Daniela erbt Schloss Lovenburg: Fürstenkinder 95 – Adelsroman
Von Eva-Maria Horn
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
»Fräulein von Lovenberg, Telefon.« Natürlich mußte ausgerechnet jetzt der Seniorchef durch das Büro gehen. Und natürlich warf er Danni einen grämlichen Blick zu, bevor er die Tür hinter sich schloß. Danni war aufgesprungen, der Bleistift rollte auf die Erde. Wie immer, wenn sie verlegen war, wurde ihr Gesicht glutrot. »Verflixt, Gerda. Ausgerechnet jetzt muß Martin anrufen. Dabei weiß er doch, daß Privatgespräche bei uns ungern gesehen werden. Wetten, daß mich der Alte gleich anruft und mir extra Arbeit gibt? Wenn jemand privat spricht, meint er doch schon, wir hätten nichts zu tun.« Dabei nahm Danni den Hörer aus Gerdas Hand, verdrehte die blauen Augen und grinste kläglich. »Martin? Was gibt es denn? Es muß ja schon irgendwo brennen, daß du unsere Vereinbarung nicht einhältst.« Eine fremde, unpersönliche Stimme kam durch den Draht. »Rechtsanwaltsbüro Dr. Mark. Einen Moment, ich verbinde.« Dannis Augenfarbe wechselte vom Blau ins Grünliche, wie immer, wenn sie erregt war. »Es ist gar nicht Martin«
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Daniela erbt Schloss Lovenburg - Eva-Maria Horn
Fürstenkinder
– 95 –
Daniela erbt Schloss Lovenburg
Unveröffentlichter Roman
Eva-Maria Horn
»Fräulein von Lovenberg, Telefon.«
Natürlich mußte ausgerechnet jetzt der Seniorchef durch das Büro gehen. Und natürlich warf er Danni einen grämlichen Blick zu, bevor er die Tür hinter sich schloß.
Danni war aufgesprungen, der Bleistift rollte auf die Erde. Wie immer, wenn sie verlegen war, wurde ihr Gesicht glutrot.
»Verflixt, Gerda. Ausgerechnet jetzt muß Martin anrufen. Dabei weiß er doch, daß Privatgespräche bei uns ungern gesehen werden. Wetten, daß mich der Alte gleich anruft und mir extra Arbeit gibt? Wenn jemand privat spricht, meint er doch schon, wir hätten nichts zu tun.«
Dabei nahm Danni den Hörer aus Gerdas Hand, verdrehte die blauen Augen und grinste kläglich. Nicht eben freundlich rief sie in die Muschel:
»Martin? Was gibt es denn? Es muß ja schon irgendwo brennen, daß du unsere Vereinbarung nicht einhältst.«
Eine fremde, unpersönliche Stimme kam durch den Draht.
»Rechtsanwaltsbüro Dr. Mark. Einen Moment, ich verbinde.«
Dannis Augenfarbe wechselte vom Blau ins Grünliche, wie immer, wenn sie erregt war.
»Es ist gar nicht Martin«, flüsterte sie ihrer Kollegin zu.
»Dr. Marl. Spreche ich mit Fräulein von Lovenberg?«
Danni schluckte, unwillkürlich stellte sie sich gerade hin. Gerda ließ kein Auge von Dannis sprechendem Gesicht. Sie platzte beinahe vor Neugier.
»Ja, ich bin Daniela von Lovenberg.«
»Fein. Ich habe Ihre Adresse von meinem Klienten John Baron von Lovenberg. Ihr Verwandter verstarb vor einem Monat. Bitte, erlauben Sie mir, Ihnen mein herzliches Beileid auszusprechen.«
Dannis Stimme schwankte. Ein wenig ratlos sah sie in Gerdas neugierige Augen, wandte sich dann ab und sagte verlegen:
»Ich habe nichts von Onkel Johns Tod gewußt. Man benachrichtigte mich nicht. Und ich muß sagen, ich meine, es ist sicherlich nicht gerade freundlich von mir gewesen, aber ich habe beinahe vergessen gehabt, daß Onkel John, ich meine…«
Er unterbrach ihr Gestottere, wie ihr schien, sehr amüsiert. Sie konnte sich den Mann genau vorstellen. Uralt war er, sicherlich so verstaubt wie sein Büro.
»Ich bin darüber informiert. Aber Ihr Onkel hat Sie nie aus den Augen verloren, gnädiges Fräulein. Er war über Sie genau im Bilde.«
»Wirklich? Aber wieso? Warum schrieb er mir dann nie? Ich hätte mich über eine Nachricht von ihm sehr gefreut. Besonders nach dem Tode meiner Eltern.«
Danni konnte nicht verhindern, daß ihre Stimme schwankte.
»Wir könnten uns darüber in meinem Büro unterhalten. Herr von Lovenberg hat Sie in seinem Testament bedacht. Heute nachmittag um drei Uhr ist die Testamentseröffnung. Geladen sind außer Ihnen die Schwester des Verstorbenen, Gräfin Dorn und ihr Sohn Dietrich von Dorn. Es tut mir leid, daß ich Sie erst heute benachrichtigen konnte, ich war verreist, und meine Sekretärin versäumte es. Bitte, entschuldigen Sie.«
Alles Blut wich aus Dannis Gesicht. Sie spürte, wie ihre Lippen zitterten.
»Hören Sie«, flüsterte sie heiser. »Ich möchte lieber nicht. Ich meine, Tante Adele und ich… sie und meine Eltern… kurz und gut, es mag für Sie lächerlich klingen, aber Tante Adele und wir verstanden uns nie. Und nur an ihr lag es, daß Papa und Onkel John sich nicht verstanden. Ich mag sie nicht sehen. Und Diet-rich schon gar nicht.«
Jetzt lachte er wirklich, und es war sogar ein sympathisches Lachen.
»Es wird sich leider nicht vermeiden lassen. Und Sie sind ja nicht allein, junge Dame. Ich achte schon darauf, daß Ihnen nicht einmal mit Worten ein Härchen gekrümmt wird.«
Danni seufzte abgrundtief.
»Ich wußte es heute morgen gleich, daß etwas schiefgeht. Ich habe nämlich heute morgen meinen Spiegel zerbrochen.«
Jetzt lachte er wieder, und Danni lachte mit, so mitreißend war seine gute Laune.
»Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen, Fräulein von Lovenberg. Es muß sich erst noch herausstellen, ob dieser Tag wirklich ein Unglückstag ist. Darf ich Sie also um drei Uhr in meinem Büro erwarten? Sie wissen, wo die Goethestraße ist? Im Eckhaus in der ersten Etage ist mein Büro. Nr. 3. Hoffentlich ist die Nr. 3 nicht Ihre Unglückszahl«, neckte er sie.
»Ist sie«, behauptete Danni seufzend. »Wie ich das aber meinem Chef beibringen soll, weiß ich wirklich nicht. Immerhin bin ich ein berufstätiges Mädchen.«
»Weiß ich. Soll ich Ihren Chef für Sie anrufen?«
Entsetzt rief sie:
»Das fehlte noch. Also dann, bis später.«
Ihre Finger zitterten sogar, als sie den Hörer auf die Gabel zurücklegte.
»Nun sag doch etwas«, Gerda zappelte vor Aufregung. »Aus dem Gespräch konnte man ja kaum etwas entnehmen. Hast du geerbt? Und was?«
Danni setzte sich auf die Kante des Schreibtisches, ihre langen, braungebrannten Beine erreichten nur gerade den Fußboden.
»Was ich geerbt habe, weiß ich noch nicht. Aber daß es nur eine Winzigkeit ist, dafür hat Tante Adele gesorgt, darauf kannst du Gift nehmen. Ich weiß auch schon, was er mir geben will. Er hat damals von meinem Vater eine goldene Tischuhr bekommen, komisch, wieso ich mich jetzt daran erinnere. Ich war dabei, als meine Eltern sie kauften, und ich war ganz begeistert von ihr. Man konnte das ganze Räderwerk sehen, und zu jeder vollen Stunde bimmelte sie wie ein Weihnachtsglöckchen. Ich habe wie am Spieß gebrüllt, als mein Vater sie Onkel John gab.«
Dannis Augen verloren sich in dem nüchtern eingerichteten Büro, sie starrte auf die alten Dielen, sie schien wirklich weit fort zu sein. Und selbst ihre Stimme war traumverloren.
»Zum letzten Male war ich auf Lovenberg, als ich sechs Jahre alt war. Es ist ein herrliches altes Gut. So viele Tiere hatten sie. Am liebsten wäre ich die ganze Zeit im Pferdestall geblieben. Damals wurde gerade ein Fohlen geboren. Komisch, daß ich mich plötzlich an das alles erinnere.«
»Und das Haus? Ist es ein Haus oder ein Schloß?« Gerda fragte ganz vorsichtig, begierig, mehr zu erfahren. So mitteilsam war Danni ganz selten. Kaum jemals erzählte sie von sich selbst, von früher. Dabei sah man ihr an, daß sie etwas ganz Besonderes war. Hoffentlich erwachte Danni nicht so rasch aus ihren Erinnerungsträumen.
»Es ist ein kleines Schlößchen, gemessen an den anderen Gutshäusern der Umgegend. Es hat nur sechs-undfünfzig Zimmer. Im Hufeisen ist es gebaut, und im Innenhof plätschert ein alter Springbrunnen, ganz vermoost war der Rand, und die roten Mauern des Schlosses spiegelten sich in dem glasklaren Wasser. Im dreißigjährigen Krieg wurde das alte Gutshaus völlig zerstört und dann 1730 wieder aufgebaut, im herrlichen Rokokostil. Natürlich ist der Spätbarock deutlich zu erkennen, aber…«
»Du, für Baustile interessiere ich mich nicht. Rokoko oder Barock sagt mir nicht viel. Wie ist das Schloß?«
»Herrlich. Trotz der spielerischen Eleganz urgemütlich. In den Zimmern kann man wohnen, so behaglich sind sie. Onkel John war ein sonderbarer Kauz, er hat nie geheiratet und lebte auf Lovenberg allein. Allerdings war er aufgeschlossen und normal, bevor seine Schwester Adele ihm den Haushalt führte. Papa erzählte es manchmal. Damals besuchten sie sich häufig, und Onkel John kam auch zu uns. Aber dann…«
»Ich will Ihre private Unterhaltung gewiß nicht stören«, kam die zynische Stimme des Chefs durch den Raum.
Die Köpfe der beiden Mädchen fuhren herum. Da stand er in der Türöffnung, das Gesicht ein einziger, grämlicher Vorwurf. »Sollten Sie Zeit haben, so hätte ich gern mit Ihnen über das Manuskript gesprochen, Fräulein von Lovenberg, das Sie mir gestern auf den Schreibtisch legten.«
Danni nickte, stieg langsam vom Schreibtisch und ärgerte sich wie so oft über seine diktatorische Art. Warum konnte er nicht menschlicher sein? Zwei Jahre war sie im Verlag, aber sie hatte den alten Herrn noch nie lachen gesehen. Er gab jedem das Gefühl, er schenke ihm etwas.
Sie folgte ihm stumm.
Er saß schon wieder hinter seinem Schreibtisch, der mit Manu-skripten überladen war. Natürlich bot er ihr keinen Stuhl an.
Wieso ärgerte es sie heute? Sie sollte sich inzwischen an seine Art gewöhnt haben.
Er trommelte mit den blassen Händen auf dem blauen Aktendeckel herum, sah auf den Titel und dann Daniela an. Sein Adamsapfel hüpfte auf und nieder.
»Ich habe den Roman gestern abend gelesen. Ich bin nur neugierig, warum Sie ihn als ungewöhnlich gut bezeichnen! Mir sagte er nichts.«
Der zynische, stechende