Das Haus Zamis 27 – Freaktown
Von Michael M. Thurner und Catalina Corvo
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Über dieses E-Book
Der 27. Band von "Das Haus Zamis".
"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer
enthält die Romane:
71: "Freaktown"
72: "Moloch der Nacht"
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Das Haus Zamis 27 – Freaktown - Michael M. Thurner
Freaktown
Band 27
Freaktown
von Catalina Corvo und Logan Dee
nach einer Story von Uwe Voehl
© Zaubermond Verlag 2013
© Das Haus Zamis – Dämonenkiller
by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Lektorat: Dario Vandis
Titelbild: Mark Freier
eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur
http://www.zaubermond.de
Alle Rechte vorbehalten
Was bisher geschah:
Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt. Asmodi, der Fürst der Finsternis, und Graf Nocturno, der Anführer der Oppositionsdämonen, schließen einen Pakt: die Charta Daemonica. Damit ist Asmodi einmal mehr der unumstrittene Herrscher über die Schwarze Familie. Der geheimnisumwitterte Nocturno bedingt sich allein drei winzige Gebiete aus – und Coco Zamis als seine Begleiterin. Damit er Cocos Begleitung auch sicher sein kann, verwandelt er ihren Vater in einen krötenartigen Freak. Nocturno entführt Coco zunächst nach Schweden.
Dort, inmitten der Steinsetzung Ales Stenar befindet sich der Zugang zu einer anderen Dimension. Es ist eine Welt, in der selbst die Schwarze Eminenz, wie sich der Graf auch gerne nennen lässt, einen Teil der Macht eingebüßt hat und nicht mehr allein über Tod oder Leben entscheidet. Ihre Odyssee gleicht einer Flucht, denn von Anfang an setzt sich ein geheimnisvoller Verfolger auf ihre Fersen. Er nennt sich Meister Letum und ist der personifizierte Tod. Es hat den Anschein, als hätte er noch eine alte Rechnung mit Nocturno offen … Ihr Weg führt Nocturno und Coco in ein seltsames Dorf. Die Bewohner dort scheinen allesamt in einem vergangenen Jahrhundert zu leben. Seit alters her sind sie von den Bewohnern des Nachbardorfes hermetisch abgeschirmt und fürchten dieses wie die Pest. Sie nennen es das Dorf der Stille. Da passiert etwas, was es eigentlich nicht geben darf:
Eine verstümmelte Leiche aus dem Dorf der Stille wird in dem Nachbarort aufgefunden.
Es entbrennt ein Kampf zwischen Nocturno und »Schwester Mania«, die den Irrsinn über die Menschen bringt. Nocturno und Coco gehen als Sieger daraus hervor, ihr Weg führt sie jedoch weiter. Nocturno und Coco erreichen einen riesigen Friedhof, auf dem besondere Gesetze gelten. Die Gesetze des unheimlichen »Bestatters«. Es scheint, als hätte Nocturno in ihm seinen Meister gefunden. Cocos einzige Hoffnung ist ihr Bruder Georg, der sich auf ihre Fersen geheftet hat. Doch Georg hat inzwischen mit seinen eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Je länger Coco dazu verdammt ist, an der Seite Nocturnos zu bleiben, desto verzweifelter wird ihre Lage. Da findet sie sich plötzlich in einer riesigen Metropole wieder. Nocturno ist verschwunden …
Erstes Buch: Freaktown
Freaktown
von Catalina Corvo
nach einer Story von Uwe Voehl
1.
Mit quietschenden Reifen schossen der weiße BMW und der schwarze Mercedes um die Ecke.
Die junge Frau, die gerade den Zebrastreifen bei der Fußgängerampel überqueren wollte, sprang erschrocken zurück. Hastig trat sie wieder auf den Bürgersteig. Doch der Absatz ihres kniehohen Lederstiefels blieb an der Bordsteinkante hängen und brach ab. Die junge Frau schrie auf. Gerade noch konnte sie sich am Mast der Fußgängerampel festhalten, um nicht rückwärts auf den Gehsteig zu stürzen.
Die Wagen kreuzten ungebremst die rote Ampel, rasten vorüber und verschwanden. Sie sah ihnen wütend hinterher. Verdammte Rowdys. Besoffene Neureiche, die sich in ihren teuren Karren wie Formel Eins Fahrer oder Batman persönlich fühlten und sich nachts Rennen lieferten.
Missmutig betrachtete Jennifer Sheldon ihr ruiniertes Schuhwerk. Nie wieder billige Stiefel. Leider waren schlechte Imitate teurer italienischer Marken das Einzige, das im Budget einer aufstrebenden Entertainerin lag. Gesangsunterricht und Schauspielschule verschlangen Unsummen.
Immerhin zahlte das Sunflower gut und einigermaßen pünktlich. Ein Job als Tänzerin in einer Stripteasebar war zwar nicht gerade der Traum aller Schwiegermütter, aber besser als putzen, sagte sich Jennifer. Mit einem Körper wie ihrem wäre es eine Schande gewesen, auf gutes Geld zu verzichten. Es finanzierte ihr eine hübsche Dachwohnung und einen ausreichend gefüllten Kühlschrank. An guten Abenden konnte sich das Trinkgeld wirklich sehen lassen. Und die Arbeitszeiten störten sie auch nicht. Meistens konnte sie ausschlafen.
Wenn man nicht gerade müde und fertig auf kaputten Schuhen nach Hause musste, war der Job wirklich in Ordnung. Billigschuhe dagegen nicht. Und sie ließen sich noch nicht einmal steuerlich absetzen.
Nachdem das Motorengeräusch verklungen war und keine weiteren Möchtegernrennfahrer die Straße mehr unsicher machten, wagte Jennifer einen erneuten Versuch, die Fahrbahn zu überqueren. Dank zwölf fehlender Zentimeter Absatzhöhe humpelte sie dabei wie eine Kriegsversehrte. Das ging erst recht auf die Knöchel.
Flüche murmelnd erreichte sie schließlich im Schneckentempo die U-Bahn-Station. Normalerweise ignorierte sie das schmierige Geländer, diesmal musste sie sich daran festhalten. Von unten wehte der Gestank von Alkohol und Urin herauf. Schaudernd umging Jennifer eine besonders übel riechende Pfütze Erbrochenes ebenso wie den volltrunkenen, abgerissenen Schläfer, der nur einen Meter weiter in sich zusammengesunken auf der Treppe hockte und vor sich hin schnarchte.
Angewidert schlich sich die Tänzerin vorbei, um ihn nicht aufzuwecken.
Am Gleis feierte eine Handvoll Punks mit Dosenbier und billigen Energydrinks die selbst gewählte Trostlosigkeit. Rote Irokesen wippten, Springerstiefel zappelten nervös. Kleine Metallkettchen klirrten an breiten Gürteln und von den Schultern schwarzer Lederjacken. Und das waren nur die beiden Mädchen. Sie trugen knappe Tops unter ihren Jacken, die so viel von Bauch und Dekolleté zeigten, dass sie abgesehen von ihren provokanten Frisuren und der grellbunten Schminke auch gut ins Sunflower gepasst hätten. Die drei zugehörigen vielleicht neunzehnjährigen Jungs erinnerten an eine schlechte Coverband von Kiss. Sie hatten die Gesichter weiß geschminkt. Unmengen schwarzer Kajal umrahmte die Augen und ergänzte die ebenfalls schwarz gemalten Lippen. Auch die Haare glänzten in künstlichem Schwarz oder Eisblond. Gel ließ einzelne Strähnen wie die Stacheln eines Igels vom Kopf abstehen. Alle drei trugen eine gleichartige schwarze Lederkluft und grellweiße T-Shirts auf denen in dunkelroten Lettern der Schriftzug »Anytime, Baby« prangte.
Einer übte mit leeren Getränkedosen Zielkicken auf einen weiteren Penner, der sich neben einem Mülleimer zusammengerollt hatte. Jedes Mal, wenn eine Dose traf, jubelten die Kids.
Jennifer mied die Gruppe und versuchte, unauffällig vorbeizukommen. Aber ihr Gehumpel fiel auf. Die Jungs zeigten auf sie, machten obszöne Gesten und lachten betrunken.
Nun ärgerte sich Jennifer, dass sie zu faul gewesen war, die Kleidung zu wechseln und sich in einen Jogginganzug zu werfen. Ihr rotes Minikleid erschien ihr plötzlich wie ein Fadenkreuz. Und die hormongesteuerten Halbstarken legten auf sie an. Jennifer setzte sich möglichst weitab auf eine Bank und tat, als habe sie nichts bemerkt. Die Jungs grölten herüber. »Hey, wie wär`s, Süße? Machst du's für 'nen Fünfziger?«
Jennifer drehte den Kopf weg. Sie betete inständig, dass die Bahn bald kam. Und hoffentlich hatten diese Kids nicht vor, mitzufahren. Aber der Zug ließ auf sich warten. Einer der Punks kam herüber. Breitbeinig stellte er sich neben sie und betrachte sie von oben bis unten. Er stank nach Bier. »Bist schon ein geiles Stück. Willst du fi-«
»Halt die Klappe.« Jennifer hob die Hand und schüttelte sie abwehrend. »Zieh einfach ab und geh zu deinen Mädchen rüber, die werden schon ungeduldig.«
In der Tat waren die Blicke, die die beiden Girlpunks ihr schenkten, nicht gerade freundlich. »Schlampe!«, rief eine. »Ja, lass sie doch. Die ist hässlich«, ergänzte das andere Mädchen lautstark.
Aber der weißgesichtige Junge ignorierte die Zwischenrufe. Er setzte sich neben Jennifer. Sie rückte ab, er folgte nach. »Du hast tolle Titten. Die sehen so aus, als warteten sie nur drauf, dass einer sie anpackt.«
Mit lüsternem Grinsen griff er Jennifer an den Busen. Sie ließ ihre flache Rechte auf seine Wange sausen und sprang von der Bank. Er sprang ebenfalls auf. Sein Grinsen bekam eine raubtierhafte Qualität.
Der Streit lockte nun auch seine Kameraden an. Sie joggten herüber.
Der Zug kam noch immer nicht. Hatte das verfluchte Ding etwa Verspätung? Mitten in der Nacht?
»Ey, Puppe. Jetzt sei doch nicht so eine Spaßbremse.«
Das sah nicht gut aus. Drei waren drei zu viel. Jennifer fuhr herum und trat die Flucht an, da rächte sich der Billigschuh ein weiteres Mal. Sie knickte um und stolperte. Die Jungs grölten.
Schon war einer über ihr. Brutal drehte er sie auf den Rücken und setzte sich auf ihre Hüften. »Schau mal, ob sie ein Höschen trägt«, kreischte einer seiner Kameraden. »Ich wette, die geile Schlampe ist schon ganz feucht.«
Sie lachten. Eine Hand fuhr brutal zwischen Jennifers Beine und unter den Minirock. Die strampelte und schlug um sich, aber nun warfen sich auch die anderen Jungs auf sie und hielten sie fest.
Tränen traten Jennifer in die Augen, sie schluchzte. Der Junge ließ nicht von ihr ab, sondern begrapschte wieder ihre Brüste, während seine Kumpels ihre Hände festhielten. Die Mädchen hatten sich nun scheinbar auch auf die Seite ihrer Macker geschlagen. »Ja, gib's der Fotze. Wer so rumrennt, verdient es nicht besser.«
Als ob die kleinen Nachwuchsschlampen viel keuscher herumrannten.
»Lasst mich los!«, bettelte Jennifer. Aber ihre Peiniger packten nur umso fester zu.
Ein Rauschen drang aus dem U-Bahn-Schacht. Der Zug? Zu spät. Er kam zu spät!
Tränen liefen Jennifers Wangen herab. Wenn nicht zufällig eine Polizeistreife vorbeikam, konnte ihr niemand mehr helfen. Das Rauschen schwoll an. Aber ein Zug war das nicht. Jennifer sah nur weiß geschminkte Fratzen über sich. Was sonst noch vorging, konnte sie nicht ausmachen. Bis das betrunkene Grölen seltsam übergangslos in Schreie mündete. Die Hände ließen von ihr ab.
Erst, als sie die Augen wieder aufriss, merkte Jennifer, dass sie sie geschlossen hatte. Das Rauschen war direkt über ihr. Flügel. Schwarze ledrige, flatternde Flügel. Gespannte Haut in surrender Bewegung. Fledermäuse. Hundegroße Fledermäuse mit weiter Flügelspanne. Es musste ein gutes Dutzend sein.
Nie hatte Jennifer solche Kreaturen aus der Nähe gesehen. Schon gar nicht in dieser Größe. Die bepelzten Biester griffen die Punks an. Nun konnten die kleinen Scheißer nicht mehr grapschen. Viel zu sehr waren sie damit beschäftigt, über den Bahnsteig zu rennen und ihre Igel-Köpfe mit den Händen zu schützen. Auch die Mädchen kreischten, als ihnen kleine Krallen in die Kopfhaut fuhren.
Jennifer hingegen streifte nicht ein einziges Tier.
Ebenso wenig wie den schlafenden Penner. Beinahe konnte man glauben, dass die Fledermäuse die Punks mit Absicht verjagten. Kreischend verließen die Halbstarken schließlich in wilder Flucht den U-Bahnhof.
Jennifer richtete sich auf. Einige Augenblicke starrte sie erschöpft ins Leere, dann zog sie das zerfetzte Kleid zurecht. Es war im Ausschnitt und an den Oberschenkeln völlig zerrissen und taugte wohl nur noch als Putzlappen.
Sobald der erste Schock gewichen war, erinnerte sich die junge Frau wieder an ihre fremdartigen Retter.
Sie musste nicht lange Ausschau halten. Wie ein eingespieltes Team sammelte sich der Schwarm im Zentrum des Bahnsteigs. Wild flatterten die schwarzen Leiber um eine Deckenleuchte, dann stürzten sie unvermittelt auf die Stripperin herab. Sie schrie und riss die Hände vors Gesicht.
Doch der Angriff blieb aus. Das Rauschen der Flügelschläge verlor sich, und Jennifer hob den Kopf. Sie blickte in das ebenmäßige, edle Gesicht eines schlanken, bleichen Mannes Anfang zwanzig. Sein Äußeres war attraktiv. Aber etwas störte sie daran. Die junge Frau begriff erst auf den zweiten Blick, was sie irritierte. Er hatte keine Ohrmuscheln. Dafür ragten zwei unförmige, fein geäderte, schwarzfellige Flügelohren aus seinem leicht gewellten schwarzen Haar. Wie Accessoires eines Halloweenkostüms standen sie von seinem Kopf ab. Jennifer schrie nicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, ihre Beine wie gelähmt.
So konnte sie nur gebannt dabei zusehen, wie die schwarzen, pelzigen Ohren schrumpften und stattdessen hinter seinen Wangen die Haut zu schmelzen schien. Wie von unsichtbaren Künstlerhänden geformt wuchsen Ohrmuscheln aus dem Knochen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann waren die Fledermausohren verschwunden und das menschliche Gesicht vollständig.
Jennifer brachte nur ein unartikuliertes Stöhnen hervor. Der junge Mann neigte sich zu ihr. Blasse, schlanke Finger strichen kühl über ihre Wange. »Keine Sorge, Miss. Wir sind nicht hier, um Ihnen wehzutun.«
Miss? Wir? Wovon redete er? Ach ja, tatsächlich. Er war nicht allein. Ein gutes Dutzend riesiger Fledermäuse bevölkerte nun den Bahnsteig. Allesamt schlank und groß. Allesamt gut aussehend. Und allesamt nackt. Und keiner schien damit ein Problem zu haben. Bizarr. Einfach bizarr. Jennifer fragte sich, ob ihr im Klub jemand Drogen in die Cola geschüttet hatte.
Der junge Mann lächelte sanft. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, erstarrte aber mitten in der Bewegung. Seine Augen verengten sich, das Lächeln erlosch. »Miss, Sie gehen jetzt besser.«
Jennifer schüttelte den Kopf und rieb sich die Schläfen. Sie verstand gar nichts mehr. Das war alles zu viel. »Warum denn?«, fragte sie leise. »Was ist denn los?«
Aber der junge Mann antwortete nicht. Er hatte die Hände erhoben und schrie. Dann krümmte er sich vor Schmerz.
Zur gleichen Zeit stürmten groteske Gestalten den Bahnsteig. Die meisten waren kleinwüchsig. Oder wie künstlich in die Länge gezogen. Ihre Proportionen passten nie. Affenarme, verkrüppelte Hände, verwachsene Beine, tintenfischartige, aufgequollene Hälse. Haarsträhnen wie schmutzige Papierfetzen. Einer sah aus wie ein Frettchen, ihm spross sogar hellbraunes Fell statt Haar auf dem Kopf. Beim nächsten bildeten Kinn und Nase eine Einheit, wie eine Pyramide stach das Gesicht aus dem Kopf hervor, winzige Lippen saßen als Spitze oben auf. Ein anderer hatte die Augen seitlich am Kopf. Seine vorgewölbten aufgerissenen Lippen erinnerten an einen Karpfen. Er schwang einen Baseballschläger. Auch die anderen Monster schleppten improvisierte Waffen mit sich. Eisenketten, Brechstangen, Wagenheber. Damit stürzten sie auf die zarten jungen Männer zu.
Diese wehrten sich nicht, verwandelten sich auch nicht. Wie erstarrt verharrten sie dort, wo sie waren. In höchstem Schmerz schreiend brachen sie schon in die Knie, noch bevor der erste Schlag auf ihre ungeschützte Haut niedersauste.
Erbarmungslos schlugen die Neuankömmlinge zu. Schläge und Tritte prasselten begleitet von wildem Johlen auf Jennifers Retter ein. Wieder und wieder fuhren sie herab und verwandelten langsam aber sicher die schneeweißen Leiber in blutige Klumpen. Irgendwann ebbte das Schreien ab. Jennifer schluckte.
Die Kreaturen mit den Brechstangen wandten sich ihr zu.
2.
Coco (centro terrae)
Plötzliche Helligkeit blendete mich, als ich aus dem U-Bahn-Schacht auf den Bürgersteig taumelte. Ich wankte und übergab mich in eine Rabatte zwischen die Tulpen.
Erst als ich mich erleichtert hatte und wieder einigermaßen klar denken konnte, nahm ich die Stadt wahr. Sie war heiß. Es war Sommer. Ein unangenehmer Schweißfilm breitete sich unter meiner Kleidung aus.
Schwer hingen Essens- und Abgasdämpfe zwischen grauen, heruntergekommenen Hochhäusern. Als träger Dunst krochen sie durch die Straßen und klebten an der Haut und in den Lungen der Menschen. Hier und da überragten Wolkenkratzer aus Glas das Häuserlabyrinth. Sonnenlicht brach sich in zahllosen Fenstern und ließ sie glitzern