Ich will dich hautnah spüren: BsB_Roman
Von Marie Cordonnier
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Über dieses E-Book
Valerie ist schön und intelligent, hat aber wenig Glück in der Liebe. Gerade ist die Beziehung mit ihrem Vorgesetzten gescheitert. Er hält sie für gefühlskalt und frigide und schickt sie mit einem Arbeitsauftrag aufs Land. Professor Norman Parker hat ein Buch geschrieben, das Valerie mit ihm überarbeiten soll. In Golden Park dreht sich das Leben von Professor Parker und seinem Privatsekretär Achmed Hamir einzig um die ägyptische Pharaonenkönigin Hatschepsut. Was aber steckt hinter dem Zerwürfnis zwischen dem Professor und seinem Enkel? Und wird Achmed Hamir verstehen, dass Valerie nichts von ihm will? Doch zu allererst muss Valerie die Begegnung mit einer Art Gespenst verarbeiten.
Marie Cordonnier
Schreiben und Reisen sind Marie Cordonniers Leidenschaft. Immer wenn sie unterwegs ist, bekommt ihre Phantasie Flügel. In den Ruinen einer mittelalterlichen Burg hört sie das Knistern der Gewänder, riecht Pechfackeln und hört längst verstummte Lautenklänge. Was haben die Menschen dort gefühlt, was erlitten? Zu Hause am Schreibtisch lässt sie ihrer Phantasie freien Lauf. Der Name Marie Cordonnier steht für romantische Liebesromane mit historischem Flair. Marie Cordonniers bürgerlicher Name ist Gaby Schuster. Sie schreibt auch unter den Pseudonymen Valerie Lord und Marie Cristen. Mehr über sie gibt es auf www.marie-cordonnier.de zu lesen.
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Ich will dich hautnah spüren - Marie Cordonnier
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1
Feierliche Sitten in Golden Park
Die Straße wurde beängstigend schmal. Valerie Sebring nahm den Fuß vom Gaspedal und bremste ihren kleinen Sportwagen sanft ab.
Sie öffnete das Seitenfenster und schnupperte die Luft, die hier in Connecticut tatsächlich nach Sommer und Natur duftete und nicht nach Benzin und Abgasen wie in New York. Beinahe hätte sie die Abzweigung übersehen, die sie an wogenden Kornfeldern vorbei durch ein ländliches Idyll führte. Valerie schätzte, dass sie noch vor dem Abendessen am Ziel sein wurde.
Ihr erster Zorn auf Professor Norman Parker war längst verflogen. Der alte Herr, er war bereits hoch in den Siebzigern, hatte sich am Telefon strikt geweigert, nach New York zu kommen, um die Druckfahnen seines neuen Buches selbst zu korrigieren.
»Dann musst du eben hinfahren, Val. Wir können uns keine weitere Verzögerung bei diesem Projekt leisten. Du weißt, das Buch ist für Herbst fest eingeplant.«
Eric Phelps, der stellvertretende Verlagsleiter von United Science und Valeries Vorgesetzter, hatte seiner Cheflektorin diesen Befehl mit betont unpersönlicher Stimme gegeben. Sie hatte gehorcht, ohne die Berge von Arbeit zu erwähnen, unter denen ihr Schreibtisch fast zusammenbrach.
Die Erinnerung an ihre peinliche Auseinandersetzung stand deutlich zwischen ihnen. Beide schafften es nur schwer, Privates von Beruflichem zu trennen.
Besonders Valerie konnte Erics Wutausbruch nicht vergessen. Die Trennung von ihm schmerzte, und die Tatsache, dass sie sich täglich sahen, machte das Ganze nicht leichter.
»Verdammt, Valerie, hör endlich auf, diesem Schuft noch nachzuweinen!«, beschwor sie sich selbst und umfasste das Lenkrad zornig fester.
Eric Phelps hatte offensichtlich dankbar die Gelegenheit genutzt, sie, Valerie, wenigstens für ein paar Tage loszuwerden. Vielleicht lauerte er sogar auf ihren ersten, gravierenden Fehler, der die fristlose Kündigung, die er sicher plante, rechtfertigte. Die Tatsache, dass sie wusste, wie dünn die Gentleman-Politur auf seinem allgemeinen Ansehen war, gefiel ihm sicher nicht.
Valerie zog sich im Rückspiegel selbst eine Grimasse. Obwohl ihr der Gedanke, New York in dieser ungeklärten Situation zu verlassen, anfangs sehr missfallen hatte, spürte sie jetzt mit jeder Meile, die sie zwischen sich und Eric legte, nichts als Erleichterung. Die Einladung von Professor Parker gab ihr Gelegenheit, sich ein paar Tage in neutraler Umgebung zu entspannen und in Ruhe zu überlegen.
Der Anblick des Landsitzes, in dem die Familie Parker seit drei Generationen residierte – wohnen konnte man bei diesem Anwesen kaum sagen – riss Valerie endgültig aus ihren Grübeleien.
Das mächtige Backsteingebäude war eine unkonventionelle Mischung aus amerikanischem Herrensitz und englischem Gutshaus. Eine imponierende Reihe Säulen, Erker und Seitenflügel verschönerte den Haupttrakt. Die Kulisse war ein riesiger, gepflegter Park mit sehr alten Bäumen.
Valerie stieß einen leisen, nicht gerade damenhaften Pfiff aus und stoppte ihren Wagen vor einer Freitreppe, die schlossähnliche Ausmaße hatte. Es verwunderte sie kein bisschen, dass Sekunden später ein dunkelhäutiger Diener in schlichter
Livree auftauchte und sich respektvoll vor ihr verneigte. Er passte zum Stil dieses Hauses.
»Willkommen in Golden Park, Miss Sebring. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Fahrt.«
Valerie erwiderte sein Lächeln. »Danke, alles lief bestens. Erwartet mich der Professor schon ungeduldig?«
»Aber nein, Miss Sebring. Der Herr Professor hat auch Anweisung gegeben, dass ich Sie zuerst in Ihre Räume bringe. Er dachte, dass Sie sich nach der langen Fahrt gern ein wenig frisch machen möchten. Die Cocktails vor dem Abendessen werden um sieben Uhr in der Bibliothek gereicht. Falls es Ihnen recht ist, würde Sie der Professor bei dieser Gelegenheit dann gern persönlich begrüßen...«
»Natürlich ist mir das recht.« Die feierlichen Sitten in Golden Park amüsierten Valerie. »Ich bin schließlich zum Arbeiten hergekommen und richte mich ganz nach den Wünschen des Professors.«
»Wenn ich mit Ihrem Gepäck vorausgehen darf...«
Valerie nickte und öffnete den Kofferraum, der nur eine Reisetasche, ihren Kosmetikkoffer und ihren Aktenkoffer enthielt.
»Danke, den Koffer nehme ich selbst«, wehrte sie ab. »Wie ist bitte Ihr Name?«
»Jim. Der Professor sagt Big Jim zu mir.« Der Schwarze grinste, dass seine weißen Zähne blitzten.
Valerie fühlte sich an »Vom Winde verweht« erinnert und untersagte sich die entsprechende spöttische Bemerkung, die sich ihr auf die Lippen drängte.
Von den Honoraren seiner Bücher allein konnte der Pro¬fessor sicher nicht so fürstlich leben, er musste zusätzlich über ein recht ansehnliches Vermögen verfügen.
»Sie sind im Gästeflügel untergebracht, Miss Sebring.«
Big Jim erklärte ihr den Weg. »Wenn Sie nachher von der Haupttreppe durch diese Tür dort gehen, kommen Sie di¬rekt in die Bibliothek. Bitte sehr, hier sind Sie zu Hause. Mrs. Magpie, die Haushälterin, wird Ihnen eines der Mädchen schicken – zum Auspacken.«
»Du meine Güte!« Valerie wehrte ab. »Das ist wirklich nicht nötig. Meine Sachen kann ich schon selbst in den Schrank räumen. Mrs. Magpie braucht sich nicht zu be¬mühen.«
2
Wer einem Gespenst in die Hände fällt, muss die Konsequenzen tragen
Ganz erschlagen von der luxuriösen Gastfreundlichkeit des Professors sah sich Valerie um, als sie endlich allein war. Holzgetäfelte Wände, antike Möbel, dicke Teppiche.
Ein eigenes Badezimmer und ein separater Schlafraum. Dagegen war ihr kleines Apartment in New York ein höchst schäbiges Quartier, auch wenn sie es noch so gemütlich fand.
»Nun mach dir mal keine Illusionen, Valerie Sebring!«, rief sie sich zur Ordnung. »Du bist hier nicht die Hausher¬rin, sondern nur ein Bote, der dem Professor seine Korrek¬turfahnen bringt und dafür sorgen soll, dass er die Biester auch gründlich liest. An die Arbeit, mein Mädchen!«
Die wenigen, meist sehr sportlichen und neutralen Kleidungsstücke, die sie eingepackt hatte, verloren sich in der Weite des großen Schrankes. Nach einer Dusche zog sie sich um, vertauschte die Hose, die sie während der Fahrt getra¬gen hatte, mit einem klassisch geschnittenen Kostüm aus kö¬nigsblauem Leinen, zu dem sie eine strenge weiße Bluse trug.
Ihre schulterlangen, schwarzen Haare wellten sich sanft nach innen, und ihr ovales, ebenmäßiges Gesicht hatte keine kosmetischen Tricks nötig.
Ein Hauch Lippenstift musste genügen. Immerhin ging es darum, einem alten Herrn gegenüberzutreten, der vermut¬lich ein ausgeflipptes Makeup und modische Spielereien nicht sehr schätzte.
Valerie ahnte nicht, dass sie sich gerade durch diese Schlichtheit weit mehr aus der Masse heraushob, als sie beabsichtigte. Und in Big Jims Stimme klang fast so etwas wie Stolz mit, als er sie wenig später in der Bibliothek sehr förmlich ankündigte.
»Miss Valerie Sebring, aus New York.«
Ihre Füße versanken in matt schimmernden, tiefen Teppichen, und es blieb ihr genügend Zeit, sich einen ersten Eindruck von den beiden Männern zu verschaffen, die auf sie warteten, während sie zwischen den deckenhohen, ge¬schnitzten Bücherregalen hindurchschritt.
Der ältere Herr war ohne Zweifel Professor Norman Parker. Sein Charakterkopf mit den schlohweißen Haaren und der scharf geschnittenen Adlernase war ihr von vielen Archivfotos vertraut.
Nur Parkers Größe verblüffte sie im ersten Moment. Sie stempelte seinen zierlichen Sekretär fast zu einem Zwerg, obwohl dieser sie selbst um einige Zentimeter überragte.
»Miss Sebring, wie schön, dass Sie gekommen sind. Darf ich Ihnen meinen Sekretär, Mister Achmed Hamir vorstel¬len? Er ist gebürtiger Ägypter und mit meiner Arbeit sehr vertraut.«
Valerie lächelte Hamir knapp zu und schätzte ihn im Stil¬len auf Mitte Dreißig. Die Bewunderung, die allzu deutlich in seinen schwarzen Augen stand, war ihr nahezu peinlich.
Dieses Anstarren lag schon an der Grenze zur Unhöflich¬keit, und sie ertappte sich dabei, dass sie seine weichen Züge und den vollen Mund als zu weiblich, wenn nicht gar wei¬bisch klassifizierte. Ein Mann, den sie nur schwer sympa¬thisch finden würde, ganz im Gegensatz zum Professor, der jetzt auf den Sessel an seiner Seite deutete.
»Nehmen Sie Platz, Valerie. Und verzeihen Sie es einem alten Mann, dass er Sie auf diese Reise geschickt hat. Ich kann es nicht bereuen. Es ist lange her, dass eine so schöne Frau mein Haus besucht hat.«
»Sie schmeicheln mir, Professor.« Valerie ließ sich nieder und kämpfte gegen ein spontanes, unbehagliches Gefühl an. Am liebsten hätte sie Hamir den Rücken zugedreht. »Ich bin sehr gerne gekommen.«
»Ich muss gestehen, eine Cheflektorin habe ich mir an¬ders vorgestellt«, mischte sich der Ägypter in das Gespräch. »Mindestens fünfzig, grauhaarig, hager, und Brille tragend. Sie dagegen, Miss Sebring, könnten in meiner Heimat die Perle eines jeden Harems sein.«
Wie albern, dachte Valerie. Erwartete er, dass sie über die¬sen flauen Witz lachte?
»Vielen Dank, Mister Hamir. Ich ziehe es vor, in New York zu leben und für mich selbst zu sorgen.«
»Ach, diese emanzipierten, selbstsicheren Frauen.« Der Professor schmunzelte über ihre Schroffheit. »Die Zeiten, wo man sie einsperren und ihnen befehlen konnte, sind lei¬der für immer vorbei.«
In allgemeinem Gelächter ging der peinliche Moment vorbei, und im folgenden Gespräch revidierte Valerie ihre Meinung über Hamir ein wenig.
Seine