Ich lauf nie wieder fort
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Über dieses E-Book
Dass Michael sich nach einem Unfall an nichts mehr erinnern kann, ist schlimm. Schlimmer aber ist, dass die Frau, die er liebt, ihm offenbar etwas Wichtiges aus ihrer Vergangenheit verschweigt - sich ihm entzieht, obwohl Sehnsucht aus ihren Augen leuchtet ...
Karen Van Der Zee
Karen van der Zee wuchs in Holland auf und begann schon früh mit dem Schreiben. Als junges Mädchen lebte sie ganz in der Welt ihrer Träume, verschlang ein Buch nach dem anderen und erfand zudem eigene Geschichten, die sie in Schulheften aufschrieb und liebevoll illustrierte. Leider entdeckten ihre Brüder eines Tages diese Hefte – und verbrannten sie heimlich auf dem Dachboden! Das Haus blieb glücklicherweise von einem Großbrand verschont, doch Karens erste Geschichten gingen für immer verloren. Karens größter Wunsch war es, eine Weltreise zu machen. Da Holland fast nur aus flachem Land besteht, träumte sie von Bergen. Sie wollte tropische Strände und Kokospalmen sehen einmal eine Nacht in der Wüste verbringen und viele interessante Menschen kennenlernen. Als Karen einen jungen Amerikaner auf Weltreise kennenlernte, war es daher Liebe auf den ersten Blick. Das erste Treffen fand in Amsterdam statt, der Heiratsantrag in Rom und die darauf folgende Hochzeit in Kenia, wo Karens Verlobter als freiwilliger Helfer beim Friedenscorps arbeitete. Nachdem sie Kenia wieder verlassen mussten, lebten Karen und ihr Mann einige Zeit in den USA bevor sie dann nach Ghana zogen. Hier erblickte nicht nur Karens erste Tochter das Licht der Welt, sondern auch ihr erster Roman Beim Tanz der Sonnenstrahlen (Cora 1981). Inzwischen hat Karen van der Zee über 30 weltweit sehr erfolgreiche Liebesromane geschrieben. Nach weiteren Aufenthalten in Indonesien, Palästina, Armenien und der Türkei lebt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in den USA. Doch schon jetzt träumt sie bereits wieder von ihrer nächsten Reise, die ihr ganz sicher die Inspiration für einen weiter spannenden Liebesroman liefern wird.
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Buchvorschau
Ich lauf nie wieder fort - Karen Van Der Zee
IMPRESSUM
Ich lauf nie wieder fort erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1999 by Karen van der Zee
Originaltitel: „A Wife to Remember"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1403 - 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Dorothea Ghasemi
Umschlagsmotive: GettyImages_anyaberkut
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733755645
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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1. KAPITEL
Er kannte diesen Mann nicht, aber eins wusste er genau: Sein Gesicht gefiel ihm nicht.
Es war attraktiv, denn der Mann hatte markante Züge und ein ebensolches Kinn, doch irgendetwas an seinem Ausdruck machte ihm Angst und irritierte ihn gleichermaßen.
Der Mann sah älter aus, als er erwartet hatte. Er hatte tiefe Falten in den Mundwinkeln, und seine Augen waren glanzlos.
Michael versuchte, seinen Charakter zu deuten und zu erraten, was in ihm vorging, und suchte vergeblich nach einem Anzeichen von Humor oder Unbeschwertheit. Was stimmte mit diesem Mann nicht? Irgendetwas quälte ihn. Es war das Gesicht eines Menschen, der keine Hoffnung mehr hatte und sich keine Illusionen mehr machte. Starr betrachtete Michael sein Spiegelbild und verspürte einen Anflug von Verzweiflung.
„Du meine Güte, sagte er leise zu sich selbst. „Du lebst! Lächle gefälligst!
Er lächelte.
Das Gesicht im Spiegel lächelte auch.
„Schon besser", meinte Michael.
Das Telefon klingelte schrill, als Amy ihr Apartment betrat, und prompt wurde sie wütend. Sie hatte drei Wochen abseits der Zivilisation verbracht, und als Erstes musste sie das verdammte Telefon hören. Sie würde den Hörer nicht abnehmen.
Sie schleifte ihren schweren Rucksack ins Schlafzimmer, zog die Wanderstiefel aus und öffnete dann alle Fenster. Das Klingeln hörte auf. Gut. Amy zog ihr T-Shirt und ihre Jeans aus. Nun würde sie erst einmal ausgiebig duschen. Wieder begann das Telefon zu klingeln. Sie ignorierte es einfach und ging ins Bad.
Als sie eine halbe Stunde später in der Küche war und sich gerade eine Tiefkühlpizza im Backofen machte, begann das Telefon erneut zu klingeln. Daraufhin nahm sie den Hörer ab. „Hallo", meldete sie sich mit einem resignierten Unterton.
„Amy? Bist du das? Ich bin ja so froh, dass du da bist, ließ sich eine hohe Frauenstimme vernehmen. „Ich versuche schon seit Wochen, dich zu erreichen. Oh Amy …
Die Frau brach in Tränen aus.
Das Herz wurde Amy schwer. Sie kannte diese Stimme. Sie gehörte der Vergangenheit an, der Vergangenheit, die sie verzweifelt hinter sich zu lassen versuchte.
„Melissa!" war alles, was Amy sagen konnte. Die widersprüchlichsten Gefühle überkamen sie. Sie mochte Melissa sehr, doch diese weckte zu schmerzliche Emotionen in ihr.
„Oh Amy! Es tut mir leid, dass ich dich anrufe, aber ich wusste nicht mehr ein noch aus. Ich bekomme ein Baby und muss im Bett liegen …"
Ein Baby. Melissa bekam ein Baby. Amy schluckte und sank auf einen Stuhl. „Melissa! Was ist los? Warum musst du im Bett liegen?"
„Es gab Komplikationen, und nun muss ich bis zur Geburt liegen, aber deswegen rufe ich nicht an. Oh Amy … ich …" Wieder schluchzte Melissa auf und sprach schließlich weiter, war allerdings kaum zu verstehen.
„… jemand muss ihm helfen, und du bist die Einzige … Es tut mir so leid. Ich weiß, es ist nicht fair …"
„Melissa, bitte sag mir, was los ist. Von wem redest du?"
„Michael, brachte Melissa hervor. „Er hatte einen Unfall. Ein Wagen, in dem lauter betrunkene Teenager saßen …
Michael. Ein Autounfall. Angst überkam Amy, und ihr wurde kalt. Nein, dachte sie, bitte nicht!
„Michael?, fragte sie in Panik. „Was ist mit ihm?
„Es ist sein Kopf. Ich meine, ihm ist nichts passiert, außer dass er sich den Arm gebrochen hat, aber …"
„Sein Kopf?" Plötzlich hatte Amy Horrorvisionen.
„Die Ärzte können nichts finden, aber er kennt niemanden mehr. Ich habe ihn angerufen, und er wusste nicht, wer ich bin, sagte Melissa unter Tränen. „Ich meine, sie haben ihm gesagt, ich wäre seine Schwester, und trotzdem wusste er nicht, wer ich bin. Es war so furchtbar, als würde ich mit einem Fremden reden!
„Wo ist er?", brachte Amy hervor, und ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren ganz fremd. Ob Michael noch auf der Insel war?
„Michael ist in Oregon. Er hat einen neuen Job als Geschäftsführer eines Luxushotels an der Küste. Er hatte dort nur ein paar Tage vor dem Unfall angefangen. Niemand kennt ihn dort, Amy! Er ist ganz allein!"
Starr blickte Amy an die Wand. Michael hatte die Insel in der Karibik verlassen, auf der er ein Luxushotel geleitet hatte, das Haus, in dem sie zusammen gewohnt hatten und das sie so liebevoll eingerichtet hatte.
„Ich habe ihm gesagt, er solle nach Boston kommen und bei Russ und mir wohnen, fuhr Melissa fort, „aber er meinte, er wolle uns nicht zur Last fallen und außerdem müsse er seine Arbeit machen und würde schon zurechtkommen.
Wieder begann sie zu schluchzen. „Ich bin seine einzige Schwester! Russ ist sein bester Freund! Wie sollte er uns zur Last fallen? Andererseits bin ich wohl eine Fremde für ihn, und … Oh Amy, wirst du zu ihm fliegen?"
Amy stockte der Atem, und Panik überkam sie.
„Bitte, flehte Melissa. „Du bist die Einzige, die ihm helfen kann. Ich würde dich auch nicht fragen, aber ich kann nicht. Wenn ich nicht im Bett bleibe, verliere ich das Baby. Und Russ will mich nicht allein lassen. Ich weiß, dass es nicht fair ist, dich darum zu bitten.
Nein, es war nicht fair. Allein die Vorstellung war der reinste Albtraum.
Amy schloss die Augen und begann zu zittern. Ich kann das nicht tun, dachte sie. Nein, ich kann es nicht!
„Ich fliege zu ihm", hörte sie sich sagen.
Amy zog einen Koffer aus dem Wandschrank und fing an, wahllos Sachen hineinzuwerfen. Dabei versuchte sie, nicht nachzudenken. Sie hatte bei der Fluggesellschaft angerufen und einen Platz für den nächsten Tag um die Mittagszeit reserviert.
Amy schob die alten Sachen im obersten Regal im Wandschrank beiseite und zog eine blaue Kunststoffbox hervor, die sie aufs Bett stellte und öffnete. Sie enthielt zahlreiche Fotoalben. Amy nahm einige heraus, unter denen sich auch ein weißes mit dem goldfarbenen Aufdruck „Unsere Hochzeit" befand, und packte sie mit in den Koffer. Anschließend warf sie einen Blick in die Box, nahm das Päckchen in der weißen Plastiktüte heraus und versteckte es schnell im Koffer unter ihren Jeans. Ihre Hände zitterten.
Als sie kurz darauf im Bett lag, sah sie starr an die Decke, denn sie konnte nicht schlafen.
Michael hatte einen Unfall gehabt. Michael litt an Gedächtnisverlust.
Denk nicht nach. Fühl nicht.
Wenn sie ihren Gedanken und ihren Gefühlen jetzt freien Lauf ließ, würde sie am nächsten Tag nicht in das Flugzeug steigen können.
Als Amy am darauf folgenden Tag in der Maschine saß, wusste sie, dass es nun kein Zurück mehr gab. Sie hatte Michael seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Zwei Jahre hatte sie versucht zu vergessen und sich damit abzufinden, dass ihr wunderschönes Leben mit ihm in einer Tragödie geendet hatte.
Und jetzt war sie auf dem Weg zu ihm und wollte herausfinden, ob sie, die Frau, die er einmal geliebt hatte, ihm dabei helfen konnte, das Gedächtnis wiederzuerlangen. Und wenn sie erfolgreich war, wenn er sich wieder erinnerte, würde er sich auch an jenen schrecklichen Morgen erinnern. Einige Sekunden lang empfand sie so etwas wie Neid, was natürlich absurd war. Michael erinnerte sich an nichts mehr. Er hatte es gut.
Kurz vor der Landung nahm Amy ein kleines Kästchen aus ihrer Handtasche und öffnete es. Der Diamant funkelte sie an und schien sie zu verspotten. Ihre Hand zitterte, als sie den Ring herausnahm. Denk nicht nach. Fühl nicht.
Amy steckte sich den Ring an den linken Ringfinger.
Amy brauchte nicht lange, um Michael zu finden. Er war groß und breitschultrig und überragte daher die meisten Leute in der Ankunftshalle. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und sie bekam weiche Knie, als sie ihn betrachtete – den Mann, in den sie sich einst Hals über Kopf verliebt hatte und den sie so gut kannte. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer.
Er hielt nach ihr Ausschau und blickte dann auf etwas, das er in Händen hielt. Ein Foto. Melissa hatte ihm noch am Vorabend übers Internet ein Foto von ihr geschickt. Wieder sah er sich um und streifte sie mit seinem Blick, ohne sie zu erkennen. Er erkannte sie nicht einmal anhand des Fotos.
Mein Haar, ging es Amy dann durch den Kopf. Das Foto musste einige Jahre alt sein und zeigte sie mit langem Haar. Sie hatte sich die Haare im letzten Jahr abschneiden lassen und sah nun ganz anders aus.
Amy zwang sich, auf ihn zuzugehen. Die Beine schienen ihr kaum zu gehorchen. Michael trug ein weites schwarzes Hemd und Jeans und den linken Arm in der Schlinge. Er wirkte dünner, als sie ihn in Erinnerung hatte, sein Gesicht war hager. Er sah älter aus. Es war das Gesicht eines Mannes, der in letzter Zeit kaum gelächelt hatte. Seine Schläfen waren grau geworden.
„Michael?" Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
„Amy?" Seine braunen Augen mit den goldfarbenen Sprenkeln waren ausdruckslos.
Amy nickte, unfähig, ein Wort über die Lippen zu bringen, und betrachtete Michael wie gebannt. Zu ihrer Überraschung begannen seine Augen dann zu funkeln, und er lächelte sie an. „Du bist meine Frau, hat meine Schwester gesagt."
Es war eine Lüge. Sie war nicht seine Frau, nicht mehr, doch Melissa hatte es ihm gesagt, aus Angst, er würde sie, Amy, nicht sehen wollen, wenn er erfuhr, dass sie mittlerweile seit einem Jahr geschieden waren. Sicher hätte er sich nicht von Menschen helfen lassen, die ihm nun fremd waren, schon gar nicht von seiner Exfrau.
Amy nickte, da ihr klar war, dass sie sich wie eine Ehefrau verhalten musste. Sie musste ihn umarmen und küssen. Also machte sie einen Schritt auf ihn zu, legte ihm den Arm um den Nacken und schmiegte die Wange an seine. Sie spürte seinen Gips an den Brüsten, nahm seinen frischen, maskulinen Duft wahr, der ihr so vertraut war, als hätte sie erst am Vortag in seinen Armen gelegen.
Michael legte den rechten Arm um sie und hielt sie sanft umschlungen.
Schmerz und Verlangen überkamen sie, ohne dass sie sich dagegen wehren konnte, und machten ihr Angst. Nein, dachte sie, bitte nicht. Das Gesicht an seins geschmiegt, schluchzte sie auf.
„Ist ja gut, tröstete Michael sie und streichelte ihren Rücken. „Wir werden es schon schaffen.
Was werden wir schaffen? hätte sie am liebsten gefragt, doch sie konnte nur weinen, als sie in seinen Armen lag. Sie versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen und sich von ihm zu lösen, dem Mann, der ihr so vertraut und doch so fremd war, dem Mann, der sie nicht erkannte.
Amy nahm ein Taschentuch aus ihrer Handtasche. „Tut mir leid", sagte sie mit bebender Stimme.
Michael betrachtete sie freundlich-distanziert. „Es gibt nichts, was dir leid tun sollte", meinte er lässig.
Sie wischte sich die Tränen ab und putzte sich die Nase. „Du erkennst mich wirklich nicht mehr, stimmt’s?"
Langsam schüttelte er den Kopf. „Nein, erwiderte er leise. „Es … tut mir leid.
Nicht von ihm erkannt zu werden, ein … Niemand für ihn zu sein, für den Mann, den sie über alles geliebt hatte, tat mehr weh, als sie erwartet hatte. Wieder füllten ihre