Champagner, Gift & Nudelholz: Sammelband 2024
Von Romy van Mader
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Über dieses E-Book
Jede Geschichte ist in sich abgeschlossen und bestens dafür geeignet, um sich zwischen Klößerollen und Plätzchenbacken herzhaft zu amüsieren und zu entspannen.
1 CHAMPAGNER & ZAHNPASTA
2 KEIN SCHWANZ FICKT DICH SO HART WIE DAS LEBEN!
3 TOXISCHER SCHEISS: GET OUT OF MY ENERGY
4 ICH FRESSE MEINE FALTEN EINFACH WEG: SCHEISS AUF SIZE ZERO
Wir wünschen viel Freude beim Leben, Lieben, Lesen & Lachen!
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Buchvorschau
Champagner, Gift & Nudelholz - Romy van Mader
1 CHAMPAGNER & ZAHNPASTA
Auf der Suche nach THE ONE AND ONLY: STEFANIE KOCH, 44 Jahre, lange, rote Haare, weiblich, sinnlich und Single
KÖNNTE WAS SEIN 1: BERND BARDER, 54 Jahre, Ingenieur, Single
KÖNNTE WAS SEIN 2: Dr. JOCHEN KAUFMANN, 49 Jahre, Zahnarzt, Modelltyp, Ästhet, Single
DARF NICHT SEIN: PABLO, 39 Jahre, feuriger Italiener, Kellner im BE LA VO und verheiratet
AM ENDE IST DANN WAS …
Sollte es einen Kurs im NICHT-MEHR-WUNDERN geben, dann geben Sie mir bitte Bescheid. Ich, geborene Stefani Koch, kurz Steffi, habe so viel Erfahrungen mit Begegnungen der dritten Art, dass ich fast glauben muss, dass es auf der Erde irgendwo ein Versteck unter der Erde für diese besondere Spezies geben muss. In irgendwelchen unterirdischen Höhlen haben jene Männer den Anschluss an die Evolution verpasst. Haben sie dann irgendwann den Ausgang gefunden und sind ins Licht gegrabbelt, oder wurden womöglich von ihren Kumpanen wegen Platzmangels ausgestoßen, dann müssen sie erstmal lernen, sich hier auf der Erde zurechtzufinden. Aber wofür gibt es Frauen wie mich, die sich solch hilfloser Geschöpfe annehmen und ihnen mit Geduld und Spucke die verschiedensten Alltagslektionen beibringen? Zu diesen Lektionen gehören zum Beispiel der richtige Umgang mit Messer, Gabel, Licht, Putzmitteln und vielem anderen mehr. Eine solche Spezies, oder wie man in Bayern sagen würde, solche Spezln
, durfte ich über eine Kontaktanzeige kennenlernen. Zwei an der Zahl, wobei es genau genommen drei waren …
Nach einer längeren Pause von dem anderen Geschlecht und meiner wiederbelebten Hoffnung, es gibt ihn da draußen doch noch irgendwo den Mann, der mit mir alt werden möchte, gab ich ganz old-school ein Inserat in einer Zeitung auf. Es gibt ja immer noch Menschen, die Zeitung lesen, wobei alle Printauflagen und zwar sämtlicher Zeitungen und Zeitschriften in den Keller purzeln. Ungefähr drei Wochen später erhielt ich so viel Post, dass mir fast schwindlig wurde. Das war übrigens auch der Grund, warum ich mich für diese Variante entschieden hatte. Ich liebte es, Sendungen aller Art, ausgenommen Rechnungen, Werbungen und Bekanntmachungen, vom Postboten gebracht zu bekommen. Und so öffnete ich mit großer Vorfreude einen Brief nach dem anderen und sortierte sie nach IDIOTEN, PERVERSEN, NICHT LESBAR (Kleiner Tipp an dieser Stelle: Nennt man schon eine Sauklaue sein Eigen, dann nutze man doch bitte ein Schreibprogramm!) und KÖNNTE WAS SEIN aus. Auf dem Stapel KÖNNTE WAS SEIN „stapelten" sich genau zwei Briefe.
Mein erster auserwählter Kandidat, Bernd, hatte in seinem 13-seitigen Brief eine ausführliche Beschreibung seiner Person abgegeben. Darin enthalten waren seine körperlichen und inneren Attribute, seine Ziele bezogen auf seinen weiteren Lebensweg und Wünsche, seine Traumfrau betreffend. Als Bonus gab er noch Einblicke in seine gescheiterte Ehe, seine missglückten Beziehungsversuche und die daraus resultierenden Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Partnerschaft. Beruflich war er als Ingenieur sehr erfolgreich und hatte eine eigene Firma. Da ich seinen Kurzroman an mich komplett gelesen hatte und dabei nicht eingeschlafen war, staunte ich A) nicht schlecht darüber, dass er seinen Kontoauszug nicht noch gleich mitschickte und B) dass es solche Männer wie ihn überhaupt noch gab. In seinem Brief an mich entblößte er sich regelrecht, was sein Emotionsleben anging, ohne dabei irgendwie Mitleid zu erregen, ganz im Gegenteil. Er schien genau zu wissen, was er wollte! Gegenseitiges Vertrauen stand bei ihm ganz oben. Mein Ex und mein Vor-Ex und überhaupt meine letzten Ex-Bekanntschaften konnten das Wort Ehrlichkeit nicht einmal schreiben, geschweige denn aussprechen. Und ohne Ehrlichkeit auch keine vertrauensvolle Beziehung. Tja, dieser Mann hier war irgendwie anders. Wie anders, das sollte ich noch früh genug zu spüren bekommen. Ich griff zu meinem Handy, da er mir praktischerweise seine kompletten Eckdaten „verraten" hatte und beauftragte eine Suchmaschine damit, mir einige Fotos des Herrn Bernd Barder, seines Zeichens Ingenieur, zu liefern. Jede Menge Bildmaterial wurde mir präsentiert. Bernd auf Einweihungen, Preisverleihungen, Bernd mit männlicher Begleitung, Bernd mit weiblicher Begleitung und überall sah der Bernd ganz sympathisch aus. Das Gewicht schwankte zwar auf dem einen oder anderen Foto deutlich hin und her. Mal spannte das Sakko, mal weniger. Aber das machte mir nichts. Mein Mann durfte ruhig etwas Bauch haben. Und so schrieb ich Bernd eine SMS, welche auch sofort beantwortet wurde. War das Zufall oder saß er den ganzen Tag mit Handy in der Hand da? Egal! Wir schrieben uns eine Weile recht spannungsarm hin und her und verabredeten uns für ein Telefonat am nächsten Tag. Ganze zwei Stunden quasselten wir, vornehmlich er. Die Zeit verging wie im Fluge. Ein gutes Zeichen, wie ich fand, danach köpfte ich sogleich eine angestaubte Flasche Champagner, die schon viel zu lang im Weinregal, neben dem Kühlschrank, ruhte. War schon ganz verstaubt, die Gute. Unser Date war für Samstag geplant. Perfekt! Ich war euphorisch und wie von Sinnen und mit einem prickelnden Kristallkelch in der Hand befragte ich meinen Kleiderschrank. Dieser war völlig überfordert und konnte es mir so gar nicht recht machen. Ein Kleid nach dem anderen bot er mir an, aber für diesen besonderen Anlass gab er einfach nichts Passendes her. Und so düste ich am nächsten Tag, es war Freitag, nach der Arbeit noch schnell in meine Lieblingsboutique. Wie immer hatte ich Glück und Manuela zeigte mir die soeben eingetroffene Neuware und ich kaufte mir gleich zwei schöne Kleider der neuesten Kollektion von SPORTALM. Zuhause angekommen probierte ich diese gleich noch einmal und leerte dabei die angefangene Flasche vom Vortag. Hm, welches Kleid ich wohl anziehen sollte? Bunt und frech oder schwarz und sexy?
Samstagvormittag. Ich lag in einem blubbernden Meer und genoss den karibischen Duft des Schaumbads. Quer vor mir hatte ich auf meiner hölzernen Badewannenablage (was für ein Wort) für entsprechende Stimmung gesorgt. Kerzen, Erdbeeren und ein Glas Sekt – das fand ich für meine Date-Vorbereitung ganz nett. Mein Handy vibrierte und mit pitschnassen Händchen zog ich es unter dem Buch, welches ich nur als Deko aufs Brett gelegt hatte, hervor und blickte auf das Display. Bernd fragte an, ob wir uns statt 19 Uhr auch schon 18 Uhr treffen könnten? Eigentlich hätte ich ihn ja zappeln lassen müssen, mindestens eine Stunde hätte ich ihn warten lassen müssen. Aber das war mir zu viel HÄTTE und außerdem wäre mir in dieser Zeit eine Fischflosse gewachsen. Und als Mermaid hätte ich schlecht zu ihm gehen können. Also schickte ich ihm fünfzehn (eigentlich waren es nur zwei) Minuten später ein JA.
Nach all dem UNGEWÜNSCHTE-HAARE-ENTFERNEN-, KOPFHAARE-IN-FORM-DREHEN-, NÄGEL-ROT-LACKIEREN-, VON-KOPF-BIS-FUSS-EINCREMEN-, ICH-SCHMINK-MICH-NOCH-SCHÖNER-PROZEDERE war ich endlich fertig und entschied mich aus dem Bauch heraus für das kleine Schwarze. Ein tailliertes Jerseykleid mit dezenten Ledereinsätzen und einem in der vorderen Mitte eingesetzten Zwei-Wege-Reißverschluss. Super sexy. Ein paar glitzernde Ohrhänger und einen dezenten Armreif angelegt, Duftwässerchen aufgelegt, meinen Lieblings-Longmantel im angedeuteten Leo-Look übergeworfen und fertig.
So stand ich dann pünktlich 18 Uhr, wie verabredet, vor dem kleinen charmanten Restaurant und wartete. Die Minuten plätscherten dahin. Ich zog das Handy aus meiner kleinen, schwarzen Handtasche und las nochmals seine Nachricht, nicht, dass ich bedingt durch heiß dampfenden Badeschaums und Erdbeersekt irgendetwas verwechselt hatte. Nö, da stand genau: „Wunderbar! Dann 18 Uhr vor BE LA VO. Bernd"
Ja, und da stand ich (mittlerweile geschlagene 15 Minuten) mir die Beine in den Hals, oder wie das heißt. Punkt 18.20 Uhr wurde es mir zu blöd, mir war auch kalt, und ich ging hinein. Schließlich war ich viel zu aufgebrezelt und zu wohlduftend, um einfach wieder nach Hause zu fahren. Mal schauen, vielleicht ergab sich ja noch etwas bei BE LA VO. Mit einem Lächeln im Gesicht betrat ich das geschmackvoll eingerichtete Lokal und sogleich kam mir ein Kellner entgegen, stellte sich mit Pablo vor, bat um meinen Longmantel und machte mir - einzig nur mit seinen braunen Augen - ein Kompliment, welches mir rote Wangen zauberte. Vielleicht, so dachte ich mir, vernasche ich ja heute zum Dessert den Kellner. Pablo bat mich höflich darum, ihm zu folgen, was ich auch artig tat und mir seinen knackigen Hintern anschaute. Gerade, als er mich an einen Zweiertisch platzieren wollte, da durchdrang die Stille eine Männerstimme: „Stpppphnie?" Ich schaute mich in dem von anmutigen Kerzenglanz illuminierten Raum um, Pablo gab mir einen Wink und dann sah ich ihn, Bernd. Bernd fuchtelte mit seiner linken Hand wild durch die Luft, als wöllte er Aasfliegen verscheuchen oder Pablo heranwinken oder mich? Mit den Fingern seiner rechten Hand umklammerte er den leeren Weinkelch. Als Pablo und ich endlich
zu ihm blickten und nicht so recht wussten, was er mit seiner Gestik bezweckte, und wir daher stehen blieben, nahm er die Hand endlich runter und stopfte sich die Garnelen in Cocktailsoße weiter rein. Seine rechte Hand mit dem leeren Glas schnellte dafür in die Luft. Pablo räusperte sich und schaute mich aus mitleidsvollen Augen an. An dieser Stelle hätte ich eigentlich die Flucht ergreifen müssen, eigentlich. Stattdessen schlenderte ich, mit Pablo an meiner Seite, zum mampfenden Bernd hinüber. Der blieb natürlich schön sitzen und zeigte – immerhin – mit dem Löffel in seiner Pranke, auf den Stuhl gegenüber von ihm. Wie höflich! Sein Handy vibrierte in einer Tour und ich saß da wie erstarrt. Fassungslos darüber, wie manN sich so verhalten kann. Kaum war der Mund leer, legte er auch schon wieder nach. Fast hätte ich gesagt, dass er sich doch besser gleich eine Suppenkelle statt eines Löffels ordern sollte, schluckte diese Bemerkung aber hinunter. Ich war- Scheiße noch eins- einfach zu nett erzogen! Und so beobachtete ich dieses Fressschwein vor mir und fragte mich insgeheim, ob ich wie seine Fressfeindin aussah? Derweil trug ich doch gar keine Übergröße! Er aber auch nicht, heißt also nichts. War das der Futterneid? Hatte er irgendwo den Krieg miterlebt? Fragen über Fragen, die ich fürs Erste gedachte hinunter zu spülen. Kaum zu Ende sinniert, stand auch schon Pablo an meiner rechten Seite. Ich orderte sogleich aus der Karte eine Flasche Champagner und musste mir anhören, wie er mich von diesem Vorhaben abzubringen versuchte. Leider beziehungsweise Gott sei Dank verstand ich kein einziges Wort. Pablo kam und stellte den silbernen Kühler auf einem Bein neben den Tisch und zog die Flasche aus dem Eis. Bernd versuchte indes immer noch etwas zu sagen, bei diesem Versuch landeten rosafarbene Spritzer vor mir auf dem weißen Tischtuch. Ich hätte kotzen wollen und SOLLEN! Aber „Plopp", nun war der Korken aus der Flasche und ich beschloss noch etwas zu bleiben, vielleicht lernte ich ja auch heute etwas von Bernd. So wie Bernd etwas von mir, zum Beispiel die Tischregel Nummer eins: Mit vollem Munde spricht man nicht!
Als Bernd dann unter mehreren schnellen Schluckversuchen so langsam wieder der deutschen Sprache mächtig war, kam weder ein Kompliment noch eine Begrüßung, stattdessen eine Erklärung darüber, warum er am liebsten Wein oder Sekt trinkt und keinen SCHAMPANJER! Wie edel doch andere perlende Trauben seien und Blablabla. Tja, zu spät. Wer sich nicht richtig benehmen kann, der muss eben fühlen! Außerdem kann ich mir meinen Champagner auch selber bezahlen. Meine Güte, sein ganzes Menü samt Wein kostet locker mehr als meine Flasche RUINART ROSÉ. Soll sich nicht so haben. Na, schauen wir mal, wie gentlemanlike er ist. Außerdem trifft es ja keinen Armen, schließlich hatte er in seinem Brief immer wieder betont: „ICH BIN BIG IM BIG BUSINESS."
Als er die Getränkekarte erneut aufschlug und einen Blick in die Rubrik Sekt und Champagner riskierte, wurde er kreidebleich. Das war für mich an diesem Abend das schönste Gefühl. Na, das Zweitschönste, für das Erstschönste hatte Pablo heute gesorgt. Ach, dieser Pablo ging mir gar nicht mehr aus dem Kopf. Zurück zum schmierigen Theater am Tisch. Ich erhob das Glas und prostete Bernd zu und stellte mir die Frage, was ich falsch gemacht hatte, denn dieses Exemplar war auch schon wieder so ein Schuss in den Ofen. Sein verheißungsvoller Brief, unser Telefonat, alles klang so vielversprechend und dann, dann so ein SPEZL der ganz anderen Art. Nun, irgendetwas sollte dieser Abend mir aber noch bringen, Erfahrung auf alle Fälle. Mit jedem Schluck wurde ich ruhiger und ich hörte Bernd zwischen den Gängen nur noch zu. Es folgten der Hauptgang, irgendein Fisch auf irgendeiner Soße, der Nachtisch, irgendein PLUM DUDELBREI mir war das einerlei. Ich blieb bei meinem SCHAMPANJER! Bernd schien sichtlich aufzuatmen, dass ich keinen Hunger hatte und so – so schien es mir zu mindestens – fraß er langsamer. Am Ende des Berndschen Dinners machte ich mich schon auf ein Rülpskonzert bereit, aber so viel Kinderstube hatte er dann doch noch.