Um die halbe Welt zu dir
Von Jessica Hart
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Über dieses E-Book
Was bringt ein Citygirl aus London ins ferne Australien? In Clares Fall ist es ein Versprechen, das sie ihrer schwerkranken Schwester gegeben hat: Clare soll ihre Nichte Alice zu deren Vater bringen. Kaum in Mathison angekommen, fragt Clare sich entsetzt, wie man in dieser flirrenden Hitze und unendlichen Weite überhaupt leben kann! Bis sie von dem großen breitschultrigen Gray Henderson abgeholt wird. Zwar glaubt er nur zögernd, dass Alice die Tochter seines Bruders Greg ist. Doch auf seiner Ranch Bushman‘s Creek erkennt Clare, dass auch sie hier leben könnte - zusammen mit Gray, der ihr die Zärtlichkeit schenkt, die sie in ganz London vergeblich gesucht hat …
Jessica Hart
Bisher hat die britische Autorin Jessica Hart insgesamt 60 Romances veröffentlicht. Mit ihren romantischen Romanen gewann sie bereits den US-amerikanischen RITA Award sowie in Großbritannien den RoNa Award. Ihren Abschluss in Französisch machte sie an der University of Edinburgh in Schottland. Seitdem reiste sie durch zahlreiche Länder, da sie sich beruflich nicht festlegen wollte. Mit vielen Jobs hielt sie sich in diesen Ländern unter anderem in Südafrika, Tanganyika, Australien, Oman, Pakistan, Algerien, Belize sowie den USA über Wasser. Jessica Hart war als Auslandskorrespondentin tätig, sie begleitete eine Expedition in Westafrika oder unterrichtete Englisch. Nebenbei hat sie als Kellnerin, Zimmermädchen, Tellerwäscherin, Sekretärin oder als Assistentin in einem Restaurantführer-Verlag gearbeitet. In ihren Büchern finden die Leser manche dieser Berufe wieder. Sie selbst sagt, dass in ihrer Brust zwei Seelen schlummern, einerseits träumt sie von einem gefährlichen Leben in fremden Ländern, sie reist gern. Andererseits fühlt sie sich mit ihrer Heimat England sowie mit ihrer Familie verbunden, sie liebt viele Dinge, die es nur in ihrem Heimatland gibt.
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Buchvorschau
Um die halbe Welt zu dir - Jessica Hart
IMPRESSUM
Um die halbe Welt zu dir erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2000 by Pamela Hartshorne
Originaltitel: „Baby at Bushman’s Creek"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1439 - 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Melissa Granau
Umschlagsmotive: GettyImages_katrinaelena
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733758066
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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1. KAPITEL
Clare blinzelte in das grelle Sonnenlicht und beobachtete die Staubwolke, die in der flirrenden Hitze langsam näher kam. War das endlich Gray Henderson?
Sie hoffte es sehr, denn sie hatte den ganzen Morgen auf ihn gewartet und dabei nichts anderes tun können, als mit Alice auf dem Arm die Hauptstraße von Mathison auf und ab zu gehen.
In dieser verlassenen Gegend gab es außer dem Hotel nur einen Gemischtwarenladen, eine Bank, eine Tankstelle und einige niedrige, sehr einfache Häuser. Die ganze Stadt – wenn man die Ansammlung verstreut liegender Gebäude überhaupt als solche bezeichnen konnte – wirkte, als würde sie sich vor der Hitze verkriechen.
Während ihres Spaziergangs waren sie niemandem begegnet und schnell wieder in den Schatten der Hotelveranda geflüchtet, wo Alice zufrieden mit ihren Händchen spielte.
Clare dagegen hatte sich entsetzlich gelangweilt. Als sie am Horizont auf der scheinbar endlosen Landstraße die Staubwolke auftauchen sah, war sie voller Hoffnung aufgesprungen. Aber es hatte noch eine halbe Ewigkeit gedauert, bis sich die Wolke endlich als verbeulter Pick-up entpuppte, der ratternd und mit knirschendem Getriebe auf der gegenüberliegenden Straßenseite zum Stehen kam. Die Beifahrertür wurde geöffnet, und ein Mann stieg aus dem Wagen.
Von der Veranda aus konnte Clare nur eine schlanke, große Gestalt in einer Baumwollhose und einem karierten Hemd erkennen, die sich vorbeugte, um durch das Fenster mit dem Fahrer zu sprechen. Sie beobachtete, wie der Mann zum Abschied auf das Dach des Führerhauses klopfte und der Wagen mit Getöse davonfuhr. Dann drehte der Mann sich um und kam über die Straße auf das Hotel zu.
Clares Anspannung wuchs, denn sein federnder Gang und die lässige Art, wie er den Hut trug, passten genau zu der ruhigen, tiefen Stimme, die sie am Telefon gehört hatte. Einerseits war sie erleichtert, dass er endlich da war, andererseits ärgerte sie sich, dass er erst jetzt auftauchte. Zu allem Überfluss schien er es überhaupt nicht eilig zu haben, obwohl er sie den ganzen Morgen hatte warten lassen!
Sie durfte sich natürlich nicht beschweren, sondern musste vorsichtig sein. Bei diesem ersten Treffen sollte auf keinen Fall etwas schief gehen. Für Alice und auch für Clare selbst war die Begegnung sehr wichtig. Von den nächsten Minuten hing sehr viel ab. Sie nahm Alice auf den Arm. Der kleine, warme Körper des Babys gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Nachdem sie den ganzen Morgen sehnsüchtig auf Gray Hendersons Ankunft gewartet hatte, hoffte sie jetzt plötzlich, er wäre es nicht.
Aber er war es.
Als der Mann sie entdeckte, blieb er für einen Moment am unteren Treppenabsatz stehen und musterte sie unverhohlen. Dann ging er mit geradezu unverschämter Gemütsruhe die Treppe hinauf. „Clare Marshall?, fragte er und nahm den Hut ab. Er warf einen flüchtigen Blick auf Alice und zog fragend die Augenbrauen hoch. „Ich bin Gray Henderson. Sie wollten mich sprechen.
Er hatte braunes Haar, eine von Wind und Wetter gebräunte Haut und braune Augen. Grays prüfender Blick verunsicherte sie. Clare wurde plötzlich klar, wie fremd und fehl am Platz sie in dieser abgelegenen Stadt wirken musste mit ihren Perlenohrsteckern, dem gelben Leinenkleid und den schicken italienischen Sandaletten. Sie hatte sich an diesem Morgen besonders sorgfältig zurechtgemacht, um ihn zu beeindrucken. Sie wusste nicht, ob es ihr gelungen war. Gray Henderson ließ sich jedenfalls nichts anmerken.
„Ja, beantwortete sie seine Frage und hatte das unbehagliche Gefühl, dass ihr Lächeln aufgesetzt wirkte. Verglichen mit seinem breiten australischen Dialekt hörte sie sich sehr englisch an. „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind
, fügte sie steif hinzu. Es fiel ihr schwer, nicht zu fragen, warum er so lange gebraucht hatte.
„Sie sagten, es sei wichtig", erinnerte er sie.
„Ja, das ist es."
Seit sie erfahren hatte, dass Jack nicht da war, hatte Clare überlegt, wie sie stattdessen Gray Henderson die ganze Sache erklären könnte. Aber als er ihr jetzt gegenüberstand, löste sich ihre sorgfältig vorbereitete Rede in Luft auf. Ihr Kopf war völlig leer, und sie fühlte Panik in sich aufsteigen.
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Gray Henderson so kühl und unnahbar wirken würde. Jack war ein freundlicher, charmanter und humorvoller Mann, wie Pippa ihr erzählt hatte. Grays Miene hingegen war sehr verschlossen und irgendwie undurchdringlich.
„Sollen wir uns setzen?", schlug Clare vor. Sie wollte Zeit gewinnen, um ihre Gedanken zu ordnen.
Gray folgte ihr zu der Bank am anderen Ende der Veranda. Er setzte sich neben Clare und wartete geduldig darauf, dass sie ihm erklärte, warum sie ihn hatte treffen wollen.
Als Clare ihn am Abend zuvor angerufen hatte, hatte sie geglaubt, es sei zu kompliziert, die Sache am Telefon zu besprechen. Jetzt bereute sie die Entscheidung, denn er beobachtete sie mit seinen braunen Augen so scharf, dass sie verunsichert war.
Seine ruhige, gelassene Art hatte etwas ungemein Einschüchterndes. Noch nie war Clare jemandem begegnet, den Schweigen nicht irritierte. Jeder andere hätte längst erklärt, warum er so spät gekommen war, oder gefragt, was sie eigentlich von ihm wolle. Dieser Mann aber saß einfach nur da und wartete ab.
Da er offensichtlich nicht vorhatte, ihr den Anfang zu erleichtern, atmete sie tief durch und wies mit einer Kopfbewegung auf das Baby. „Das ist Alice."
„Hallo, Alice", sagte Gray mit ernster Miene.
Er kitzelte Alice mit einem Finger am Bauch. Alice lächelte und griff nach seiner Hand, doch schon im nächsten Moment verließ sie der Mut. Schüchtern schmiegte sie sich an Clare.
Clare musste lächeln. Alice war ein niedliches Kind mit ihrem seidenweichen blonden Haar und den braunen Augen.
Als Clare Gray ansah, bemerkte sie zu ihrer Erleichterung, dass er die Kleine belustigt betrachtete. Das angedeutete Lächeln machte ihn auf Anhieb sympathischer. Überrascht gestand Clare sich ein, dass Gray viel attraktiver war, als sie im ersten Moment gedacht hatte.
„Wie alt ist sie?", fragte er.
„Sechs Monate, beinah sieben."
Clare setzte Alice in den Kindersitz, der sich bei Bedarf zu einem Tragegestell umfunktionieren ließ. Um Protesten vorzubeugen, gab sie Alice ihren schlappohrigen Hasen, der vom vielen Knuddeln und Drücken schon arg in Mitleidenschaft gezogen war.
Gray warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr, und Clare wurde klar, dass sie endlich zur Sache kommen musste. Sie straffte unwillkürlich die Schultern und sah ihn offen an. Ihre grauen Augen schimmerten silbrig und bildeten einen reizvollen Kontrast zu ihrem glänzenden dunklen Haar. „Wahrscheinlich wundern Sie sich, was wir hier wollen", begann sie.
„Sie haben am Telefon erwähnt, dass Sie eigentlich mit Jack sprechen wollten. Grays Miene blieb verschlossen, und seine Stimme klang etwas misstrauisch. „Von einem Baby war nicht die Rede.
„Nein, gab Clare zu. „Es ist schwierig, die Sache am Telefon zu erklären. Ich wollte es lieber persönlich machen.
„Okay, jetzt bin ich hier. Sie können mir endlich verraten, was Sie wollen", erwiderte Gray kühl.
Clare zögerte. „Ich muss unbedingt mit Jack sprechen. Wissen Sie, wann er zurückkommt?"
„Vielleicht in einem Monat oder in sechs Wochen."
Es schien Gray nicht zu stören, dass er nichts Genaues über die Pläne seines Bruders wusste. Clare war entsetzt. Sie hatte erwartet, Jack sei in Darwin oder Perth und würde in den nächsten Tagen zurückkommen. „In einem Monat erst? Wo ist er denn?"
„In Texas. Er ist in Sachen Rinderzucht unterwegs."
Clare schluckte. „Können Sie ihn irgendwie erreichen?"
„Das dürfte schwierig sein", erwiderte Gray wenig hilfsbereit.
Niedergeschlagen ließ Clare die Schultern sinken. Sie spürte plötzlich, wie erschöpft sie war. Daran waren nicht nur der endlos dauernde Flug von London schuld und die letzte Nacht, in der sie kein Auge zugetan hatte. Immer wieder hatte sie sich gefragt, wie Gray Henderson reagieren würde. Nach Pippas Tod hatte sie die Verantwortung für das Baby übernehmen müssen. Es war eine große Belastung, und ihr wurde plötzlich alles zu viel. Es kam ihr vor, als hätte sie monatelang nicht richtig geschlafen. Solange sie mit den Reisevorbereitungen beschäftigt gewesen war, hatte sie eine Aufgabe gehabt, die sie abgelenkt hatte. Doch nachdem sie jetzt ihr Ziel erreicht hatte, spürte sie ihre Erschöpfung und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie fand es frustrierend, dass sie sich mit Gray statt mit Jack unterhalten musste.
Sie senkte den Kopf, presste die Hände zusammen und versuchte, sich zu konzentrieren. Sie durfte jetzt nicht zusammenbrechen. „Ich hätte schreiben sollen, stieß sie hervor. Ihr Gesicht war hinter einigen Strähnen ihres seidigen dunklen Haares verborgen. „Nicht im Traum habe ich daran gedacht, Jack nicht anzutreffen.
„Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen möchten, sorge ich dafür, dass er sie nach seiner Rückkehr bekommt", bot Gray ihr eher widerwillig an.
Clare schüttelte deprimiert den Kopf. „Ich kann nicht bis zu seiner Rückkehr warten. Ich muss jetzt mit ihm reden."
„Das ist leider unmöglich. Sie müssen schon mit mir vorlieb nehmen."
„Offensichtlich", erwiderte Clare benommen.
Sie war völlig durcheinander und sah das Baby an. Für Alice hing unendlich viel davon ab, dass Clare die richtige Entscheidung traf. Sie streckte die Hand aus und streichelte sanft das Köpfchen der Kleinen.
„Hören Sie, ich will Sie ja nicht unter Druck setzen, sagte Gray nach einer kurzen Pause. Zum ersten Mal schwang in seiner Stimme ein Anflug von Ungeduld mit. „Aber ich muss mich um viele tausend Rinder kümmern und habe Ihnen schon mehr Zeit geopfert, als ich verantworten kann. Können Sie nicht allmählich auf den Punkt kommen?
Clare richtete sich auf und sah ihn an. „Alice ist der Punkt!"
Gray runzelte die Stirn. „Wie bitte?"
„Sie ist Jacks Tochter, erklärte sie ruhig. „Sie braucht ihren Vater.
Sekundenlang herrschte Schweigen. „Was sagen Sie da?", fragte Gray dann gefährlich ruhig.
„Alice ist Jacks Tochter."
Grays Blick wurde hart. Er betrachtete Alice. Das Kind sah ihn mit diesen großen braunen Augen an, die seinen so sehr ähnelten. Mit einer Hand presste Alice sich den Stoffhasen an den Mund, mit der anderen spielte sie an einem ihrer kleinen Ohren, als wollte sie demonstrieren, was sie schon alles konnte.
„Davon hat Jack nie etwas erwähnt", entgegnete Gray schroff.
„Er weiß nichts von ihrer Existenz."
„Ist es dann nicht reichlich spät für so eine Behauptung?"
Clare fuhr sich nervös durchs Haar. „Ich glaube, er wird wissen wollen, dass er eine Tochter hat."
„Wenn es sein Kind ist, hätte er es längst erfahren müssen, erwiderte Gray hart. „Wenn es stimmt, dass Alice sechs Monate alt ist, dann hatten Sie immerhin fünfzehn Monate Zeit, um sich einen Vater für sie auszusuchen. Warum haben Sie so lange gezögert, sich an Jack heranzumachen?
Clare errötete. „Ich mache mich nicht an ihn heran!"
„So hört es sich aber an! Gray musterte sie geradezu unverschämt. Er ließ den Blick über ihren schlanken Körper und ihr erschöpftes Gesicht gleiten. Dann sah er ihr in die Augen, die so lebendig und doch voller Traurigkeit und Verzweiflung waren. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie Jacks Typ sind.
„Bin ich auch nicht, versicherte Clare ihm mit einem müden Lächeln. „Aber meine Schwester war sein Typ.
„Alice ist gar nicht Ihr Kind?", fragte Gray langsam.
„Nein, sie ist meine Nichte. Clare blickte ihm in die Augen. „Sie ist auch Ihre Nichte.
„Wer ist ihre Mutter?"
„Meine Schwester Pippa." Clare wandte sich ab und betrachtete die lange, einsame Landstraße, über der die Luft