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DAS GEHEIMNIS DER RUE DU CALVAIRE: Der Krimi-Klassiker!
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eBook205 Seiten2 Stunden

DAS GEHEIMNIS DER RUE DU CALVAIRE: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Die Rue du Calvaire im Herzen Gents ist nicht mehr das, was sie einst war: Die Häuser sind verfallen, die Bewohner scheuen das Tageslicht. Eine Straße voll dunkler Geheimnisse...

Nur das vornehme Patrizierhaus der Geschwister Verbrugge hat seinen alten Glanz bewahrt. Doch auch hier sind die Spuren der Vergangenheit nicht zu verwischen. Sie zeugen von Verbrechen und Mord...

Roger D'Exsteyl, geborener Roger Martens (* 22. Dezember 1926 Ledeberg/Belgien; † 26. Januar 1979), war ein belgischer Schriftsteller.

Der kunstvolle und mitreißend-spannende Roman Das Geheimnis der Rue du Calvaire erschien erstmals im Jahr 1953; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1966.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur - von der Kritik als »ein literarischer Thriller von Rang« gefeiert - in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum22. Apr. 2021
ISBN9783748780977
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    Buchvorschau

    DAS GEHEIMNIS DER RUE DU CALVAIRE - Roger D'Exsteyl

    Das Buch

    Die Rue du Calvaire im Herzen Gents ist nicht mehr das, was sie einst war: Die Häuser sind verfallen, die Bewohner scheuen das Tageslicht. Eine Straße voll dunkler Geheimnisse...

    Nur das vornehme Patrizierhaus der Geschwister Verbrugge hat seinen alten Glanz bewahrt. Doch auch hier sind die Spuren der Vergangenheit nicht zu verwischen. Sie zeugen von Verbrechen und Mord...

    Roger D'Exsteyl, geborener Roger Martens (* 22. Dezember 1926 Ledeberg/Belgien; † 26. Januar 1979), war ein belgischer Schriftsteller.

    Der kunstvolle und mitreißend-spannende Roman Das Geheimnis der Rue du Calvaire erschien erstmals im Jahr 1953; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1966.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur - von der Kritik als »ein literarischer Thriller von Rang« gefeiert - in seiner Reihe APEX CRIME.

    DAS GEHEIMNIS DER RUE DU CALVAIRE

    Prolog

    Hugo hielt im Schreiben inne und blickte auf die Straße hinab. Dort bot sich ihm das trostlose Bild grauer Patrizierhäuser mit wurmzernagten Holzbalkonen und Fensterspionen. Das Leben in dieser Straße schien seit dem letzten Kriege wie ausgestorben. Vermutlich verbarrikadierten sich die Bürger noch aus Furcht vor den Schüssen einer Militärpatrouille hinter verschlossenen Läden. Über dieser deprimierenden Szenerie erhob sich wie eine Fackel die strahlend erleuchtete Kathedrale.

    Aus dem schwarzlackierten chinesischen Kästchen vor sich nahm Hugo eine leicht parfümierte Zigarette und zündete sie mit einer automatischen Bewegung an. Er tat einige Züge und genoß das leichte Schwindelgefühl, das der zu Kopf steigende Rauch erzeugte.

    Dann schrieb er weiter:

    »...gleich nach meiner Ankunft hatte ich bereits das Gefühl, man würde mich hier nicht wie einen gewöhnlichen Pensionsgast behandeln: Dafür war der Empfang der Damen Verbrugge zu herzlich. Gewiss trägt auch der Empfehlungsbrief von Dekan Deg... dazu bei. Denn nach allem, was ich erfahren habe, verdanke ich die Gastfreundschaft, die ich einige Wochen lang in Gent genießen werde, hauptsächlich der Vermittlung dieses würdigen Geistlichen. Doch darf man keinesfalls annehmen, dass die Damen Verbrugge eine Pension führen: Es genügt, sie anzuschauen, um den Widersinn einer solchen Mutmaßung zu begreifen. Dazu kommt noch, dass sie in finanzieller Hinsicht als sehr wohlhabend und sogar reich gelten können.

    Wie Du weißt, hatte ich Angst, hier mit wohltätigen Frömmlerinnen Zusammenleben zu müssen. Das trifft jedoch keineswegs zu, wenn auch die eine der Damen bereits ein gewisses Alter erreicht hat. Mademoiselle Aurélíe muss etwa fünfzig Jahre alt sein. Vielleicht ist sie auch noch älter. Sie gehört zu jener Kategorie von Frauen, deren Alter schwer zu schätzen ist, weil sie nie alt werden und allerdings auch nie richtig jung gewesen sind. In ihrem Falle ist das übrigens nicht von Nachteil, denn mit ihrem ins Silbrige spielenden, blonden, hochfrisierten Haar und ihren langbewimperten stahlgrauen Augen wirkt sie wie eine große Dame. Obgleich sie sich freundlich entgegenkommend und durchaus nicht herrisch verhält, hat sie doch eine tief beeindruckende Art. Im Gegensatz zu ihrer Schwester, die mit ruhigem Lächeln zuhört, führt Mademoiselle Aurélíe meistens das Wort. Sie verstand es, mich beim Tee geschickt über alle unausgesprochenen persönlichen Wünsche zu befragen.

    Um Mademoiselle Françoise zu beschreiben, haben meine farblosen Worte vielleicht nicht die rechte Kraft, und Du wirst sie als romantische Übertreibung belächeln. Doch gestehe ich Dir offen, dass sie für mich ganz einfach das Ideal des Ewigweiblichen mit all seiner mystischen Anziehungskraft darstellt. Sie verkörpert die vollkommene Frau, die Synthese von Schwester im Geiste und hingegeben Liebender. Ist das ein Strohfeuer oder der unwiderstehliche Trieb meines Herzens? Wer weiß? Aber gerade aus diesem Grunde will ich sie objektiv zu beschreiben suchen.

    Mademoiselle Françoise ist wesentlich jünger als ihre Schwester und unbestritten eine glänzende Schönheit. Mit ihrem pechschwarzen Haar und ihrem verwirrenden Blick ist sie gerade der Frauentyp, in den junge Leute sich am leichtesten verlieben. Auch wenn sie recht selten an der Unterhaltung teilnimmt, so habe ich doch Gelegenheit, den Klang ihrer vollen, harmonischen Altstimme zu genießen. In der Gesellschaft wäre sie zweifellos eine begehrte Partie gewesen, doch leben die Damen Verbrugge, wie bereits gesagt, recht zurückgezogen, und Mademoiselle Françoise ist wie ihre Schwester unvermählt geblieben.

    Warum? Die Erfahrung lehrt, dass das menschliche Leben einem Roman gleicht, der die Dichtung weit übertrifft. Auch die Damen Verbrugge leben zweifellos ihren Roman. Eben dachte ich in der für Träumereien so günstigen Stille meines Zimmers darüber nach. Ich stellte mir die Damen Verbrugge als Heldinnen eines der lebensnahen Romane Cyriel Buysses vor. Als ich meinen Gedanken freien Lauf ließ, sah ich sie noch deutlicher unter den Zügen der Schwestern Cormelon, den meisterhaft gezeichneten Gestalten in Jean Rays Schreckensroman Malpertuis. Aber lassen wir das... Ich will dieses Thema nicht weiterspinnen.

    Dieses recht vage und unvollständige Porträt der Damen Verbrugge möchte ich noch durch den Hinweis vervollständigen, dass sie sich nach der letzten Mode kleiden und - was ich nie erwartet hätte - zurückhaltend, aber geschmackvoll schminken.

    Ich habe bisher nur von den Damen Verbrugge gesprochen, weil ich ihrem Bruder, Monsieur Octave Verbrugge, noch nicht begegnet bin. Nach dem, was ich erfuhr, ist er bis zum späten Nachmittag in einer kleinen Firma tätig.

    Danach lernte ich die mit der Pflege des Hauses betraute Person kennen: die übliche Dienerin vom Lande, die in der Familie aufgewachsen ist und, wie es sich gehört, Marie heißt. Ihre unschätzbare Kochkunst konnte ich bereits bei dem fürstlichen Willkommensmahl würdigen. Endlich kommt der einfachste Hausbewohner: Joseph, dessen schielende, bucklige Person die diversen Aufgaben eines Boten, Kammerdieners, Butlers und Küchenjungen vereint und der sich mir so zur Verfügung stellte: Wenn was ist, braucht’s Monsieur nur sagen.

    Nun kommt das Haus, diese paradiesische Oase inmitten der öden Steinwüste der Rue du Calvaire! Lieber Papa, Du kennst meine Vorliebe für aristokratische, mit Stilmöbeln ausgestattete Häuser. Sie rufen unwillkürlich die Poesie der Manet'schen Palette hervor, oder man denkt an die Verse Verhaerens:

    ...so schön von Schweigen,

    dass ich manchmal die Zeit anhalte, die sich wiegt

    in der eichenen Standuhr mit goldenem Pendel.

    Unser Heim wollten wir ja auch erst so einrichten, aber der künstlerische Zug in unserem Wesen gewann dann doch die Oberhand, und, aufs Ganze gesehen, passt das genauso gut zu uns.

    Hier hingegen trägt alles den Stempel feiner, subtiler Weiblichkeit. Sie geht unter anderem von den feinen Stickereien und Spitzen aus, zahllosen kostbaren Ziersachen, den, weichen Samtsesseln und auch Mademoiselle Françoises großem Flügel, der den zierlichen Salon beherrscht. Eingangshalle und die Räume des Erdgeschosses enthalten außer einer Galerie von Gemälden berühmter ausländischer Meister eine erlesene Sammlung englischer Stiche, unter denen mich besonders ein Christuskopf beeindruckte. Er wurde technisch meisterhaft ausgeführt und zeugt von bemerkenswerter Originalität. Der Blick des Heilands vor allem hat eine zu Herzen gehende Eindringlichkeit. Unter dem Bild steht in vergoldeten Lettern die englische Fassung des Evangeliums: The Lord looked upon Peter and Peter remembered. Die Damen vertrauten mir an, dass dieses Christusbild zu ihren wertvollsten Besitztümern zähle, und das will ich gern glauben.

    Beim Betreten meines Zimmers erreichte meine freudige Überraschung ihren Höhepunkt. Das in einer Ecke stehende Bett ist hinter seidenen Vorhängen verborgen, so dass der Raum ganz als Wohnzimmer wirkt. Auch hier findet man bequeme Sessel, weiche Smyrna-Teppiche und feingeschnitzte Möbel. Links vom Fenster steht ein kleiner Bücherschrank mit Werken bekannter Autoren, vor al- lern über französische Malerei und Literatur; rechts ein eleganter Schreibtisch, auf dem ich gerade diesen Brief schreibe.

    Das sind bis jetzt meine ersten Eindrücke. Ich halte sie für vielversprechend. Zweifellos bist auch Du überzeugt, dass mir mein Aufenthalt in Gent unauslöschliche Erinnerungen schenken wird.

    Grüße Großmama herzlich von mir,

    Dein Hugo Saint-Laurent.«

    Lächelnd drückte Hugo seinen Siegelring in das knisternde Wachs. Jetzt zeigte der Briefumschlag das Wappen der Saint-Laurent: ein Hugenottenkreuz im Feuerkranz und darunter die Devise: Plus est en toi.

    Auch sein Stiefvater und die Großmutter würden sich über sein unerwartetes Glück freuen.

    Beim Ankleiden kam ihm der Gedanke, dass sein enthusiastischer Brief seinen Vater zu einem kleinen Abstecher nach Gent veranlassen könnte. Um die Sammlung englischer Stiche zu bewundern, würde er als Grund anführen.

    Und bei der gleichen Gelegenheit auch das wunderschöne Fräulein Françoise, fügte Hugo hinzu und zwinkerte sich in dem runden Kristallspiegel zu.

    Darin sah er einen jungen Mann von fünf- bis sechsundzwanzig Jahren, schlank, fast mager, mit vollem kastanienbraunen Lockenhaar und einem bleichen, von kurzer Bartkrause umrahmten Gesicht. Hugo Saint-Laurent hatte träumerische Augen, aber einen festen, wohlgezeichneten Mund, der ihn älter und etwas zu ernst machte. Er hatte die reservierte und etwas hochmütige Haltung der Versailler Höflinge; vielleicht war er darum bei Frauen wenig beliebt.

    Auf dem Kaminsims ließ die Stutzuhr fröhlich ihr Stundenspiel erklingen: Sur le pont d’Avignon, on y danse...

    Ihre Blumenmotive waren ein Meisterwerk der Goldschmiedekunst.

    Irgendwo im Hause erscholl der Widerhall einer heftig zugeschlagenen Tür...

      Erster Teil: MORD IM NEBEL

    1

    Als Hugo die Stufen hinabstieg, hörte er die Damen Verbrugge in der Halle flüstern. Diskret blieb er im Treppenhaus stehen, und so entging ihm, wovon die Rede war. Doch die Schärfe ihrer gedämpften Stimmen verriet so viel Hass, dass er erschauerte. Auf der getäfelten Wand der Halle bewegten sich gespenstisch ihre drohend verzerrten Schatten.

    »Meine Geduld ist zu Ende. Wir müssen energisch durchgreifen. Ja, sehr energisch, das sage ich dir... dieser elende Dummkopf...« Mit diesen Worten begab sich Aurélíe, ohne Hugos Anwesenheit zu bemerken, erregt in das Esszimmer.

    Erst jetzt sah ihn Françoise. Wie durch ein Wunder verschwand der Zorn aus ihrem Gesicht. Es strahlte wieder die Hugo bekannte Anziehungskraft aus. Trotzdem schien sie verlegen und blieb unschlüssig am Fuß der Treppe stehen. Hugo gab durch nichts zu erkennen, dass er Zeuge des Ausbruchs gewesen war. Er begrüßte seine Gastgeberin mit einer Verneigung.

    »Wollen Sie noch einen Spaziergang machen, Monsieur Hugo?«

    »Oh, ich komme gleich wieder. Ich muss nur einen Brief einwerfen. Apropos: Würden Sie mir bitte sagen, wo sich der nächste Briefkasten befindet?«

    »An der Straßenecke. Aber gehen Sie doch lieber zur Hauptpost am Kornmarkt. Dann besteht die Aussicht, dass Ihr Brief übermorgen ankommt.«

    »Gut, dann gehe ich also zum Kornmarkt. Übrigens nur, um mir die beleuchteten Häuser der Altstadt anzusehen. Mein Brief ist nicht besonders eilig.«

    »Vielleicht nicht für Sie. Ob der Empfänger gleicher Ansicht ist?«

    Françoise lächelte ein wenig spöttisch und drohte mit dem Finger. Hugo errötete wie ein verliebter Schuljunge.

    »Oh, wissen Sie, ich habe nur einfach... nach Hause geschrieben.«

    »Schon recht, ich glaube Ihnen aufs Wort.« .

    Françoise schien plötzlich gesprächiger, als sie es im Verlauf des ganzen Tages gewesen war. Liebenswürdig forderte sie ihn auf: »Monsieur Hugo, wollen Sie vor dem Schlafengehen noch ein Gläschen Likör mit uns trinken?«

    »Sehr gern. Aber unter einer Bedingung: Lassen Sie den Monsieur weg. Diese steife Anrede passt nicht zu der wunderbaren Art, in der Sie meinen Namen aussprechen.«

    Hugos Galanterie schien Françoise zu schmeicheln. Während sie ihm die Tür aufhielt, warf sie ihm einen verwirrenden Blick zu und sagte kokett: »Ich werde daran denken... Hugo.«

    Die Rue du Calvaire, in der das Haus der Verbrugge lag, bot den trostlosen Eindruck, den Hugo in seinem Brief beschrieben hatte, besonders jetzt am Abend. Ihre einzige Attraktion war eine rostige Lampe mit bizarren Ornamenten, die im schwachen Schein ihres flackernden Lichtes aus dem Dunkel tauchte. Auch tagsüber herrschte dort die deprimierende Stille der Provinz. Die einzige Ablenkung bot ein Schwarm farbloser Sperlinge, die sich um die vertrockneten Halme zwischen den Pflastersteinen stritten. Doch die belebten, lärmenden Hauptstraßen der Stadtmitte waren ganz nahe. Bereits zwei Ecken weiter erreichte Hugo den Kornmarkt. Die Häuser mit ihren gestuften Giebeln und vergitterten Fenstern waren typisch für das Gent vergangener Jahrhunderte.

    Einige Monate nach dem Tode des Vaters war Hugo in einem solchen Haus zur Welt gekommen. Später ging seine Mutter eine zweite Ehe ein mit Jean-Marie Devos, dem genialen Maler, den die prominentesten Kritiker als den Breughel des 20. Jahrhunderts bezeichneten. Die Familie zog nach Bachten-Saint-Jean, einem Künstlerdorf an der Lys. Dann starb auch die Mutter. Den kleinen Hugo zogen sein Stiefvater und dessen Mutter auf. Von seinem Vater kannte er nur ein vergilbtes Porträt, das einen jungen Mann darstellte, der ihm sehr ähnlich sah; mit den Jahren wurde seine Mutter zu einer geliebten, jedoch abstrakten Erinnerung. Dagegen stand die lebendige Wirklichkeit von Meister Devos, der ihn als Sohn seiner einzigen großen Liebe ins Herz schloss. Hugo war ihm in tiefer geistiger Verwandtschaft und brüderlicher Freundschaft verbunden; solche Bindungen können stärker sein als die des Blutes. Und auch Mamy war da, für die ihre beiden Jungen, der große und der kleine, die Grenzen der Welt bedeuteten.

    Hugo beeilte sich nicht. Er genoß den lauen Septemberabend. Die sanfte, schmeichelnde Wärme war untermischt mit einem Tröpfchen Melancholie, der Ankündigung des nahenden Herbstes. Die schlafenden Häuser ließen das Echo seiner gemessenen Schritte gedämpft zurückhallen.

    An einer vorspringenden Kirchenmauer der Arriere-Faucille lehnte ein Paar: jedoch nicht aneinander geschmiegt, sondern in lebhaftem Wortwechsel begriffen, der Mann offenbar bemüht, seine Gefährtin zu überzeugen. Irgendetwas in seiner Haltung schien Hugo vertraut. Es veranlasste ihn, seine Erinnerung fieberhaft, wenn auch ergebnislos, zu durchforschen. Das Gesicht des Mannes konnte er nicht sehen, nur seinen Rücken. Er trug einen Sportanzug, zu dem sein altmodischer Melonenhut einen seltsamen Kontrast bildete. Von der ganz im Schatten lehnenden Frau konnte Hugo nur die schlanke Gestalt erkennen. Da hörte er den Mann laut sagen:

    »Das kann so nicht weitergehen, ich

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