Vergiss, was geschehen ist: Dr. Norden Bestseller 215 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.
Dr. Daniel Norden war Arzt mit Leib und Seele und immer bereit zu helfen, wo Hilfe nötig war, auch wenn es um Menschen ging, die er gar nicht kannte.
Am schlimmsten traf es ihn deshalb, wenn es keine Hilfe mehr geben konnte und ganz besonders an diesem Tag, als sein knapp neunjähriger Danny mit kreidebleichem Gesicht vor ihm stand und ihn mit schreckensvollen Augen anblickte.
Es war ein Dienstag, mittags halb ein Uhr. Dr. Norden war gerade von der Praxis heimgekommen, und als er aus dem Wagen stieg, sah er Danny schon angelaufen kommen.
Der Junge musste erst Luft holen, bevor er die Frage seines Vaters beantworten konnte, warum er denn so schnell renne.
»Bitte, komm, Papi, komm schnell. Im Wäldchen liegt ein Mädchen. Es rührt sich nicht.«
Daniel Norden stellte vorerst keine Fragen. Er saß schon wieder im Auto. »Steig ein, Danny, zeig mir die Stelle«, sagte er.
»Aber hinschauen möchte ich nicht mehr, Papi«, schluchzte der Junge auf.
»Brauchst du nicht. Wieso warst du im Wäldchen?«
»Wegen dem Baumsterben. Mit der Lehrerin sind wir gegangen, mit Frau Diepold«, stammelte der Junge. »Aber die ist auch ganz fertig. Halb ohnmächtig, Papi, bin so froh, dass ich dich gleich getroffen habe.«
Er war halt ein Arztsohn und trotz seiner jungen Jahre der Geistesgegenwärtigste gewesen. Man hatte sich auch auf ihn verlassen, weil sein Vater eben der Dr. Norden war. Und die arme Frau Diepold, nicht mehr die Jüngste und auch nicht die Gesündeste, wie Dr. Norden wusste, da Frau Diepold seine Patientin war, saß bebend auf einem Baumstumpf, umgeben
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Buchvorschau
Vergiss, was geschehen ist - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller –215–
Vergiss, was geschehen ist
Patricia Vandenberg
Dr. Daniel Norden war Arzt mit Leib und Seele und immer bereit zu helfen, wo Hilfe nötig war, auch wenn es um Menschen ging, die er gar nicht kannte.
Am schlimmsten traf es ihn deshalb, wenn es keine Hilfe mehr geben konnte und ganz besonders an diesem Tag, als sein knapp neunjähriger Danny mit kreidebleichem Gesicht vor ihm stand und ihn mit schreckensvollen Augen anblickte.
Es war ein Dienstag, mittags halb ein Uhr. Dr. Norden war gerade von der Praxis heimgekommen, und als er aus dem Wagen stieg, sah er Danny schon angelaufen kommen.
Der Junge musste erst Luft holen, bevor er die Frage seines Vaters beantworten konnte, warum er denn so schnell renne.
»Bitte, komm, Papi, komm schnell. Im Wäldchen liegt ein Mädchen. Es rührt sich nicht.«
Daniel Norden stellte vorerst keine Fragen. Er saß schon wieder im Auto. »Steig ein, Danny, zeig mir die Stelle«, sagte er.
»Aber hinschauen möchte ich nicht mehr, Papi«, schluchzte der Junge auf.
»Brauchst du nicht. Wieso warst du im Wäldchen?«
»Wegen dem Baumsterben. Mit der Lehrerin sind wir gegangen, mit Frau Diepold«, stammelte der Junge. »Aber die ist auch ganz fertig. Halb ohnmächtig, Papi, bin so froh, dass ich dich gleich getroffen habe.«
Er war halt ein Arztsohn und trotz seiner jungen Jahre der Geistesgegenwärtigste gewesen. Man hatte sich auch auf ihn verlassen, weil sein Vater eben der Dr. Norden war. Und die arme Frau Diepold, nicht mehr die Jüngste und auch nicht die Gesündeste, wie Dr. Norden wusste, da Frau Diepold seine Patientin war, saß bebend auf einem Baumstumpf, umgeben von den ängstlichen Kindern.
»Ich dachte, dass wir hier warten müssen«, flüsterte sie. »Gut, dass Sie gekommen sind, Herr Doktor. Da drüben liegt sie. Damit konnte ich doch nicht rechnen.«
»Der Jocki ist drübergestolpert«, sagte ein Junge, »aber Danny hat gleich gesagt, dass er seinen Papi holt.«
Dr. Norden meinte für sich, dass man da vor allem die Polizei holen müsste, aber daran hatte in der Aufregung wohl niemand gedacht.
»Vielleicht ist sie bloß eingeschlafen, Papi«, flüsterte Danny. »Sie ist ja zugedeckt mit einer Decke.«
Die leblose Gestalt lag ein paar Meter entfernt im Gebüsch. Für Dr. Norden genügte ein Blick, um festzustellen, dass er da nicht mehr helfen konnte.
»Gehen Sie mit den Kindern von hier weg, Frau Diepold«, sagte er rau. »Rufen Sie die Funkstreife, und du, Danny, sagst Mami Bescheid. Ich bleibe hier, falls noch jemand vorbeikommt.«
Er wollte, dass die Kinder entfernt wurden. Jetzt waren sie verängstigt, aber er wusste, dass sie neugierig werden würden, wenn die Polizei kam. Aber er wusste auch, dass hier nichts verändert werden durfte, denn die junge Frau war erschossen worden. Sie war attraktiv und konnte noch nicht lange tot sein. Auch das konnte der erfahrene Arzt ohne eingehende Untersuchung feststellen.
Vielerlei Gedanken gingen Dr. Norden durch den Sinn, während er auf die Polizei wartete. Aber dann kamen sie, und nach einem kurzen Funkspruch erschien auch die Mordkommission.
Frau Diepold hatte sich so weit wieder gefangen gehabt, dass sie an den Ort dieser grausamen Tat zurückkehren konnte, nachdem sie die Kinder heimgeschickt hatte.
Dr. Norden konnte sich vorstellen, wie schnell sich die Tragödie herumsprechen würde. Er wurde nicht mehr gebraucht. Die weitere Arbeit gehört zum gerichtsmedizinischen Institut. Auch Frau Diepold konnte nicht viel sagen, und die Kinder brauchte man erst recht nicht zu befragen. Begegnet waren sie niemandem in diesem Teil des Waldes und vorher nur ein paar harmlosen älteren Leuten.
*
Fee Norden war sehr bestürzt gewesen, als Danny von diesem Erlebnis berichtete, aber viel sagte sie nicht. Er war sensibel und neigte auch nicht dazu, etwas aufzubauschen oder gar auszuschmücken.
Fee wartete nun auf die Rückkehr ihres Mannes. Daniel war die Betroffenheit dann auch anzusehen, aber beim Mittagessen wurde nicht über dieses Drama gesprochen. Auch Danny wollte sich anscheinend nicht damit befassen. Felix und Anneka wurden noch in dem Glauben gelassen, dass die Kinder eine Schlafende im Wald gefunden hatten.
»War es Mord?«, fragte Fee beklommen, als sie mit ihrem Mann dann allein war.
»Nichts anderes denkbar. Sie wurde in den Rücken geschossen. Eine Waffe wurde nicht gefunden. Kein Sexualverbrechen. Keine Papiere. Etwa Mitte zwanzig, sehr hübsch, sehr gut gekleidet. Das ist alles, was ich dir erzählen kann.«
»Danny hat gesagt, sie war zugedeckt. Ist sie vielleicht erst dorthin gebracht worden?«, fragte Fee nachdenklich.
»Auch nicht denkbar«, erwiderte er. »Es ist ein ganz schmaler Tretpfad. Wir sind da auch schon oft gegangen. Ein Auto käme nicht mal nahe an das Dickicht heran. Frau Diepold wollte den Kindern auch den noch gesunden Teil des Waldes zeigen. Sie bereut es jetzt.«
»Aber sonst wäre diese arme Person wohl lange nicht gefunden worden«, sagte Fee leise. »Könnte es nicht sein, dass der Täter wusste, wie wenig begangen dieses Waldstück ist?«
»Vermuten kann man viel, Fee, aber mach dir den Kopf nicht heiß. Sie ist kein Dutzendtyp. Man wird ihre Identität feststellen.«
Aber so einfach schien das doch nicht zu sein, obgleich schon am nächsten Tag ein Foto von der Toten veröffentlicht und ihre Kleidung genau beschrieben wurde. Man konnte auch lesen, dass die junge Frau höchstens drei bis vier Stunden tot gewesen war und keine Spuren eines Kampfes festgestellt werden konnten. Nun suchte man Zeugen, die die Unbekannte gesehen hatten oder gar kannten, auch Zeugen, die möglicherweise Beobachtungen gemacht hatten, die mit dieser Tat in Verbindung stehen könnten.
*
Ein junges Paar traf sich an diesem Nachmittag im Café-Restaurant eines Kaufhauses in der Stadt. Das hübsche blonde Mädchen saß schon etwa zehn Minuten am Tisch und hatte einen Kaffee bestellt, als der schwarzhaarige junge Mann nahte, sich umblickte, und dann an dem Tisch stehen blieb.
»Gestatten Sie, dass ich mich zu Ihnen setze«, fragte er höflich, nicht laut, aber deutlich.
Das Mädchen blickte kurz auf und nickte. »Ich muss gleich gehen.« Dann schob sie unauffällig einen Zettel über den Tisch.
Wir treffen uns um sechs Uhr bei Dr. Ulbricht, stand darauf. Und schon erhob sie sich. Schnell ging sie an der Bedienung vorbei, die gekommen war, um nach den Wünschen des neuen Gastes zu fragen, der aber so verwirrt war, dass er nach der Speisekarte griff und auf englisch sagte, dass er noch nicht gewählt hätte.
Das blonde Mädchen hatte das Kaufhaus schnell verlassen, eilte durch die Fußgängerzone und suchte zielstrebig einen Coiffeur auf.
Dort wurde sie beinahe stürmisch von einem zierlichen Persönchen empfangen.
»Janine, wie schön, dich mal wiederzusehen. Ich bin ganz happy, dass du zu uns kommst. Paolo wollte dich immer schon kennenlernen, und ich muss gestehen, dass ich schon dachte, du würdest mit einer Freundin, die Friseuse geworden ist, nichts mehr zu tun haben wollen.«
»So was darfst du nicht denken, Michi. Ich habe nicht so viel Geld, mir einen teuren Haarschnitt zu leisten. Da musste ich erst sparen.«
Ein nachdenklicher Blick aus nachtdunklen Augen traf sie. »Du bekommst ihn umsonst von deiner Freundin Michi, Janine«, sagte Michaela Costella. »Aber jetzt nehmen wir mit Paolo erst einen Drink.«
»Ich habe um sechs Uhr eine wichtige Verabredung, Michi«, sagte Janine Polacek leise, »aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du sagen würdest, dass ich bis sieben Uhr bei dir gewesen bin.«
»Was hast du zu fürchten, Janine?«, fragte Michi tonlos.
»Ich weiß es nicht. Ich brauche einen guten Schnitt und deine andere Tönung.«
»Aber dein wundervolles Blond«, sagte Michi erschrocken. Da nahte Paolo Costella, blendend aussehend, charmant, ein vollendeter Kavalier, der Janine mit einem Handkuss begrüßte.
»Welch große Freude, endlich Michis beste Freundin kennenzulernen«, sagte er. »Und welch herrliches Blond!«
»Janine möchte eine andere Tönung«, sagte Michi beklommen.
»Das wäre ein Frevel«, sagte Paolo. »Solch ein Blond schafft nur die Natur.«
»Ich werde mit Michi sprechen«, sagte Janine.
*
Dass Michaela Volkmann mit mittlerer Reife das Gymnasium verlassen hatte, um Friseuse zu werden, hatte schon genug Aufsehen erregt. Dass sie dann aber auch noch einen italienischen Figaro geheiratet hatte, kaum dass sie mündig geworden war, hatten Janines Eltern als eine Katastrophe bezeichnet für Michaelas bedauernswerte Eltern, die ja eine Rolle in der Hautevolee spielten.
Dass sie zu