Parker zähmt den Baulöwen: Butler Parker 244 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Und ab morgen, Mister Parker, werde ich noch strengere Diät halten«, verkündete Lady Simpson entschlossen. »Außerdem werde ich intensiv Sport treiben, um meine jugendliche Spannkraft bis ins hohe Alter zu erhalten.« »Ein Vorsatz, der es zweifellos verdient, in die Tat umgesetzt zu werden, Mylady«, gab Josuah Parker höflich zurück. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und lenkte das schwarze Gefährt in Richtung Stadtmitte. Man befand sich auf der Rückfahrt von einem Festbankett, zu dem die »Nationale Stiftung zur Förderung notleidender Angehöriger der adligen Stände« in das feudale Seebad Brighton eingeladen hatte. »Wie stets im Leben, Mister Parker, sollte man auch beim Sport Einseitigkeit vermeiden«, fuhr die passionierte Detektivin fort. Lady Agatha Simpson saß im bequemen Fond des Wagens und war seit der Abfahrt aus Brighton mit dem Inhalt eines opulenten Picknickkorbes beschäftigt, den sie als Wegzehrung mitgenommen hatte. »Ich dachte an Kugelstoßen, Gewichtheben und Speerwurf.« »Fraglos haben Mylady in Betracht gezogen, daß eine gewisse Ausrüstung vonnöten ist, um die genannten Sportarten betreiben zu können«, gab der Butler zu bedenken. »Das ist mir selbstverständlich bekannt, Mister Parker«, entgegnete die ältere Dame pikiert. »Gerade wollte ich Ihnen auftragen, heute nachmittag alles Notwendige zu kaufen. Aber geben Sie nicht mehr Geld aus als unbedingt nötig!« »Stets ist meine bescheidene Wenigkeit bemüht, auch in dieser Hinsicht streng nach Myladys Anweisung zu handeln«, versicherte Parker, der den Geiz seiner steinreichen Herrin aus leidvoller Erfahrung kannte.
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Parker zähmt den Baulöwen - Günter Dönges
Butler Parker
– 244 –
Parker zähmt den Baulöwen
Günter Dönges
»Und ab morgen, Mister Parker, werde ich noch strengere Diät halten«, verkündete Lady Simpson entschlossen. »Außerdem werde ich intensiv Sport treiben, um meine jugendliche Spannkraft bis ins hohe Alter zu erhalten.«
»Ein Vorsatz, der es zweifellos verdient, in die Tat umgesetzt zu werden, Mylady«, gab Josuah Parker höflich zurück. Er saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und lenkte das schwarze Gefährt in Richtung Stadtmitte. Man befand sich auf der Rückfahrt von einem Festbankett, zu dem die »Nationale Stiftung zur Förderung notleidender Angehöriger der adligen Stände« in das feudale Seebad Brighton eingeladen hatte.
»Wie stets im Leben, Mister Parker, sollte man auch beim Sport Einseitigkeit vermeiden«, fuhr die passionierte Detektivin fort. Lady Agatha Simpson saß im bequemen Fond des Wagens und war seit der Abfahrt aus Brighton mit dem Inhalt eines opulenten Picknickkorbes beschäftigt, den sie als Wegzehrung mitgenommen hatte. »Ich dachte an Kugelstoßen, Gewichtheben und Speerwurf.«
»Fraglos haben Mylady in Betracht gezogen, daß eine gewisse Ausrüstung vonnöten ist, um die genannten Sportarten betreiben zu können«, gab der Butler zu bedenken.
»Das ist mir selbstverständlich bekannt, Mister Parker«, entgegnete die ältere Dame pikiert. »Gerade wollte ich Ihnen auftragen, heute nachmittag alles Notwendige zu kaufen. Aber geben Sie nicht mehr Geld aus als unbedingt nötig!«
»Stets ist meine bescheidene Wenigkeit bemüht, auch in dieser Hinsicht streng nach Myladys Anweisung zu handeln«, versicherte Parker, der den Geiz seiner steinreichen Herrin aus leidvoller Erfahrung kannte.
Inzwischen hatte man das heimische Shepherd’s Market erreicht, und der Butler bog in die ruhige Wohnstraße ein, an der Myladys repräsentatives Anwesen lag. Zusammen mit ihrem Butler bewohnte die ältere Dame ein zweistöckiges Fachwerkgebäude großzügigen Zuschnitts, das auf den Grundmauern einer alten Abtei errichtet war und eine Oase der Ruhe inmitten der hektischen Großstadt bildete.
»Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, ob Mylady möglicherweise Absichten hegen, Myladys Wohnsitz zu veräußern?« fragte Parker, während er sein schwerfällig wirkendes Gefährt am Straßenrand ausrollen ließ.
»Veräußern? Wie kommen Sie denn auf solchen Unsinn, Mister Parker?« entrüstete sich Lady Agatha.
»Falls man sich nicht gründlich täuscht, sind die beiden Herren, die sich dort auf Myladys Gelände bewegen, mit Vermessungsarbeiten beschäftigt«, teilte Parker mit.
»Vermessungsarbeiten?« wiederholte die ältere Dame gedehnt. »Einen solchen Auftrag habe ich nie erteilt. Also jagen Sie die Kerle unverzüglich von meinem Grundstück, Mister Parker.«
»Wie Mylady wünschen«, antwortete der Butler und verließ den Wagen.
Die beiden Männer, die auf dem Vorplatz des Hauses mit rotweißen Stangen hantierten, hatten kaum aufgeblickt, als Parkers Wagen vor der Einfahrt hielt. Sie ließen sich auch nicht stören, als der Butler in würdevoller Haltung auf sie zuschritt.
»Darf man höflichst darauf aufmerksam machen, daß sich die Herren ohne die erforderliche Genehmigung auf Myladys Privatgelände aufhalten?« sprach der Butler die Männer in seiner förmlichen Art an.
Sie unterbrachen ihr Geschäft und musterten Josuah Parker mit großen Augen von Kopf bis Fuß. Der Butler war ein Mann mittleren Alters und eher durchschnittlicher Statur. Was ihn von den Zeitgenossen unterschied, waren nicht nur seine makellosen Umgangsformen, sondern auch sein Aufzug.
Die traditionsreiche Melone, der schwarze Covercoat, der steife Hemdkragen, der altväterlich gebundene Regenschirm am angewinkelten Unterarm – alles ließ unwillkürlich an einen hochherrschaftlichen Butler des vergangenen Jahrhunderts denken.
»Ein richtiger Butler!« stellte dann auch der jüngere der beiden Landvermesser in ungläubigem Staunen fest. Der Mann mochte dreißig sein. Er war hager und ließ beim Sprechen einen vorstehenden Schneidezahn aufblitzen. Die mausgrauen Augen unter den buschigen Bräuen wanderten unstet hin und her.
»Und wenn schon«, brummte sein Kollege, ein bulliger Mittfünfziger mit wulstigem Stiernacken und blank poliertem Schädel. »Wir lassen uns in unserem Job nicht stören.«
»Unter diesen Umständen sieht man sich leider gezwungen, die Herren in aller Form darauf hinzuweisen, daß Mylady außerordentlich ungehalten ist über die Verletzung ihrer Privatsphäre«, beharrte Parker. »Mylady läßt den Herren durch meine Wenigkeit die unmißverständliche Aufforderung überbringen, die Arbeiten unverzüglich einzustellen und sich zu entfernen.«
»Sie können uns gar nicht wegjagen«, wandte der Jüngere ein. »Wir handeln im Auftrag.«
»Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, wer diesen Auftrag erteilte und was er beinhaltet?«
»Unser Chef hat uns beauftragt, auf diesem Grundstück die Trasse einzumessen«, gab der Mann treuherzig Auskunft.
»Man darf vermutlich um nähere Informationen darüber bitten, welche Art von Trasse der Herr zu meinen belieben?«
»Die Autobahntrasse natürlich«, schaltete der Stiernacken sich ungeduldig ein. »Mann, Sie lesen wohl keine Zeitung?«
»Im allgemeinen ist man über die Ereignisse des Tages in ausreichendem Maß unterrichtet, falls der Hinweis gestattet ist.«
»Und von der sechsspurigen Autobahn, die mitten über Ihr Grundstück gebaut wird, haben Sie noch nichts gehört?« fragte der glatzköpfige Landvermesser und bemühte sich um einen ungläubigen Gesichtsausdruck. »Was sagst du dazu, Tony?«
»Die Leute scheinen ganz schön hinter dem Mond zu leben, wenn du mich fragst, Buddy«, gab Tony zurück.
»Ist das Gesindel immer noch nicht weg?« grollte plötzlich eine sonore Baritonstimme. »Muß ich erst ungemütlich werden?«
Mylady war im Fond des Wagens die Zeit lang geworden. Sie hatte einige Mühe aufgewandt, um ihre Körperfülle ohne Parkers Hilfe durch die Autotür zu zwängen. Gerade ging sie-mit einem Gesichtsausdruck, der nichts Gutes ahnen ließ, auf die drei Männer zu.
Agatha Simpson war eine Frau, die die Sechzig überschritten hatte. Sie steckte in einem derben Tweedkostüm und trug rustikale Schnürschuhe. In dem eigenwillig wuchernden Filzgebilde auf ihrem Kopf, das sie als Hut auszugeben pflegte, wippten zwei Hutnadeln, die an stählerne Bratspieße erinnerten.
Die Ausrüstung der älteren Dame wurde vervollständigt durch den Pompadour, der an ihrem muskulösen Handgelenk baumelte. Er enthielt ihren sogenannten »Glücksbringer«, ein solides Hufeisen, das in eine dünne Lage Schaumstoff gewickelt war, »Jetzt regen Sie sich nur nicht künstlich auf, Madam«, brummte Buddy. »Wir machen ja nur unseren Job.«
»Ihren Job?« wiederholte Mylady grimmig.
»Die Herren geben vor, die Trasse einer Autobahn zu vermessen, die angeblich über Myladys Anwesen hinweg gebaut werden soll«, informierte Parker seine Herrin.
»Eine Autobahn?« Agatha Simpsons Augen verengten sich zu Schlitzen. Ihre Stimme klang frostig. »Nur über meine Leiche!«
»Die Regierung hat es beschlossen, und Sie werden nichts dran ändern können, Madam«, behauptete der hagere Tony und ließ seinen prächtigen Schneidezahn blinken. »Besser, Sie verkaufen ihre Parzellen möglichst schnell – ehe Sie enteignet werden.«
»Vertrauen Sie auf Tonys Rat, Madam«, schaltete der bullige Buddy sich wieder ein. »Da können Sie wenigstens noch einen anständigen Preis rausschlagen.«
»Eine Lady Simpson weiß sehr gut, was sie zu tun und zu lassen hat«, fauchte die ältere Dame. »Und jetzt verschwinden Sie, sonst lernen Sie mich kennen!«
»Das fehlte gerade noch, daß wir uns von dieser greisen Vettel an der Arbeit hindern lassen«, überging Buddy die Warnung und wollte sich wieder seinem Meßgerät zuwenden. Doch dazu kam er nicht mehr.
Der stiernackige Landvermesser jaulte auf, als eine von Myladys berüchtigten Ohrfeigen ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf. Stöhnend taumelte er rückwärts und versuchte mit beiden Händen, die aus