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Isabelle und der König: BsB Historischer Liebesroman
Isabelle und der König: BsB Historischer Liebesroman
Isabelle und der König: BsB Historischer Liebesroman
eBook288 Seiten3 Stunden

Isabelle und der König: BsB Historischer Liebesroman

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Über dieses E-Book

Band 4 der fünf Isabelle Romane: Isabelle und der König.
Isabelle ist gegen ihren Willen zum Spielball der politischen Mächte geworden. Im Hafen von St. Tropez wartet sie vergeblich auf ihre Kinder. Die königliche Familie überlässt nichts dem Zufall und hat dafür gesorgt, dass sich auch ihre Kinder nicht auf die verwandtschaftlichen Bande mit dem Königshaus berufen können. Aber Isabelle glaubt nicht an den Tod ihrer Kinder. Verzweifelt kämpft sie um ihre Rückkehr – und ihre große und einzige Liebe.
Marie Cordonniers Romane heben sich nicht nur durch das weniger übliche Set sondern dadurch von der Masse ab, dass die Autorin es wie kaum eine andere versteht, Stimmung zu erzeugen und dem Leser zu vermitteln. Deswegen wirken ihre Romane immer glaubwürdig. Außerdem sind sie so spannend wie unterhaltsam - aber immer ernsthaft.
SpracheDeutsch
HerausgeberBest Select Book
Erscheinungsdatum30. Dez. 2013
ISBN9783864662102
Isabelle und der König: BsB Historischer Liebesroman
Autor

Marie Cordonnier

Schreiben und Reisen sind Marie Cordonniers Leidenschaft. Immer wenn sie unterwegs ist, bekommt ihre Phantasie Flügel. In den Ruinen einer mittelalterlichen Burg hört sie das Knistern der Gewänder, riecht Pechfackeln und hört längst verstummte Lautenklänge. Was haben die Menschen dort gefühlt, was erlitten? Zu Hause am Schreibtisch lässt sie ihrer Phantasie freien Lauf. Der Name Marie Cordonnier steht für romantische Liebesromane mit historischem Flair. Marie Cordonniers bürgerlicher Name ist Gaby Schuster. Sie schreibt auch unter den Pseudonymen Valerie Lord und Marie Cristen. Mehr über sie gibt es auf www.marie-cordonnier.de zu lesen.

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    Buchvorschau

    Isabelle und der König - Marie Cordonnier

    Marie Cordonnier

    Isabelle

    und der

    König

    Roman

    ____________BsB____________

    BestSelect BookDigital Publishers

    ___ Letzte von der Autorin durchgesehene Fassung ___

    ISBN 978-3-86466-210-2

    © 2013 Alle Rechte bei Bestselectbook.com

    Die Isabelle-Pentalogie

    Buch 1_Isabelle

    Buch 2_Geliebte Isabelle

    Buch3_Isabelle de Paradou

    Buch 4_Isabelle und der König

    Buch 5_Die Macht der Liebe

    Inhalt

    ...............Prolog .....Seite 05...............

    1. Kapitel.....Seite 009

    2. Kapitel.....Seite 023

    3. Kapitel.....Seite 032

    4. Kapitel.....Seite 046

    5. Kapitel.....Seite 059

    6. Kapitel.....Seite 069

    7. Kapitel.....Seite 085

    8. Kapitel.....Seite 097

    9. Kapitel.....Seite 109

    10. Kapitel.....Seite 118

    11. Kapitel.....Seite 131

    12. Kapitel.....Seite 145

    13. Kapitel.....Seite 160

    14. Kapitel.....Seite 174

    15. Kapitel.....Seite 187

    16. Kapitel.....Seite 201

    17. Kapitel.....Seite 212

    18. Kapitel.....Seite 227

    ...............Epilog .....Seite 233...............

    ...............Ende 238...............

    Prolog

    St. Torpez – Herbst 1484

    Die alte Kirche lag nur einen Steinwurf weit vom Hafen entfernt. Es war ein einfaches Gotteshaus, dem man die vergangenen Kämpfe mit den Sarazenen ebenso ansah, wie die Armut der Gläubigen, die es vor langer Zeit errichtet hatten. Wäre nicht der Glockenturm gewesen, die junge Frau, die suchend die Augen mit der Hand beschattete, hätte es kaum zwischen den anderen Häusern entdeckt. So aber raffte sie die Röcke unter dem violett schimmernden Umhang und drückte das schwere Holzportal auf.

    Sie ließ den goldenen Sonnenschein eines milden Herbsttages zurück, der den kleinen geschäftigen Hafen, der eben erst wieder zum Leben erwachte, in freundliche Wärme tauchte. Auch der Lärm der genuesischen Handwerker, unter deren tätigen Händen die Hafenbefestigung von St. Torpez zu neuer Verteidigungsstärke wuchs, das Knarren der Segel, die Stimmen der Fischer, mit denen ihr Haushofmeister um den Preis des Fanges feilschte, und der Gestank aus den zahllosen trocknenden Netzen, wurden von der dumpf zufallenden Tür ausgesperrt.

    Im Inneren umfingen sie die Schatten tiefer Dunkelheit. Der Duft kalten Weihrauchs, ausgebrannter Kerzen und feuchter Mauern. Ein Luftzug ließ das ewige Licht über dem Altar unruhig aufflackern. Erst nach einiger Zeit fand es zu stetigem rötlichen Glühen zurück und beleuchtete das schlichte Holzkreuz an der Stirnseite, über dem steinernen Altar.

    Isabelle de Paradou neigte in plötzlicher Befangenheit den Kopf und schlug das Kreuzzeichen, ehe sie neben einer Säule in die Knie ging. Wie lange war es schon her, dass sie sich vertrauensvoll in ein Gebet vertieft hatte? Sie konnte sich nicht einmal mehr genau an die letzte Messe erinnern. Trotzdem stellte diese kleine Seefahrerkirche nur eines von vielen Gotteshäusern dar, die bisher ihren Weg gesäumt hatten.

    Da war die Kirche der zwei heiligen Marien in Saintes Maries de la Mer gewesen, in deren Bannkreis ihr eine alte Zigeunerin jenes gefahrvolle Schicksal vorausgesagt hatte, das sie seither nicht zur Ruhe kommen ließ. Dann die kostbar geschmückte Kapelle des Schlosses in Aix-en-Provence. Dort hatte sie neben Giselle de Paradou für ihren sterbenden Vater gebetet.

    Freilich hatten die Fürbitten der gesamten Provence König René ebenso wenig am Leben erhalten, wie das Flehen seiner illegitimen Tochter, der die schöne und heitere Florence de Turenne nach einem Sommer der Liebe das Leben geschenkt hatte.

    Auch das gewaltige Gotteshaus der Mönche von Montmajour war Isabelle nicht unbekannt. Vor seinem alten Altar hatte sie Nicolas de Paradou die Treue geschworen. Eine Ehe, von der stürmischen, ahnungslosen Leidenschaft der Jugend geprägt, die ihr höchstes Glück und tiefstes Leid bescherte. In einem anderen Betraum der kostbaren Hauskapelle des Hôtels de Saint-Pol in Paris, hatte sie die Regentin von Frankreich auf Knien um das Leben ihres stolzen und halsstarrigen Mannes gebeten. Aber Anne de Beaujeu hatte die Zerschlagung einer zum Scheitern verurteilten Rebellion des Südens vor die Gebote der Freundschaft gesetzt, die sie mit der jungen Gräfin verband.

    Das Kaleidoskop der Bilder, einmal in Bewegung gebracht, ließ sich nicht mehr auf halten. Es mahnte an die verzweifelten Tränen nach Nicolas’ Tod, in der Kirche des heiligen Vincent von Les Baux. An die endlosen Liturgien in der goldübersäten Sainte Chapelle, die sie in Paris als gelangweilte und gehorsame Hofdame der Regentin über sich ergehen lassen musste. Es beschwor die elegante, attraktive und zwielichtige Gestalt des Grafen von Clermondois, in dessen Armen sie fast echte Liebe mit bloßer Leidenschaft verwechselt hätte, und die stolzen Züge eines stürmischen Piratenkapitäns, der ihr nicht nur das Leben gerettet, sondern auch die Freude daran zurückgeschenkt hatte.

    Seiner Seele zuallererst galten ihre Gebete in dem kleinen, bescheidenen Gotteshaus, das die Gläubigen zu Ehren des heiligen Torpes am Ufer dieser azurblauen Bucht errichtet hatten, wo angeblich sein Märtyrerkörper gefunden worden war. Das melancholische Andenken an einen verlorenen Freund, der das Pech besessen hatte, sich in ihr Geschick zu mischen und deswegen den Tod gefunden hatte, belastete ihr Gewissen. War sie nicht an dem eifersüchtigen Drama schuld, das zu jenem verhängnisvollen Zweikampf geführt hatte, an dessen Ende sein Tod stand?

    Aber die stille Andacht, von der sie sich eigentlich die Beschwichtigung ihrer quälenden Schuldgefühle erwartet hatte, verschärfte nur ihr plötzlich aufgetauchtes Unbehagen. Ein Gefühl vager Beklommenheit, das sie bisher verleugnet hatte, welches sich aber letztendlich nicht mehr vertreiben ließ. Eine Vorahnung drohenden Unheils, für die sie aber keinerlei Grund erkennen konnte.

    Sie versuchte sich an die vertrauten Worte frommer Fürbitten zu erinnern, aber ihre Gedanken gingen eigene, verschlungene Wege. Es war nicht zu leugnen, dass sie an einem Wendepunkt ihres Lebens angelangt zu sein schien. In wenigen Tagen würde sie ihre beiden Kinder wieder in die Arme schließen, die sie mit ihrer Großmutter in der Obhut eines sicheren Klosters wusste, und vor Gott und den Menschen die Gattin des Florentiners Fabio Tornabuoni werden.

    Sie liebte den rätselhaften Mann, den seine Freunde Il Terzo nannten, und dessen abenteuerliche Wege als Sonderbotschafter des mächtigen Lorenzo de Mecidi, die ihren bereits mehr als einmal gekreuzt hatten. Ihre Tochter, Fabienne, war der lebendige Beweis dafür. Würde es ihr nun endlich vergönnt sein, das ganz normale Dasein der Gemahlin an seiner Seite zu führen? Hatte die Faszination, die sie beide vom ersten Sehen aneinander band, auch ohne die ständige Drohung von Gefahr und Schmerz Bestand?

    Heilige Sarah, warum machte sie sich verrückt? Sie musste keine Furcht mehr haben, vor nichts und niemandem! In seinen zärtlichen Armen würde sie endlich die Heimat finden, nach der sie sich so verzweifelt sehnte …

    Und doch, die vergangenen Jahre hatten sie gelehrt, auf jene feinen Warnsignale zu achten, die scheinbar aus dem Nichts auftauchend, beklemmend jede Sorglosigkeit vertrieben und jähe Angst verursachten. Das Ave Maria erstarb ihr auf den Lippen, und sie zog trotz des wärmenden Mantels fröstelnd die Schultern hoch. War die Sicherheit, in der sie sich wiegte, nur eine weitere der vielen Illusionen, zu denen sie so sehr neigte?

    Was konnte ihr noch passieren, in einem Frankreich, das seinen jungen König im vergangenen Mai prunkvoll gekrönt hatte? Und das bis zur Volljährigkeit dieses Herrschers von seiner fähigen Schwester und ihrem Gatten regiert wurde? Niemand war mehr an der unehelichen Tochter Renés von Anjou interessiert, und wer ihr Verschwinden zur Kenntnis genommen hatte, hielt sie sicher längst für tot!

    Aber wenn nicht? Hartnäckig und boshaft tauchte diese Frage auf und vertrieb endgültig jede Frömmigkeit. Die junge Frau erhob sich mit unbewusster Eleganz von den Knien, schlug das Kreuz und straffte die Schultern. Wenn ihre bangen Gefühle sie nicht betrogen, so war sie diesmal wenigstens nicht allein, wenn es galt, den Kampf gegen das Kommende aufzunehmen.

    Mit schnellen Schritten ging sie über die unebenen Steinplatten zum Portal. Sie bemerkte nicht, dass der Luftzug der heftig aufgerissenen Kirchentür hinter ihr das ewige Licht über dem kleinen schmucklosen Altar aufflackern und verlöschen ließ …

    1. Kapitel

    Fabio Tornabuoni sah den beiden Männern entgegen, die ein Diener in das lichtdurchflutete Kabinett führte, das ihm als Arbeitszimmer diente. Die glühende Sonne des späten Nachmittags fiel durch die bunten, bleigefassten Scheiben des Fensters in seinem Rücken, sodass er für sie nur eine breitschultrige, düstere Silhouette darstellte, die an einem geschnitzten Schreibpult stand, das mit einer Fülle verschiedenster Pergamente und Urkunden bedeckt war. Er selbst nahm jedoch die kleinste Regung in den Zügen seiner eintretenden Besucher wahr, und was er dort las, erfüllte ihn mit wachsender Sorge.

    Colin Bertrand war einer seiner besten Kuriere. Gleichzeitig ein Krieger, der sich in jeder Lage zu helfen wusste und seine Aufträge mit der Selbstverständlichkeit stetig wiederkehrender Glockenschläge auszuführen pflegte. Ihn mit dieser Miene schuldbewusster Erschütterung zu sehen, war neu und völlig fremd. So ungewohnt wie dieses merkwürdige Subjekt, in dessen Begleitung er sich befand.

    Er hätte etwas darum gegeben, Bertrands Nachricht erst allein zu hören, aber die leichten Schritte, die sich draußen schnell auf dem marmorgefließten Boden näherten, verkündeten, dass ihm dies nicht möglich sein würde.

    Mit einem Schwung, der nur mühsam gebändigtes Temperament verriet, riss Isabelle de Paradou die Tür auf und betrat mit raschelnden Röcken den Raum. Ihr Anblick, den er so lange schmerzlich vermisst hatte, genügte, um den Florentiner für ein paar Herzschläge abzulenken und das Blut in seinen Adern zu beschleunigen.

    Obwohl eher zierlich von Gestalt, vermittelte die junge Frau durch ihre Haltung und die fließende Anmut ihrer Bewegungen den Eindruck von Größe. Sie trug ein moosgrünes, einfach geschnittenes Gewand aus Zindeltaft, das an den Säumen und am Ausschnitt mit cremefarbenen Blätterranken bestickt war. Die geschlitzten Ärmel und der seitlich geraffte Rock ließen das seidene Unterkleid frei, das, einen Ton heller, ebenfalls in tiefem Grün schimmerte. Die Farbe unterstrich den weichen Pfirsichton ihrer Haut und betonte das lichte Gold der fast hüftlangen Haarwolke, die nur von einem schmalen Reif aus der Stirn gehalten wurde, dessen Mitte ein einzelner schimmernder Smaragd schmückte.

    Das schöne Antlitz, mit den gemmenhaft zarten, edlen Zügen, der kleinen geraden Nase, dem verlockenden Mund und den ungewöhnlich frühlingsgrünen Augen verriet mit keiner Falte, dass es schon den vierundzwanzigsten Sommer gesehen hatte. Aber es war blass und besorgt.

    So durchscheinend wie die gestickten Eichenblätter, deren Kranz das verführerische Dekolleté der jungen Frau säumte. Der Fremde, der Colin Bertrand begleitete, hatte Mühe, seine Augen nicht allzu offensichtlich auf diesem Stück großzügig präsentierter Haut ruhen zu lassen. Isabelle beachtete ihn nicht. Sie musterte den verstaubten, müden und verlegenen Boten, auf dessen Ankunft sie so große Hoffnungen gesetzt hatte. Ihr Mieder spannte sich bei jedem heftigen Atemzug.

    »Du bist allein?« Fabio Tornabuoni fühlte das unterdrückte Zittern in ihrer melodiösen Stimme mehr, als er es hörte. »Dein Auftrag lautete, Frauen und Kinder ohne die geringste Verzögerung an diesen Ort zu geleiten! Ich sehe nichts von ihnen! Wo sind sie? Was ist geschehen? Warum hast du nicht gehorcht?«

    »Wir werden es erfahren, Carissima, wenn Ihr ihm die Gelegenheit gebt, uns ohne Unterbrechung zu berichten, was passiert ist. Sprich, Colin!«

    Isabelle trat neben das Pult und sank wortlos auf das ihr angebotene Taburett an seiner Seite. Die bloße, beruhigende Gegenwart des dunkelhaarigen, erlesen gekleideten Mannes gab ihr die Kraft, zu nicken, während sie die Finger nervös in den Falten ihres Rockes verschlang.

    »Sire«, wandte sich Bertrand mit einer respektvollen Verneigung an den Florentiner, dessen Diener er seit vielen Jahren war. »Es war mir nicht möglich, die Mission zu erfüllen, da die genannten Personen sich nicht im Kloster der Benediktinerinnen vom Montmartre befinden!«

    »Unmöglich! Du lügst!«

    Isabelle sprang wieder auf die Füße. Doch sie sah nicht den Boten an. Ihre Augen suchten den goldfunkelnden Blick Fabios. Während sie die Wahrheit des Gehörten noch abstritt, sagte ihr der Verstand bereits, dass Bertrand die Wahrheit sprach. Die mühsam unterdrückte Furcht der letzten Tage war also keine Einbildung gewesen! Ihre Ahnungen hatten sie nicht getrogen! Welch Närrin sie gewesen war, einmal mehr von ungestörtem Glück zu träumen. Wann war ihr Schicksal je von Gerechtigkeit bestimmt gewesen?

    Indes, was war mit den Kindern? Dem kleinen René, der das Erbe der Paradous in seinen winzigen Händen hielt und der bezaubernden Fabienne, die sie mit solcher Ungeduld hatte ihrem Vater in die Arme legen wollen? Was mit Giselle de Paradou, der Großmutter der beiden, was mit Samira und Babette, der treuen Dienerin und der Kinderfrau? Sie alle konnten doch nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein! Sie hatte ihre Sicherheit der Regentin von Frankreich anvertraut und nicht irgendeinem verantwortungslosen und abenteuerlichen Räuberhauptmann!

    »Bei Gott, ich wollte, ich hätte bessere Botschaft für Euch, Madame!«, wandte sich der verlegene Bote nun direkt an sie. »Aber ich habe mit der Äbtissin selbst gesprochen. Sie hat ihr heiliges Amt in dem Jahr des Todes von König Ludwig übernommen. Seit dieser Zeit seien weder Kinder noch Frauen in den Mauern des Klosters gewesen, die nicht zum Orden gehören! Sagt selbst, würde eine so fromme Frau mich wirklich belügen?«

    Isabelle schlug verzweifelt die Hände vor das Gesicht, und so entging ihr der viel sagende Blick, den Il Terzo und sein Kurier tauschten. Wenn der Befehl von der richtigen Person kam und mit dem nötigen Nachdruck erteilt wurde, musste sogar die Äbtissin eines Klosters die Wahrheit einer Korrektur unterziehen.

    »Das scheint mir nicht die ganze Geschichte zu sein …«, ermunterte der Florentiner Colin Bertrand und nickte unmerklich in Richtung seines Begleiters.

    »Ja, Seigneur, so ist es. Ich dachte mir, dass Ihr Euch mit der Auskunft der gottesfürchtigen Dame nicht zufriedengeben würdet. So versuchte ich, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, um etwas über die Personen zu erfahren, die ich zu Euch bringen sollte. Ich horchte ein wenig herum und fand schließlich Macelin. Er ist Gerber und beliefert das Kloster von Zeit zu Zeit.«

    Zum ersten Male nahm sich auch Isabelle die Muße, diesen Mann zu betrachten, der, so demütig, die schmuddelige Kappe in der Hand, hinter Colin stand. Wahrhaftig keine angenehme Erscheinung. Ein gedrungener Bulle, dessen rechte Schulter ein wenig tiefer als die linke herabhing, mit überlangen Armen und stämmigen Beinen. Das Lederwams und die speckige Hose, in denen er steckte, mussten schon vor Generationen aus der Gerbsäure geholt worden und seitdem nie wieder gesäubert worden sein. Der Schopf hing ihm strähnig und mausgrau in ein faltiges Gnomengesicht, dessen hervorstechendstes Merkmal ein paar tief eingebettete, glitzernde Rattenaugen waren. Sie verbot sich indes ihre spontane Abneigung.

    Selbst wenn der Kerl so hässlich wie die Sünde war, sollte er ihr verraten können, was aus den Ihren geworden war, so war er ihr von Herzen willkommen. Isabelle überwand ihre erste Abscheu und schenkte ihm ein angestrengtes, vorsichtiges Lächeln.

    »Redet, guter Mann! Was könnt Ihr uns berichten?«, ermunterte sie ihn zum Sprechen.

    »Nun, ich weiß nicht, ob ich Euch helfen kann, edle Dame«, knurrte er heiser. »Aber es muss am Tage nach Lichtmess gewesen sein, als ich einen Ballen gegerbtes Leder bei den Benediktinerinnen ablieferte. Ich hatte mich verspätet, und das abendliche Angelusläuten war schon vorbei. Die Schwester Pförtnerin wollte mich nicht mehr einlassen. Ich wollte gerade wieder gehen, da öffnete sich doch noch das Tor. Aber nicht für unsereinen. Ein Trupp Soldaten marschierte nach draußen. Soldaten des Königs. Sie hatten zwei Sänften bei sich, und in beiden saßen Frauen und Kinder. Eine von ihnen war eine dunkle Hexe mit eigenartigen Bildern im Gesicht, ein Teufelsgeschöpf, das geradewegs aus der Hölle und nicht aus einem Kloster zu kommen schien. An sie kann ich mich am besten erinnern!«

    Samira! Isabelle presste die Handflächen erregt gegeneinander. Die hochgewachsene Maurin, Fabios ehemalige Kinderfrau, die sich selbst zur ergebenen Dienerin ihrer Tochter Fabienne ernannt hatte, trug, wie alle Frauen des hohen Atlas, die blauen Zeichnungen ihrer Tätowierungen auf den Wangen. Kein Zweifel, dieser Macelin sagte die Wahrheit! Er hatte sie gesehen! Allein, was war mit ihnen geschehen? Wenn es wirklich Männer Anne de Beaujeus gewesen waren, warum hatte diese ihre kleine Familie aus dem Schutz des Klosters herausgenommen? Warum belog die Äbtissin den Boten, der in ihrem Namen kam?

    »Woher willst du wissen, ob es sich tatsächlich um königliche Soldaten gehandelt hat, Gerber?«, mischte sich Tornabuoni nun kurz angebunden ein.

    »Die Farben, Herr«, erklärte der Mann ehrerbietig und mit gesenktem Blick. »Ein jedes Kind in Paris kennt die Farben der Dame de Beaujeu!«

    »Hast du gesehen, in welche Richtung der Trupp sich wandte?«

    Macelin verneigte sich erneut.

    »Nein, Herr. Ich nutzte die Gunst des Zufalls, meinen Ballen doch noch abzugeben, und erinnerte mich erst wieder an die Sache, als Euer Mann da überall herumfragte.«

    »Ich danke dir, Gerber!«, nickte jetzt Il Terzo. »Es soll dein Schaden nicht sein, dass du Colin begleitet hast, um unsere Fragen zu beantworten. Lass dir die Küche zeigen, damit du dich stärken kannst. Colin, Ihr haltet Euch für später bereit …«

    Das Schnappen des Schlosses weckte Isabelle aus ihrer verzweifelten Starre. Sie fuhr auf, machte eine Bewegung, als wolle sie die davoneilenden Männer auf halten, verzichtete aber dann doch darauf und beklagte sich bei Il Terzo.

    »Warum schickt Ihr sie fort? Das kann doch nicht alles sein? Vielleicht erinnert sich dieser Macelin noch an weitere Einzelheiten? Möglicherweise hat Colin auch mit anderen Lieferanten des Klosters gesprochen …«

    Fabio legte behutsam seine Arme um die zierliche, grüne Gestalt. Sie bemerkte den stumpfen, bitteren Schmerz in seinen wissenden Augen nicht, zu sehr war sie mit der eigenen Ratlosigkeit beschäftigt. Was hätte er darum gegeben, ihr diese Verzweiflung und diesen Kummer ersparen zu dürfen! So aber konnte er ihr nur den Trost seiner warmen Zuneigung schenken. Er küsste ihre Haare und barg sie in einer engen Umarmung, während er versuchte, die richtigen Worte zu finden.

    »Wir haben genügend erfahren, mein Herz. Du musst jetzt sehr tapfer sein …«

    »Tapfer?« Irritiert von seinem unverständlichen Ansinnen, versuchte Isabelle, sich widerspenstig zu befreien. »Warum sollte ich tapfer sein? Was versucht Ihr mir mit diesem Rätsel zu sagen, Seigneur?«

    Sie scheute die innige Vertrautheit des Liebespaares, in die er sie einhüllen wollte, in diesem Moment. Es war nicht die Zeit für Küsse. Ein Vorgefühl kommenden Unheils machte ihr das Herz schwer, ließ sie seinen nächsten Satz wie einen drohenden Richterspruch fürchten.

    »Isabelle, ich fürchte, dass du deine Kinder in diesem Leben nicht mehr sehen wirst!«

    Aber wo Il Terzo lautstarken Protest, flammende Abwehr und leidenschaftliche Verneinung erwartet hatte, erntete er zu seinem großen Erstaunen nur ein ruhiges, gefasstes Kopfschütteln.

    »Nein, Ihr täuscht Euch!«, flüsterte Isabelle endlich nach einer langen Zeit des Schweigens, mit einer Sicherheit, die ihn ebenso erstaunte wie bekümmerte. So begreiflich er es fand, dass sie sich gegen die tragischen Schlussfolgerungen sträubte, so wenig konnte er es zulassen, dass sie sich sinnlose Hoffnungen machte.

    »Liebste, ich würde Jahre meines Lebens dafür geben, meine Tochter von Angesicht zu Angesicht sehen zu können, aber es wird mir nicht vergönnt sein! In deiner Abwesenheit sind Tatsachen geschaffen worden, die wir keinesfalls leugnen können.«

    Isabelle lehnte seine Umarmung und seine Schlussfolgerungen ab. Sie erriet, welches Wort er nicht aussprach, welche Fakten er für gegeben hielt.

    »Nein! Sie sind nicht tot! Ich hätte es gespürt! In meinem Herzen wüsste ich es, wenn meinen Kindern Gefahr drohte oder gar ihr Leben auf dem Spiel stünde!«, beharrte sie auf ihrer instinktiven Zuversicht.

    »Dein Herz hat dir lange Zeit nicht selbst gehört«, mahnte Il Terzo in Anspielung auf die hinter ihr liegenden Abenteuer.

    Isabelle brachte Abstand zwischen sich und ihren Geliebten und trat zum Fenster. Sie schaute hinaus in den Garten, der das weiße, großzügige Landhaus in den Hügeln hinter dem Hafen umgab. Sein üppiges Grün wies bereits die ersten Umbratöne des Herbstes auf, aber sie sah weder die Pracht der Blüten, noch das rötliche Feuer des Weinlaubs. Mit der ganzen Kraft ihrer leidenschaftlichen Wünsche beschwor sie das Bild der beiden kleinen Kinder, das sie im Herzen trug, und die das Einzige waren, was sie auf dieser Erde besaß.

    Das schwarzhaarige Mädchen war ein wonniger Säugling, mit goldgesprenkelten Nachtaugen und einem

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