, sagte dieser. Du gehörst zu den Kerlen, die das Vieh der Diamant-B stehlen, nicht wahr? Wie ist dein Name?

    Du – du bist Jim Tucker?, entrang es sich dem Burschen ungläubig. Goddam ...

    Was ist?

    Nichts. Es ist nichts. Der Bursche zögerte. Ich habe von dir gehört, sagte er schließlich. Du bist in Amarillo stationiert.

    Tucker nickte. Deinen Namen, Hombre.

    Welsh – Broderick Welsh. Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Ich bin auf dem Ritt nach Osten.

    Wirf mir dein Gewehr her.

    Warum?

    Du sollst es mir zuwerfen. Mach schon! Tucker zeigte Ungeduld. Aber keine krummen Touren. Ich bin auf der Hut.

    Welsh zog die Winchester aus dem Scabbard und warf sie Tucker zu. Der fing sie geschickt auf und schnupperte an der Mündung. Dann stieß er das Gewehr in seinen Scabbard. Mit diesem Gewehr wurde vor wenigen Minuten geschossen, erklärte der Marshal schließlich mit Bestimmtheit im Tonfall. Die Kugeln, die du verschossen hast, galten mir. Okay, mein Freund. Steig vom Gaul und heb die Hände. Du bist verhaftet.

    Verdammt, Marshal, ich ...

    Barsch schnitt ihm Tucker das Wort ab. Keine Ausflüchte. Du gehörst zu den Viehdieben. Du bist zurückgeblieben, um etwaige Verfolger mit Pulver und Blei von eurer Fährte zu fegen. Ich wiederhole mich nicht gerne. Deshalb zum letzten Mal: Absitzen und Hände in die Höhe.

    Der Viehdieb hob sein rechtes Bein über das Sattelhorn, ließ sich vom Pferd gleiten und nahm die Hände in die Höhe. In seinem Gesicht arbeitete es. Seine Kiefer mahlten. Du machst einen Fehler, Tucker.

    Das lass meine Sorge sein. – Umdrehen! Der Marshal setzte sich in Bewegung. Gut so. Lass nur die Hände oben. Er zog Welsh den Colt aus dem Holster und schob ihn hinter seinen Hosenbund. Du kannst dich jetzt wieder umdrehen und die Hände nach unten nehmen.

    Okay, Tucker. Ich werde dir jetzt was sagen. Ich kenne deinen Namen, weil ihn dein Halbbruder des Öfteren genannt hat.

    Mein Halbbruder!, blaffte Tucker. Sprichst du von Steve Clark?

    Genau von dem. Er ist unser Anführer. Der Bandit lachte fast belustigt auf. Du wirst doch nicht dein eigen Fleisch und Blut jagen und ins Zuchthaus bringen?

    Jim Tuckers Miene hatte sich verschlossen. Seine Lippen bildeten nur noch einen dünnen, rasiermesserscharfen Strich. Er blickte in das hämisch verzogene Gesicht des Banditen und schien dessen Worten hinterher zu lauschen. Dann ließ er seine Stimme erklingen: Wieso hat sich Steve ausgerechnet den Panhandle für seine dunklen Machenschaften ausgesucht? Denkt er, ich lasse ihn gewähren, weil wir dieselbe Mutter hatten?

    Das war sicherlich nicht der Grund, versetzte der Bandit grinsend. Aber das Panhandle ist ein Viehzüchterland. Es gibt hier zig tausende von Rindern auf den Weiden der PCC. Wir haben uns auf Viehdiebstahl spezialisiert. Der Panhandle ist für uns so etwas wie eine Spielwiese.

    Jim Tucker entschied sich von einem Augenblick zum anderen. Aufsitzen, Bandit. Wir reiten zu Steve.

    Willst du ihm ins Gewissen reden? Willst du ihn veranlassen, den Panhandle zu verschonen? Ich denke mal, das ist vergebliche Liebesmüh, Tucker. Steve will Geld verdienen. Wenn die Herde, die wir zusammenstehlen, groß genug ist, treiben wir sie nach Kansas und verhökern sie an den Meistbietenden.

    Steig auf.

    Welsh schwang sich in den Sattel.

    Tucker saß ebenfalls auf. Steigbügel an Steigbügel folgten sie der Herde nach Osten. Nach etwa fünf Meilen holten sie sie ein. Sie stand in einem Talkessel, wo der McClellan Creek in den North Fork Red River mündete. Dieses Gebiet gehörte weder zum Weideland der Diamant-B noch der Green Belt Ranch. Es handelte sich um Gebiet, das die Regierung von Texas für die Besiedlung freigegeben hatte.

    Tucker schätzte, dass mehr als 1500 Longhorns in dem Talkessel standen. Die Rustler hatten am Rand des Tales ein Camp errichtet. Einer der Kerle hielt auf einer Anhöhe, von der aus er weit auf ihrer Fährte zurückblicken konnte, Wache.

    Broderick Welsh bedeutete dem Wachposten, dass alles in Ordnung sei. Er und Tucker ritten zu dem Camp am Ostrand des Tales. Vier Kerle erwarteten sie. Einer von ihnen kniff die Augen eng und stieß hervor: Ich glaube es nicht. Du, Jim!?

    Tucker hatte seinen Braunen angehalten. Ja, ich, Steve. Wie ich hörte, hast du dich neuerdings auf Viehdiebstahl spezialisiert.

    Steve Clark nickte. Er war genauso dunkel wie Jim Tucker, allerdings etwa einen halben Kopf kleiner, dafür aber untersetzter. So ist es, Jim. Reitest du auf unserer Fährte?

    Ja. Charles McLeod von der Green Belt Ranch hat beim Distriktgericht Hilfe angefordert. Richter Humphrey schickte mich, um den Viehdieben im Gray County das Handwerk zu legen.

    Wirst du uns jetzt verhaften?, fragte Steve Clark spöttisch und grinste hintergründig.

    O verdammt, Steve, knurrte Tucker. Du stellst mich vor eine schwere Entscheidung. Ich hatte nie etwas gegen dich, und das weißt du. Weshalb hast du dir ausgerechnet den Panhandle als dein Jagdrevier ausgesucht? Du wusstest doch, dass ich hier als Marshal tätig bin.

    Du interessierst mich nicht, Jim. Unsere Wege haben sich vor vielen Jahren getrennt. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen und ...

    ... wirst als Bandit enden, wenn du so weitermachst. Das Gesetz steht in diesem Land noch auf schwachen Beinen. Wir Marshals können nicht überall sein. Wenn du beim Viehdiebstahl erwischt wirst, wird man dich wahrscheinlich an den nächsten Baum hängen.

    Clark winkte ab. Mit ehrlicher Arbeit kommst du in unserem Land nicht weit, Jim. Ich aber will eines Tages ein reicher und mächtiger Mann sein, der den Ton angibt. Sieh dich doch an, Jim. Was ist aus dir geworden? Ein Sternschlepper, der für 50 oder 100 Dollar im Monat Tag und Nacht den Sattel quetscht. Großer Gott, das wäre kein Leben für mich.

    Ich verlange von dir, dass du aus dem Panhandle verschwindest, Steve, knurrte Tucker. Die gestohlenen Rinder bleiben hier. Zwing mich nicht, gegen dich vorzugehen.

    Würdest du das?

    Ja. Aber du sollst deine Chance haben. Verschwinde samt deinem Anhang aus dem Panhandle, Steve. Und hör auf, dich an anderer Leute Eigentum zu vergreifen. Du kannst dir mit Diebstahl und Raub keine Existenz aufbauen. Deine Vergangenheit wird dich immer wieder einholen.

    Steve Clark nagte an seiner Unterlippe. Nachdenklich fixierte er Jim Tucker. Plötzlich nickte er. In Ordnung, Jim. Ich verlasse mit meinen Freunden die Gegend. Es wäre nicht gut, wenn ich dich zwingen würde, gegen mich, deinen Bruder, vorzugehen. Es war dumm, überhaupt in diesen Landstrich zu kommen.

    Eine kluge Entscheidung, Steve. Ich hoffe, du hältst Wort.

    So wahr, wie wir die gleiche Mutter hatten, Jim.

    Tucker betrachtete seinen Halbbruder skeptisch. Lass Mutter aus dem Spiel, Steve. Sie würde sich sicherlich im Grab umdrehen, wenn sie sehen könnte, was aus dir geworden ist.

    Jim Tucker zog den Revolver aus dem Hosenbund, den er Broderick Welsh abgenommen hatte. Er reichte ihm den Viehdieb, dann gab er ihm auch sein Gewehr zurück. Schließlich wandte er sich noch einmal an seinen Halbbruder. Ich verlasse mich auf dein Wort, Steve. Andernfalls ...

    Tucker brach ab. Er wollte seinem Bruder nicht drohen. Seine Einstellung zu Steve Clark hatte er klar zum Ausdruck gebracht. Der Marshal wusste, dass es nicht rechtens war, was er tat. Er ließ ein halbes Dutzend Banditen laufen. Aber Blut ist dicker als Wasser. Er wollte seinen Halbbruder nicht ins Zuchthaus bringen. Darum ließ er Gnade vor Recht ergehen.

    Der Marshal zog das Pferd um die linke Hand. Ohne ein Wort des Abschieds ritt er davon.

    Steve Clark blickte ihm hinterher. Ein spöttisches Grinsen kerbte seine Mundwinkel nach unten. Als Jim Tucker über einer Bodenwelle verschwunden war, fragte einer der Kerle: Willst du wirklich die Gegend verlassen und die Rinder hier zurücklassen?

    Ja, wir verschwinden für einige Zeit, aber die Rinder nehmen wir mit, erwiderte Steve Clark. Mein Halbbruder kann mir gestohlen bleiben. Ich fürchte ihn nicht.

    *

    Jim Tucker begab sich zur Diamant-B Ranch. Er erklärte Mel Strong, dem Vormann, dass er die gestohlenen Herden an der Mündung des McClellan Creek in den North Fork Red River gefunden habe und dass die Viehdiebe das Weite gesucht hätten.

    Mel Strong schickte ein halbes Dutzend Cowboys los, die die Herde zurückbringen sollten.

    Tucker machte sich auf den Weg nach Amarillo.

    Die sechs Cowboys ritten in einen Hinterhalt. Als der Kampf aus war, hatten zwei von ihnen ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Einer war verwundet. Von nun an ging es nicht mehr nur um Viehdiebstahl, es ging um Mord.

    Die Rustler trieben die Herde nach Norden und verschwanden im Indianerterritorium.

    Zwei Monate verstrichen ...

    Es war eine regnerische, finstere Nacht. Der Himmel war wolkenverhangen. Der Wind trieb immer wieder Regenschauer über die Weide. Die Herde war unruhig. Zwei Cowboys ritten ihre Runden. Sie trugen imprägnierte Regenumhänge. Von den Krempen ihrer Hüte tropfte das Wasser. 

    Sie ritten in entgegengesetzter Richtung. Die Senke war voll vom Muhen der Kühe. In der Ferne zuckte ein Blitz vom Himmel. Dann donnerte es. Ein bretterharter Wind kam von Westen.

    Rich Wallace, einer der beiden Cowboys, fluchte in sich hinein. Er zog langsam am Rand der Senke dahin. Die meisten der Tiere waren auf den Beinen. Unruhiges Gewoge ging durch die Herde. Den Cowboy fröstelte es. Regenschauer peitschten sein Gesicht.

    Er begegnete Fred Elliott, dem anderen Weidereiter. Sie hielten die Pferde an. Bei diesem Sauwetter jagt man keinen Hund vor die Hütte, maulte Elliott. Ich hoffe nur, dass die Herde nicht noch unruhiger wird. Eine Stampede wäre das Letzte, was ich mir wünsche.

    Noch eine Stunde, knurrte Rich Wallace. Dann lösen uns Hollow und Riddle ab. Die Stunde bringen wir auch noch rum.

    Sie ritten wieder auseinander.

    Wieder zuckte im Westen ein Blitz aus den Wolken. Er erhellte sekundenlang die Nacht. Ein fürchterlicher Donnerschlag folgte ihm. Ein Stier brüllte. Fred Elliott begann zu singen. Mit seiner Stimme wollte er die Herde beruhigen.

    Als rechter Hand ein Reiter auftauchte, war Elliott der Meinung, dass es ein Gefährte aus dem Camp war, der ihn und Rich Wallace unterstützen sollte, die Herde ruhig zu halten. Der Reiter näherte sich ihm. Elliott hielt sein Pferd an, um ihn zu erwarten. Regen prasselte auf ihn hernieder. Das Pferd trat auf der Stelle.

    Dann war der Reiter auf drei Pferdelängen heran. Schemenhaft nahm ihn Elliott durch die Wand aus Regen wahr. Bei dem Reiter blitzte es auf. Ein Schuss donnerte. Fred Elliott spürte den fürchterlichen Schlag gegen seine Brust, wankte im Sattel, der Schmerz schien in seiner Brust zu explodieren, dann stürzte er vom Pferd. Der Aufschlag auf dem aufgeweichten Boden war die letzte Wahrnehmung seines Lebens ...

    Rich Wallace saß zusammengekrümmt auf seinem Pferd. Der Wind kam von der Seite. Die Unruhe der Herde war bedrohlich. Ein weiterer Blitz, ein Donnerschlag konnte die Stampede auslösen. Dem Cowboy krampfte sich beim Gedanken daran der Magen zusammen.

    Wallace hielt sein Pferd an, als sich zwei Reiter vor ihm aus der Dunkelheit schälten. Er zügelte das Pferd und griff nach seinem Gewehr. Seit den Viehdiebstählen vor gut zwei Monaten war ihm Misstrauen zur zweiten Natur geworden.

    Wer seid ihr? Seine Stimme entfernte sich von ihm, er lud die Winchester durch.

    Zwei Schüsse krachten. Der eine fällte Wallaces Pferd, der andere löschte sein Leben aus. Zusammengekrümmt lag er neben dem toten Tier.

    Einer der Rustler legte einem Stier die Lassoschlinge um den Hals. Er führte das Tier davon. Der Stier brüllte. Einige Kühe folgten ihm. Die anderen Banditen trieben mit Peitschengeknalle die anderen Rinder hoch. Immer mehr Kühe folgten dem Leittier. Im Westen zuckte ein Blitz über den Himmel. Gewaltiger Donner folgte. Die Herde begann zu laufen. Einige Tiere gingen zu Boden. Die nachdrängenden fluteten über sie hinweg und stampften sie zu Tode.

    Zwei Rustler ritten wieder am Ende der Herde. Zwei sicherten die Flanken. Es waren ehemalige Treibherdencowboys, und sie hatten Erfahrung im Umgang mit einer Herde. Zurück blieben ein totes Pferd, einige tote Rinder und zwei ermordete Cowboys. Der Regen prasselte auf sie herunter. Ihr Blut versickerte in dem ausgedörrten Boden, der das Wasser aufnahm wie ein Schwamm ...

    *

    Cole Hebard hatte alle Bedenken über Bord geworfen. Er und eine Mannschaft von fast 20 Männern folgten der Spur, die die Rinder gezogen hatten. Sie führte nach Süden. In einem Talkessel stießen sie auf die Herde. Die Tiere grasten ruhig. Von den Banditen war weit und breit nichts zu sehen.

    Sie kommen auf jeden Fall zurück, um die Herde abzuholen, knurrte Cole Hebard. Und dann schnappen wir sie uns. Verteilt euch rund um den Talkessel, Leute. Wenn Sie kommen, werde ich den ersten Schuss abgeben. Das ist für euch das Zeichen. Ihr braucht keine Gewissensbisse zu haben. Die Hurensöhne sind die Luft nicht wert, die sie atmen. Schießt sie zusammen. Sollten euch trotzdem Skrupel befallen, dann denkt an eure Kameraden, die sie ermordet haben.

    Das werden wir, versprach einer der Cowboys grimmig. Darauf kannst du Gift nehmen, Vormann.

    Die Männer ritten auseinander.

    Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Die Nacht kam. Die Geduld der Männer von der Green Belt und der Diamant-B Ranch wurde auf eine harte Probe gestellt. Die Herde ruhte. Es mochte auf Mitternacht zugehen, als schließlich Hufschläge zu vernehmen waren.

    Sie kommen, sagte Cole Hebard zu einem der Cowboys, der bei ihm geblieben war. Der Vormann repetierte entschlossen seine Winchester.

    Das Pochen der Hufe näherte sich von Norden. Dann kam ein Rudel Reiter aus einer Hügellücke. Die ersten Longhorns erhoben sich. Verschiedenartige Geräusche begannen die Nacht zu erfüllen: Stampfen, Muhen, Brüllen, das Klappern von Horn, das Blöken von Kälbern. Die Rustler verteilten sich. Helle Schreie wurden laut, Treiberpeitschen knallten. Bald war die gesamte Herde auf den Beinen. Die Tiere drängten sich zusammen und muteten in der Dunkelheit an wie ineinander fließende schwarze Schatten.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis die Herde zum Marsch formiert war. Einer der Banditen übernahm mit einem Leitstier die Führung. Bei den Viehdieben handelte es sich um Profis. Die Herde marschierte. Die Spitze hielt auf den Hügeleinschnitt zu, aus dem die Banditen gekommen waren. Die Rustler wollten die gestohlene Herde abtreiben.

    Cole Hebard sah den Spitzenreiter mit dem Leitstier kommen. Deutlich hob sich der Reiter gegen den helleren Hintergrund ab. Grimmig zog der Vormann das Gewehr an seine Schulter. Sein Schuss krachte. Der Reiter verschwand vom Pferderücken. Sein Aufprall am Boden war nicht zu hören. Die Spitze der Herde kam zum Stehen. Die nachdrängenden Rinder schoben die vorderen weiter ...

    Ringsum begannen Gewehre zu krachen. Hebard hatte seine Männer rund um den Talkessel verteilt. Mündungsfeuer züngelten durch die Finsternis. Die Banditen feuerten zurück. Stiere brüllten. Einige der vorderen Tiere gingen zu Boden.

    Versetzt sie in Stampede!, brüllte Steve Clark. Ob ihn seine Kumpane gehört hatten, war ungewiss. Aber die Banditen wussten, was zu tun war. Sie begannen, wahllos zwischen die Tiere zu feuern. Panik entstand. Tiere verschwanden in dem wogenden Hin und Her. In der Herde brach das Chaos aus. Und dann setzte sie sich in Bewegung. Zuerst langsam, dann wurde sie immer schneller. Sie behielt die Marschrichtung bei. Die vordersten Tiere begannen zu laufen. Der Rest der Herde folgte. Im nächsten Moment schon schien die Erde unter etwa 4000 Hufen zu erbeben. Wie eine Lawine aus Fleisch und Knochen wälzte sich die Herde in den Hügeleinschnitt, alles niederstampfend, was sich ihr in den Weg stellte. Die Stampede war perfekt.

    Die durchgehende Herde riss die Banditen mit. Wie von einer Flutwelle wurden sie zwischen den Hügeln hindurchgetrieben. Die außer Rand und Band geratene Herde ergoss sich in die sich anschließende Ebene. Die Banditen sahen zu, dass sie der Stampede entkamen. Das Pferd eines der Kerle strauchelte und stürzte. Die Longhorns tobten über Pferd und Reiter hinweg ...

    Cole Hebard fluchte lautstark. Dass die Banditen die Herde in Stampede versetzten und in ihrem Fahrwasser aus dem Talkessel flohen, hatte er nicht einkalkuliert. Auf die Pferde!, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. Doch seine Worte gingen im Lärm unter, den die Stampede verursachte.

    Cole Hebard lief zu seinem Pferd und saß auf.

    Jetzt begriffen auch die Männer in seiner unmittelbaren Umgebung, was er wollte. Sie rannten aus ihren Deckungen.

    Fünf Reiter folgten der Herde. Die anderen waren rund um den Talkessel verteilt. Die Geräusche der durchgehenden Herde entfernten sich. Die Tiere würden laufen, bis sie müde waren.

    Hebard und seine Handvoll Männer stoben in die Ebene hinein. In der vom Mond und den Sternen gelichteten Dunkelheit hoben sich hier und dort tote Rinder vom Boden ab.

    Hebard wurde klar, dass es nichts brachte, wenn sie der Herde hinterherjagten. Er riss das Pferd zurück. Die bremsenden Hufe schlitterten über den Boden. Auch seine Männer parierten die Pferde. Wie fernes Donnergrollen wehten die Geräusche heran, die die Herde verursachte.

    Und dann begannen auf einem Hügel zur Linken der Männer Gewehre zu krachen. Die Rustler machten sich nicht die Mühe, zu zielen. Sie jagten ihre Kugeln einfach in den kleinen Pulk hinein. Pferde stürzten. Gewieher erhob sich. Männer brüllten. Ein ineinander verkeiltes Knäuel aus Pferde und Menschenleibern wälzte sich am Boden.

    Urplötzlich schwiegen die Gewehre. Hufschlag kam auf. Die Viehdiebe flohen. Das Hufgetrappel entfernte sich mit rasender Geschwindigkeit.

    Cole Hebard erhob sich vom Boden. Zwei Pferde kamen hoch. Ein Reiter hatte damit zu tun, sein von Panik erfülltes Pferd zu bändigen. Ein weiteres Pferd hatte die Vorderbeine gegen den Boden gestemmt und versuchte, sich zu erheben, schaffte es aber nicht. Sein Wiehern hörte sich fast an wie der klägliche Schrei eines Menschen. Einer der Cowboys hielt ihm die Revolvermündung an den Kopf und erlöste es.

    Hufschläge näherten sich. Es waren die Männer, die Hebard rund um den Talkessel verteilt hatte. Die Dunkelheit spuckte die Reiter aus. Bei Hebard und den anderen Männer zügelten sie die Pferde.

    Zwei der Männer, die in den Hinterhalt der Bande geritten waren, blieben liegen. Sie würden nie wieder aufstehen. Hebard biss die Zähne zusammen, dass der Zahnschmelz knirschte. Auch drei Pferde waren getötet worden.

    Der Vormann begriff mit schmerzlicher Schärfe, dass er die Banditen unterschätzt hatte. Müde sagte er: Es hat keinen Sinn, ihnen in der Nacht zu folgen. Wir würden nur riskieren, dass weitere Männer sterben. Das ist es nicht wert. O verdammt! Was sind das bloß für skrupellose Aasgeier?

    *

    Die Rustler sind ins Gray County zurückgekehrt, sagte Richter Humphrey. Als sie sich vor etwas mehr als zwei Monaten absetzten, gab es zwei Tote. Nun, da sie zurückgekommen sind, mussten wieder vier Weidereiter sterben. Ich möchte, dass Sie sich darum kümmern, Logan, Joe.

    Hat nicht vor zwei Monaten Jim Tucker dort oben für Ruhe gesorgt?, fragte ich.

    Ich bin aus seiner Geschichte nicht ganz schlau geworden, meinte der Richter. Er erzählte, dass er die Bande in die Flucht geschlagen habe. Doch der Überfall auf die Cowboymannschaft, die die Rinder an der Mündung des McClellan Creeks abholen sollten, fand statt, nachdem Tucker das Gray County verlassen hatte. Danach waren die Viehdiebstähle tatsächlich zu Ende. Bis vorgestern ...

    Wir werden der Sache auf den Grund gehen, Sir, versprach ich und erhob mich. Wir reiten noch in dieser Stunde los.

    Wir verabschiedeten uns von Humphrey.

    Joe Hawk sagte, als wir unsere Pferde sattelten: Der Richter klang, als würde er Jim Tuckers Geschichte anzweifeln.

    Sie hört sich aber auch seltsam an, versetzte ich. Wer Tucker kennt, weiß, dass er Nägel mit Köpfen macht. Er stellt keine Fragen, sondern handelt. Die meisten der Kerle, die er jagt, müssen das Gericht nicht mehr bemühen, weil sie tot sind. Im Zusammenhang mit den Viehdieben aber hat es keinen einzigen toten Banditen gegeben. Dass sie sich von Tucker einfach so in die Flucht schlagen ließen, hört sich schon etwas komisch an. Außerdem müssen die Rustler noch im Land gewesen sein, als Tucker schon wieder auf dem Weg nach Amarillo war. Der Kampf mit der Mannschaft der Diamant-B beweist es. Danach haben sie sogar noch die Rinder abtreiben können.

    Du zweifelst also auch an Tuckers Geschichte?

    Ich zuckte mit den Achseln. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

    Tucker befindet sich derzeit in Amarillo. Vielleicht sollten wir uns mal mit ihm unterhalten. Wir können ihn sicher in der Unterkunft treffen.

    Gut, sagte ich. Sobald wir die Pferde gesattelt haben, reden wir ein paar Takte mit ihm. Wir werden aber kaum mehr aus ihm herausbekommen, als wir sowieso schon wissen.

    Wir werden sehen.

    Joe hatte Recht gehabt. Wir trafen Jim Tucker in der Unterkunft an. Er saß am Tisch, vor ihm lagen auf einer alten Zeitung die Teile seines Revolvers. Mit Öl und einem weichen Lappen reinigte er sie.

    Hi, Jim, sagte Joe. Wir haben soeben einen Auftrag vom Richter erhalten. Im Gray County wurde eine Herde von 1000 Rindern gestohlen. Zwei Cowboys wurden ermordet. Du warst doch vor zwei Monaten wegen des Rustlerunwesens am McClellan Creek.

    Tuckers Gesicht wurde kantig. Fast trotzig schob er das Kinn nach vorn. Er legte den Lappen und die Revolvertrommel, die er gerade abgerieben hatte, zur Seite. Das ist richtig. Ich habe die Viehdiebe zum Teufel gejagt. Aber wahrscheinlich bin ich etwas zu früh zurückgeritten. Denn sie kamen zurück und holten die gestohlene Herde.

    Es gab zwei tote Cowboys. Ein weiter Mann wurde schwer verletzt.

    Ich weiß. Ich hätte noch bleiben sollen.

    Tucker wich meinem Blick aus. Irgendwie mutete mich sein Gebaren seltsam an. Was stimmte nicht mit dem Kollegen, den ich bisher immer als aufrechten, integren Mann gekannt hatte?

    Verschweigst du uns vielleicht etwas, Jim?, fragte ich.

    Wie kommst du darauf?, kam es fast aggressiv zurück. Tucker begann mit den Fingern seiner Linken auf der Tischplatte zu trommeln.

    Was hat es mit den Rustlern auf sich, fragte Joe. Gab es einen Kampf zwischen dir und ihnen ...?

    Ist das vielleicht ein Verhör?, fuhr ihm Jim Tucker ins Wort. Verdammt! Was wollt ihr von mir? Ich habe die Viehdiebe aus dem Gray County verjagt. Als ich mich auf mein Pferd setzte, um nach Amarillo zurückzukehren, waren die Kerle über alle Berge. Ja, es gab einen Kampf. Die Schufte flohen. Ich dachte, ich hätte ihnen das Wiederkommen verleidet, was ein Trugschluss war.

    Na schön, sagte ich. Joe und ich reiten jetzt los. So long, Jim.

    Hals- und Beinbruch, knurrte der einäugige Marshal.

    Was stimmt nicht mit ihm?, fragte Joe, als wir die Unterkunft verlassen hatten. Er hat ziemlich sonderbar reagiert.

    Ich zuckte mit den Schultern. Vielleicht irren wir uns auch, und seine Geschichte entspricht der Wahrheit. Nur Tucker und die Rustler wissen, was sich zugetragen hat. Vielleicht erfahren wir es, vielleicht aber auch nicht.

    Eine Viertelstunde später lag Amarillo hinter uns.

    Die Nasen unserer Pferde wiesen nach Osten ...

    *

    Jim Tucker hatte, nachdem Logan und Joe Hawk die Unterkunft verlassen hatten, seinen Revolver zusammengebaut. Jeder Zug seines Gesichts war von düsterer Entschlossenheit geprägt. Er holsterte die Waffe und begab sich ins Gerichtsgebäude.

    Was willst du denn, Tucker?, fragte Simon Calispel, der Sekretär des Richters, nachdem der einäugige Marshal sein Büro betreten hatte. Du blickst drein, als hättest du Zahnschmerzen. Was ist los?

    Ich muss mit dem Richter sprechen. Gleich ...

    Er ist sehr beschäftigt. Du weißt doch, dass einige Prozesse anstehen. Und da er sich immer ausgesprochen gründlich vorbereitet, kommst du nicht gerade gelegen.

    Es ist wirklich sehr dringend. Tucker sprach es mit Nachdruck im Tonfall. Er ließ sich von Calispel nicht abwimmeln.

    Simon Calispel verdrehte genervt die Augen. Na schön. Ich werde dich anmelden. – Nimm wenigstens deinen Hut ab.

    Calispel erhob sich, umrundete seinen Schreibtisch und klopfte an die Tür zum Büro Richter Humphreys. Dann öffnete er die Tür und verschwand. Gleich darauf kam er zurück. Der Richter nimmt sich Zeit für dich, Tucker. Du kannst hineingehen.

    Eine halbe Minute später forderte der Richter den einäugigen Marshal auf, Platz zu nehmen.

    Tucker setzte sich und stülpte den Stetson über sein rechtes Knie.

    Was gibt es, Jim?, fragte Humphrey. Er redete alle seine Marshal mit dem Vornamen an. Zwischen ihm und ihnen herrschte ein absolutes Vertrauensverhältnis. Erwartungsvoll musterte er den Mann mit dem düsteren Gesichtsausdruck.

    Tucker gab sich einen Ruck und sagte: Sir, ich möchte Sie bitten, mich aus dem Dienst als Marshal zu entlassen.

    Sie entlassen?, echote der Richter und schaute ziemlich verdutzt drein.

    Ja. Ich habe gegen den Eid verstoßen, den ich ablegte. Tucker nahm den Stern von seiner Weste ab und legte ihn auf den Richtertisch. Ich habe versagt, Sir. Und es wäre anmaßend, wenn ich weiterhin den Stern tragen würde.

    Die Brauen des Richters hoben sich. Er beugte sich etwas vor. Sein Blick verkrallte sich regelrecht an Tuckers Gesicht. Es hängt mit den Viehdieben zusammen, deretwegen Sie vor zwei Monaten am McClellan Creek waren, nicht wahr?

    Ja, Sir. Ich stellte einen der Kerle, und er verriet mir den Namen des Anführers der Banditenhorde. Er lautet Steve Clark. Clark ist mein Halbbruder. Wir hatten dieselbe Mutter. Ich riet Clark, das Land zu verlassen. Er versprach es mir. Ich vertraute seinem Wort. Mein Fehler, Sir. Er nahm die Herde mit und tötete zwei Cowboys. Und jetzt ist er – wie es aussieht –, zurückgekehrt, um dort weiterzumachen, wo er vor zwei Monaten aufgehört hat.

    Der Richter zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Seine Stirn schien sich umwölkt zu haben. Er schaute nachdenklich drein. Dann sagte er: Es war nicht richtig, was Sie getan haben, Jim. Sie haben einen Banditen begünstigt, weil er mit Ihnen verwandt ist. Als Sie den Eid ablegten, schworen Sie, dem Gesetz ohne Ansehen der Person Geltung zu verschaffen.

    Ich weiß, Sir. Schuldbewusst senkte Tucker den Kopf. Er nahm seinen Hut und drehte ihn fahrig mit beiden Händen. Er musste zweimal ansetzen, dann fuhr er mit kehliger Stimme fort: Ich habe meinen Eid gebrochen. Darum bitte ich Sie um meine Entlassung.

    Der Richter ging nicht darauf ein. Er sagte: Nachdem die Diamant-B und die Green Belt erneut mit dem Rustlerunwesen zu kämpfen haben, habe ich Logan und Joe Hawk ins Gray County geschickt.

    Die beiden haben mir die Geschichte, die ich damals nach meiner Rückkehr vom McClellan Creek zum Besten gab, nicht abgekauft, Sir. Es war auch eine ziemlich fadenscheinige Story. Nun, ich weiß, dass ich einen schwerwiegenden Fehler begangen habe. Aber ich werde versuchen, ihn wieder auszumerzen.

    Was haben Sie vor?

    Ich reite ins Gray County. Und wenn mein Bruder hinter den erneuten Viehdiebstählen steckt, werde ich ihn zur Rechenschaft ziehen.

    Ohne Stern?

    Tucker schaute irritiert.

    Es gibt ein Gesetz, Jim, erhob der Richter erneut das Wort. Ein geschriebenes Gesetz, an das wir uns alle zu halten haben. Rache und Vergeltung kennt das Gesetz nicht. Es kennt nur Tatbestände, die mit den verschiedenen Strafen zu ahnden sind. Um diesem Gesetz Geltung zu verschaffen, gibt es Leute wie Sie, wie Logan und Joe Hawk, wie mich ...

    Ich verstehe nicht, Sir.

    Reiten Sie ins Gray County, Jim. Und stecken Sie sich Ihren Stern wieder an. Sie haben einen Fehler begangen und erhalten von mir die Gelegenheit, ihn wieder auszumerzen. Aber nur mit dem Stern an der Brust. Helfen Sie Logan und Joe, den Viehdieben das Handwerk zu legen.

    Sir, ich ...

    Nun stecken Sie sich schon das Abzeichen wieder an, Jim, und reiten Sie zum McClellan Creek.

    Tucker griff nach dem Stern und steckte ihn sich wieder an die schwarze Lederweste. Danke, Sir. Soviel Verständnis und Entgegenkommen habe ich nicht erwartet. Ich werde alles tun, um meinen Fehler gutzumachen.

    Das weiß ich, Jim.

    Tucker verabschiedete sich von Richter Humphrey und ritt sofort los. Seinen Gefängniswagen nahm er nicht mit. Was Jim Tucker im Herzen trug, war gefährlicher als der Colt in seinem Holster. Es war mörderischer Zorn – Zorn auf Steve Clark, seinen Halbbruder, der als Bandit sein Dasein fristete.

    *

    Zunächst begaben wir uns auf die Diamant-B Ranch. Von Mel Strong erfuhren wir, dass die Rustler erneut zugeschlagen hatten. Vor zwei Nächten hatten sie eine Herde von etwa 800 Tieren abgetrieben. Strong klärte uns über die Vorfälle der vergangenen Tage auf. Einer der Reiter der Ranch begleitete uns schließlich auf die Weide, die die Viehdiebe zuletzt heimgesucht hatten. Bald schon ritten wir auf der Fährte der gestohlenen Herde. Es regnete nicht mehr. Aber der Himmel war wolkenverhangen. Die Sonne kam nicht durch. Alles wirkte grau und trostlos.

    Die Spur führte südwärts.

    Und am Salt Fork Red River stießen wir in einem Tal auf die Herde. Von den Rustlern war weit und breit nichts zu sehen. Wir ritten am Fuß der Hügel, die das Tal begrenzten, um die Herde herum. Und wir fanden Pferdespuren. Sie führten nach Norden.

    Falls es sich überhaupt um dieselben Banditen handelt, die vor zwei Monaten schon einmal den Landstrich unsicher machten, dann haben sie ihre Strategie geändert, meinte Joe.

    Du meinst, weil sie ihren alten Schlupfwinkel am McClellan Creek aufgegeben haben?

    Joe nickte.

    Wir folgten der Spur. Vor uns erhoben sich Hügel und Felsen, dazwischen wuchs dichtes Buschwerk, das nach dem Regen frisch und saftig grün aussah. Joe und ich ritten nebeneinander. Dumpf pochten die Hufe der Pferde. Manchmal klirrte eine Gebisskette. Und in die Geräusche hinein, die wir verursachten, peitschte ein Gewehr.

    Joe stürzte vom Pferd. Das Tier blieb von selbst stehen und prustete.

    Ich handelte ansatzlos und sprang vom Pferd. Die Winchester flirrte aus dem Scabbard. Es knackte metallisch, als ich eine Patrone in den Lauf hebelte.

    Erneut krachte ein Gewehr auf einem der Hügel. Das Geschoss kam aus einer ganz anderen Richtung als die Kugel, die Joe getroffen hatte, und pfiff dicht an meinem Kopf vorbei. Ich glaubte den sengenden Hauch der Kugel auf der Wange zu spüren.

    Whirlwind hinter mir herzerrend rannte ich in den Schutz einer Buschgruppe. Und wieder krachte es. Der Schuss war südlich von mir abgefeuert worden. Der Knall wurde herangeschleudert. Einige Zweige und Blätter wurden abgerissen.

    Ich hatte es mit mindestens drei Gegnern zu tun. Und sie hatten sich rund um die Senke verteilt, durch die Joe und ich geritten waren.

    Joe!

    Der Name durchdrang mich wie ein Aufschrei. Ich band Whirlwind an einem Strauch fest und kehrte zum Rand der Buschgruppe zurück. Durch die ineinander verschlungenen Zweige konnte ich Joe am Boden liegen sehen. Sein Pferd stand neben ihm und spielte nervös mit den Ohren.

    Ich ließ meinen Blick in die Umgebung schweifen. Dann rief ich: Joe!

    Mein Freund und Partner rührte sich nicht. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Seinen Hut hatte er verloren. Er war einige Schritte weit fortgerollt und lag auf der Krone. Joes Pferd äugte zu mir her.

    Ich schaute mich um nach Whirlwind. Sein Kopf überragte die Büsche, zwischen denen er stand. Es wäre für die Banditen ein Leichtes gewesen, ihn zu töten. Aber sie verschonten sowohl ihn als auch Joes Pferd. Das verriet mir, dass sie die beiden Tiere haben wollten und dass sie sich ihrer Überlegenheit voll und ganz bewusst waren. Sie waren sich sicher, dass ich ihnen nicht mehr entkommen konnte. Und darum verschonten sie die Pferde. Einen anderen Grund konnte ich mir nicht denken.

    Ich setzte alles auf eine Karte. Geduckt lief ich zu Joe hin und packte ihn am Kragen seiner Jacke, um ihn zwischen die Büsche zu ziehen. Schüsse krachten. Ich musste mich flach auf den Boden werfen. Die Kugeln sirrten über mich hinweg oder pflügten um mich herum den Boden. Heiß strich es mir über den Oberschenkel ...

    Ich rollte herum, feuerte blindlings einen Schuss ab, kam auf den Bauch zu liegen und zog den Gewehrkolben an die Schulter. Über dem Hügel im Westen schwebte eine Pulverdampfwolke. Und jetzt begann auch auf der Anhöhe östlich von mir ein Gewehr zu krachen. Die Kugel wirbelte dicht neben mir Erdreich in die Höhe. Ich fühlte mich wie auf einem Präsentierteller. Meine Situation war fast aussichtslos.

    Da hörte ich einen Colt wummern. Der Knall sickerte von Norden an mein Gehör. Das Gewehr schwieg.

    Ich konnte mir keinen Reim auf den Revolverschuss machen. Wer mischte plötzlich mit? Hatte der Schusslärm einige Cowboys angelockt, die irgendwo am Salt Fork Rinder hüteten?

    Der Colt dröhnte erneut. Gleich darauf peitschte ein Gewehr. Aber die Kugel galt nicht mir. Stille trat ein – eine lastende, trügerische Stille. Es war, als würde sogar die Natur den Atem anhalten.

    Auf dem Bauch schob ich mich zu Joe hin. Ich wurde nicht mehr unter Feuer genommen. Dennoch war ich angespannt bis in die letzte Körperfaser.

    Joe lebte. Die Kugel hatte ihn am Kopf gestreift, was die Wirkung eines Keulenhiebes gehabt haben musste. Joe war besinnungslos. Blut rann über seine Wange und tropfte auf den Boden. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

    Um mich herum blieb es ruhig. Es sah ganz so aus, als hätten die Banditen, die Joe und mir den Hinterhalt gelegt hatten, das Weite gesucht. Und ich begann mich erneut zu fragen, wer sie wohl vertrieben hatte ...

    *

    Jim Tucker war es nicht gelungen, Logan und Joe Hawk einzuholen. Er setzte sich auf die Spur der gestohlenen Herde und gelangte in das Tal, in dem die Herde graste. Und er fand die Pferdespuren, die nach Norden aus der Senke führten.

    Der einäugige Marshal folgte der Fährte. Nachdem er etwa eine halbe Stunde geritten war, hörte er Gewehrschüsse. Sie fielen weiter nördlich. Jim Tucker trieb sein Pferd in eine schnellere Gangart ...

    Immer wieder krachten die Gewehre.

    Schließlich war das Donnern der Schüsse ganz nah. Tucker hielt das Pferd an, stieg ab, leinte das Tier an einem Strauch fest und lief den Abhang des Hügels hinauf, auf dem es in regelmäßiger Folge krachte. Tucker nutzte jeden Schutz aus, der sich ihm bot. Auf halber Höhe des Hanges stand ein Pferd. Es äugte dem Marshal entgegen und schnaubte nervös.

    Dann sah Jim Tucker den Schützen. Er feuerte mit seiner Winchester über einen Felsen hinweg. Der Pulverdampf wurde vom Wind zerfasert. Der Bursche drehte dem einäugigen Marshal den Rücken zu. In der Ebene, in die er seine Kugeln jagte, fiel ein einzelner Schuss. Jim Tucker zog seinen Colt. Heh, auf wen schießt du denn?

    Den Burschen riss es regelrecht herum. Er nahm den Stern an Jim Tuckers Weste wahr, ein Fluch brach über seine Lippen, er riss das Gewehr hoch.

    Jim Tucker überlegte nicht lange. Der Colt bäumte sich auf in seiner Faust, der Schuss wummerte dumpf und weithin hallend. Der Bandit bekam die Kugel in die rechte Schulter. Das Gewehr entglitt ihm, er sank gegen den Fels, der ihm Deckung geboten hatte.

    Aus der Mündung des Colts in Tuckers Faust kreiselte ein dünner Rauchfaden. Die Waffe auf den Banditen angeschlagen ging Tucker zu diesem hin, hob sein Gewehr auf und schlug es am Felsen in zwei Teile. Dann nahm er dem Banditen den Colt ab und schleuderte ihn den Abhang auf der der Ebene zugewandten Seite hinunter. Die Waffe verschwand zwischen dem Gestrüpp auf dem Hang.

    Der einäugige Marshal spähte über den Felsen hinweg in die Ebene. Etwa 200 Yards entfernt stand ein Falbe, daneben lag ein Mann reglos auf dem Bauch. Einige Schritte entfernt arbeitete sich ein zweiter Mann bäuchlings an die reglose Gestalt heran. Ein Schecke überragte mit seinem Kopf die Buschgruppe, in der er stand.

    Tucker kniff die Lippen zusammen. Er hatte Logan und Joe Hawk erkannt.

    Da sah er aus den Augenwinkeln, wie der Bursche, dem er eine Kugel in die Schulter geschossen hatte, in seinen Stiefelschaft griff. Tucker wirbelte herum. Die Faust des Banditen zuckte hoch. Sie hielt einen Dolch. Der Bandit warf ihn. Tucker trat schnell zur Seite. Der Dolch wirbelte an ihm vorbei. Der Marshal feuerte. Der Bandit brüllte auf. Tuckers Kugel hatte ihm den rechten Oberarm durchschlagen. Der Verwundete presste die linke Hand auf die Wunde. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. Seine Lippen zuckten.

    Auf einem der anderen Hügel peitschte eine Winchester. Tucker duckte sich. Wahrscheinlich hatte ihn der Kumpan des Burschen, der am Felsen saß und wimmerte, wahrgenommen. Die Kugel pfiff durch die Büsche, richtete aber keinen Schaden an.

    Tucker rannte den Hang hinunter, löste den Zügel seines Pferdes von dem Ast und war mit einem Satz im Sattel. Der Bursche, der auf ihn gefeuert hatte, war auf dem Hügel westlich der Ebene postiert. Tucker trieb sein Pferd an. Er ritt hinter den Hügeln entlang. Als er in die Nähe der Anhöhe kam, von der aus er beschossen worden war, saß er ab. Er lief im Schutz der Büsche und Felsen hangaufwärts.

    Ferner Hufschlag erreichte sein Gehör. Tucker blieb stehen und lauschte. Das Hufgetrappel entfernte sich. Er rannte weiter. Kein Schuss fiel. Dann kam der Marshal auf dem Kamm des Hügels an.

    Der Schütze, der hier postiert gewesen war, hatte die Flucht ergriffen. Einige Patronenhülsen blinkten matt am Boden zwischen Büscheln harten Grases. Tucker fand auch den Platz, wo der Bursche sein Pferd abgestellt hatte.

    Jim Tucker sicherte um sich. Aber es drohte keine Gefahr mehr. Die Gewehre schwiegen. Er lief zu seinem Pferd, stieg in den Sattel und ritt zu dem Hügel, auf dem er den verwundeten Banditen zurückgelassen hatte. Das Pferd und der Bursche waren fort. Die Fährte führte zwischen die Hügel.

    Weit konnte der Bandit nicht sein.

    Jim Tucker nahm die Verfolgung auf ...

    *

    Ich hatte mich erhoben, die Anspannung ließ mich schneller atmen, und ich war bereit, mich sofort hinzuwerfen, wenn es irgendwo in der Runde krachte.

    Ferner Hufschlag war zu hören. Von dem Reiter war nichts zu sehen. Ich nahm die Wasserflasche vom Sattel Joes und beugte mich über meinen Freund. Sein Gesicht war blutverschmiert. Seine Lider zuckten. Ich schob die flache Hand unter seinen Kopf, hob ihn ein wenig an und träufelte ihm etwas Wasser zwischen die rissigen Lippen. Joe schluckte automatisch. Dann öffnete er die Augen. Verständnislos schaute er in mein Gesicht. Ein Stöhnen entrang sich ihm. Was ist geschehen?, fragte er mit lahmer Stimme.

    Wir sind in eine Falle geritten, erklärte ich. Es waren drei Kerle, die uns in die Zange genommen haben. Dich hat eine Kugel am Kopf gestreift. Ich werde dich nach Clarendon bringen, damit du dort versorgt wirst.

    Zu dem Barbier?

    Ja. Er hat dich schon einmal zusammengeflickt. Ich schaute mich um. Unser geheimnisvoller Helfer ließ sich nicht sehen. Joe richtete seinen Oberkörper auf. Ein ächzender Laut entrang sich ihm. Er griff sich an den Kopf. Ich sagte: Jemand hat plötzlich mitgemischt und die Kerle vertrieben. Weiß der Teufel, warum sich der Hombre nicht sehen lässt.

    Die Kugel hatte über Joes rechtem Ohr eine blutige Spur gezogen. Er tastete mit den Fingerkuppen die Wunde vorsichtig ab. Diese elenden Hundesöhne, knurrte er. Einen Zoll weiter links, und ich würde die Engel singen hören.

    Ich half ihm auf die Beine. Schwankend stand Joe. Mir platzt gleich der Schädel, murmelte er und lehnte sich an sein Pferd.

    Ich holte Whirlwind und war dankbar, dass die Banditen ihn nicht abgeknallt hatten.

    Besorgt beobachtete ich Joe. Clarendon war etwa sieben Meilen entfernt. Ich fragte mich, ob Joe den Ritt durchhielt. Doch dann sagte ich mir, dass mein Freund und Partner hart und zäh genug war, es zu schaffen.

    Ich holte Verbandszeug aus der Satteltasche, verband seinen Kopf und half ihm aufs Pferd. Dann holte ich seinen Stetson und reichte ihn ihm. Er hängte ihn ans Sattelhorn. Danke, murmelte er. Seine Augen blickten fiebrig. In seinem Gesicht wühlte der Schmerz.

    Um nach Clarendon zu gelangen mussten wir den Salt Ford Red River durchqueren.

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