Parker geht auf Schnitzeljagd: Butler Parker 224 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Josuah Parker verzog keine Miene, als man ihn fotografierte. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und wartete auf den Wechsel der Ampelfarben. Er befand sich in der Innenstadt und war auf dem Rückweg nach Shepherd's Market. Der Butler hatte Einkäufe getätigt und ignorierte den etwa vierzigjährigen Mann, der vom Rücksitz eines Taxis in schneller Folge ein Bild nach dem anderen schoß. Der Fotograf fühlte sich wohl unbeobachtet und wollte sicher die einmalige Gelegenheit nutzen, einen authentischen englischen Butler auf den Film zu bannen. Dazu hatte er kein schlechtes Modell gewählt. Parker war in der Tat das Urbild eines solchen Dieners. Das Licht der Ampel hatte gewechselt. Parker ließ seinen Wagen anrollen und passierte das Taxi. Den aufdringlichen Fotografen, der wohl Ausländer war, hatte er bereits vergessen. Parker näherte sich seinem Ziel. Das breite Tor in der Mauer aus Backsteinquadern kam bereits in Sicht. Er bremste und querte den Verkehrsstrom. Als er durch das geöffnete Eisengitter-Tor fuhr, wurde er jäh wieder an den Vorfall auf der Straße erinnert... Am rechten Torpfosten stand ein schlanker Mann, der karierte Hosen und einen Parka trug. Der etwa Dreißigjährige hielt eine Filmkamera in Händen und fotografierte den passierenden Wagen. Dabei richtete er das Objektiv ganz eindeutig auf ihn. Als Parker in seiner bekannt höflichen Art die schwarze Melone grüßend lüftete, wandte der junge Mann sich hastig ab und ging mit schnellen Schritten zu dem am Straßenrand parkenden Wagen zurück. Josuah Parker wunderte sich ein wenig. Sein Aussehen war hier in London nicht gerade eine Sensation.
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Butler Parker
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Parker geht auf Schnitzeljagd - Günter Dönges
Butler Parker
– 224 –
Parker geht auf Schnitzeljagd
Günter Dönges
Josuah Parker verzog keine Miene, als man ihn fotografierte. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und wartete auf den Wechsel der Ampelfarben. Er befand sich in der Innenstadt und war auf dem Rückweg nach Shepherd’s Market.
Der Butler hatte Einkäufe getätigt und ignorierte den etwa vierzigjährigen Mann, der vom Rücksitz eines Taxis in schneller Folge ein Bild nach dem anderen schoß. Der Fotograf fühlte sich wohl unbeobachtet und wollte sicher die einmalige Gelegenheit nutzen, einen authentischen englischen Butler auf den Film zu bannen.
Dazu hatte er kein schlechtes Modell gewählt. Parker war in der Tat das Urbild eines solchen Dieners.
Das Licht der Ampel hatte gewechselt. Parker ließ seinen Wagen anrollen und passierte das Taxi. Den aufdringlichen Fotografen, der wohl Ausländer war, hatte er bereits vergessen. Parker näherte sich seinem Ziel. Das breite Tor in der Mauer aus Backsteinquadern kam bereits in Sicht. Er bremste und querte den Verkehrsstrom. Als er durch das geöffnete Eisengitter-Tor fuhr, wurde er jäh wieder an den Vorfall auf der Straße erinnert...
Am rechten Torpfosten stand ein schlanker Mann, der karierte Hosen und einen Parka trug. Der etwa Dreißigjährige hielt eine Filmkamera in Händen und fotografierte den passierenden Wagen. Dabei richtete er das Objektiv ganz eindeutig auf ihn. Als Parker in seiner bekannt höflichen Art die schwarze Melone grüßend lüftete, wandte der junge Mann sich hastig ab und ging mit schnellen Schritten zu dem am Straßenrand parkenden Wagen zurück.
Josuah Parker wunderte sich ein wenig.
Sein Aussehen war hier in London nicht gerade eine Sensation. In der City waren Dutzende von Männern zu sehen, die schwarze Zweireiher, Bowler und Regenschirme trugen. Sie gehörten zum selbstverständlichen Bild der Millionenstadt. Warum man ausgerechnet jetzt ihn so kurz hintereinander auf einen Filmstreifen bannte, konnte er sich nicht erklären.
Das Haus der Lady Simpson beherrschte den Platz hinter der Mauer. Links und rechts davon waren ebenfalls alte Fachwerkbauten zu sehen, die diesem Platz ein geschlossenes Aussehen verliehen. Inmitten der hektischen Großstadt war das hier eine Oase der Ruhe und des Friedens, wenigstens auf den ersten Blick. Das alles war Privateigentum der älteren, immens vermögenden Dame.
Der Butler ließ seinen Wagen vor dem säulengetragenen Vorbau des Hauses stehen, betrat das Innere und begab sich sofort in den hinteren Wirtschaftsteil des Hauses. Er hatte die große Wohnhalle noch nicht ganz durchquert, als er Myladys bemerkenswerte Stimme hörte.
Die Hausherrin, die den sechzigsten Geburtstag schon seit einigen Jahren feierte, stand oben auf der Galerie. Ihre baritonal gefärbte Stimme erfüllte die Halle.
»Man hat sich nach Ihnen erkundigt, Mister Parker«, rief sie nach unten. »Man fragte nach Ihrem Vornamen.
»Darf man in Erfahrung bringen, Mylady, wer der Anrufer war?« gab der Butler zurück.
»Dieser Lümmel am Telefon legte auf, als ich ihn nach seinem Namen fragte«, antwortete Agatha Simpson, deren majestätische Fülle an die einer bereits leicht betagten Bühnen-Heroine erinnerte.
»Die Manieren mancher Menschen sind ausgesprochen beklagenswert, Mylady«, meinte Parker.
»Unsinn, Mister Parker«, dröhnte Myladys Stimme nach unten. »Hier haben wir es nicht mit schlechten Manieren zu tun, sondern mit einem Lümmel, der seinen Namen aus guten Gründen nicht nennen will.«
»Mylady sind bereits zu gewissen Schlüsseln gekommen?« fragte Josuah Parker.
»Selbstverständlich«, lautete ihre Antwort. »Irgendwer ist hinter Ihnen her. Aber Sie brauchen sich nicht zu sorgen. Ich werde schon auf Sie aufpassen.«
Der Butler hielt diese Ankündigung für besonders gefährlich. Er kannte das ungezügelte Temperament seiner Herrin, die stets für Ordnung sorgen wollte und das reine Chaos schuf.
*
Josuah Parker befand sich in der großen Küche des Hauses, die im Souterrain untergebracht war. Er hatte das Telefon nach unten durchgestellt, damit Lady Agatha nicht erneut gestört werden konnte.
Der Butler war damit beschäftigt, Lamm-Koteletts im Teigmantel vorzubereiten. Dazu wollte er frische grüne Bohnen und eine Kräutersauce reichen. Die ältere Dame aß für ihr Leben gern, wenngleich sie sich auch einbildete, strenge Diät zu halten.
Als das Telefon läutete, nahm Parker sich Zeit, reinigte seine Hände und hob ab.
»Bei Lady Simpson«, meldete er sich.
»Eine Frage«, hörte er eine Stimme mit amerikanischem Akzent. »Haben Sie mal vor Jahren in den Staaten gearbeitet?«
»Ihr Interesse schmeichelt meiner bescheidenen Wenigkeit«, erwiderte Josuah Parker. »Mit wem hat man die Ehre?«
»Mein Name tut nichts zur Sache«, erwiderte der Mann am anderen Ende der Leitung. »Sie waren damals doch mit einem gewissen Anwalt Mike Rander zusammen, oder?«
»Fragen zu meiner Person sollten Sie korrekterweise schriftlich einreichen«, schlug der Butler gemessen vor. »Dabei sollten Sie nicht vergessen, Ihren Namen beizufügen.«
»Klar doch, Sie sind der Parker, den ich meine«, hörte der Butler. »So komisch wie Sie haben Sie sich damals in den Staaten auch schon ausgedrückt.«
»Man erlaubt sich, Ihnen einen noch mehr oder weniger schönen Abend zu wünschen.« Parker legte auf und kehrte an den Arbeitstisch zurück. Natürlich machte er sich Gedanken über den Anruf. Wer mochte sich für seine Zeit drüben in den USA interessieren? Und warum hatte der Anrufer darauf verzichtet, seinen Namen zu nennen?
Das Telefon läutete erneut.
Parker hob wieder ab, nannte diesmal aber seinen Namen.
»Hier Rander«, hörte er auf der anderen Seite der Leitung. »Komische Sache, die da eben passierte, Parker.«
»Darf man davon ausgehen, Sir, daß man Sie anrief und sich nach meiner Wenigkeit erkundigte?« fragte Parker aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
»Genau das, Parker«, entgegnete der Anwalt. »Irgendein Bursche, der seinen Namen nicht nannte, fragte nach Ihrem Vornamen und wollte wissen, ob Sie nicht seinerzeit zusammen mit mir in den Staaten gewesen seien.«
»Eine ungewöhnliche Frage, Sir, wenn man so sagen darf.«
»Woher haben Sie von diesem Anruf gewußt?«
»Meine Wenigkeit nahm einen ähnlich gelagerten Anruf vor wenigen Augenblicken entgegen, Sir.«
»Sehr eigenartig, Parker. Klar, daß ich diesem Kerl keine Auskunft gegeben habe, aber immerhin. Was soll das?«
»Diese Frage, Sir, stellte sich bereits Mylady, die ebenfalls angerufen wurde.«
»Mysteriös, Parker. Was könnte das bedeuten?«
»Man wird sicher bald mehr wissen, Sir.«
»Hier bahnt sich doch was an«, unkte der Anwalt, der von seiner Praxis in der nahen Curzon Street anrief. Parker hörte im Hintergrund das diskrete Läuten der Kaminuhr, das er sofort erkannte.
»Möglicherweise handelt es sich um eine Massierung von Zufällen, Sir.
»Hoffentlich«, antwortet Mike Rander. »Wir sollten gleich während des Dinners mal ausführlich darüber reden.«
»Unter Umständen ergibt sich bis dahin ein zusätzlicher Tatbestand, Sir«, meinte Josuah Parker höflich. Er wechselte noch einige Worte mit dem Anwalt, legte auf und widmete sich wieder den Lamm-Koteletts und dem Blätterteig, der die Fleischstücke umhüllen sollte. Es war nur zu verständlich, daß er dabei an seine Zeit in den Staaten dachte.
Zusammen mit Anwalt Mike Rander hatte er dort eine Reihe von Abenteuern erlebt, die bemerkenswert waren. Er hatte sich mit kleinen und großen Gaunern herumgeschlagen, mit Gangstern und Killern und mit den Spezialisten der Mafia. Damals war Parker noch der Butler des Anwalts gewesen, bis er dann zu Lady Simpson wechselte.
Inzwischen war Mike Rander auf die Insel zurückgekommen und verwaltet zusammen mit Kathy Porter das Vermögen der älteren Dame. Das Verhältnis zwischen den beiden Männern war nach wie vor ausgezeichnet. Man mochte sich schlicht und einfach und respektierte sich.
Das Telefon klingelte wieder. Diesmal dachte der Butler sofort an den Anrufer, als er seinen Namen nannte.
»Hier is’ Butch Friday«, meldete sich eine rauhe Stimme. »Hören Sie, Mister Parker, hier war vor ’n paar Minuten ’ne komische Type und fragte nach Ihnen. Er wollte ’ne Menge über Sie wissen.«