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Mit dir ins Land der Liebe: Leni Behrendt Bestseller 29 – Liebesroman
Mit dir ins Land der Liebe: Leni Behrendt Bestseller 29 – Liebesroman
Mit dir ins Land der Liebe: Leni Behrendt Bestseller 29 – Liebesroman
eBook204 Seiten2 Stunden

Mit dir ins Land der Liebe: Leni Behrendt Bestseller 29 – Liebesroman

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Über dieses E-Book

Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.

Zwar schien die Vorfrühlingssonne draußen hell und warm, doch in den hohen, weiten Räumen des alten Schlosses war es immer noch so kühl, daß man das Kaminfeuer angenehm empfand. Vor ihm in tiefen Sesseln saßen Gräfin Swanewitt und ihr Sohn Wigand. Zu ihnen trat nun der Herr des Hauses, nahm Platz und reichte der Gattin einen Brief. Während sie ihn las, spiegelte sich auf ihrem feinen Antlitz das Unbehagen wider, welches das Schreiben ihr verursachte. »Ja, da kann man nichts machen. Es gilt nun reiflich zu überlegen, was aus Griseldis werden soll, die jetzt endgültig dem Internat entwachsen ist. Wie die Oberin in dem Brief berichtet, hat das Mädchen sein Abitur mit Auszeichnung bestanden, wonach ihm die Möglichkeit geboten ist, jeden Beruf ergreifen zu können. Also werde ich die Oberin aufsuchen, um Rücksprache zu nehmen, wozu sich Griseldis am besten eignet. Sie kennt sie ja vom siebenten Lebensjahr an und somit auch ihre Anlagen und Fähigkeiten. Erst dann kann ich als Vormund, der sein Mündel nur aus den monatlichen Berichten der Oberin kennt, einen Entschluß fassen.« »Und dann, Magnus?« »Dann werde ich alles das veranlassen, was zu einer Berufsausbildung notwendig ist.« »So soll das Mädchen aus der Abgeschiedenheit des Internats sofort in eine ihm fremde Umgebung hinaus?« »Warum denn nicht, Claudia? Griseldis ist doch kein Kind mehr, sondern neunzehn Jahre alt.« »Immer noch zu jung, um auf sich allein gestellt zu sein, zumal Griseldis zwölf Jahre hindurch in dem Töchterheim gelebt hat, behütet und bevormundet zugleich. Da wird man unselbständig, wie ich aus Erfahrung weiß, da ich ein Jahr in dem fast klösterlichen Institut verbrachte. Wenn ich daran denke, daß ich hinterher irgendwo allein hätte leben müssen, beschleicht mich ein Gruseln.« »Worauf willst du hinaus, Claudia?« »Daß du Griseldis mit hierher bringst, damit sie sich erst an ein Leben gewöhnt, das nicht so abgeschieden und einseitig ist wie im Internat.
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum22. März 2022
ISBN9783740991647
Mit dir ins Land der Liebe: Leni Behrendt Bestseller 29 – Liebesroman

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    Buchvorschau

    Mit dir ins Land der Liebe - Leni Behrendt

    Leni Behrendt Bestseller

    – 29 –

    Mit dir ins Land der Liebe

    Leni Behrendt

    Zwar schien die Vorfrühlingssonne draußen hell und warm, doch in den hohen, weiten Räumen des alten Schlosses war es immer noch so kühl, daß man das Kaminfeuer angenehm empfand. Vor ihm in tiefen Sesseln saßen Gräfin Swanewitt und ihr Sohn Wigand. Zu ihnen trat nun der Herr des Hauses, nahm Platz und reichte der Gattin einen Brief. Während sie ihn las, spiegelte sich auf ihrem feinen Antlitz das Unbehagen wider, welches das Schreiben ihr verursachte. Sie reichte es an den Sohn weiter und sah dann wie hilflos den Gatten an, der achselzuckend meinte:

    »Ja, da kann man nichts machen. Es gilt nun reiflich zu überlegen, was aus Griseldis werden soll, die jetzt endgültig dem Internat entwachsen ist. Wie die Oberin in dem Brief berichtet, hat das Mädchen sein Abitur mit Auszeichnung bestanden, wonach ihm die Möglichkeit geboten ist, jeden Beruf ergreifen zu können. Also werde ich die Oberin aufsuchen, um Rücksprache zu nehmen, wozu sich Griseldis am besten eignet. Sie kennt sie ja vom siebenten Lebensjahr an und somit auch ihre Anlagen und Fähigkeiten. Erst dann kann ich als Vormund, der sein Mündel nur aus den monatlichen Berichten der Oberin kennt, einen Entschluß fassen.«

    »Und dann, Magnus?«

    »Dann werde ich alles das veranlassen, was zu einer Berufsausbildung notwendig ist.«

    »So soll das Mädchen aus der Abgeschiedenheit des Internats sofort in eine ihm fremde Umgebung hinaus?«

    »Warum denn nicht, Claudia? Griseldis ist doch kein Kind mehr, sondern neunzehn Jahre alt.«

    »Immer noch zu jung, um auf sich allein gestellt zu sein, zumal Griseldis zwölf Jahre hindurch in dem Töchterheim gelebt hat, behütet und bevormundet zugleich. Da wird man unselbständig, wie ich aus Erfahrung weiß, da ich ein Jahr in dem fast klösterlichen Institut verbrachte. Wenn ich daran denke, daß ich hinterher irgendwo allein hätte leben müssen, beschleicht mich ein Gruseln.«

    »Worauf willst du hinaus, Claudia?«

    »Daß du Griseldis mit hierher bringst, damit sie sich erst an ein Leben gewöhnt, das nicht so abgeschieden und einseitig ist wie im Internat. Daß sie mit anderen Menschen zusammenkommt, als nur mit ihresgleichen und gestrengen Lehrerinnen. Aber wie ich deiner Miene entnehmen kann, scheinst du mit meinem Vorschlag nicht recht einverstanden zu sein, mein lieber Magnus.«

    »Nicht einverstanden ist zuviel gesagt, Claudia. Ich fürchte nur, daß du mit dem Mädchen nichts wirst anfangen können, da es sehr verschlossen sein soll, wie wir ja aus den Berichten der Frau Oberin wissen.«

    »Davon möchte ich mich erst überzeugen. Und sollten sich bei dem Zusammenleben mit Griseldis Schwierigkeiten ergeben, so ist es immer noch Zeit, sich davon zu befreien. Jedenfalls ist es meine Ansicht, daß du dich um dein Mündel, das außerdem noch das Kind deines verstorbenen Stiefbruders ist, genügend kümmern mußt, sobald es sich nicht mehr unter der schützenden Obhut des Internats befindet. Das ist einfach deine Pflicht als Vormund.«

    »Nun hör dir mal deine energische Mutter an!« Der Vater blinzelte dem Sohn zu. »Was meinst du, ob ich mich da wieder einmal ihrem Willen beuge?«

    »Wirst es wohl müssen«, kam es amüsiert zurück. »Hol sie nur her, die Kleine, damit sie auch etwas anderes kennenlernt als schnatternde Backfischlein und strengbebrillte Lehrerinnen. Wahrscheinlich hat es vor lauter Gehorsam und Weisheitsbüffelei noch gar nicht wahrnehmen können, wie herrlich blau ein Frühlingshimmel sein kann, wie lustig bunt die Blumen blühen und wie hell die Vögel jubilieren, das ehrpusselige Nönnchen.«

    »Junge, du kannst einem mit deiner Schilderung förmlich einen Schrecken einjagen!« Der Vater zog unbehaglich die Schulter hoch.

    Und mit Unbehagen gingen seine Gedanken in die Vergangenheit zurück, bis zu dem Tage, als sein Vater die zweite Frau ins Haus brachte. Zweiundvierzig Jahre war das her und er damals ein Knabe von vierzehn Jahren, da die verwitwete Harda von Ohlebeck mit ihrem fünfjährigen Sohn an der Hand in Swanewitt auftauchte und ihm als zweite Mutter präsentiert wurde, ihm, der seiner leiblichen Mutter, die vor zwei Jahren starb, immer noch in heißem Kinderschmerz nachtrauerte. Kein Wunder, daß sich sein Herz vor der Stiefmutter verschloß, die ihn gewiß nicht schlecht behandelte, ihr eigenes Kind jedoch ihm stets vorzog. Auch der Vater war dem bildhübschen Knaben mehr zugetan als seinem Sohn, was zu einer nicht mehr zu überbrückenden Entfremdung führte. Und als Graf Swanewitt sein Unrecht endlich einsah, war es bereits zu spät.

    So lebte denn der eine Sohn wie geduldet im Schloß, während der andere von den Eltern vergöttert wurde. Er war die Hauptperson, um die sich alles drehte. Seine ganze Art war eben dazu angetan, die Herzen der Menschen im Sturm zu gewinnen. Wen er mit seinen wunderschönen grünblauen Augen anstrahlte, der mußte ihm gut sein.

    So verzogen denn Mutter und Stiefvater den Knaben mehr, als seiner Veranlagung gut tun konnte. Daß er alles, was er wollte, bei ihnen erreichte, war für ihn selbstverständlich.

    Und was er als Knabe verlangte, tat er auch als junger Mann. Er fiel sozusagen aus allen Wolken, da nun die Eltern mit dem Mädchen, das er ihnen kurzerhand als Braut ins Haus brachte, nicht einverstanden waren. Vierundzwanzig Jahre zählte er, sie zwei Lenze mehr. Ein bildschönes Geschöpf, an dem man eigentlich nichts aussetzen konnte, dazu aus guter Familie, nur daß es leichtlebig, sehr verwöhnt und äußert temperamentvoll war, dazu lebensgierig und vom Reisefieber besessen. Genauso wie ihr Verlobter.

    Also konnte das nach menschlichem Ermessen keine gute Ehe geben, und daher waren seine Eltern gegen diesen Bund. Allein, danach fragte der egoistische Hilbert Ohlebeck gewiß nicht. Er heiratete heimlich seine Auserwählte und schickte den fassungslosen Seinen die Vermählungsanzeige ins Haus. Er konnte es sich leisten, da er von ihnen unabhängig war, weil ihm nach der Bestimmung seines verstorbenen Vaters an seinem dreiundzwanzigsten Geburtstag ein beträchtliches Vermögen ausgezahlt worden war. Dazu verfügte die Gattin gleichfalls über einen guten Batzen.

    Ergo: Ein lustiges Leben begann. Aus allen Teilen der Erde flatterten Kartengrüße in das Schloß, in dem Hilbert zwanzig Jahre lang ein verwöhntes Dasein geführt hatte. Zwischendurch traf auch die Geburtsanzeige eines Töchterchens ein –, und dann sieben Jahre später ein kurzer Brief, in dem stand, daß seine Frau mit einem anderen durchgegangen und die Scheidung bereits ausgesprochen wäre. Er selbst stände im Begriff, sich einer Expedition anzuschließen. Sein Töchterchen Griseldis hätte er in benanntem Internat gut untergebracht, und er ersuche seine Mutter, sich nicht um das Kind zu kümmern. Es gehöre ihm allein, das wolle man zur Kenntnis nehmen.

    Dann hörte man auf Schloß Swanewitt wiederum nichts von ihm, bis dann zwei Jahre später das letzte Schreiben des Mannes eintraf, dessen rücksichtsloses Verhalten die Mutter tief unglücklich gemacht hatte. Er gab bekannt, daß er in einer ägyptischen Stadt im Krankenhaus läge und daß seine Tage gezählt wären. Daher möchte der Stiefvater ihm seine letzte Bitte nicht abschlagen und die Vormundschaft über seine Tochter Griseldis übernehmen, sobald vom Krankenhaus die Nachricht über seinen Tod einträfe. Das hinterlassene Geld gehöre seinem Kind, das nach wie vor im Internat zu bleiben hätte, bis die Oberin, in die er größtes Vertrauen setze, es für richtig befinden würde, ihren Zögling zu entlassen.

    Sonst nichts. Keine Bitte um Vergebung, kein reumütiges Geständnis. Ein rücksichtsloser Egoist bis zu seinem letzten Atemzug.

    Das war die Quittung für die Vergötterung der Mutter und des Stiefvaters.

    Zwei Wochen später traf in Swanewitt die beglaubigte Nachricht vom Tode des Hilbert von Ohlebeck ein. Die Sterbeurkunde und andere Papiere lagen bei. Das hinterlassene Geld läge auf dem Deutschen Konsulat und würde dem vom Verstorbenen bestimmten Vormund der minderjährigen Griseldis von Ohlebeck auf gesetzlichem Wege zugehen.

    Und somit war Hilbert von Ohlebeck ausgelöscht aus der Liste der Lebenden. Ob seine geschiedene Frau noch unter ihnen weilte, wußte man nicht. Beider Tochter jedoch befand sich nach wie vor in dem Internat, das ihr Vormund in Begleitung der Gattin aufsuchte. Doch kein Wort kam über ihre Lippen, als sie nach Swanewitt zurückkehrten. Man schwieg sich dem Sohn Magnus gegenüber, der schon längst geheiratet hatte und Vater eines neunzehnjährigen Sohnes war, vollkommen aus.

    Die Mutter Hilberts siechte dahin. Starb ein Jahr später, und nach drei Jahren folgte ihr der Gatte. In seiner letzten Stunde bat er Magnus, die Vormundschaft über Griseldis von Ohlebeck zu übernehmen, legte ihm jedoch nahe, das Mädchen in dem Interant zu lassen, weil es dort mit der nötigen Strenge erzogen würde, wie es für ein Kind so unseliger Eltern, die ihm ihr Blut wahrscheinlich vererbt hätten, zu Nutz und Frommen wäre. Magnus möge verzeihen, daß er ihm ein so schlechter Vater gewesen war. Doch was er an ihm verschuldet hatte, hätte er durch den anderen tausendfach gebüßt.

    Selbstverständlich war der Wunsch des sterbenden Vaters dem Sohn heilig. Er übernahm die Vormundschaft, kümmerte sich jedoch um sein Mündel nur soweit, als er sich von der Oberin des Institus jeden Monat einmal über den Werdegang des Mädchens berichten ließ.

    Demnach mußte Griseldis von Ohlebeck ein kleiner Sonderling sein, verschlossen, schwer zugänglich und ernst. Fleißig, gehorsam, aber gewissermaßen ein Buch mit sieben Siegeln.

    Sechs Jahre hindurch glichen die Berichte der Oberin einander so sehr, daß man sie bereits auswendig kannte. Allein das Schreiben, das heute eingetroffen war, stach erheblich von den anderen ab. Darin wurde dem Vormund mitgeteilt, daß sein Mündel das Abitur mit Auszeichnung bestanden hätte und somit die Erziehung im Internat beendet sei. Alles weitere bliebe ihm überlassen.

    Und das behagte ihm gar nicht. Da er jedoch ein Mensch von ausgeprägtem Pflichtbewußtsein war, mußte er ihm wohl oder übel nachgeben.

    *

    Graf Swanewitt begrüßte die Oberin des Internats, eine würdige Dame, die durch ihre Erscheinung allein schon achtunggebietend wirkte. Von stattlicher Gestalt, ein strenges Antlitz, mit klugen, ruhigen Augen. Dazu ein Benehmen, wie es einem Menschen in so verantwortungsvoller Stellung geziemt. Denn das Institut galt als eines der puritanischsten, strengsten und teuersten. Die Mädchen lernten dort alles, was für ihr späteres Leben erforderlich war. Auch sich vor der Oberin und den Lehrerinnen beugen – und vor allen Dingen, den Mund halten.

    Nachdem sie dem Besucher einen Platz geboten hatte, sagte sie liebenswürdig:

    »Es freut mich, Herr Graf, daß Sie sich persönlich herbemühen.«

    »Frau Oberin, das hätte ich gewiß schon längst getan. Aber es wird Ihnen ja bekannt sein, warum ich es unterließ. Nun jedoch der Zögling Ihrer Obhut entwachsen ist, fühle ich mich als Vormund verpflichtet, endlich in Aktion zu treten.«

    »Was haben Sie über Griseldis beschlossen?«

    »Ich nehme sie mit nach Hause, um sie zuerst einmal kennenzulernen. Alles andere wird sich dann finden.«

    »Dieser Entschluß freut mich. Denn offengestanden hätte es mich beunruhigt, das weltfremde Mädchen auf sich allein gestellt zu wissen. Da gäbe es mancherlei Gefahren, denen es gewiß nicht gewachsen wäre. Wie ich das meine, werden Sie begreifen, sofern Sie es sehen.«

    O ja, er begriff sofort, als Griseldis von Ohlebeck vor ihm stand. Eine köstliche junge Menschenblüte, deren Schönheit sich trotz der sehr unvorteilhaften Kleidung nicht verbergen ließ. Das Beste von ihren Eltern hatte die Natur ihr mitgegeben. Die grazile Gestalt der Mutter, deren hochmütig wirkendes Antlitz, gemildert durch eine sinnverwirrende Süße, die wunderbaren grünblauen Augen des Vaters, und die Haarfarbe von blond und schwarz hatte sich zu einem goldighellen Braun vermischt.

    »Nun habe ich Sie verstanden, Frau Oberin«, sprach der Mann mit einem bedeutungsvollen Lächeln leise zu ihr hin. »Ein Kleinod, das man hüten muß.«

    »So ist es«, atmete sie auf. Dann wandte sie sich dem Mädchen zu, das abwartend dastand.

    »Begrüße deinen Vormund, mein Kind.«

    Gehorsam legte sich die zarte Hand in die kräftige des Mannes, der freundlich sagte:

    »Ich soll Grüße von Tante Claudia bestellen, Griseldis. Sie freut sich auf dein Erscheinen in Swanewitt.«

    Fragend sah das Mädchen die Oberin an, die ihm mit ungewohnter Herzlichkeit zunickte.

    »Hast richtig gehört, mein Kind. Du darfst mit deinem Vormund zu den Verwandten fahren.«

    »Und vorläufig auch dort bleiben«, setzte er hinzu. »Das ist dir doch genehm, Kleine?«

    »Gewiß, Onkel Magnus.«

    So automatisch war das gesagt, daß der Mann betroffen zu der Oberin hinsah, die unmerklich die Achseln zuckte.

    Scheint eine schwierige Angelegenheit zu sein, diese junge Griseldis von Ohlebeck, dachte er unbehaglich. Möchte wetten, daß hinter dieser scheinbaren Fügsamkeit stille Aufsässigkeit steckt.

    Das sagte er auch der Oberin, als das Mädchen gegangen war, um sich zur Abreise zu rüsten.

    »Da haben Sie recht, Herr Graf, sie ist schon ein seltsames Menschenkind«, entgegnete sie seufzend. »Obwohl ich sie zwölf Jahre hindurch täglich um mich hatte, habe ich nie hinter ihr wahres Fühlen und Denken kommen können. Immer gehorsam, immer zuverlässig, aber auch immer still und verschlossen. Als Griseldis hier ankam, da allerdings hatte ich meine Not mit ihr. Sie weinte und jammerte dem Vater nach, verweigerte jeden Trost, jede Nahrung, bis sie dann langsam das wurde, was sie heute ist. Man könnte fast sagen, daß ein Kinderherz damals brach.«

    »Hoffentlich trägt sie es mir nicht nach, daß ich mich hier nie blicken ließ«, befürchtete er, doch sie winkte beruhigend ab.

    »Bestimmt nicht, Herr Graf, Griseldis weiß über alles genau Bescheid. Und da sie über ihre Jahre hinaus verständig ist, wird sie Ihnen nichts zur Last legen, woran Sie schuldlos sind.«

    »Hoffentlich!« zweifelte er, nicht ganz von ihrer Ansicht überzeugt. »So junge Menschen sind leicht dazu geneigt, ältere schuldig zu sprechen. Und nun eine wichtige Frage: Zu welchem Beruf würde Griseldis sich am besten eignen?«

    »Es beschämt mich, Herr Graf, daß ich Ihnen da keine klare Antwort geben kann. Was ich ihr auch vorschlagen mochte, immer erfolgte das gehorsame: Gewiß, Frau Oberin. Doch soviel ich beobachtete, liegt ihre Neigung auf naturwissenschaftlichem Gebiet.

    Tiere, Blumen, Pflanzen, damit konnte sie sich stundenlang beschäftigen. Ich glaube, am liebsten würde sie Hirtin oder Gärtnerin«, setzte sie mit einem Lachen hinzu, das ihr strenges Antlitz fast gütig erscheinen ließ.

    Man konnte nun nicht weiter unter vier Augen sprechen, da Griseldis wieder erschien, bereits in Hut und Mantel, die dem Vormund aber auch gar nicht gefielen.

    Grau in grau, wie ein kleines Nönnchen, dachte er mit leisem Gruseln. So was verletzt direkt meinen Schönheitssinn.

    Dann sah er zu, wie Griseldis sich von der Dame verabschiedete, die sie zwölf Jahre betreut hatte. Doch während letztere mit einer Rührung kämpfte, blieb erstere unbewegt. Artig beugte sie sich über die gepflegte Frauenhand.

    »Geh mit Gott, mein Kind«, kam es leise aus der beengten Kehle. »Hoffentlich wirst du mir öfter mal schreiben?«

    »Gewiß, Frau Oberin. Haben Sie Dank für alles, was Sie an mir taten.«

    Das kann man auch so ausdrücken, dachte der Mann belustigt. Kleine goldhaarige Sphinx, mag ein anderer aus

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