Ein Baby - zwei Mütter: Mami 1855 – Familienroman
Von Lisa Simon
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Über dieses E-Book
In freudiger Erwartung begann Marion Kleinert den Kaffeetisch zu decken. Ihre langjährige Freundin Cornelia Heitmann, kurz Conny genannt, hatte ihren Besuch angekündigt.
Marion kam es vor, als habe sie Conny schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen – dabei waren es kaum zwei Monate her.
Sorgfältig faltete Marion die Servietten, deren Farbe genau zu dem teuren Kaffeeservice paßten. Als es an der Tür läutete, hatte die Gastgeberin gerade die letzten Handgriffe getan.
Freudestrahlend fielen sich die Freundinnen in die Arme. Conny war von einem langen, geschäftlichen Aufenthalt in Spanien zurückgekehrt und sah aus, als hätte sie nur in der Sonne gelegen.
»So braun wie du möchte ich auch mal werden«, stellte Marion neidlos fest und sah an ihren eigenen hellen Armen hinunter.
Conny lachte. »Ich habe viel unter freiem Himmel gearbeitet, daher meine Urlaubsbräune.«
»Und hast du alle Ferienwohnungen verkauft?« Marion nahm der Freundin die Jacke ab und hängte sie an die Flurgarderobe.
»Ja, bis auf das letzte Appartement!«
Conny arbeitete erfolgreich als Immobilienmaklerin und war nicht wie Marion ein Familienmensch. Trotzdem – oder gerade aus diesem Grund – waren die beiden Frauen schon seit vielen Jahren eng befreundet.
»Wo ist Arne?« fragte Conny, nachdem sie sich gesetzt hatte und Marion Kaffee einschenkte. »Muß er arbeiten?«
»Ja. In seinem Betrieb herrscht zur Zeit Hochkonjunktur. Aber du kennst ja meinen Mann: Ohne seine Arbeit wäre er nicht glücklich.«
»Nun, er hat ja auch einen guten Posten als technischer Leiter«, gab Conny zurück. »Und wie geht es dir auf deiner Station?«
»Alles bestens. Ich bin froh, daß ich heute frei habe, sonst hätten wir unseren
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Ein Baby - zwei Mütter - Lisa Simon
Mami –1855–
Ein Baby - zwei Mütter
Roman von Simon Lisa
In freudiger Erwartung begann Marion Kleinert den Kaffeetisch zu decken. Ihre langjährige Freundin Cornelia Heitmann, kurz Conny genannt, hatte ihren Besuch angekündigt.
Marion kam es vor, als habe sie Conny schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen – dabei waren es kaum zwei Monate her.
Sorgfältig faltete Marion die Servietten, deren Farbe genau zu dem teuren Kaffeeservice paßten. Als es an der Tür läutete, hatte die Gastgeberin gerade die letzten Handgriffe getan.
Freudestrahlend fielen sich die Freundinnen in die Arme. Conny war von einem langen, geschäftlichen Aufenthalt in Spanien zurückgekehrt und sah aus, als hätte sie nur in der Sonne gelegen.
»So braun wie du möchte ich auch mal werden«, stellte Marion neidlos fest und sah an ihren eigenen hellen Armen hinunter.
Conny lachte. »Ich habe viel unter freiem Himmel gearbeitet, daher meine Urlaubsbräune.«
»Und hast du alle Ferienwohnungen verkauft?« Marion nahm der Freundin die Jacke ab und hängte sie an die Flurgarderobe.
»Ja, bis auf das letzte Appartement!«
Conny arbeitete erfolgreich als Immobilienmaklerin und war nicht wie Marion ein Familienmensch. Trotzdem – oder gerade aus diesem Grund – waren die beiden Frauen schon seit vielen Jahren eng befreundet.
»Wo ist Arne?« fragte Conny, nachdem sie sich gesetzt hatte und Marion Kaffee einschenkte. »Muß er arbeiten?«
»Ja. In seinem Betrieb herrscht zur Zeit Hochkonjunktur. Aber du kennst ja meinen Mann: Ohne seine Arbeit wäre er nicht glücklich.«
»Nun, er hat ja auch einen guten Posten als technischer Leiter«, gab Conny zurück. »Und wie geht es dir auf deiner Station?«
»Alles bestens. Ich bin froh, daß ich heute frei habe, sonst hätten wir unseren Kaffeeklatsch verschieben müssen.«
Die Freundin nahm einen Bissen von dem köstlichen Apfelkuchen – eines von Marions Spezialitäten.
»Hm, du bist und bleibst eine Super-Köchin«, schwärmte sie. »Leider habe ich zum Kochen und Backen überhaupt kein Talent.«
»Dafür hast du andere Qualitäten«, erwiderte Marion schmunzelnd.
Nach dem Kaffeetrinken setzten sich die beiden Frauen auf die gemütliche Couch. Nach einer Weile fragte Conny zögernd: »Mit eurem Kinderwunsch hat sich noch nichts Neues ergeben?«
Traurig schüttelte Marion den Kopf. »Nein, und das wird wohl auch so bleiben. Auch wenn die Ärzte meinen, daß Arne und ich kerngesund sind – es will einfach nicht klappen. Dazu kommt, daß ich mit meinen fünfunddreißig Jahren nicht mehr die Jüngste bin und die Chance, schwanger zu werden, von Monat zu Monat abnimmt. Arne hat sich bereits daran gewöhnt, daß wir nie Kinder haben werden, aber für mich ist es sehr schwer. Jeden Tag sehe ich die kleinen Würmchen auf der Säuglingsstation…«
Erschüttert legte Conny den Arm um Marion. So niedergeschlagen hatte sie die Freundin schon lange nicht mehr erlebt.
»Ach, Marion. Laß den Kopf nicht hängen, du darfst die Hoffnung nicht aufgeben.«
»Das sagt sich so leicht.«
»Habt ihr denn schon einmal an Adoption gedacht?« fragte Conny vorsichtig. »Es gibt doch so viele Kinder in den Waisenhäusern.«
Marion nickte. »Ich habe schon oft darüber nachgedacht, und auch mit Arne darüber gesprochen. Doch wir können uns nicht dazu entscheiden.«
»So etwas muß man auch gut überdenken.«
»Arne befürchtet, daß wir einem fremden Kind nicht soviel Liebe schenken könnten wie einem eigenen – und das hat kein Waisenkind verdient.«
Conny seufzte. Sie hätte ihrer Freundin so gern geholfen, doch sie wußte nicht wie.
»Arne meinte erst letztens, wir sollten das Kinderzimmer als Gästezimmer umfunktionieren, aber dagegen sträube ich mich noch etwas.«
Die Kleinerts hatten bereits vor sieben Jahren, als sie jung verheiratet die moderne Wohnung bezogen, eifrig ein Kinderzimmer mit lustiger Tapete, Kindermöbeln und Plüschtieren eingerichtet – damals hatten sie noch nicht geahnt, daß ihr Wunsch nach einem Kind nicht in Erfüllung gehen würde.
»Komm, laß uns von etwas anderem reden«, schlug Marion vor und setzte ein Lächeln auf. »Erzähl mir von deiner Arbeit in Spanien.«
*
»Hallo, Marion!« grüßte Sabine ihre Arbeitskollegin. »Hast du deinen freien Tag genossen?«
»Und wie?« Marion streifte sich den weißen Kittel über. »Ist hier etwas Besonderes passiert während meiner Abwesenheit?«
»Nein, vier normale Geburten und ein Frühchen«, erklärte Sabine. »Das Kleine hat sich aber schon so gut erholt, daß es in den nächsten Tagen den Brutkasten verlassen kann.«
Seit fast zehn Jahren arbeitete Marion als Säuglingsschwester in dem großen Krankenhaus. Trotz des eigenen versagten Kinderwunsches freute sie sich über jedes gesunde Kind, das sie stolzen Vätern und Großeltern hinter der Glasscheibe zeigen konnte.
Seit einiger Zeit war es tagsüber ruhig auf der Säuglingsstation, da man sich dem allgemeinen Trend angepaßt hatte und die Babies bei den Müttern ließ.
Trotzdem gab es für Marion und ihre Kolleginnen eine Menge zu tun; außerdem mußten die Kinder, die zu früh geboren worden waren und im Brutkasten lagen, rund um die Uhr betreut werden.
Mit Eifer trat Marion ihren Dienst an und überprüfte die Patientenkarten. »Ach, der kleine Daniel ist schon entlassen worden?«
»Ja, heute vormittag. Die Mutter wollte so schnell wie möglich wieder nach Hause, da sie ja noch ihre anderen beiden Kinder versorgen muß.«
Traurig dachte Marion daran, daß das Leben ungerecht war – manche Frauen bekamen so viele Kinder, wie sie wollten und sie selbst durfte nicht mal ein einziges Baby haben.
»Ist denn gerade eine Geburt im Gange?« fragte sie schnell, bevor Sabine ihren Gesichtsausdruck bemerken konnte.
»Nicht, daß ich wüßte. Es wird wohl eine ruhige Nacht werden.«
Marion übernahm stets gern den Nachtdienst. Wenn sie dann morgens nach Hause kam, frühstückte sie mit Arne, bevor er zur Arbeit mußte. Erst dann legte sie sich hin.
»Ich werde mal nach dem Kleinen sehen«, sagte sie und ging zu dem gläsernen Kasten, in dem ein winziges Menschlein, angeschlossen an häßliche Schläuche, lag.
Marion lächelte sanft, nachdem sie alle Apparate überprüft hatte. Als der kleine Felix vor über einer Woche geboren wurde, sah es nicht gut für ihn aus. Doch inzwischen hatte seine Haut eine rosige Farbe angenommen, und bald würde er nach Hause zu seiner Familie dürfen.
»Laß uns eine Partie Schach spielen«, schlug Sabine vor, nachdem Marion von ihrem Kontrollgang zurückgekommen war. »Im Moment schlafen alle Babies, die Chance müssen wir nutzen.«
Marion lachte. »Sag das nicht zu laut, sonst fängt eines bestimmt gleich an zu schreien.«
Eifrig baute Sabine die Schachfiguren auf das Brett. An die Station gegliedert lag das kleine Schwesternzimmer mit der verglasten Außenfront, durch die man das ganze Säuglingszimmer überblicken konnte.
Marion warf noch einen prüfenden Blick auf die nebeneinandergereihten Bettchen, dann setzte sie sich. »Wer macht den ersten Zug?«
»Du«, kam es kurz zurück.
In dem Moment, als Marion ihre Hand nach einer der Schachfiguren ausstreckte, schrillte das Telefon. Mit zwei Schritten war Sabine am Apparat.
»Was? Das ist ja ungeheuerlich«, hörte Marion Sabines entsetzte Stimme. »Lassen Sie es sofort