Parker ködert die "Ratte": Butler Parker 248 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Wie spät ist es, Mister Parker?« »Drei Minuten vor fünf, Mylady.« »Dann bin ich schon wieder nicht pünktlich zum Tee zu Hause«, entrüstete sich Agatha Simpson. »Mylady wünschen unterwegs noch eine kleine Erfrischung zu nehmen?« erkundigte sich der Butler. »Das Hotel da drüben macht einen guten Eindruck, Mister Parker«, antwortete die ältere Dame und deutete zum Wagenfenster. »Eine Feststellung, die man nur unterstreichen kann, Mylady«, bestätigte Josuah Parker und bog von der Landstraße in die heckengesäumte Zufahrt ein. »Bedaure, Sir. Wir haben heute eine geschlossene Veranstaltung«, erklärte ein livrierter Diener, als Parker sein hochbeiniges Monstrum auf den Parkplatz bugsieren wollte. »Sir Arthur Branford hat aus Anlaß seines neunzigsten Geburtstages das ganze Hotel für ein Familientreffen gebucht.« »Manford, sagten Sie, junger Mann?« schaltete Agatha Simpson sich ein. »Da bin ich ja genau richtig. Ich bin nämlich eine Cousine des Gastgebers.« »Verzeihung, Mylady«, entgegnete der Diener.
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Parker ködert die "Ratte" - Günter Dönges
Butler Parker
– 248 –
Parker ködert die Ratte
Günter Dönges
»Wie spät ist es, Mister Parker?«
»Drei Minuten vor fünf, Mylady.«
»Dann bin ich schon wieder nicht pünktlich zum Tee zu Hause«, entrüstete sich Agatha Simpson.
»Mylady wünschen unterwegs noch eine kleine Erfrischung zu nehmen?« erkundigte sich der Butler.
»Das Hotel da drüben macht einen guten Eindruck, Mister Parker«, antwortete die ältere Dame und deutete zum Wagenfenster.
»Eine Feststellung, die man nur unterstreichen kann, Mylady«, bestätigte Josuah Parker und bog von der Landstraße in die heckengesäumte Zufahrt ein.
»Bedaure, Sir. Wir haben heute eine geschlossene Veranstaltung«, erklärte ein livrierter Diener, als Parker sein hochbeiniges Monstrum auf den Parkplatz bugsieren wollte. »Sir Arthur Branford hat aus Anlaß seines neunzigsten Geburtstages das ganze Hotel für ein Familientreffen gebucht.«
»Manford, sagten Sie, junger Mann?« schaltete Agatha Simpson sich ein. »Da bin ich ja genau richtig. Ich bin nämlich eine Cousine des Gastgebers.«
»Verzeihung, Mylady«, entgegnete der Diener. Er verbeugte sich tief und wies Parker einen Parkplatz inmitten chromblitzender Nobelkarossen an. »Ich wußte nicht, daß Sie zu den geladenen Gästen gehören.«
»Schon gut«, erwiderte Agatha Simpson beim Aussteigen. »Mein Butler hätte Sie ja gleich ins Bild setzen können.«
»Der Cocktailempfang hat noch nicht begonnen, Mylady«, teilte der Diener mit, während Josuah Parker und seine Herrin dem Eingang zustrebten.
»Das will ich auch hoffen«, bemerkte die Detektivin. »Ich hätte es als ausgesprochen ungehörig empfunden, wenn man ohne mich begonnen hätte.«
Parker wunderte sich geringfügig, verzog aber keine Miene. Daß Lady Agatha als Sproß des britischen Hochadels über weit verzweigte Verwandtschaftsbeziehungen verfügte und ihren Stammbaum bis auf Wilhelm den Eroberer zurückführte, war ihm durchaus geläufig. Daß Agatha Simpson aber auch mit der märchenhaft reichen Industriellensippe Branford verwandt war, die erst im 19. Jahrhundert in den Adelsstand erhoben wurde, vernahm er heute zum erstenmal.
Die geräumige, mit kostbaren Gemälden und Teppichen ausgestattete Hotelhalle prangte in festlichem Blumenschmuck. Kellner drängten sich durch die plaudernde Menge und versorgten Sir Arthurs Gäste mit Getränken. Der Patriarch selbst thronte auf einem vergoldeten Sessel und nahm huldvoll die Glückwünsche seiner großen Familie entgegen.
Zwei aufdringlich geschminkte junge Damen blickten leicht irritiert, als das skurrile Duo aus Shepherd’s Market den Saal betrat.
Josuah Parker allein hätte wohl kaum ihre Aufmerksamkeit erregt. In seinem schwarzen Zweireiher mit steifem Hemdkragen, Melone und altväterlich gebundenem Regenschirm wirkte er wie das Urbild eines hochherrschaftlichen Butlers. Dagegen stachen Myladys derbes Tweedkostüm und die rustikalen Schnürschuhe deutlich vom Habit der übrigen Gäste ab.
Die jungen Damen maßen Lady Agatha mit abschätzigen Blicken, ehe sie sich förmlich nach ihren Wünschen erkundigten.
»Natürlich könnt ihr mich nicht kennen, meine Lieben«, flötete die ältere Dame. »Ich bin Lady Agatha Simpson, Sir Arthurs Lieblingscousine.«
Augenblicklich hellten sich die mißtrauischen Mienen auf. »Da wird Großpapa sich aber freuen!« riefen die Mädchen wie aus einem Mund. »Schade, daß er uns nie von Ihnen erzählt hat.«
»Das kann ich gut verstehen«, murmelte Agatha Simpson bedeutungsvoll und ließ sich in ein Sofa sinken, das ihr an Üppigkeit nicht nachstand. »Der gute Sir Arthur.«
Die neugierigen Backfische, die eine pikante Klatschgeschichte witterten, ließen sich prompt an Myladys Seite nieder und sorgten mit geradezu rührendem Eifer dafür, daß die ältere Dame ausreichend mit Alkoholika edelster Herkunft versorgt wurde.
»Erzählen Sie doch!« baten beide und sahen die Detektivin erwartungsvoll an.
»Da gibt es nicht viel zu berichten«, wehrte Mylady ab. Neugierige Menschen waren ihr ein Greuel. »Ich war beruflich eingespannt und habe familiäre Verpflichtungen sträflich vernachlässigt. Ich glaube, der gute Sir Arthur war deshalb ein wenig ärgerlich.«
»Woher wußten Sie denn, daß wir Branfords uns hier treffen wollten?« fragte ein Mädchen unvermittelt. »Ihr Name steht auch gar nicht auf der Gästeliste. Haben Sie denn überhaupt eine Einladung bekommen?«
»Der gute Sir Arthur hat noch heute morgen versucht, mich telefonisch einzuladen«, schwindelte Lady Agatha immer unbekümmerter drauflos. »Die Nachricht erreichte mich auf einem Jagdausflug, und ich bin unverzüglich hierhergeeilt. Deshalb auch mein etwas unpassender Aufzug.«
»Aber das macht doch nichts«, beruhigten die Mädchen ihre vermeintliche Verwandte. »Großpapa versteht das. Und bis zum Festbankett können Sie sich ja umziehen.«
»Festbankett?« fragte Mylady interessiert.
»Gut, ich bleibe«, entschied sie, nachdem Branfords Enkelinnen die kulturellen und kulinarischen Attraktionen des Abends ausführlich geschildert hatten.
Eines der Mädchen wollte schon aufstehen und sich um die Reservierung einer standesgemäßen Suite für Mylady und ihren Butler kümmern, als die ältere Dame eine beiläufig wirkende Bemerkung über ihre Tätigkeit fallen ließ.
»Detektivin?« fragten die Backfische. Fast hätten sie vergessen, ihre rosa geschminkten Münder wieder zu schließen. Ihre Augen wurden noch größer, als Agatha Simpson von der Arbeit an ihrem Kriminalroman berichtete.
»Ich habe mich allerdings noch nicht entschieden, welchem Verleger ich den Zuschlag gebe«, erläuterte sie. »Die größten Verlage der Insel lecken sich die Finger nach dem Manuskript. Ich werde sie noch eine Weile gegeneinander ausspielen.«
Parker folgte dem Gespräch mit unbewegter Miene. Er ahnte schon, was jetzt kommen mußte.
Andere Gäste, die Fetzen der Unterhaltung aufgeschnappt hatten, blieben interessiert stehen. Im Nu war Lady Simpson umringt von alten und jungen Mitgliedern des Branford-Clans, die den dreisten Übertreibungen der älteren Dame mit wachsendem Staunen folgten. Es dauerte nicht lange, da war die Detektivin aus Shepherd’s Market Mittelpunkt der Party.
Schließlich glaubte sogar der greise Sir Arthur, sich dunkel an eine Cousine namens Agatha zu erinnern, die er seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Der Nachmittag endete damit, daß Sir Arthur Branford unter rauschendem Beifall der Sippe seine Lieblingscousine Agatha umarmte. Mylady nahm diese Geste als Selbstverständlichkeit hin. Sie war inzwischen fest davon überzeugt, tatsächlich Mitglied des sympathischen Branford-Clans zu sein.
*
»Dann werde ich mich jetzt für das Festbankett umkleiden«, verkündete Agatha Simpson.
Parker war eben von einem Blitz-Abstecher nach London zurückgekehrt. Er hatte zwei voluminöse Koffer mit einer Auswahl aus Myladys Kleiderschränken und diverse Schatullen mit altem Familienschmuck mitgebracht.
»Man wird ein wenig lesen und dabei Myladys weitere Befehle erwarten«, teilte der Butler mit einer angedeuteten Verbeugung mit und ließ seine Herrin allein.
Bevor Josuah Parker sich in seinem Zimmer auf dem Sofa niederließ, um in einer Computer-Fachzeitschrift zu blättern, trat er einen Augenblick auf den Balkon.
Die verschwenderisch ausgestattete Suite, die er mit Mylady bezogen hatte, lag in einem Seitenflügel des schloßähnlichen Gebäudes. Die Fenster gingen auf einen kleinen Park mit uralten Ulmen.
Vom Balkon aus war ein seitlicher Anbau zu erkennen, in dem die Küche untergebracht war. Von weitem sah Parker hinter den Fenstern die Köche in ihren weißen Hauben mit Töpfen und Pfannen hantieren.
Ihm entgingen auch nicht die vier dunkel gekleideten Männer, die gerade durch den Lieferanteneingang das Gebäude betraten. Ein kleiner, rundlicher Mann mit Kochmütze hatte ihnen geöffnet.
Der Butler blieb noch eine Weile auf dem Balkon stehen und genoß die frische Abendluft. Dann kehrte er in sein Zimmer zurück.
Er hatte sich gerade in einen Artikel über den Einsatz von Mikroprozessoren in der Verbrechensbekämpfung vertieft, als schrilles Klingeln ihn aus den Gedanken riß. Das konnte keine Türschelle sein.
Feueralarm?
Sekunden später meldete sich der Hotelmanager über Lautsprecher.
»Meine sehr verehrten