Geburtstag ohne Eltern?: Sophienlust 230 – Familienroman
Von Marisa Frank
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Über dieses E-Book
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Es wird sicher nicht so schlimm sein.« Tröstend legte Schwester Regine ihre Hand auf die des jungen Mädchens. Die Kinderschwester saß neben Irmela Groote im Fond des Wagens, den Hermann, der Chauffeur, der ebenso dem Gut Schoeneich wie auch dem Kinderheim Sophienlust zur Verfügung stand, zum Stuttgarter Flughafen fuhr.
»Ich glaube es auch nicht.« Irmela versuchte ein Lächeln, das jedoch kläglich misslang.
»Mein Stiefvater sagte am Telefon, dass Mama eine böse Erkältung hatte. Mama wird sicher schon wieder auf sein. Mir macht etwas anderes Sorgen. Mama will mich sehen.«
»Und, ist das so schlimm?« Die Augen der jungen Frau leuchteten warm. Seit Jahren war sie als Kranken- und Kinderschwester im Kinderheim Sophienlust tätig und ging in dieser Aufgabe, da sie ihre eigene Familie durch ein tragisches Unglück verloren hatte, ganz auf. »Deine Mutter mag dich. Sie will dich wieder einmal um sich haben.«
»Sie hat ihren Mann.« Irmelas Lippen wurden schmal. Zuerst hatte sie gegen ihren Stiefvater rebelliert, aber inzwischen hatte sie sich mit ihm abgefunden. Sie ahnte, was ihre Mutter wollte. Sie liebte ihre Mutter, aber sie würde trotzdem bei ihrem Nein bleiben.
Schwester Regine setzte sich auf. Erstaunt sah sie der Fünfzehnjährigen ins Gesicht. »Ich dachte, du verträgst dich mit deinem Stiefvater …«
»Vertragen … Sagen wir, ich finde ihn nicht mehr unsympathisch. Aber ich verstehe noch immer nicht, warum Mama ausgerechnet ihn heiraten musste.«
»Du verstehst überhaupt nicht, dass deine Mutter noch einmal geheiratet hat«, sagte Schwester Regine ihr auf den Kopf zu.
Irmelas Wangen röteten sich. »Mama war doch mit Papa glücklich. Ich kann
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Sophienlust (ab 351)
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Buchvorschau
Geburtstag ohne Eltern? - Marisa Frank
Sophienlust –230–
Geburtstag ohne Eltern?
Karena fühlt sich alleine gelassen
Marisa Frank
»Es wird sicher nicht so schlimm sein.« Tröstend legte Schwester Regine ihre Hand auf die des jungen Mädchens. Die Kinderschwester saß neben Irmela Groote im Fond des Wagens, den Hermann, der Chauffeur, der ebenso dem Gut Schoeneich wie auch dem Kinderheim Sophienlust zur Verfügung stand, zum Stuttgarter Flughafen fuhr.
»Ich glaube es auch nicht.« Irmela versuchte ein Lächeln, das jedoch kläglich misslang.
»Mein Stiefvater sagte am Telefon, dass Mama eine böse Erkältung hatte. Mama wird sicher schon wieder auf sein. Mir macht etwas anderes Sorgen. Mama will mich sehen.«
»Und, ist das so schlimm?« Die Augen der jungen Frau leuchteten warm. Seit Jahren war sie als Kranken- und Kinderschwester im Kinderheim Sophienlust tätig und ging in dieser Aufgabe, da sie ihre eigene Familie durch ein tragisches Unglück verloren hatte, ganz auf. »Deine Mutter mag dich. Sie will dich wieder einmal um sich haben.«
»Sie hat ihren Mann.« Irmelas Lippen wurden schmal. Zuerst hatte sie gegen ihren Stiefvater rebelliert, aber inzwischen hatte sie sich mit ihm abgefunden. Sie ahnte, was ihre Mutter wollte. Sie liebte ihre Mutter, aber sie würde trotzdem bei ihrem Nein bleiben.
Schwester Regine setzte sich auf. Erstaunt sah sie der Fünfzehnjährigen ins Gesicht. »Ich dachte, du verträgst dich mit deinem Stiefvater …«
»Vertragen … Sagen wir, ich finde ihn nicht mehr unsympathisch. Aber ich verstehe noch immer nicht, warum Mama ausgerechnet ihn heiraten musste.«
»Du verstehst überhaupt nicht, dass deine Mutter noch einmal geheiratet hat«, sagte Schwester Regine ihr auf den Kopf zu.
Irmelas Wangen röteten sich. »Mama war doch mit Papa glücklich. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Wir haben viel zusammen unternommen und waren stets fröhlich.«
»Das ist vorbei. Du musst froh sein, dass es deiner Mutter gegönnt war, einen neuen Partner zu finden.«
»Das habt ihr mir schon oft genug gesagt.« Jetzt kam Trotz in Irmelas Stimme auf. »Ich verstehe das ja auch, aber dann sollen sie mich auch in Ruhe lassen.«
Schwester Regine erschrak. Dass Irmela so dachte, hatte sie nicht gewusst. »Du fliegst also nicht gern über die Feiertage nach Mumbai?«
»Schon …« Irmela zögerte, dann platzte sie heraus: »Ich freue mich sogar darauf, Mama wiederzusehen. Nur, sie will, dass ich für immer bei ihr bleibe.«
Nun war es heraus. Das blonde hochgewachsene Mädchen hatte bisher noch mit niemandem darüber gesprochen. Es konnte sich nicht vorstellen, Sophienlust verlassen zu müssen. Irmela fand, ihre Heimat war Deutschland. Sie wollte eine deutsche Schule besuchen und danach in Deutschland Medizin studieren. Sie wusste, ihr Stiefvater war reich. Für ihn war es eine Kleinigkeit, ihr diese Wünsche zu erfüllen.
Schwester Regine verstand. Irmela wurde in ihren Gefühlen hin und her gerissen. Sophienlust war ihr zur zweiten Heimat geworden. »Eigentlich ist es nur verständlich, dass deine Mutter dich bei sich haben will«, sagte sie und strich sich nachdenklich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht.
Irmela lehnte sich zurück und seufzte. »Mama wird mich wieder fragen, und ich weiß nicht, was ich antworten soll, ohne ihr wehzutun.«
»Hast du mit Frau von Schoenecker darüber gesprochen?«
Irmela schüttelte den Kopf. »Ich hatte Angst, dass Tante Isi sagt, ich muss mich für Mama entscheiden. Ein Kind gehört doch zu seiner Mutter, aber ich fühle mich in Sophienlust mehr zu Hause als in Mumbai. Mama versteht das auch nicht. Wenn ich es ihr erklären will, dann meint sie immer, ich habe sie nicht mehr lieb.«
»Frau von Schoenecker hätte dich aber verstanden. Ich finde, es ist gut, dass du über die Osterfeiertage nach Mumbai fliegst. Nütze die Zeit, und sprich mit deiner Mutter, natürlich auch mit deinem Stiefvater. Selbstverständlich musst du zuerst wissen, was du willst.«
»Ich weiß es.« Irmelas Stimme klang nun sicherer. »Ich will Ärztin werden.« Mit leuchtenden Augen erzählte sie von ihren Plänen.
Schwester Regine nickte zustimmend. »Sehr vernünftig«, lobte sie. »Bis zum Abitur bist du in Sophienlust am besten aufgehoben.«
»So denke ich auch. Ich werde es Mama sagen. Mama will das nämlich nicht wahrhaben. In ihren Briefen äußerte sie immer größte Bedenken. Sie sieht in Sophienlust ein Waisenhaus. Aber das ist es nicht.« Jetzt wurde Irmela noch lebhafter. »Sophienlust ist das Heim der glücklichen Kinder, und ich bin eines von ihnen.«
Irmela meinte es ehrlich. Wie alle anderen Kinder fühlte sie sich in Sophienlust wohl. Denise von Schoenecker, von allen liebevoll Tante Isi genannt, die das Kinderheim für ihren sechzehnjährigen Sohn Nick verwaltete, tat auch alles für ihre Schützlinge. Stets setzte sie sich, ohne Rücksicht auf ihr Familienleben, für jedes Kind ein, half, wo es zu helfen galt.
»Du hättest doch mit Frau von Schoenecker sprechen sollen. Vielleicht hätte sie dir dann einen Brief für deine Mutter mitgegeben.«
»Ich werde mit Mama sprechen.« Irmela richtete sich auf. »Soll ich Ihnen etwas verraten, Schwester Regine? Jetzt freue ich mich auf den Flug. Ich freue mich auf Mumbai, auf meine Mutter und sogar auf meinen Stiefvater. Hoffentlich ist Mama nicht mehr so sehr krank.«
Das Auto hielt. Ohne dass Schwester Regine und Irmela es bemerkt hatten, hatte Hermann zielsicher einen freien Parkplatz auf dem Flughafen angesteuert.
»Viel Zeit haben wir nicht mehr«, sagte der Chauffeur und öffnete die Wagentür. »Wir begleiten das junge Fräulein doch?«
»Selbstverständlich. Es ist so schönes Wetter. Wir werden auf der Aussichtsterrasse warten, bis das Flugzeug abgeflogen ist.« Schwester Regine war lange nicht mehr auf dem Flughafen gewesen und freute sich jetzt, dass sie Irmela hatte begleiten können. Schon lange hatte sie nicht mehr den Duft der großen weiten Welt geschnuppert. Sie sah sich um und beneidete Irmela fast um den Flug. Dann wies sie sich aber energisch zurecht. Sie war nicht hier, um zu träumen. Sie musste dafür sorgen, dass Irmela sich am richtigen Flugschalter meldete, das Gepäck an Bord des Flugzeuges geschafft wurde und das Mädchen den Aufruf seiner Maschine nicht verpasste.
Für Irmela, die schon sehr oft geflogen war, war das alles eigentlich nur Routine. Deshalb war sie es, die Schwester Regine zeigte, wo sich der Schalter ihrer Fluggesellschaft befand.
Viel Zeit hatten sie nicht mehr. Kaum hatte Irmela sich eine Illustrierte gekauft, wurde ihr Flug auch schon aufgerufen. Die Fluggäste wurden gebeten, sich zum Ausgang zu begeben.
Schwester Regine erhob sich ebenfalls. Sie legte Irmela den Arm um die Schulter und begleitete sie zu dem Ausgang, vor dem schon einige Reisende mit gezückten Pässen standen.
»Guten Flug und denke über deine Zukunft nach. Du weißt, wir würden uns sehr freuen, wenn du bei uns bleiben würdest. Die Osterferien dauern nur vierzehn Tage, und dann erwarten wir dich zurück.«
Wie fast alle älteren Kinder von Sophienlust besuchte auch Irmela Groote das Gymnasium von Maibach. Mit den roten Kleinbussen, die die Aufschrift »Kinderheim Sophienlust« trugen, wurden die Kinder täglich zur Schule gefahren.
»Ich werde mit Mama sprechen. So schnell werdet ihr mich nicht los.« Irmela lächelte.
»Viel Glück!« Schwester Regine beugte sich vor und küsste Irmela auf die Wange. Sie fand, Irmela war schon fast eine junge Dame, und jetzt schien sie auch zu wissen, was sie wollte.
Lächelnd sah Schwester Regine ihr nach. Kurz hob Irmela noch einmal die Hand, dann ging sie durch die Sperre. Schwester Regine hoffte, dass das junge Mädchen die rechten Worte finden würde, um ihre Mutter zu überzeugen.
»Sie hat sich in dem letzten halben Jahr sehr verändert«, sagte Hermann hinter der Kinderschwester. »Richtig erwachsen ist sie geworden. Ihre Mutter wird staunen.« Der Chauffeur wusste, wovon er sprach. Er stand schon lange im Dienste der Familie von Schoenecker und hatte Irmela schon öfters zum Flughafen gefahren. »Als ich sie zum ersten Mal herfuhr, weinte sie. Sie wollte nicht nach Mumbai. Damals hatte ihre Mutter gerade zum zweiten Male geheiratet.«
Schwester Regine nickte zustimmend. Auch sie konnte sich noch daran erinnern. »Gehen wir auf die Aussichtsterrasse«, schlug sie vor. »Von dort können wir sehen, wann Irmela mit dem Bus zum Flugzeug gefahren wird.«
Hermann war es recht. Zusammen traten die beiden hinaus auf die sonnenüberflutete Terrasse. »Das muss die Maschine sein«, sagte der Chauffeur und deutete über das Geländer hinweg auf einen großen glitzernden Vogel, der die Aufschrift PAN AMERICAN trug.
Wieder erwachte in Schwester Regine die Reiselust. Interessiert sah sie zu, wie zwei Busse über die Rollbahn fuhren. Sie hielten vor dem Flugzeug, und Schwester Regine glaubte unter den Reisenden Irmela zu erkennen.
Die Kinderschwester hatte sich nicht geirrt. Auf der Treppe, die ins Flugzeuginnere führte, hielt das junge Mädchen an. Es drehte sich um und hob die Hand zum letzten Gruß.
Die Frühlingssonne lachte bereits angenehm warm vom Himmel, und Schwester Regine harrte im Freien aus, bis die Maschine auf die äußerste Startbahn zurollte und sich von dort kurz darauf in die Luft erhob.
»So!« Aufatmend wandte sich Schwester Regine zu Hermann um. »Jetzt hätte ich noch Lust auf einen Kaffee. Wollen Sie mithalten?«
»Eigentlich wäre mir ein Bier lieber«, brummte Hermann.
»Abgemacht!« Schwester Regine lachte. Die Atmosphäre, die hier