Ferienfahrt ins Glück: Der Bergpfarrer 264 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Erschöpft ließ Marion Mahne sich auf die beschattete Parkbank fallen und streckte ihre Beine von sich. Sie atmete erst einmal tief durch, dann schlüpfte sie aus ihren Sandalen und stellte ihre bloßen Füße mit einem Seufzer der Erleichterung ins kühle Gras. Nie und nimmer hätte sie gedacht, dass ein Ferienjob als Kellnerin so anstrengend sein könnte! Vor einem Vierteljahr, als sie noch fürs Abitur gebüffelt und sich gleichzeitig auf die Aufnahmeprüfung fürs Schauspielstudium vorbereitet hatte, war sie überzeugt gewesen, dass dieser Doppelstress durch nichts zu überbieten war. Doch inzwischen war sie sich nicht mehr so sicher. Seit sie ganztags im Eiscafé Adria jobbte, fiel sie jede Nacht wie ein Stein ins Bett. Aber sie hatte es ja nicht anders gewollt. Auch wenn ihre Eltern keineswegs begeistert von ihrem Ferienjob gewesen waren, hatte sie sich die Arbeit im Eiscafé nicht ausreden lassen. Dabei war das Geldverdienen nicht einmal der Hauptgrund gewesen. Sie hatte es einfach nicht ausgehalten, nur zuhause zu sitzen, Däumchen zu drehen und auf eine Nachricht von den drei Schauspielschulen zu warten, bei denen sie sich um einen Studienplatz beworben hatte. Ob sie die Aufnahmeprüfung geschafft hatte? Wenigstens an einer der Schulen? Seit Marion vor zwei Jahren in einer Theateraufführung ihrer Schule eine Hauptrolle spielte und von Lehrern, Eltern und Mitschülern einen Riesenapplaus geerntet hatte, wollte sie die Schauspielerei zu ihrem Beruf machen. Eine Weile hing Marion noch ihren Tagträumen nach, dann rief sie sich zur Ordnung. Seufzend schob sie ihre schmerzenden Füße wieder in ihre Sandalen. Dann warf sie sich ihre Tasche über die Schulter und machte sich auf den Nachhauseweg. Als Marion nach einer guten Viertelstunde im Vorgärtchen des Reihenhauses stand, in das ihre Eltern kurz nach der Hochzeit eingezogen waren, galt ihr erster Blick dem Briefkasten. Nichts drin! Wie denn auch! Bestimmt hatte ihre Mutter den Briefkasten längst geleert!
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Buchvorschau
Ferienfahrt ins Glück - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 264 –
Ferienfahrt ins Glück
Doch wie soll es danach weitergehen?
Toni Waidacher
Erschöpft ließ Marion Mahne sich auf die beschattete Parkbank fallen und streckte ihre Beine von sich. Sie atmete erst einmal tief durch, dann schlüpfte sie aus ihren Sandalen und stellte ihre bloßen Füße mit einem Seufzer der Erleichterung ins kühle Gras. Nie und nimmer hätte sie gedacht, dass ein Ferienjob als Kellnerin so anstrengend sein könnte!
Vor einem Vierteljahr, als sie noch fürs Abitur gebüffelt und sich gleichzeitig auf die Aufnahmeprüfung fürs Schauspielstudium vorbereitet hatte, war sie überzeugt gewesen, dass dieser Doppelstress durch nichts zu überbieten war. Doch inzwischen war sie sich nicht mehr so sicher.
Seit sie ganztags im Eiscafé Adria jobbte, fiel sie jede Nacht wie ein Stein ins Bett.
Aber sie hatte es ja nicht anders gewollt. Auch wenn ihre Eltern keineswegs begeistert von ihrem Ferienjob gewesen waren, hatte sie sich die Arbeit im Eiscafé nicht ausreden lassen.
Dabei war das Geldverdienen nicht einmal der Hauptgrund gewesen. Sie hatte es einfach nicht ausgehalten, nur zuhause zu sitzen, Däumchen zu drehen und auf eine Nachricht von den drei Schauspielschulen zu warten, bei denen sie sich um einen Studienplatz beworben hatte.
Ob sie die Aufnahmeprüfung geschafft hatte? Wenigstens an einer der Schulen?
Wenn sie nur endlich Gewissheit hätte …
Seit Marion vor zwei Jahren in einer Theateraufführung ihrer Schule eine Hauptrolle spielte und von Lehrern, Eltern und Mitschülern einen Riesenapplaus geerntet hatte, wollte sie die Schauspielerei zu ihrem Beruf machen.
Vielleicht würde sie sogar bekannt und berühmt werden …
Eine Weile hing Marion noch ihren Tagträumen nach, dann rief sie sich zur Ordnung.
Seufzend schob sie ihre schmerzenden Füße wieder in ihre Sandalen. Dann warf sie sich ihre Tasche über die Schulter und machte sich auf den Nachhauseweg.
*
Als Marion nach einer guten Viertelstunde im Vorgärtchen des Reihenhauses stand, in das ihre Eltern kurz nach der Hochzeit eingezogen waren, galt ihr erster Blick dem Briefkasten.
Nichts drin! Wie denn auch! Bestimmt hatte ihre Mutter den Briefkasten längst geleert! Marion kramte hektisch in ihrer Handtasche nach dem Haustürschlüssel.
»Hallo, Marion! Da bist du ja endlich!«, rief ihre Mutter genau in diesem Moment aus dem Küchenfenster. Und zwei Sekunden später stand sie bereits im Rahmen der geöffneten Haustür, strahlte übers ganze Gesicht und schwenkte ein großes braunes Briefkuvert.
Einen Augenblick lang stockte Marion der Atem.
Eine Nachricht von einer der Schauspielschulen! Vielleicht Hamburg? Oder doch eher München? Oder vielleicht Stuttgart? War es eine Zusage? Ihr Herz begann heftig zu klopfen.
Mit großen erwartungsvollen Augen schaute Marion zuerst auf den braunen Umschlag und dann auf ihre Mutter.
Birgit Mahne, der es nicht schwerfiel, die Gedanken ihrer Tochter zu erraten, schüttelte den Kopf.
»Es hat nichts mit der Schauspielerei zu tun, Marion«, sagte sie. »In diesem Briefkuvert ist unser Abiturgeschenk für dich! Heute hat es der Postbote gebracht. Papa und ich sind schon ganz gespannt, was du sagen wirst, wenn du den Umschlag aufmachst. Hoffentlich freust du dich.«
Marion schluckte.
Sie war ein wenig enttäuscht, aber gleichzeitig war sie natürlich auch mächtig neugierig. Was hatten ihre Eltern ihr für das bestandene Abitur zugedacht? Schon seit Wochen redeten die beiden geheimniskrämerisch um die Sache herum. Sie hatte gerätselt und gerätselt, aber leider waren die Eltern nicht bereit gewesen, ihr auch nur mit dem kleinsten Hinweis zu helfen. Und nun passte das Ganze obendrein in einen Briefumschlag!
Ein Geldgeschenk?
Aber das brauchte sie doch gar nicht. Sie verdiente in ihrem Ferienjob nicht einmal schlecht. Was konnte sonst in einem braunen Umschlag …
»Jetzt komm erst einmal herein, Marion«, sagte Birgit Mahne lachend. »Sonst schlägst du in unserem Vorgarten noch Wurzeln, gleich neben unserem Flieder.«
Kurze Zeit später saß Marion bei ihren Eltern am gedeckten Esstisch in der Wohnküche und öffnete, noch ehe sie ihre belegten Brote anrührte, mit kribbelnden Fingern das große braune Kuvert.
Als Erstes zog sie zwei Bahnfahrkarten zweiter Klasse heraus und als Nächstes ein Hochglanzprospekt. Willkommen in St. Johann im Wachnertal, lautete die Überschrift. Darunter prangte ein Foto von einem idyllischen Dorf, in dem allem Anschein nach die Zeit stehen geblieben war. Mit Lüftlmalereien verzierte Häuser scharten sich um eine zwiebelturmgekrönte Kirche, deren weithin sichtbares goldenes Turmkreuz in einen tiefblauen Sommerhimmel stach. Daneben erhoben zwei Bergriesen ihre majestätischen Häupter.
»Das sind die berühmten Zwillingsgipfel. Sie heißen Himmelsspitz und Wintermaid. Das sind die Wahrzeichen von St. Johann«, begann Marions Vater zu dozieren. »Die Kirche von St. Johann gehört im Übrigen zu den schönsten Barockkirchen Bayerns …«
Birgit Mahne bedachte ihren Mann mit einem Blick, in dem leiser Spott, aber auch ein Stück Tadel lag.
»Lass unsere Marion doch erst einmal in Ruhe alles anschauen, Hermann«, schlug sie vor.
Hermann Mahne lehnte sich leicht gekränkt zurück.
Doch schon nach wenigen Sekunden beugte er sich erneut vor, um besser erkennen zu können, ob Marion die Wahl, die er und Birgit für sie getroffen hatten, zusagte.
»Das ist wirklich wunderschön«, meinte Marion denn auch prompt, mit Blick auf die schönen Bilder von St. Johann und der Pension, in der sie wohnen würde. »Dass ihr mir zum Abitur eine Reise schenkt, darauf wäre ich nie im Leben gekommen.«
Birgit und Hermann Mahne lächelten sich gegenseitig zu.
»Ich …, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Papa, Mama …, danke. Vielen, vielen lieben Dank«, meinte Marion gerührt. »Ihr habt mir wirklich eine Riesenfreude gemacht. Und dass ich obendrein so lange bleiben darf …, den ganzen restlichen Sommer …«
Sie stand auf und umarmte zuerst ihre Mutter und dann ihren Vater aufs Herzlichste.
»Wie …, wie seid ihr eigentlich ausgerechnet auf Bayern und die Berge gekommen?«, wollte sie schließlich wissen. Dann erst fiel ihr auf, dass es zwei Bahnfahrkarten und zwei Einzelzimmer in der Pension Stubler waren. »Aber wieso denn alles zweimal?«
Hermann Mahne räusperte sich.
»Deine zweite Frage ist schnell beantwortet, Marion«, gab er zurück. »Die Ferien in St. Johann werden deine ersten Ferien ohne uns sein. Wenn uns auch klar ist, dass du mittlerweile erwachsen bist und wir uns daran gewöhnen müssen, dass du immer mehr deine eigenen Wege gehst, haben wir es doch nicht über uns gebracht, dich völlig ohne Begleitung …«
»Wir dachten, du könntest Iris mitnehmen«, kürzte Marions Mutter die weitschweifige Rede ihres Mannes ab. »Ihr zwei seid die ganze Schulzeit hindurch die dicksten Freundinnen gewesen und nun fängt Iris in München ihr Tiermedizinstudium an, und du … Jedenfalls waren wir der Ansicht, dass die Reise nach St. Johann vielleicht eure letzte wirklich schöne gemeinsame Zeit ist. Wer weiß, wohin euch der Wind in den kommenden Jahren treibt. Wenn du in Hamburg bleibst und Iris in München neue Freunde oder sogar den Mann fürs Leben findet …«
Marion runzelte die Stirn und schwieg.
»Vielleicht verschlägt es mich ja auch nach München«, sagte sie dann übertrieben aufgekratzt.
Dass ihr bei dem Gedanken an den Abschied von ihren Eltern und von ihrer Heimatstadt Hamburg mit einem Mal seltsam flau wurde, wollte sie sich auf keinen Fall eingestehen. Das war doch wirklich zu kindisch!
»Das ist natürlich möglich. Man kann schließlich nie wissen, was die Zukunft bringt«, antwortete Birgit Mahne ein wenig gedrückt. »Jedenfalls gehört es zu unserem Abiturgeschenk an dich, dass wir nicht nur für deinen Urlaubsaufenthalt sondern auch