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Zweierlei Dreiheiligen: Erinnerungen an Innsbruck
Zweierlei Dreiheiligen: Erinnerungen an Innsbruck
Zweierlei Dreiheiligen: Erinnerungen an Innsbruck
eBook238 Seiten2 Stunden

Zweierlei Dreiheiligen: Erinnerungen an Innsbruck

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Über dieses E-Book

Eine Reise in die Vergangenheit Innsbrucks - lebendig in persönlichen Erinnerungen!

Zwei AutorInnen plus ein Stadtteil ergibt Dreiheiligen: Monika Fabjan und ihr Sohn Georg Fabjan werfen einen ganz persönlichen Blick auf diesen schönen Teil Innsbrucks. Ihre Betrachtung aus zwei unterschiedlichen Perspektiven verspricht abwechslungsreiche Geschichten mit Geschichte: von der Kohlstatt über das Dreiheiligen der Nachkriegszeit bis hin zum jungen, urbanen Viertel der 2000er Jahre. Die Erinnerungen aus unterschiedlichen Epochen spannen einen weiten Bogen. Sie umfassen insgesamt drei Generationen Familiengeschichte und fast hundert Jahre Dreiheiligen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum9. Nov. 2021
ISBN9783703065736
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    Buchvorschau

    Zweierlei Dreiheiligen - Monika Fabjan

    Monika und Georg Fabjan

    Zweierlei Dreiheiligen

    Band 18

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Vorwort

    Zu Hause in Dreiheiligen

    Bei den Großeltern

    Die frühen 1950er Jahre

    Abenteuerspielplatz in Ruinen

    Fensterschauen

    Die Kreise weiten sich

    Geschäfte und die nähere Umgebung

    In den Straßen von Dreiheiligen

    Jahnstraße

    Dreiheiligenstraße

    Weinhartstraße und König-Laurin-Allee

    Grillparzerstraße

    Zeughausgasse

    Kapuzinergasse

    Sebastian-Scheel-Straße und Erzherzog-Eugen-Straße

    Schulen

    Die Erstkommunion

    Die Pfarre

    Das Zeughaus

    Museum oder Veranstaltungsort

    Kultur und andere Lustbarkeiten

    Die Siebenkapellenkirche

    Theatralisches Dreiheiligen

    Das Kolpinghaus

    Z6

    Nachtleben in Dreiheiligen

    Das Weli und andere Bögen

    Der Viadukt

    Schlusswort

    DANK

    Monika Fabjan und Georg Fabjan

    Die Autorin und der Autor

    Impressum

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    Foto_02.jpg

    (© Foto: David Lederbauer)

    Für alle Nachkommen der Familie Lederbauer,

    insbesondere für Olivia

    Vorwort

    Erinnerungen sind etwas ganz Besonderes. Erinnerungen sind immer subjektiv, denn ich erinnere mich nur an meine Beobachtungen, meine Erfahrungen, meinen Blickwinkel. Mit den Erinnerungen kreiere ich eine neue, meine Wirklichkeit. Und trotzdem bleibt das Bemühen, möglichst objektiv, möglichst genau den Gegenstand zu beschreiben, das Ereignis, welches ich aus der Vergangenheit in die Gegenwart holen will. Ich erinnere mich an eine Auseinandersetzung zwischen meiner Mutter und ihrer Schwester über ein Ereignis aus ihrer Vergangenheit. Sie hatten durchaus unterschiedliche Erinnerungen. Das Argument „Ich war da ja dabei wurde sofort widerlegt mit dem Ausruf: „Ich ja genauso!

    Obwohl das so ist, dass wir uns unterschiedlich erinnern, stelle ich mein Dreiheiligen vor. Ruinen und Wiederaufbau sind Tatsachen, die diesen Stadtteil besonders geprägt haben. Es ist die Geschichte von konstanter Veränderung und trotzdem heimatlichen Gefühlen.

    Und dabei ist nicht einmal ganz klar, wie die Grenzen von Dreiheiligen verlaufen. Da ist die Katastralgemeinde, die die Grenze entlang der Viaduktbögen zieht, aber im pfarrlichen Bereich, da geht es durch den Viadukt hindurch, so weit z. B. die Dreiheiligenstraße reicht, da wird die Kapuzinergasse auch nicht getrennt, nur weil ein Viadukt darüber hinwegführt. Dreiheiliger, Dreiheiligerin zu sein, das hat weniger mit Grenzen zu tun als mit dem Gefühl der Zugehörigkeit. Da bin ich eben zu Hause, da kenne ich Menschen, da treffe ich Freunde.

    „Im Pfarrsaal von Dreiheiligen bieten sie einen Workshop an, der auch dich interessieren könnte. Willst du mit mir hingehen?"

    „Ja, schon, aber wo ist Dreiheiligen?, fragt mich eine Freundin. „Wie komme ich dorthin?

    Ja, wie erkläre ich Dreiheiligen, den Stadtteil, mit dem mich so viel verbindet, in dem ich aufgewachsen bin? Irgendwie ist es ein Wurmfortsatz der Innenstadt, heutzutage deutlich abgetrennt durch den Bahnviadukt und eingezwängt zwischen Bahn und Sill.

    Dreiheiligen ist die alte Kohlstatt, das mittelalterliche Gewerbegebiet der aufstrebenden Stadt Innsbruck, da, wo die Köhler für Energie sorgten, wo der so viel gerühmte und zitierte Kaiser Maximilian seine Kanonen gießen oder zumindest aufstellen ließ und sie dann im dort aufgebauten Zeughaus lagerte. Da waren Handwerksbetriebe tätig, die ihre Energie aus den diversen von der Sill abgezweigten Kanälen bezogen, da wurde später das Pestlazarett gebaut, als im frühen 17. Jahrhundert die Pest in Innsbruck wütete. Und als diese besiegt war, da bauten die dankbaren Innsbrucker eine Kirche, die den drei Pestheiligen Sebastian, Pirmin und Rochus geweiht wurde – eben den drei Heiligen, die der Kirche und dann in Folge auch dem umgebenden Gebiet den Namen gaben.

    „Und warum sind dann vier Heilige vorne am Mosaik abgebildet?", fragt mich, nicht unverständlich, meine Freundin.

    Man wollte den Heiligen Alexius aus der nahen Siebenkapellenkirche nicht einfach ausquartieren, als diese Kirche geschlossen wurde, und so wurde der Heilige einfach in die Gruppe der drei integriert und steht friedlich seit 200 Jahren als Vierter im Bunde, bereit, seine schützende Hand über diesen Stadtteil auszustrecken.

    So ist eben Dreiheiligen, etwas unlogisch, etwas inhomogen, aber immer bereit, Neues zu integrieren. Ein Stadtteil im Zentrum, im Herzen von Innsbruck, aber doch etwas verlassen und ausgegrenzt – zumindest, was die Anbindung an Öffis betrifft. Ein Stadtteil, der im 19. Jahrhundert als Siedlungsgebiet für die bessere Gesellschaft entdeckt wurde, was die vielen schönen Häuser der Gründerzeit bis heute bezeugen, und der trotzdem die Kohlstatt blieb. Dreiheiligen – das ist eine Erfahrung, ein Abenteuer für Generationen.

    Zu Hause in Dreiheiligen

    Ich kam als Dreijährige 1949 nach Dreiheiligen – und zwar in jene Wohnung, in der schon mein Vater aufgewachsen war. Das Gebäude in der Jahnstraße 25 war eines jener Häuser, die in der Gründerzeit errichtet wurden. Das bedeutete schöne, hohe Räumlichkeiten, unebene Böden, kaum gerade Winkel und primär auch ohne Bad. Aber schon der Großvater ließ vor dem Ersten Weltkrieg ein Bad einbauen mit einer schönen gusseisernen Badewanne, die natürlich emailliert war, und einem Boiler, der mit Holz beheizt werden musste, um warmes Wasser zu bekommen. Nach dem Tod der Großmutter kamen wir dorthin, heraus aus einer engen Wohnung in der Altstadt.

    Diese Wohnung in der Jahnstraße 25 wurde hundert Jahre von meiner Familie bewohnt. Meine Großeltern fanden hier ihr Zuhause. Mein Großvater war Offizier bei den Kaiserjägern. Damals bedeutete das, dass man ein standesgemäßes Leben führen musste, andernfalls durfte ein Offizier beispielsweise nicht heiraten. Ein standesgemäßes Leben führen hieß, man brauchte zumindest ein Dienstmädchen und einen Offiziersburschen. Das war vom einfachen Sold eines Offiziers nicht machbar und so war es wichtig, dass entweder eigenes Vermögen vorhanden war – was beim Großvater nicht der Fall war – oder die Frau das Geld mitbrachte. Da war es schon gut, dass er bei seiner Frau nicht nur Liebe, sondern auch Geld fand. Sie war eines von acht Kindern und entstammte einer Familie, die in Niederbayern eine Brauerei betrieb. So wuchs mein Vater in dieser Wohnung auf, betreut vom besagten Dienstmädchen und auch einem Burschen, und er erinnerte sich, dass ihn dieser mit der Rodel durch die Straßen Dreiheiligens gezogen hatte. Vor den Fenstern der Wohnung, Richtung Kapuzinergasse, floss damals noch ein Sillkanal und da passierte es schon, dass man beim Ausbeuteln von Decken oder einer Tischdecke manchmal Sachen in den Kanal schüttelte, die dort nichts zu suchen hatten. Nach dem Ersten Weltkrieg war es aus mit der Offizierslaufbahn und damit aus für den Burschen. Aber das Dienstmädchen konnte bleiben. Dieses hätte auch auf die Kinder im Haus schauen sollen, was nicht immer leicht war und mitunter die Familie in helle Aufregung versetzte: Mein Vater erzählte, dass er sich einmal als kleines Kind unter einen Tisch gelegt hatte und dort eingeschlafen war. Im selben Zimmer war auch das Fenster zum Kanal offen. Als die Mutter kam, den Buben zu holen, und ihn nicht fand, begann eine hektische Suche. Inzwischen war mein Vater aufgewacht und blieb unter dem Tisch liegen, weil es für ihn lustig war, dass alle nach ihm suchten. Als sie dann noch in banger Erwartung aus dem Fenster schauten, ob er womöglich gar in den Kanal gefallen sei, da musste er laut lachen und wurde so auch endlich gefunden.

    In eine Wohnung einziehen, wo schon die Eltern und Großeltern einiges erlebten, das heißt auch, ihre Geschichten zu erben, sie besser zu verstehen. So war es jedenfalls für mich in der Jahnstraße. Als ich auszog, meine eigene Familie in einem anderen Stadtteil hatte, da kamen wir alle meistens einmal in der Woche in die Jahnstraße zu den Eltern auf Besuch und die Familie blieb der Wohnung und auch dem Stadtteil verbunden. Und nicht nur Kinder und Schwiegerkinder kamen gern, auch die Enkel. Die Wohnung in der Jahnstraße war ein offener Ort, wo sich immer viele Leute trafen, aus dem In- und Ausland. Meine Eltern waren immer großzügige Gastgeber und ließen alle Menschen sich willkommen fühlen in dieser Wohnung.

    Wenn andere Familien einen Notfall hatten, wenn etwa deren Mutter erkrankt war, half meine Mutter, ohne lange zu zögern, und nahm gerne Kinder bei uns auf. So gab es immer viele Kinder bei uns und auch Schulfreundinnen und Freunde kamen gerne, um bei uns zu spielen, sich einfach wohl zu fühlen. Und als wir im Teenager-Alter waren, gab es regelmäßige Treffen mit vielen Gleichaltrigen. Da wurde gespielt, erzählt, diskutiert und auch viel gesungen. Mein Bruder komponierte immer wieder neue Lieder und wir alle waren dann eingeteilt, diese Lieder zu erlernen, aufzuführen. Selbstverständlich waren die damaligen Größen der Popmusik auch im Repertoire und wir waren perfekt in der vielstimmigen Wiedergabe von Beatles-Songs. Aber auch Lieder der Renaissance, des Frühbarocks – viele verschiedene Madrigale eben – wurden bei uns gerne gesungen. Diese musikalische Tradition wurde dann mit unseren Kindern weitergeführt. Meine Mutter forderte uns stets dazu auf mit dem wohlbekannten Stehsatz: „Singt was Schönes!" So blieb Dreiheiligen auch ein Zuhause, als alle Kinder längst in andere Stadtteile gezogen waren. Nur meine Schwester mit ihrer Familie kam wieder nach Dreiheiligen zurück und hält so die Familientradition in diesem Stadtteil aufrecht.

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    Die Jahnstraße 25, ein Haus mit hundertjähriger Familiengeschichte.

    (© Foto: David Lederbauer)

    Bei den Großeltern

    Für einige ist der Sonntag der Tag des Herren, für mich war er immer der Tag der Oma. Während meiner gesamten Kindheit, aber später auch während der Jugendzeit, eigentlich überhaupt, bis meine Oma verstorben war, galt für mich: Sonntag ist Omatag. Genauso, wie es für andere einst „Mittwoch ist Substraltag oder gar „Wahltag ist Zahltag lautete – mit dem großen Unterschied, dass es für uns kein unglaubwürdiger Werbeslogan war. Wir hielten uns konsequent an dieses lieb gewonnene Ritual. Wobei mit „wir meine Schwestern und ich ebenso gemeint sind wie alle meine Cousins und Cousinen und wobei „Omatag natürlich zu kurz gegriffen ist, denn die ganze Familie besuchte nicht nur Oma, sondern auch den dazugehörigen Opa in Dreiheiligen. So war es, seitdem ich denken und mich erinnern kann. Jeden Sonntag kamen wir in das Haus in der Jahnstraße 25, in die geräumige Altbauwohnung im ersten Stock. Nicht, weil es über all die Jahre zur nicht mehr wegzudenkenden Gewohnheit geworden war, und schon gar nicht, weil wir mussten, sondern weil wir schlichtweg gerne kamen. Wir mochten unsere Oma und unseren Opa sehr, wir schätzten und achteten sie und umgekehrt war es genauso. Die Großeltern ließen die gesamte Großfamilie spüren, dass sie uns mochten, so, wie wir eben waren, jede Einzelne und jeden Einzelnen. Wir dankten es ihnen gewissermaßen, indem wir ihre Wohnung, die uns am Sonntagnachmittag immer offenstand, belebten. Sie wurde zum turbulenten Treffpunkt von Cousins und Cousinen, Onkeln und Tanten – 14 Personen stets unter der Schirmherrschaft von Oma und Opa. Die beiden saßen auf ihren seit gefühlt hundert Jahren angestammten Plätzen und beobachteten das Geschehen und das Treiben ihrer Enkelkinder oft aus dem Hintergrund. Der große thronartige Barockstuhl von Opa, der in der Ecke des Wohnzimmers neben dem alten Meller-Ofen und unter einem wuchtigen Ölgemälde aufgestellt war, verlieh dem Stammplatz die entsprechende Würde und Opa zusätzliches Ansehen. Von den Stammplätzen erhoben sich die beiden nur, um bei der Jause für Nachschub zu sorgen, um Tee oder Kaffee zu holen oder wenn es an der Wohnungstüre klingelte und sich dadurch weitere Sonntagsgäste ankündigten. Dann machten sich Oma oder Opa auf den Weg durch den schier endlos scheinenden Gang, um die Gäste in Empfang zu nehmen. Ich erinnere mich gut an dieses Ankommen bei Oma und Opa. An das Parken des Autos vor dem großen Haus, auf dessen Mauer ein mächtiges Wappen aufgemalt war, an den metallenen Stiefelknecht links am Absatz vor der schweren Eingangstüre, an den aus massivem, glattem Holz geschnitzten Handlauf und an die Türe hinter der Türe – wenn man einige Treppen hinaufgestiegen war, musste man nämlich durch eine Doppelschwingtüre, an der eindrucksvolle goldfarbene Griffe aufblitzten. Wenn man durch diese Schwingtüre hindurch war, hörte man meist schon das lebhafte Geschehen, das aus der offenen Wohnungstüre der Großeltern einen Stock höher drang, oder man hörte gleich Oma oder Opa, die einem vom ersten Stock aus eine Begrüßung zuriefen. Ich erinnere mich dunkel an ein altes Foto, das beinahe so alt sein muss wie ich. Auf diesem ist zu sehen, wie meine Großmutter vor ihrer Türe in die Knie geht und geduldig wartet, bis ich, der ich gerade das Gehen halbwegs erlernt hatte, mich langsam Stufe für Stufe die alten Steintreppen wankend nach oben gekämpft habe, um mich dort freudestrahlend in die Arme zu nehmen. Aber nicht nur das Haus in der Jahnstraße an sich und dessen Eingangsbereich wirkten auf mich als Kind

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