Verfluchte Seelen: Moonlight Romance 6 – Romantic Thriller
Von Helen Perkins
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Über dieses E-Book
Moonlight Romance bietet wohlige Schaudergefühle mit Gänsehauteffekt, geeignet, begeisternd für alle, deren Herz für Spannung, Spuk und Liebe schlägt. Immer wieder stellt sich die bange Frage: Gibt es für diese Phänomene eine natürliche Erklärung? Oder haben wir es wirklich mit Geistern und Gespenstern zu tun? Die Antworten darauf sind von Roman zu Roman unterschiedlich, manchmal auch mehrdeutig. Eben das macht die Lektüre so fantastisch...
Als er sie in das Zimmer zog, spürte Liz etwas wie einen Widerstand. Es war, als bewege sie sich unter Wasser. Nachdem sie das Zimmer betreten hatte, veränderten sich die kahlen Wände. Die verblasste Tapete verschwand, blanke Wände wurden sichtbar. Wände voller hingekritzelter Worte. »In diesem Zimmer standen fünf Stockbetten. Hier schliefen zehn bis fünfzehn Kinder, die Kleinsten noch fast Säuglinge. Die Älteren hielten sie warm, denn einen Ofen gab es nicht.« Liz trat an eine Wand und versuchte, die Worte zu entziffern. Sie waren voller Fehler, teilweise verschmiert, so als habe jemand versucht, sie abzuwischen. Doch die Botschaft war allen gemeinsam: Hilfe! Es waren verzweifelte Bitten um Brot und Wärme, um Schutz vor Schlägen und noch grausamerer Misshandlung. »Pat ist tot.Es war Frühling in Boston. Ein wetterwendischer Apriltag mit Sonne, Wind und kurzen, leichten Schauern war zu Ende gegangen. Gegen Abend hatte der Wind, der vom Atlantik kam, aufgefrischt und die letzten Regenwolken landeinwärts Richtung Vermont geschoben. Über der Boston-Bai hatte die Sonne sich mit einer verschwenderischen Glut aus Gold und Karmesin verabschiedet.Nun spannte sich ein klarer, tiefschwarzer Nachthimmel über die Stadt, deren neonfarbener Widerschein den vollen Mond fast verblassen ließ. Es war noch zu kalt, um auf einer der zahlreichen Dachterrassen der City einen »Absacker« zu nehmen oder ein spätes Diner zu genießen. Das Nachtleben spielte sich drinnen ab, doch wer zu dieser späten Stunde noch unterwegs war, konnte die volle Scheibe des Mondes ab und an zwischen den Türmen der Büro- und Bankhäuser ausmachen.
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Verfluchte Seelen - Helen Perkins
Moonlight Romance
– 6 –
Verfluchte Seelen
Wurde Evelyn von einem Geist entführt?
Helen Perkins
Als er sie in das Zimmer zog, spürte Liz etwas wie einen Widerstand. Es war, als bewege sie sich unter Wasser. Nachdem sie das Zimmer betreten hatte, veränderten sich die kahlen Wände. Die verblasste Tapete verschwand, blanke Wände wurden sichtbar. Wände voller hingekritzelter Worte. »In diesem Zimmer standen fünf Stockbetten. Hier schliefen zehn bis fünfzehn Kinder, die Kleinsten noch fast Säuglinge. Die Älteren hielten sie warm, denn einen Ofen gab es nicht.« Liz trat an eine Wand und versuchte, die Worte zu entziffern. Sie waren voller Fehler, teilweise verschmiert, so als habe jemand versucht, sie abzuwischen. Doch die Botschaft war allen gemeinsam: Hilfe! Es waren verzweifelte Bitten um Brot und Wärme, um Schutz vor Schlägen und noch grausamerer Misshandlung. »Pat ist tot. Die Mutter Oberin brach ihr das Genick …«
Es war Frühling in Boston. Ein wetterwendischer Apriltag mit Sonne, Wind und kurzen, leichten Schauern war zu Ende gegangen. Gegen Abend hatte der Wind, der vom Atlantik kam, aufgefrischt und die letzten Regenwolken landeinwärts Richtung Vermont geschoben. Über der Boston-Bai hatte die Sonne sich mit einer verschwenderischen Glut aus Gold und Karmesin verabschiedet.
Nun spannte sich ein klarer, tiefschwarzer Nachthimmel über die Stadt, deren neonfarbener Widerschein den vollen Mond fast verblassen ließ. Es war noch zu kalt, um auf einer der zahlreichen Dachterrassen der City einen »Absacker« zu nehmen oder ein spätes Diner zu genießen. Das Nachtleben spielte sich drinnen ab, doch wer zu dieser späten Stunde noch unterwegs war, konnte die volle Scheibe des Mondes ab und an zwischen den Türmen der Büro- und Bankhäuser ausmachen. Der Erdtrabant glich einem bleichen, leblosen Auge, das gleichgültig auf die Erde und die Menschen herab glotzte.
Nicht überall in der Stadt war noch etwas los. In zahlreichen ruhigen Wohngegenden schliefen die Menschen bereits dem nächsten Arbeitstag entgegen. Je teurer und exklusiver die Lage, desto abgeschiedener wohnte man. Die Sackgasse Ocean View oberhalb der City war dafür ein Paradebeispiel. Hier standen nur eine Handvoll Villen, die Meisten noch aus den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die weitläufigen Grundstücke mit altem Baumbestand waren von außen nicht einsehbar und wurden von hohen Mauern und Toren abgeschirmt. Wem sich ein solcher Garten aber öffnete, der konnte eine atemberaubende Sicht auf den Hafen und die Boston-Bai genießen.
Alle Anwesen waren gepflegt und strahlten einen dezenten, aber deutlich wahrnehmbaren Reichtum aus. Hier lebte die Lokalprominenz, man legte Wert darauf, unter sich zu bleiben.
Regelmäßig patrouillierten private Wachdienste, die für die Sicherheit der Anwohner rund um die Uhr zuständig waren.
Ganz am Ende der Sackgasse befand sich ein Anwesen, das zu einem eher zweifelhaften Ruhm gelangt war. Das Belgravia, eine Villa, die im viktorianischen Stil erbaut worden war und das erste Anwesen, das man hier errichtet hatte.
Das Belgravia war bereits 1839 erbaut worden und hatte seitdem viele Bewohner kommen und gehen sehen. Die letzte Besitzerin, eine Miss Hazel Withercomb, war vor einigen Jahren verstorben. Seither stand das Haus leer. Bereits zu ihren Lebzeiten war es aber ein Magnet für Parapsychologen, Geisterjäger und alle Sorten von Menschen gewesen, die an das Übernatürliche glaubten, denn das Haus stand in dem Ruf, die höchste Zahl an Geistererscheinungen in den USA aufzuweisen. Wer diesen Ruf begründet hatte und wodurch er sich rechtfertigte, schien dabei eher nebensächlich zu sein. Ständig tauchten auf einschlägigen Seiten im Internet neue Berichte über Begegnungen mit dem Jenseits auf. Selbsternannte Geisterjäger statteten dem Haus nächtliche Besuche ab, bewaffnet mit Infrarotkameras und Wärmemessgeräten. Miss Withercomb hatte in ihren letzten Lebensjahren so sehr unter den ständigen Belästigungen zu leiden, dass sie einen eigenen Wachdienst engagieren musste, um wenigstens des Nachts ihre Ruhe zu haben. Sie erzählte übrigens einer Journalistin vom Boston Global, dass sie selbst niemals eine unheimliche Begegnung in ihrem Haus gehabt habe. Ihrer Meinung nach war das Belgravia nichts weiter, als eine alte Villa, in der »manche Dielen krachen und es hier und da zieht«. Sie hatte das Anwesen samt 5000 Quadratmetern Grund der Stadt vermacht, die es liebend gerne abgerissen hätte, um das begehrte Grundstück meistbietend zu veräußern. Dagegen sprach allerdings die Tatsache, dass das Haus unter Denkmalschutz stand. Und ein Käufer, der dort wohnen wollte, hatte sich bislang nicht finden lassen.
In dieser Vollmondnacht lag Dunkelheit über Belgravia. Hinter den bleiverglasten Fenstern schien sie noch intensiver zu sein als in dem verwilderten Park. Kein Laut war zu hören. Die Stille wurde nicht einmal vom Nachtwind durchbrochen, der hier offenbar nicht wehte. Oder lag es an dem undurchdringlichen Gürtel von Tannen, Wachholder und Stechpalmen, der das Grundstück wie ein dunkler Wall begrenzte? Hinter dem Haus öffnete er sich und gab den Blick auf die Boston-Bai frei. Das silberne Licht des Mondes spiegelte sich nur flüchtig in den schmutzigen Scheiben und schien gleichsam von dem trüben Wasser des alten Pools verschluckt zu werden. Die Stille war hier so intensiv, dass sie greifbar schien. Nichts regte sich, nirgends erklang ein Laut.
Und doch war da etwas. Nicht im Freien, sondern im Innern des Hauses, genauer gesagt im Keller. Die 300 Quadratmeter Wohnfläche von Belgravia verteilten sich über drei Stockwerke, sowie einen weitläufigen Dachboden. Das Untergeschoss war in den Felsen gehauen, teilweise gab es große Gewölbekeller, die der Erbauer, ein Weinkenner- und sammler, zu füllen gewusst hatte.
Im Laufe der Zeit waren beträchtliche Teile des Kellers in Vergessenheit geraten. In den vergangenen Jahrzehnten hatten die Bewohner nur einen kleinen Radius im vorderen Teil genutzt. Die großen Gewölbe hatte seit sehr langer Zeit niemand mehr betreten. Und die vielen, verwinkelten Räume, die sich anschlossen, erst recht nicht. In früheren Zeiten waren dort Vorratskammern gewesen, hier und da erinnerte noch ein verstaubtes Regal daran. Die Luft aber roch nach Moder und Fäulnis, denn das Tageslicht oder der Wind waren nie bis hierher vorgedrungen. Und gerade in diesen finsteren Winkeln regte sich etwas. Es ähnelte tatsächlich entfernt dem leisen Fächeln des Windes, einem Rascheln oder einem kühlen Luftzug. Aber es war nichts Natürliches, es hatte seinen Ursprung ganz woanders.
Die drückende, dunkle Stille tief unter dem Belgravia wurde von einem Schatten unterbrochen. Er hob sich kaum von der Finsternis ab, seine Bewegungen aber waren sicher und flink. So als kenne der Schatten jede Ecke, jede Kammer und jede Wand des Kellers gut genug, um sich auch in absoluter Dunkelheit zurecht zu finden. Und dies war tatsächlich der Fall. Zu der Bewegung kamen nun Geräusche. Ein leises, kaum wahrnehmbares Schaben, ein Kratzen, als ob lange Nägel oder Krallen über rauen Stein gezogen würde. Und dann ein verhaltenes Lachen, das mehr ein Krächzen war und einem zufälligen Zuhörer das Blut in den Adern hätte stocken lassen. Doch hier war niemand, der Schatten war allein und er beherrschte sein finsteres Reich.
Der Weg der unheimlichen Erscheinung endete in einem Kellerraum, der ganz am Ende des Untergeschosses lag. Dahinter schloss sich der Fels an, der bis in die Boston-Bai abfiel.
Eine rostige Eisentür hing hier schief in den Angeln. Sie schwang leicht hin und her, als der Schatten sie passierte, dabei entstand ein langgezogenes Quietschen, das an Stöhnen erinnerte. Der Raum dahinter war von Kerzenschein erhellt. Der Schatten schwebte auf den schweren Leuchter zu, dessen Platz sich in der Mitte eines unheiligen Altars befand. Hier schien eine Hexe ihr blutiges Handwerk auszuüben.