Die Zeichen stehen auf Stur: Sophienlust, wie alles begann 20 – Familienroman
Von Marietta Brem
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Über dieses E-Book
Der Weg dahin schildert eine ergreifende, spannende Familiengeschichte, die sich immer wieder, wenn keiner damit rechnet, dramatisch zuspitzt und dann wieder die schönste Harmonie der Welt ausstrahlt. Das Elternhaus Montand ist markant – hier liegen die Wurzeln für das spätere Kinderheim, aber das kann zu diesem frühen Zeitpunkt noch keiner ahnen.
Eine wundervolle Vorgeschichte, die die Herzen aller Sophienlust-Fans höherschlagen lässt.
Wie Gespenster huschten Bäume und Sträucher am Autofenster vorbei. Es war ein trüber Nachmittag und nur noch wenige Autofahrer waren unterwegs. Eigentlich war der mineralgraue Passat das einzige Auto, das weit und breit zu sehen war. Er fuhr schnell und ein wenig unkontrolliert, wechselte immer mal wieder ein bisschen über den Mittelstreifen auf die gegenüber liegende Fahrbahn, um dann mit einem heftigen Schlenker wieder in die Spur zu kommen. »Lass lieber mich fahren, Charles«, bat Marisa Donell ihren Mann, dessen Gesicht vor Zorn zu einer unangenehmen Grimasse verzogen war. Er war ein gut aussehender Mann Ende dreißig. Seine strohblonden Haare umgaben seinen Kopf wie ein schimmernder Helm, und die gebräunte Haut bildete einen interessanten Kontrast. Er starrte beharrlich geradeaus und fand es auch nicht für nötig, seiner Frau zu antworten. »Wir landen noch im Straßengraben, wenn du so weitermachst.« Marisa wurde etwas lauter. Die Angst in ihr wurde immer größer. »Oder fahr rechts ran, dann können wir reden.« Sie strich sich die dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem blauen Samtband gelöst hatte. Ihre strahlend blauen Augen füllten sich mit Tränen. »Was gibt es da zu reden? Ich hab dich um die Scheidung gebeten, weil ich zurück will nach Kansas und du mich auf einmal nicht mehr begleiten willst. Das ist meine Heimat, und ich hab dir bei unserer Heirat bereits gesagt, dass ich nicht mein ganzes Leben lang in Deutschland bleiben möchte. Spätestens, wenn meine Eltern zu alt geworden sind, um ihre Farm zu bewirtschaften, werde ich meine Zelte hier abbrechen und heimkehren. Das hab ich dir alles gesagt und du meintest, dann würdest du mit mir kommen.«
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Buchvorschau
Die Zeichen stehen auf Stur - Marietta Brem
Sophienlust, wie alles begann
– 20 –
Die Zeichen stehen auf Stur
Gibt es eine andere Frau?
Marietta Brem
Wie Gespenster huschten Bäume und Sträucher am Autofenster vorbei. Es war ein trüber Nachmittag und nur noch wenige Autofahrer waren unterwegs. Eigentlich war der mineralgraue Passat das einzige Auto, das weit und breit zu sehen war. Er fuhr schnell und ein wenig unkontrolliert, wechselte immer mal wieder ein bisschen über den Mittelstreifen auf die gegenüber liegende Fahrbahn, um dann mit einem heftigen Schlenker wieder in die Spur zu kommen.
»Lass lieber mich fahren, Charles«, bat Marisa Donell ihren Mann, dessen Gesicht vor Zorn zu einer unangenehmen Grimasse verzogen war. Er war ein gut aussehender Mann Ende dreißig. Seine strohblonden Haare umgaben seinen Kopf wie ein schimmernder Helm, und die gebräunte Haut bildete einen interessanten Kontrast. Er starrte beharrlich geradeaus und fand es auch nicht für nötig, seiner Frau zu antworten.
»Wir landen noch im Straßengraben, wenn du so weitermachst.« Marisa wurde etwas lauter. Die Angst in ihr wurde immer größer. »Oder fahr rechts ran, dann können wir reden.« Sie strich sich die dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem blauen Samtband gelöst hatte. Ihre strahlend blauen Augen füllten sich mit Tränen.
»Was gibt es da zu reden? Ich hab dich um die Scheidung gebeten, weil ich zurück will nach Kansas und du mich auf einmal nicht mehr begleiten willst. Das ist meine Heimat, und ich hab dir bei unserer Heirat bereits gesagt, dass ich nicht mein ganzes Leben lang in Deutschland bleiben möchte. Spätestens, wenn meine Eltern zu alt geworden sind, um ihre Farm zu bewirtschaften, werde ich meine Zelte hier abbrechen und heimkehren. Das hab ich dir alles gesagt und du meintest, dann würdest du mit mir kommen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, einfach auszuwandern. Teresa spricht kaum ein Wort Englisch und ich auch nicht mehr besonders gut. Was sollen wir auf einer Farm? Keiner von uns kann das wirklich. Wir haben dort keine Zukunft. Ich bin nicht fürs Landleben geboren und Teresa hat ebenfalls ein anderes Leben verdient als vom frühen Morgen bis spät in die Nacht hinein in der Landwirtschaft zu schuften. Außerdem sind deine Eltern in den letzten fünf Jahren, seit du hier bist, nicht zu alten Leuten geworden. Bitte, Charles, überleg’ es dir.« Zornig wischte sich Marisa die Tränen aus dem Gesicht, die ihr jetzt unaufhörlich über die Wangen liefen. »Es ist wegen Antonia, hab ich Recht? Sie geht mit dir, nicht wahr? Sie träumt schon lange davon, wieder in ihre Heimat zu gehen. Lüg mich nicht an.«
Charles biss sich auf die Lippen. »Lass Antonia da raus«, herrschte er sie an. »Du wolltest doch unbedingt ein Au-pair-Mädchen. Antonia wollte einige Zeit in Deutschland leben, also bot sich diese Lösung an, allen war damit geholfen, und wir mussten keine Fremde zu uns nehmen. Sie hat sich doch sehr gut um Teresa gekümmert, doch auch das passte dir auf einmal nicht mehr. Plötzlich ist sie für deinen Geschmack viel zu freundlich, denn du bist ja ihre Mutter.«
»Warum ist sie dann gegangen, ohne einen Grund zu nennen? War es vielleicht, weil ich euch in inniger Umarmung erwischt habe?«
»Das war keine innige Umarmung«, widersprach er heftig. Sein Fuß klebte jetzt regelrecht auf dem Gaspedal, das er bis zum Anschlag durchgedrückt hatte. »Antonia fühlte sich bei dir nicht mehr wohl, weil du dauernd etwas an ihr auszusetzen hattest. Sie war verzweifelt und ich hab sie getröstet.«
»Ah, so nennt man das. Dafür nimmst du sie jetzt mit zu deiner Familie. Das ist natürlich etwas ganz anderes.«
Charles stöhnte auf. Seine Hände hielten das Lenkrad so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel ganz weiß erschienen. »Du findest doch immer einen Prügel, mit dem du um dich schlagen kannst«, knurrte er. »Ich nehm’ sie nicht mit nach Hause. Sie ist die Tochter unserer Nachbarn, schon vergessen?«, fragte er spöttisch. »Und du weißt, dass wir sie brauchten! Du musstest ja so schnell wie möglich wieder in den Schuldienst zurück. Es konnte ja nicht sein, dass du wegen eines Kindes zu Hause bleibst. Stattdessen soll sie jetzt lieber in eine Tagesstätte, da kann man die Kinder schon um sieben Uhr morgens hinbringen und muss sie erst um zwanzig Uhr abends abholen. Eine anständige Frau bleibt zu Hause, wenn sie ein Kind hat!«
»Du bist so ungerecht«, stöhnte Marisa auf. »Teresa ist wieder bei meiner Mutter, seit deine Antonia weg ist. Mama sorgt sehr gern für ihr Enkelkind. Sie war ohnehin von Anfang an gegen dieses Mädchen, doch ich dachte, es wäre die beste Lösung. Ich hätte sie nie in eine Tagesstätte gegeben. Das weißt du!« Sie wischte sich hastig die Tränen aus dem Gesicht, die sie nicht hatte zurückhalten können.
»Dein Heulen bringt auch nichts«, giftete er sie an. »Überleg’ lieber, was du willst, deine Mami oder eine eigene Familie? Du willst doch nur wegen deiner Mutter hier bleiben.«
Marisa unterdrückte ein Schluchzen. »Das stimmt nicht. Du willst doch angeblich wegen deiner Eltern zurück! Und wer von uns wollte denn so ein teures Haus, dass es uns fast die Luft zum Atmen abgedreht hat? Ich ganz bestimmt nicht. Unsere alte Wohnung hat mir gut gefallen. Damals waren wir noch glücklich. Ohne mein Einkommen und die Hilfe meiner Mutter hätten wir uns den ganzen Luxus nicht leisten können. Meine Mutter sagt auch, dass es bestimmt nicht gut ist, wenn wir hier alle Zelte abbrechen. Oder willst du in Kansas als Bauer arbeiten, wenn du hier eine gut bezahlte Stelle und einen pünktlichen Feierabend haben kannst?«
»Deine Mutter … deine Mutter … außerdem sind wir keine Bauern, sondern Farmer.« Er holte tief Luft. »Deine Mutter hat immer das letzte Wort. Ihr kleines Töchterchen ist ja auch noch viel zu jung, um selbst zu entscheiden. Wir haben zwar ein eigenes Kind von zwei Jahren, doch du bist ja erst achtundzwanzig, also fast noch minderjährig. Da musst du schon die Mami fragen, ehe du eine Entscheidung triffst.« Seine Stimme tropfte vor Hohn.
»Du bist so gemein. Ich weiß, dass es dir um Antonia geht. Sie bringt alles mit, was eine ›gute Farmersfrau‹ haben muss. Ich war von Anfang an bei dir fehl am Platz. Wäre ich doch nie nach Kansas gefahren. Der Traum von diesem Land wurde für mich zum Fluch. Meine Eltern mussten ihr letztes Geld zusammenkratzen, damit sie mir das Vierteljahr ermöglichen konnten. Damals dachte ich noch, dass ich Antonia gern zur Freundin hätte. Diese falsche Schlange …«
»Lass Antonia aus dem Spiel. Ich hab dir schon einmal gesagt, dass sie nichts damit zu tun hat. Sie will einfach so schnell wie möglich nach Hause und sie mag nicht allein so eine weite Strecke fliegen. Ich übrigens auch nicht, aber das ist