Glückseligkeit bei Wind und Wellen: Mami 2016 – Familienroman
Von Anna Sonngarten
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Über dieses E-Book
Es war einer dieser Tage, an dem man sich ganz weit weg wünschte. Ein Tag, an dem eine Katastrophennachricht die nächste jagte und man nicht zur Ruhe kam. Amelie Merz steuerte ihren Wagen durch den dichten Verkehr zu Pierres Schule. Seine Lehrerin hatte vor einer viertel Stunde angerufen, um ihr mitzuteilen, daß Pierre im Lehrerzimmer abgeholt werden könne. Auf Amelies Frage, was geschehen sei, erhielt sie die wenig erfreuliche Antwort, daß Pierre sich weigere sein Klassenzimmer zu betreten, nach irgendeinem Vorfall auf dem Schulhof, über den Pierre jedoch beharrlich schweige. »Okay, ich komme«, hatte Amelie lediglich gesagt und war kurz danach ins Auto gesprungen. Glücklicherweise waren bald Ferien, und egal was wieder einmal passiert war, Pierre würde nach den Sommerferien in eine andere Klasse kommen. Damit wäre das Problem vielleicht gelöst. Zumindest konnte Amelie sich für den Augenblick mit dieser vagen Hoffnung trösten. Natürlich wußte sie nur zu gut, daß ihr Sohn Pierre ein Kind war, das sich schlecht in eine Gruppe einfügen konnte. Pierre würde wohl immer ein Außenseiter bleiben, wenn nicht ein Wunder geschähe. Aber wer glaubte heutzutage noch an Wunder? Die Sache mit Pierres Schule war aber nicht das einzige, was ihr zur Zeit Kopfschmerzen verursachte. Vor einer Stunde hatte ihre Bekannte Ursula angerufen und ihr mitgeteilt, daß sie sich von ihrem Mann getrennt habe. Damit wurde der geplante Urlaub in Dänemark hinfällig. Die Holtermanns hatten Amelie versprochen, Pierre mit nach Dänemark zu nehmen. Ihr Sohn Jan war Pierres bester Freund. Pierre freute sich schon seit Wochen darauf mit Jan zu verreisen. Wie sollte sie nur diese schlechte Nachricht Pierre beibringen?
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Buchvorschau
Glückseligkeit bei Wind und Wellen - Anna Sonngarten
Mami
– 2016 –
Glückseligkeit bei Wind und Wellen
Eine aufregendes Kreuzfahrt auf der Astoria
Anna Sonngarten
Es war einer dieser Tage, an dem man sich ganz weit weg wünschte. Ein Tag, an dem eine Katastrophennachricht die nächste jagte und man nicht zur Ruhe kam.
Amelie Merz steuerte ihren Wagen durch den dichten Verkehr zu Pierres Schule. Seine Lehrerin hatte vor einer viertel Stunde angerufen, um ihr mitzuteilen, daß Pierre im Lehrerzimmer abgeholt werden könne. Auf Amelies Frage, was geschehen sei, erhielt sie die wenig erfreuliche Antwort, daß Pierre sich weigere sein Klassenzimmer zu betreten, nach irgendeinem Vorfall auf dem Schulhof, über den Pierre jedoch beharrlich schweige.
»Okay, ich komme«, hatte Amelie lediglich gesagt und war kurz danach ins Auto gesprungen.
Glücklicherweise waren bald Ferien, und egal was wieder einmal passiert war, Pierre würde nach den Sommerferien in eine andere Klasse kommen. Damit wäre das Problem vielleicht gelöst.
Zumindest konnte Amelie sich für den Augenblick mit dieser vagen Hoffnung trösten. Natürlich wußte sie nur zu gut, daß ihr Sohn Pierre ein Kind war, das sich schlecht in eine Gruppe einfügen konnte. Pierre würde wohl immer ein Außenseiter bleiben, wenn nicht ein Wunder geschähe. Aber wer glaubte heutzutage noch an Wunder? Die Sache mit Pierres Schule war aber nicht das einzige, was ihr zur Zeit Kopfschmerzen verursachte. Vor einer Stunde hatte ihre Bekannte Ursula angerufen und ihr mitgeteilt, daß sie sich von ihrem Mann getrennt habe.
Damit wurde der geplante Urlaub in Dänemark hinfällig. Die Holtermanns hatten Amelie versprochen, Pierre mit nach Dänemark zu nehmen. Ihr Sohn Jan war Pierres bester Freund. Pierre freute sich schon seit Wochen darauf mit Jan zu verreisen. Wie sollte sie nur diese schlechte Nachricht Pierre beibringen?
Im Geiste ging sie alle möglichen Formulierungen durch, aber wie sie es auch drehte und wendete, es gab einfach nichts zu beschönigen. Das würde eine riesige Enttäuschung für Pierre werden.
Um sich abzulenken, hatte Amelie das Radio eingeschaltet. Gerade rief der Radiosprecher seine Zuhörer dazu auf, an dem heutigen Quiz teilzunehmen. Amelie hatte die Sendung schon oft gehört, doch noch nie den Mut gehabt anzurufen. Als Preis gab es immer eine Reise für zwei Personen zu gewinnen. Die Telefonnumer kannte sie mittlerweile auswendig. Wie in Trance griff sie nach ihrem Handy und fuhr auf den Randstreifen.
Jetzt oder nie! An einem Tag wie diesem konnte alles oder nichts passieren. Natürlich wußte sie, daß ihre Chance überhaupt durchzukommen äußerst gering war.
Sie wählte die Nummer. Zunächst kam sie in eine Warteschleife, doch dann befand sie sich unvermittelt auf Sendung. Sie stellte das Radio leiser, um den Sprecher besser hören zu können.
»Hallo! Willkommen bei West drei. Wen haben wir heute in der Leitung?« fragte der Sprecher mit der typischen Gutelaunestimme eines Radiomoderators.
»Hallo, Amelie Merz.«
»Schön, Frau Merz, oder darf ich Amelie sagen?«
»Sagen Sie ruhig Amelie.«
»Okay! Amelie, von wo rufen Sie uns an?
»Aus Oldenburg.«
»Aus dem schönen Oldenburg«, wiederholte der Moderator und begann mit dem Quiz.
»Also, Amelie, drei Fragen, drei richtige Antworten und Sie sind die Preisgewinnerin der Woche. Sind Sie bereit?«
»Ja, ich bin bereit«, sagte Amelie und merkte, wie ihr Herz zu klopfen begann.
»Erste Frage: Die Hauptstadt von Portugal ist... Lissabon. Ha, ha..., ja, das wäre ein bißchen zu einfach. Nein, unsere Frage: Wie heißt das berühmte Kloster in Lissabon aus dem sechzehnten Jahrhundert.
»Das ist das Hieronymiten-Kloster«, sagte Amelie wie aus der Pistole geschossen.
»Ja, das ist richtig. Mein Gott, woher wissen Sie das?«
»Ich habe kürzlich darüber gelesen. Ich weiß das ehrlich gesagt nur zufällig.«
»Na, dann wollen wir einmal sehen, ob sie auch die nächste Frage zufällig beantworten können. Es ist eine Fußballfrage.«
»Toll, das ist mein Spezialgebiet«, sagte Amelie lakonisch.
»Tatsächlich?« fragte der Radiosprecher nach.
»Nein, nicht wirklich«, gab Amelie zurück. Sie hatte durch die richtige Beantwortung der ersten Frage an Sicherheit gewonnen. Und eine Fußballfrage falsch zu beantworten war keine Blamage, fand sie.
»Okay, die nächste Frage: Wer war der Trainer der Nationalmannschaft, die 1974 Weltmeister wurde.«
»Hm«, sagte Amelie zunächst einmal. »War das nicht der Trainer, der immer so eine merkwürdige Mütze auf dem Kopf hatte?« fragte sie nach.
»Richtig, aber wie hieß der Trainer?« wollte der Radiomoderator wissen.
»Helmut Schön«, sagte sie schließlich.
»Ja, das ist ebenfalls richtig. Toll. Jetzt kommt die dritte und letzte Frage. Eine Musikfrage. Kennen Sie sich da aus?«
»Kommt darauf an. Musik? Das ist ein weites Feld. In der klassischen Musik kenne ich mich nicht so gut aus. In der Pop-Musik schon eher«, gab Amelie zu.
»Schauen wir mal. Hier die letzte Frage: Welcher Künstler sang das Lied ›Männer‹?«
»Na, das ist aber jetzt wirklich einfach. Das war natürlich Herbert Grönemeyer.«
»Herbert Grönemeyer? Sind Sie sich sicher?« fragte der Moderator nach.
»Absolut sicher.« Amelie ließ sich jetzt nicht mehr aus der Ruhe bringen. Eine Art Fanfarenmusik erklang und dann eingeblendeter Applaus.
»Herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Kreuzfahrt, Amelie. Wen werden Sie mitnehmen?«
»Kreuzfahrt?«
»Ja, Sie haben eine Mittelmeerkreuzfahrt für zwei Personen gewonnen.«
»Ach, das ist ja großartig... Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Natürlich werde ich die Reise mit meinem Sohn Pierre machen. Er ist acht.«
»Sehr schön, Amelie. Bleiben Sie bitte noch in der Leitung...«
Eine andere Stimme meldete sich.
»Guten Tag, Frau Merz. Herzlichen Glückwunsch. Wir brauchen jetzt noch Ihre genaue Anschrift...«
Als Amelie wenige Minuten später ihren Weg zu Pierres Schule fortsetzte, hatte sich ihre Gefühlslage deutlich verändert. Egal was passiert war, egal daß die Reise nach Dänemark ins Wasser gefallen war. Sie hatte eine Kreuzfahrt für zwei Personen gewonnen! In diesem Augenblick war sie wirklich glücklich.
*
Thomas Heinrichs verfolgte ohne großes Interesse die Röntgenbesprechung der allgemeinchirurgischen Abteilung. In dem nur mittelgroßen Raum waren heute alle Plätze besetzt. Die Luft war zum Schneiden, weil die Klimaanlage ausgefallen war. Als die Aufnahmen seiner Patienten gezeigt wurden, war der junge Facharzt für Allgemeinchirurgie mit seinen Gedanken plötzlich ganz woanders und schrak zusammen, als ihm der leitende Radiologe eine Frage stellte. Sein Kollege Michael stieß ihn in die Seite.
»Aufwachen!« raunte er ihm zu.
»Entschuldigung, ich war gerade mit meinen Gedanken...«
»Doch nicht etwa schon auf hoher See, Herr Kollege, noch sind Sie hier bei uns im Hildegardis-Krankenhaus«, sagte der Radiologe spöttisch.
Alles lachte.
Der Chefarzt drehte sich zu Thomas um und zog die Augenbrauen streng zusammen.
Thomas stotterte irgendeine Entschuldigung und wurde zu seinem Ärger auch noch rot. Zum Glück war die Röntgenbesprechung kurz darauf zu Ende. Alles strömte aus dem überhitzten Raum Richtung Stationen, Funktionsabteilungen oder zum OP. Thomas blieb absichtlich etwas zurück, um dem Chef