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Kindheit in Hötting
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eBook144 Seiten1 Stunde

Kindheit in Hötting

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Über dieses E-Book

Eine Reise in die Vergangenheit Innsbrucks - lebendig in persönlichen Erinnerungen!

Hötting in seinen Sechzigern – Hubert Flattinger entführt die LeserInnen mit seinen Erinnerungen in die nahe Vergangenheit dieses alten Innsbrucker Stadtteiles. Er berichtet von Bauernhöfen und Bürgerhäusern in Steinwurfentfernung, vom Privileg, einen Fernsehkasten zu besitzen, von Erlebnissen in der Höttinger Volksschule, der die Zeit nach außen hin nichts anhatte, und von zahlreichen Kinobesuchen im ehemals schönsten Filmpalast Westösterreichs – dem Metropol.
"Kindheit in Hötting" ist der zweite Band der Reihe "Erinnerungen an Innsbruck", die sich mit der Vergangenheit Innsbrucks und seiner Viertel befasst. Andenken aus der Kindheit und Jugend gebürtiger InnsbruckerInnen sollen festgehalten und die Stadtteile aus verschiedenen Perspektiven erlebbar werden.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. Feb. 2020
ISBN9783703065057
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    Buchvorschau

    Kindheit in Hötting - Hubert Flattinger

    ERINNERUNGEN AN INNSBRUCK

    Band 2:

    Hubert Flattinger

    Kindheit in Hötting

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Zum Geleit

    Das Spielzeug älterer Herren

    Die Geografie vergangener Tage

    Das Portal und seltsame Türen

    Wie man jemandem ein Messer reicht

    Der Himmel über Hötting

    Pez- und Kaugummi- und andere Automaten

    Am Fuße des Vulkans

    Gebrochene Herzen oder wie Cliff Richard fliegen lernte

    Puzzleteilchen

    Noch ein Puzzleteilchen (1966)

    Schnee auf dem Patscherkofel

    Schnee von gestern, heut und morgen

    Hubert Flattinger

    Zum Autor

    Impressum

    E-Books der Reihe „Erinnerungen an Innsbruck"

    Unvollendete Darstellung einer Höttinger Schatzkarte.

    Zum Geleit

    Der alte Höttinger Dialekt ist so eigener Natur wie der alteingesessene Höttinger selbst.

    Vorderhand klingt das, was über seine Lippen kommt, wild und guttural, nicht unähnlich den bedrohlich anmutenden Lauten der neuseeländischen Ureinwohner, den Maori, wenn sie bei einem Haka zeigen, wie man etwaigen Feinden das Fürchten lehrt.

    So wie sich viele Jugendliche heutzutage geschlechts- und altersunabhängig mit „Alter ansprechen, so begrüßte man sich im Hötting der alten Tage oftmals mit einem (durchaus freundlich gemeinten) „alte Hur’. Das ist lange her. Dennoch empfehle ich den Freunden meines alten Heimatdorfs am Hang der Nordkette beim Lesen der folgenden Seiten, sich ihre alte, eigenständige Ausdrucksweise in Erinnerung zu rufen. Ich selbst habe im Lauf der vielen Jahre, seit ich ein Kind war, durch zahllose Einflüsse verschiedenster Dialekte und Sprachfärbungen meinen alten Ur-Dialekt gegen etwas getauscht, das sich vielleicht weniger kriegerisch anhören mag, aber dennoch nicht weniger den Wunsch in sich birgt, einfach von jemandem verstanden zu werden. In diesem Sinn und mit vorzüglicher Hochachtung, H. F.

    „Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene. Los geht’s, junger Mann, los geht’s."

    (Muhammad Ali 1964 vor seinem Kampf

    gegen Sonny Liston)

    Das Spielzeug älterer Herren

    Wo sich in der Innsbrucker Altstadt früher einmal „der Sporer", der Welt schönstes Spielwarengeschäft, befand, kann man sich heute eine Pizza bestellen. Zwar gibt es gleich ums Eck in der Kiebachgasse noch einen kleinen Ableger des einstigen Zauberladens, aber die Pracht der alten Geschäftsauslagen, die damals noch bis ums Eck zur Herzog-Friedrich-Straße hin die Hausfassade aufpolierten, ist inzwischen längst kulinarischen Bedürfnissen gewichen und nur noch eine flüchtige, eine vage Erinnerung.

    Und nur vage erinnere ich mich jetzt auch an das Bubengesicht des Mannes, mit dem ich mich an einem der Tischchen vor der Pizzeria niedergelassen habe. Wir sind uns im kühlen Schattenreich unter den Arkaden zufällig über den Weg gelaufen, es gab kein Vorbei; irgendetwas hielt uns aneinander fest, als wären wir eben gleichzeitig in dieselbe Schlingfalle gelaufen oder zusammen in dasselbe Kaninchenloch geplumpst. „Du bist das!", sagte er. Und ich erwiderte wohl etwas ähnlich Knappes, weil wir es beide kaum fassen konnten, dass wir einander nach so langer Zeit noch erkannten. Augenblicklich fassten wir den Entschluss, ein paar Schritte miteinander zu gehen und uns beim Sporer am Eck an einem der Tische auf eine kleine Plauderei niederzulassen.

    Nun, im hellen Tageslicht, gleicht Willis Erscheinung der eines älteren Herrn, eines silbergelockten Rübezahls mit gütigen Augen. Willi muss mittlerweile auf die sechzig zugehen, rechne ich mir heimlich aus. Ihn nach seinem genauen Alter zu fragen, erscheint mir im Moment unpassend. Wenigstens konnte ich mich vorhin gleich an seinen Namen erinnern. Ja, sein Name war gleich da, obwohl wir einander zuletzt als Kinder begegnet sind.

    Ob Willi heute auch noch durch ein schmales Zaunloch kriechen könnte? Wohl nicht mehr ganz so geschmeidig wie damals, als er für uns alle noch „Willi, die Schlange war. Willi musste immer zuerst vor! War er erst mal durch ein Loch geschlüpft, war es auch für uns andere machbar, ihm nachzukommen. Und Zaunlöcher gab es zu der Zeit unendlich viele. Willi, die Schlange, kannte sie alle, fand inmitten von Brettern immer einen Spalt oder eine Stelle im Zaun, wo sich der Maschendraht so weit verbiegen ließ, dass wir auf Entdeckungstour in fremde Gärten schleichen konnten. Von Willi konnte man das alles lernen. „Durch Löcher kommst du nicht nur überall hinein, ließ er uns mal wissen, „durch Löcher kannst du auch wieder hinaus, wenn es Zeit ist, von irgendwo zu verschwinden! Und oft ist das ja notwendig! – Merkt euch das, ihr Blindschleichen!"

    „Und du, Popi?, holt mich der gealterte Willi in die Gegenwart zurück und deutet mit einem Finger auf den Wulst über meiner Gürtelschnalle. „Ist inzwischen eine Menge Wasser den Inn hinabgeflossen, ah? Klar, für Willi bin ich noch immer Popi. Trotzdem überfällt mich ein leiser Schauder, als er das sagt, weil ich den alten Spitznamen seit mehr als … also seit vielen Jahren nicht mehr gehört habe. „Uh, ja, Willi. Viel Wasser! Und dennoch kommt mir vor, als wäre seit damals nur ein Wimpernschlag vergangen, als wir noch derselben Bubenbande angehörten. Einer Bande von kleinen Strolchen, von denen nicht wenige das unverkennbare Merkmal einer zahntechnisch vernachlässigten Generation aufwiesen und mit dem Vorbiss eines Haifischs nach Butterbroten schnappten. Heute kann mein Gegenüber breiter lächeln. Was das Leben halt so aus einem macht. Trotzdem, die alte Vertrautheit ist noch immer da, und so kapier ich auch gleich auf Anhieb, was Willi meint, als er seinen Daumen rückwärts zur Hausfassade schwingt und leise seufzt: „Weihnachten, Popi … War immer Weihnachten, wenn ich als Rotzpiepn vor der Auslage des Sporer stand. Zu jeder Jahreszeit, immer war dann Weihnachten …

    Und so sehnsüchtig, wie er jetzt mit glasigen Augen zum Himmel aufsieht, könnte man meinen, dass es tatsächlich gleich zu schneien anfangen müsste, wenn es einen lieben Herrgott gäbe. Aber mein alter Freund war nicht der einzige Bub, der damals vor den Geschäftsauslagen des Sporer stand und sich Sterne in die ausgebeulten Hosentaschen wünschte. Nun will auch ich einen Blick über Willis Schultern in die Auslagen des Sporer werfen. „Glasmurmeln wie Katzenaugen. Modellflugzeuge und Drachen in den Auslagen", beschreibe ich, was sich alles vor mir auftut. „Auf einer roten Schachtel der gelbe Schriftzug: Fort Apache. Quartettspiele von Indian River, Micky Maus und Urzeitsauriern. – Fußbälle! Hula-Hoop-Reifen in allen Farben. Eisenbahnsätze verschiedenster Größen, Blechroboter und Holzbaukästen von Matador. Das Paradies …"

    „Du hast Matchbox vergessen, erinnert mich Willi mit strenger Miene. „Stell dir vor, Popi: Ich besaß sogar einmal ein Modell des Chevrolet Impala Taxi! Dagegen ist jeder Traktor abgestunken. Wenn ich mir für den Karren eine breite Spur im Sand glattstrich, kam ich mir bald wie Kookie vor, wenn er mit seinem breiten Ami-Schlitten über die Straßen des Sunset Boulevards düste.

    „Kookie? Das war doch der Kerl aus …?"

    77 Sunset Strip!", singt Willi eine steinalte Fernsehmelodie und schnippt dazu mit den Fingern. „77 Sunset Strip! – Wir waren Detektive, Popi!"

    „Wir waren Detektive!, gebe ich ihm recht. „Geheimagenten und Spione, Musketiere …

    „Ich war d’Artagnan!"

    Ich war d’Artagnan, Willi! Du warst Athos, Aramis oder meinetwegen Porthos! Freibeuter und Piraten waren wir auch!"

    „Cowboys waren wir nicht weniger, Popi! – Waldläufer wie Lederstrumpf! Spurenleser, Trapper und Scouts."

    „Vor allem aber waren wir Indianer, Willi: Apachen, Cheyenne, Crow und Blackfoot, Kiowa und Sioux …"

    „Ich war Rote Wolke …"

    „Und ich Cochise! Und waren wir einmal wer anderer, tänzelten wir auf Zehenspitzen wie Muhammad Ali, dribbelten den Ball wie Wolny und saßen in der Karl-Schranz-Hocke auf dem Klo!"

    „Sangen wie Elvis und fluchten wie John Wayne."

    „Hast verdammt nochmal recht, Willi! – Ein Mann muss eben tun, was ein Mann tun muss! Das alles haben wir damals wie Schwämme in uns aufgesogen!"

    „Wir waren Strolche und Herumtreiber, richtige Strawanzer, Popi. Kleine Dreckspatzen, die Abdrücke schwarzer

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