Die Lassater-Story: Die großen Western 277
Von G.F. Wego
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Über dieses E-Book
Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).
Sie sagen, daß er hart ist. Und sie kennen ihn nicht anders. Er lächelt, wenn man ihm die Schulterklappen herunterreißt, und grinst, wenn sie ihn wieder einmal befördern. Das ist für Steward Lassater nichts Neues mehr. Er ist es so gewohnt, wie den täglichen Kaffee oder die Rasur am Morgen. Es geschah so oft, daß Steward es aufgegeben hat, seine Degradierungen zu zählen. Einmal war er sogar Major. Dann wieder Sergeant und einmal ganz einfacher Soldat. Jetzt ist er gar nichts. Er ist nichts weiter als ein Mann, der nach Hause will. Und weil er das will, wird es nichts geben, was ihn aufhalten kann. Das weiß nicht nur Steward Lassater selbst, das wissen auch noch einige Leute mehr. Und sie wissen auch genau, daß Steward Lassater alles bekommt, was er haben will. Er hat mit seinem starren Kopf den ehrwürdigen General Lee mindestens zwölfmal zum Wahnsinn getrieben. Und Lee griff doch immer wieder auf ihn zurück, wenn es ganz hart in diesem verdammten Bürgerkrieg wurde. Steward hat seinem Vater versprochen, daß er sich niemals am Kinn rasieren wird. Nicht eher, als bis der Krieg vorbei ist. Es sollte ja so schnell gehen. So einen Monat, oder auch zwei. Es wurden vier Jahre und ein wenig mehr daraus.
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Buchvorschau
Die Lassater-Story - G.F. Wego
Die großen Western
– 277 –
Die Lassater-Story
Von Viehdiebstahl bis Mord
G.F. Wego
Sie sagen, daß er hart ist. Und sie kennen ihn nicht anders. Er lächelt, wenn man ihm die Schulterklappen herunterreißt, und grinst, wenn sie ihn wieder einmal befördern. Das ist für Steward Lassater nichts Neues mehr. Er ist es so gewohnt, wie den täglichen Kaffee oder die Rasur am Morgen.
Es geschah so oft, daß Steward es aufgegeben hat, seine Degradierungen zu zählen. Einmal war er sogar Major. Dann wieder Sergeant und einmal ganz einfacher Soldat.
Jetzt ist er gar nichts. Er ist nichts weiter als ein Mann, der nach Hause will. Und weil er das will, wird es nichts geben, was ihn aufhalten kann. Das weiß nicht nur Steward Lassater selbst, das wissen auch noch einige Leute mehr. Und sie wissen auch genau, daß Steward Lassater alles bekommt, was er haben will. Er hat mit seinem starren Kopf den ehrwürdigen General Lee mindestens zwölfmal zum Wahnsinn getrieben. Und Lee griff doch immer wieder auf ihn zurück, wenn es ganz hart in diesem verdammten Bürgerkrieg wurde.
Steward hat seinem Vater versprochen, daß er sich niemals am Kinn rasieren wird. Nicht eher, als bis der Krieg vorbei ist.
Es sollte ja so schnell gehen. So einen Monat, oder auch zwei. Es wurden vier Jahre und ein wenig mehr daraus. Stewards Bart wurde nicht rasiert. Er beschnitt ihn nur. Und er kam nicht nach Hause. Vier ganze Jahre nicht. Das war sehr bitter, aber ein Lassater hält das durch.
Am 9. April 1865 kapituliert General Lee mit sechzigtausend Mann. Bei diesem großen Haufen ist auch ein Mann, der sich seinen Bart nicht abrasieren wollte. Er könnte es jetzt tun. Doch er ist viel zu schlau, dieser Steward Lassater.
Hier, in diesem Nest Opelousas in Louisiana, wird Steward zum letztenmal degradiert. Diesmal nicht wegen Ungehorsam, wie sonst immer. Er wird wieder das, was er einmal war, als der Dreckskrieg begann.
Ein Mann, der seiner Wege gehen kann. Der es könnte, wenn man nicht auf der Nordstaatenseite so verdammt neugierig wäre. Er kennt alle Schliche, dieser Lassater. Und er muß sein Pferd abgeben und seine Waffen. Im ersten Augenblick will Steward explodieren. Es würde sehr schlimm für diese Gruppe Offiziere in der blauen Uniform werden, wenn er hochgeht.
»Was ihr nicht alles wollt, Freunde!« sagt Stewart grimmig und starrt den Colonel kalt an. »Ärgert mich nur noch ein wenig weiter. Dann drehe ich euch allen den Hals nach hinten! Das ist ein Versprechen, ihr kleinen Geister. Oder habt ihr schon mal gehört, daß Lassater etwas verspricht und es nicht hält? Sagt nur, das habt ihr schon? Wißt ihr, was ihr könnt?«
Er steht breitbeinig und mit kaltem Gesicht vor dem Haufen Blaujacken und lächelt nicht mehr. Dann sieht er zum Eingang und starrt in die Mündungen von drei Gewehren.
Der kleine Streit hat also die Posten gerufen. Steward sieht sich um und knurrt einmal.
»Ihr könnt eure Vogelflinten wegnehmen, Brüder!« sagt er grinsend, weil ihm etwas eingefallen ist. Und dieser Gedanke ist absolut eines Lassaters würdig. Der alte Big Ben würde sich totlachen, wenn er es wüßte. »Ich bin jetzt friedlich. Yeah, es hat doch keinen Zweck mehr. Hier habt ihr meine Revolver und meine Papiere. Ich brauche sie nicht mehr. Bloß den Säbel. Leute, den Säbel bekommt ihr so wieder!«
Er zieht ihn aus der Scheide und biegt ihn. Es ist ein schwerer Kavalleriesäbel, den er zusammenbiegt wie eine Gerte. Und dann bricht der Degen entzwei. Er zerbricht in zwei Teile. Und diese Teile wirft Steward Lassater vor den Blaujacken zu Boden.
Sie starren ihn an und können es kaum glauben. Er hat es mit einer scheinbaren Leichtigkeit getan. Und doch wird es wohl keiner von ihnen schaffen können.
»Das war es, Freunde«, sagt Steward langsam. »Was habt ihr jetzt mit mir vor?«
»Nur eine bescheidene Frage, Lassater«, sagt Colonel Grant und atmet schnaufend auf. »Sie haben mit James Jefferson den Kriegsschatz der Südstaaten weggeschafft, darf man wissen, wohin?«
»Ihr bekommt ihn nicht!« erwidert Steward leise und doch fest. »Ihr werdet ihn niemals bekommen. Der Kriegsschatz schwimmt auf dem Ozean. Das ist alles, was ich sagen kann. Sucht die französische Brigg ›Regalle‹. Ihr werdet sie nicht mehr finden. Das ist meine Antwort. Und es ist die Wahrheit, denn der Kapitän ist ein weitläufiger Verwandter von mir. Sucht nur immer, denn ich weiß, daß ihr mir nicht glaubt. Nach diesem James Jefferson könnt ihr noch länger suchen. Sonst noch Fragen, Colonel?«
Sie sehen sich an, und er weiß genug. Hier glaubt ihm niemand ein Wort. Und so soll es auch bleiben. Es wird bis auf den heutigen Tag ungeklärt bleiben, wo die Kriegskasse der Südstaaten geblieben ist. Allerdings sollen nach dieser Zeit viele Geschichtsschreiber auf die Geschichte Steward Lassaters zurückgreifen. Und das ist wahr.
»Das ist unmöglich, Major!« faucht der Colonel Steward an.
Aber Steward zuckt nur die Schultern. Er hat ihnen die Wahrheit gesagt, denn ein Lassater lügt niemals.
»Wir werden Sie bis zum jüngsten Tag festhalten, Lassater!« verspricht der Colonel grimmig. »Darauf können Sie sich verlassen!«
»Ich will dazu gar nichts erwidern«, sagt Steward grinsend. »Macht mit mir, was ihr wollt. Aber ärgert mich nicht wieder. Ihr sollt eure Freude an mir haben. Außerdem bin ich nicht mehr Major. Das ist vorbei. So long, Gentlemen.«
Er geht auf den Eingang zu, und sechs Soldaten nehmen ihn in die Mitte. Er geht vor ihren gespannten Gewehren her und grinst verächtlich über den Aufwand.
Ihr sollt eure Freude an mir haben, ihr Dreckskerle, denkt er, als er allein in dem vergitterten Raum ist und die Schritte der Posten hört. Und das noch heute! Einen Lassater einzusperren wie einen Hund! Daran erinnert ihr euch noch in hundert Jahren, verdammt.
Er legt sich auf die Pritsche und lauscht eine Weile dem Gang der Posten nach. Immer vor dem Fenster hin und her. Von links nach rechts. Sechs Schritte hin, sechs Schritte zurück. Es ist eine prächtige Tür, die zudem noch stabil ist. Hier gibt es keinen Weg hinaus.
Er liegt auf seiner Pritsche und hat die Arme unter dem Nacken verschränkt. Und Steward scheint zu schlafen. Jedenfalls glaubt das der Posten, wenn er zum Fenster hineinsieht. Es wird langsam dunkel, und Steward nimmt sein Taschentuch aus der Hose. Er legt es oben auf die Decken, und der Fleck des weißen Tuches sieht wie ein Gesicht aus in der Dunkelheit seiner Zelle.
Dieser Bau ist aus Adobelehm. Und die zwei Rundeisenstäbe vor dem Fenster sind in diesen harten Lehm eingelassen. Wenn Steward seine Bettseite losnimmt, würde er die Stäbe herausbrechen können. Daran glaubt er. Er kauert unter dem Fenster. Er wartet, bis der Posten wieder sechs Schritte gemacht hat. Der Mann dreht ihm jetzt den Rücken zu. Blitzschnell rüttelt er an den Stäben.
So fest sind die Dinger gar nicht, denkt er. Ich werde also eine Kastenseite abheben. Und dann werde ich sie neben dem Fenster an die Mauer stellen. Wo bekomme ich bloß ein paar Stricke für diesen prächtigen Posten her?
Er hört die Schritte unter dem Fenster haltmachen und bückt sich noch weiter hinunter.
»Der Kerl hat vielleicht Nerven«, sagt der Mann vor den Gitterstäben leise. »Er pennt, und ich muß hier Posten schieben. Der Teufel soll ihn holen!«
Der Mann ist gerade erst als Ablösung gekommen. Jetzt geht er weiter und marschiert auf und ab.
Steward hastet zu der Pritsche zurück und nimmt die zweite Decke vom Strohsack. Er reißt sie leise und sehr vorsichtig in Stücke und Streifen. Dann holt er sich das Bett und den Kloakeneimer unter das Fenster. Er stellt die Kastenseite neben sich und den Eimer hinter seinen rechten Fuß. Dann hält er sich die Hand vor den Mund, als sich die Schritte des Postens nähern und gurgelt gräßlich. Es hört sich an, als wenn hier jemand am Ersticken ist.
Die Tritte des Mannes hören schlagartig auf. Er bleibt vor dem Fenster stehen, und Steward gibt dem Eimer einen Stoß. Polternd und scheppernd fliegt der Eimer über den Boden.
Steward Lassater hat aus dem Fenster gesehen. Dieses Armeelager schläft jetzt. Unter dem Wachzelt sieht er keine Bewegung mehr. Außerdem ist hier das Dach seines Stalles so weit überstehend, daß in seinem tiefen Schatten kaum etwas zu erkennen ist.
Der Eimer fliegt scheppernd gegen die andere Wand. Er bleibt dort liegen. Und jetzt sieht der Posten argwöhnisch in das Gitterfenster hinein.
Steward schießt seine Fäuste an beiden Seiten durch das Loch in der Adobemauer. Er schließt die Hände und zieht mit aller Gewalt nach vorn. Unter seinen Fingern wird der Posten schlaff. Aber Steward läßt den Mann nicht los.
Er stößt ihn von den beiden Stäben ab und zieht ihn dann wieder heran.
Er macht das dreimal mit aller Gewalt. Und dann weiß er, daß der Yankee vor zwei Stunden bestimmt nicht munter wird.
Jetzt läßt er ihn langsam los. Und das ist wieder ein Trick Lassaters. Vielleicht hätte man daran denken sollen, daß er schlau ist. Zu schlau, um hier bis zur Ewigkeit hocken zu bleiben.
Steward hat sich einen Streifen der Decke in den Jackenausschnitt gesteckt. Jetzt läßt er den Posten mit einer Hand los und angelt weit nach unten. Er bekommt wirklich den Oberarm des Mannes zu fassen und bindet den Streifen unter leisem Schnaufen an den Arm. Dann geht er langsam nach hinten und hält das schmale Deckenstück eisern fest, an dem der Mann hängt. Er knotet den Streifen an einen Haken neben der Tür fest.
Das ging mächtig gut, denkt er befriedigt. Ich habe keine drei Minuten gebraucht für diese Arbeit. Kommt her, ihr freundlichen Stäbe. Ihr stört mich ganz gewaltig.
Mit einem Schwung nimmt er das Brett hoch und steckt es zwischen die beiden Rundeisenstäbe. Und dann biegt er einmal nach rechts und einmal nach links. Das Brett knackt, und die Stäbe knirschen im Adobelehm. Sie wackeln schon heftig.
»Dasselbe noch einmal!« sagt Steward grinsend. »Dann dürfte es wirklich genug sein. Aha, der Lehm bröckelt schon ab. Ein Glück, daß er nicht nach außen fällt.«
Er grinst, als er die beiden Stäbe anpackt und nach einigem Rütteln herauszieht. Und nun sieht er sich lächelnd die Hand des Postens an, die auf dem Fensterbrett liegt.
Er