Nun habe ich nur noch euch: Mami Bestseller 53 – Familienroman
Von Rosa Lindberg
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Über dieses E-Book
Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt!
In der Nacht vor ihrer Rückreise hatte Sonja Bertrand einen merkwürdigen, beunruhigenden Traum. Erschöpft und seltsam fassungslos tauchte sie daraus hervor. Sie hielt die Augen geschlossen, um den Traum festzuhalten. Doch er zerrann, wie milchige Nebelfelder sich auflösen in der Sonne, und ließ nur dieses Gefühl der Erschöpfung und der Fassungslosigkeit zurück, zu dem sich nun, nach dem Erwachen, Angst einstellte. Sie drehte den Kopf langsam zur Seite und öffnete die Augen. Kurt lag ruhig atmend neben ihr. Er schlief tief und fest. Eine Weile betrachtete sie sein geliebtes Gesicht und wartete darauf, daß sie ruhiger wurde. Aber im Gegensatz zu sonst verstärkte sich die Unruhe. Mit einem unterdrückten Aufstöhnen stand sie eilig auf und lief auf bloßen Füßen ins Nebenzimmer, sorgsam darauf bedacht, die anderen Gäste der Pension, in der sie ihren Urlaub verbracht hatte, nicht zu wecken. Behutsam drückte sie die Klinke herab und schloß die Tür hinter sich wieder. Und da lagen sie, ihre drei, friedlich und glücklich schlafend. Sandra, ihre Älteste, lag zusammengerollt auf der linken Seite, wie sie stets schlief. Jan hatte Arme und Beine weit von sich gestreckt, sich der Zudecke entledigt und atmete mit leicht geöffnetem Mund kräftig und regelmäßig. Piet, ihr Jüngster, schlief wie Kurt, und er war auch, wie er dalag, eine perfekte Zweitausgabe seines Vaters. In dem stillen Frieden des Kinderzimmers atmete Sonja, immer noch Piet betrachtend, erleichtert auf. Der Knabe bewegte sich und schlug die Augen auf. »Musch?« murmelte er verwundert. »Pst!«
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Buchvorschau
Nun habe ich nur noch euch - Rosa Lindberg
Mami Bestseller
– 53 –
Nun habe ich nur noch euch
Und ihr seid mein ganzes Glück
Rosa Lindberg
In der Nacht vor ihrer Rückreise hatte Sonja Bertrand einen merkwürdigen, beunruhigenden Traum. Erschöpft und seltsam fassungslos tauchte sie daraus hervor.
Sie hielt die Augen geschlossen, um den Traum festzuhalten. Doch er zerrann, wie milchige Nebelfelder sich auflösen in der Sonne, und ließ nur dieses Gefühl der Erschöpfung und der Fassungslosigkeit zurück, zu dem sich nun, nach dem Erwachen, Angst einstellte.
Sie drehte den Kopf langsam zur Seite und öffnete die Augen. Kurt lag ruhig atmend neben ihr. Er schlief tief und fest.
Eine Weile betrachtete sie sein geliebtes Gesicht und wartete darauf, daß sie ruhiger wurde. Aber im Gegensatz zu sonst verstärkte sich die Unruhe.
Mit einem unterdrückten Aufstöhnen stand sie eilig auf und lief auf bloßen Füßen ins Nebenzimmer, sorgsam darauf bedacht, die anderen Gäste der Pension, in der sie ihren Urlaub verbracht hatte, nicht zu wecken.
Behutsam drückte sie die Klinke herab und schloß die Tür hinter sich wieder.
Und da lagen sie, ihre drei, friedlich und glücklich schlafend.
Sandra, ihre Älteste, lag zusammengerollt auf der linken Seite, wie sie stets schlief. Jan hatte Arme und Beine weit von sich gestreckt, sich der Zudecke entledigt und atmete mit leicht geöffnetem Mund kräftig und regelmäßig. Piet, ihr Jüngster, schlief wie Kurt, und er war auch, wie er dalag, eine perfekte Zweitausgabe seines Vaters.
In dem stillen Frieden des Kinderzimmers atmete Sonja, immer noch Piet betrachtend, erleichtert auf. Der Knabe bewegte sich und schlug die Augen auf.
»Musch?« murmelte er verwundert.
»Pst!«
Sonja legte ihm den Zeigefinger gegen die warmen Lippen.
»Ist was?« flüsterte Piet und versuchte, in dem diffusen Mondlicht ihr Gesicht zu erkennen.
»Nein, nichts«, flüsterte Sonja. »Ich habe nur schlecht geträumt.«
Mit einer zärtlichen eckigen Bewegung streichelte Piet über ihre Hand.
Ist es denn nun besser?«
Eine heiße Welle von Liebe überflutete Sonja und ließ sie die Unruhe, die ein nicht greifbarer Traum ihr verursacht hatte, vergessen.
»Viel besser«, sagte sie leise und liebevoll, »nun wollen wir weiterschlafen.«
»Ja, Musch.«
»Schlaf gut, mein Herz.«
»Du auch, Musch.«
*
Als sie am nächsten Morgen erwachte, war der Platz neben ihr leer. Sie lauschte einen Moment und hörte dann Kurts warme volle Stimme im Nebenzimmer. Also war er schon bei den Kindern.
Sie ging eilig unter die Dusche und kleidete sich an. Während sie sich kämmte, brachte sie ihr Gesicht nahe an das Spiegelglas und lächelte ihrem Bild zu.
Man sieht mir meine vierunddreißig nicht an, dachte sie zufrieden. Sie freute sich darüber, obwohl sie alles andere als eitel war.
Vor der Tür entstand eine Bewegung.
»Vielleicht schläft sie noch!« hörte Sonja die Stimme ihrer Tochter Sandra.
»Aber Mama doch nicht!«
Das war Piet, und lächelnd dachte Sonja daran, daß er sie in der Nacht Musch genannt hatte. Nur im Schutze der Nacht oder in der Gewißheit absoluten Alleinseins nannte er sie so, niemals vor den anderen.
Piets Scheu, Beweise von Liebe, Zärtlichkeit und Zuneigung zur Schau zu stellen, war ein Charakterzug, den sie ihm vererbt hatte, nicht Kurt. Denn Kurt – wie beneidete sie ihn oft darum! – zeigte seine Gefühle so augenfällig, wie er beim Lachen seine makellosen Zähne zeigte. Jeder konnte sehen, wie sehr er seine Frau und seine Kinder liebte.
Kurt Bertrand war für seine Frau Sonja der Ritter, der sie mit eiserner Faust beschützte vor allem, was kam. Ohne ihn – Sonja wußte das und war glücklich dabei – war sie nichts. Er war für sie ein Bollwerk in der Brandung, das Leben hieß.
»Na, nun macht schon!« hörte sie ihn jetzt sagen, und allein der Klang seiner Stimme bewirkte eine selige Schwäche in ihren Pulsen.
»Und das«, sagte sie so leise zu ihrem Spiegelbild, »nach so vielen Ehejahren!«
Die Tür wurde aufgestoßen, und in ihrem Rahmen standen jene vier, die ihr Leben ausmachten: Kurt und die Kinder.
Sonjas Herz wurde weit, und in ihren Augen lag das Schönste, das diese Welt und dieses Leben geben können, und das einzige, das nicht zu kaufen ist um einen noch so hohen Preis: Glück und Liebe.
Kurt sah es, und die Kinder spürten es. Und während Sandra ihre rechte und linke Wange küßte, während Piet sein Gesicht in ihre Hand preßte, allmorgendlich wiederkehrende Beweise der Liebe, blickten Sonja und Kurt sich an.
Schweigend, doch verstehend in jeder Sekunde des Blickes, als hätten sie tausend Sätze gesprochen.
»Schade«, sagte Sandra, und ihr apartes herzförmiges Gesichtchen, das eines Tages dem von Sonja sehr ähnlich sein würde, verschattete sich, »daß wir schon nach Hause müssen!«
Jan sang lauthals ein paar Zeilen eines Schlagers, den er irgendwo aufgeschnappt haben mußte.
»Jehedes Määärchen geht einmal zu Ende, doch dann bricht unser Herz nicht entzwei…«
Lachend legte Kurt ihm die Hand vor den Mund. »Hör auf, bitte! Du weckst sonst das ganze Dorf.«
»Na und, Papi? Es ist doch schon neun.«
»Lauser!«
Er sah noch einmal Sonja an, legte dann seinen Arm um ihre Schultern, und nur sie spürte, wie fest der Druck war, mit dem er sie umfing.
»Fertig zum Frühstücken?« fragte er und küßte wie beiläufig Sonjas Schläfe.
»Ja. Jaha!« war die übermütige dreifache Antwort.
Die Kinder waren lebhaft wie immer bei Tisch, benahmen sich jedoch tadellos. Sie machten Pläne, wie sie die fünfstündige Rückfahrt ausführen sollten, einigten sich jedoch nur schwer.
»Bist du auch soweit?« fragte Kurt Sonja. »Können wir in etwa einer Stunde fahren?«
»Ja, leicht. Ich muß nur noch die Schlafanzüge und Zahnbürsten und so weiter einsammeln. Alles andere steht fertig.«
»Fein. Dann mal so, alle mal hergehört! Abfahrt in einer Stunde. Alles klar?«
»Alles klar, Chef!«
Die Jungen salutierten militärisch im Sitzen, sich das Lachen verbeißend, während Sandra, ebenfalls im Sitzen, einen Knicks andeutete.
»Dürfen wir aufstehen?« fragte Jan und schob den Rest des dritten Brötchens noch rasch in den Mund.
»Ausnahmsweise«, lächelte Sonja, »damit ihr euch in aller Ruhe überall verabschieden könnt.«
Mit den Kindern verließen die letzten Gäste den Frühstücksraum. Sonja und Kurt waren allein.
»War’s schön?« fragte der Mann leise.
»Wunderbar!« versicherte Sonja. »Aber ich freue mich auch schon wieder auf zu Hause.«
»Mir geht’s genauso.« Er lachte leise und dunkel. »Wir sind eben richtige Familienmenschen.«
Jetzt lachte auch Sonja, ebenfalls leise, aber hell und klar.
»Und das sagst du! Ausgerechnet du, der einstmals so überzeugte Junggeselle!«
Das sonnengebräunte Gesicht Kurts verzog sich zu einer Grimasse.
»Mir heute unverständlich!« Er beugte sich ganz nahe zu Sonja, daß sie seinen Atem an ihrer Wange spürte. »Man muß eben die richtige Frau finden.«
Ein fester warmer Mund berührte Sonjas Wange, wanderte langsam bis zu ihrem Mund. Und im selben Augenblick versank für Sonja Bertrand für Sekunden die Welt. Als sie wieder zurückkehrte aus ihrer Versunkenheit, seufzte sie verhalten auf.
»So viel Glück, mein Gott, laß es so bleiben.«
»Es wird so bleiben!« beruhigte Kurt sie heiter.
»Manchmal ist es unwirklich, so schön.«
Durch das angelehnte hohe Fenster drang Sandras weinerliche Stimme.
»Mami – o Mami!«
Gleichzeitig mit Kurt sprang Sonja auf. Sie zog den Fensterflügel zurück und beugte sich hinaus. Unter ihr, winzig und zart, aber unbeschreiblich schmutzig, selbst das Gesicht, durch das nur die Tränen helle Spuren zogen, stand Sandra.
»Mein Gott! Liebstes, was ist denn passiert? Warte, ich komme hinunter!«
Sandras Weinen wurde lauter, klagender und anklagender.
»Jan… Jan hat mich in den Mampeteich geschubst!« Für eine halbe Sekunde hob sich in der Stimme Empörung heraus. »Mit Absicht, Mami!«
Doch das alles hörte Sonja nicht mehr. Sie war hinausgelaufen und stand schon neben ihrer Tochter.
»Hast du dir weh getan?«
»Weh getan?« Sandra mußte überlegen. »Nein«, entschied sie dann mit bemerkenswerter Offenheit, »nein, weh getan hab’ ich mir nicht.«
»Dann ist es ja halb so schlimm.«
»Aber mein Kleid! Es ist das Gute, auch wenn man es nicht mehr erkennt.«
»Du darfst das neue Dirndl anziehen!« flüsterte Sonja begütigend. »Nun, was sagst du?«
Über das verschmutzte Gesicht zog ein Strahlen.
»Prima, Mami! Sofort?«
»Sofort! Komm, ich stell’ dich gleich unter die Dusche. In zehn Minuten ist alles vergessen.«
Kurt