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Laubingers letzter Fall: Krimi-Parodie
Laubingers letzter Fall: Krimi-Parodie
Laubingers letzter Fall: Krimi-Parodie
eBook368 Seiten5 Stunden

Laubingers letzter Fall: Krimi-Parodie

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Über dieses E-Book

Im Himmel ist der Teufel los. Ein Machtkampf zwischen Gott und Herrn Teufel ist entbrannt. Kann Helmut Schmidt eine Eskalation verhindern? Denn auch Gevatter Tod streikt und droht mit Hungerstreik. Herr Teufel und Gott reisen auf die Erde und geraten mitten in eine Mordermittlung.
Unterdessen geht auf Erden ein Mörder auf Jagd nach jungen Frauen. Einem It-Girl wurde brutales Leid zugefügt! Zu Recht? Kommissar Laubinger, gerade in den einstweiligen Ruhestand versetzt, gerät in die Ermittlungen. Wer ist der seltsame Dr. Ming? Was haben die beiden sehr kleinen Buchhändler mit dem Fall zu tun? Die Jagd auf den Schlitzer beginnt! Sollte Herr Schlitzer der Schlitzer sein? Wird die Höllentalschlucht Laubingers Schicksal besiegeln? Wird Lioba Limbach ihre Sexsucht überwinden? Fragen über Fragen!
Ein Roman über die Fragen des Lebens, über Tod und Verderben, über Sitte und Moral und über das unsinnigste und überflüssigste was es gibt: It-Girls und It-Boys!

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum17. Juni 2020
ISBN9783748746041
Laubingers letzter Fall: Krimi-Parodie

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    Buchvorschau

    Laubingers letzter Fall - Rolf Bidinger

    Kapitel 1

    Kapitel 1

    „Am Anfang stand das Wort!" Er legte die Bibel zur Seite und griff zu seinem Tagebuch, was er Tage zuvor erst gekauft hatte. Er öffnete es und er blickte auf die erste noch jungfräuliche Seite. Sie lag Weiß vor ihm. Der Mann griff zu einem altmodischen Füllfederhalter und drehte die Schutzkappe ab. Er hielt kurz inne. Dann setzte er die Schreibfeder an, begann mit festem Strich sie über das Blatt zu führen. Nachdem er das erste Wort geschrieben hatte, blickte er auf und ging in die Küche. Auf dem Tisch blieb das Tagebuch zurück. Dort stand nur ein Wort. Mord! Minuten später kehrte er mit einer Tasse Kaffee zurück. Er betrachtete das Wort und setzte einen dicken Strich darunter. Er nahm seine Tasse und trank einen Schluck. Danach ergänzte er das Wort mit einem Fragezeichen. Sein Blick wanderte zum Fenster. Die Aussicht war trostlos. Eine Steinmauer versperrte seinen Ausblick auf die Welt da draußen. Seit Tagen hatte er seine kleine Kellerwohnung nicht mehr verlassen. Er war nur kurz um die Ecke in den kleinen Schreibwarenladen gegangen. Wortlos legte er die zwei Euro für das Tagebuch auf den Tresen.

    Und so wortlos wie er in den Laden gekommen war, so verließ er ihn auch wieder. Die alte Besitzerin blickte ihm nach und schüttelte nur den Kopf. Selten hatte sie einen so unfreundlichen Kunden erlebt. Später gab sie bei der Polizei an, er hätte unheimlich traurige Augen gehabt. Sie könne sich nur deshalb so gut an ihn erinnern, da sein Blick so durchdringend und dennoch leer gewesen sei. Trotz seiner grauenvollen Taten hätte sie aber Mitleid mit ihm. Mit dieser Meinung stieß sie aber auf wenig Gegenliebe. Zeugnis dafür waren die Schmierereien auf ihrer Schaufensterscheibe, die sie am Tage nach ihrer Zeugenaussage entdeckte. Als überzeugte Christin vergab sie den Vandalen und ließ die Schmierereien entfernen. Sie hegte keinen Groll und brachte damit ihren Mann auf die Palme. Ihr Mann, der als Hardliner und Befürworter einer strengeren Gesetzgebung berüchtigt war, ließ keine Gelegenheit verstreichen, in der Nachbarschaft gegen den „Abartigen" Mobil zu machen.

    Während seine Frau, in der Kirche sich ihre Knie religionsbedingt aufscheuerte, organisierte ihr Mann tägliche Demonstrationen vor dem Gerichtsgebäude. Je weiter der Prozess voranschritt, desto explosiver entwickelte sich die Lage. Die Staatsmacht bot alles auf, um den Mob in Schach zu halten. Selbst ein Wasserwerfer wurde eiligst herbeigeordert, der aber dank einer sommerlichen Wasserknappheit nur als Abschreckung ohne Wirkung zur Verfügung stand. Insgeheim war die Frau stolz auf ihren Mann, der seit Jahren endlich wieder eine Aufgabe hatte und so aus seiner häuslichen Lethargie gerissen wurde. Der Mann ließ nichts aus um Stimmung gegen das für ihn feststehende Fehlurteil zu machen, welches er unweigerlich auf die gesamte Stadt zukommen sah. Selbst vor einem Hungerstreik scheute er nicht zurück, wenn auch nur halbtags. Seine Frau bestand auf das gemeinsame Abendessen und sabotierte dadurch seine Bemühungen des sichtbaren Ausmergeln`s seines Körpers, als Symbol von zivilem Ungehorsam.

    Gegen die Judikative sich aufzulehnen machte ihm keine Mühe, gegen seine Frau war er chancenlos. So war es schon immer, jedenfalls seitdem er sie gefreit hatte und würde sich auch nicht mehr ändern, bis der letzte Sargnagel eingeschlagen wäre. Und der sollte nicht mehr lange auf sich warten. Gevatter Tod lugte bereits um die Ecke und würfelte aus, wem von beiden er seine uneingeschränkte Zuneigung zuerst schenken sollte. Und so beobachtete der Sensenmann über mehrere Tage hinweg, welchem der Zwei er den Vorzug geben würde. Für jeden Einzelnen fand er Gründe, die eine sofortige Abberufung rechtfertigen würden, aber wer die Wahl hat - der hat auch die Qual. Warum sollte es dem Tod auch besser ergehen wie den Menschen. Augen auf bei der Berufswahl möchte man ihm unweigerlich zurufen.

    Doch besser man unterlässt das, denn man sollte sich bei ihm nicht besserwisserisch anbiedern. Zuviel Nähe schadet da nur. Zuviel Aufmerksamkeit schadet der eigenen Lebenserwartung! Und zuviel „zuviel" Schreiben schadet der Stilistik! Nun muss man allerdings zur Existenz vom Gevatter folgendes erwähnen: Man sieht ihn nicht! Nicht das er ein scheues Reh wäre - mitnichten - er leidet sogar unter der Nichtbeachtung. Seine Unsichtbarkeit macht ihm seit Jahren äußerst schwer, zu schaffen, so dass er zuweilen sogar unter depressiven Schüben leidet. Und aufgrund seines Sichtbarkeitsdefizit`s lässt sich nur schwer ein Termin bei einem Facharzt ausmachen. Überall wo er vorstellig wurde, ignorierte man ihn einfach. Man behandelte ihn wie Luft. Obwohl er ja beruflich hin und wieder mit Ärzten zusammenkam, verliefen diese Treffen meist oder eigentlich immer unerfreulich, da diese stets tot waren. So verpasste er immer wieder die Chance auf ein klärendes Gespräch. In tiefster Verzweiflung versuchte er sich in Selbstdiagnose und attestierte sich eine Wahrnehmungsstörung! Er verordnete sich selbst eine Maltherapie, die zu einer leichten Verbesserung führte.

    Die Annahme, dass aus dieser Therapieform sich der Begriff „vom Tode gezeichnet" ableitet, gilt als nicht wissenschaftlich begründet und belegt. In einer schmerzlichen Selbsterkenntnis musste sich Freund Hein eingestehen, mit dieser Krankheit bis zu seinem Tode Leben müssen. Und da er ein Ein-Mann-Betrieb war, ein Nachfolger war nicht in Sicht, könnte das noch ein paar Jahre so bleiben.

    Wie gerne hätte er einen Lehrling ausgebildet, der nach erfolgreicher Gesellenprüfung, sein Geschäft übernehmen würde. Doch immer wenn er einen Aspiranten ins Auge fasste, starb dieser.

    Und so war er mit der Gesamtsituation äußerst unzufrieden und ärgerte sich das ein oder andere mal zu Tode. Aus purer Verzweiflung hatte er sogar schon einmal eine Todesanzeige aufgegeben, aber ohne jeglichen Erfolg, da ja auch noch erschwerend hinzukommt, dass er seit Menschengedenken ohne festen Wohnsitz ist. Wie sollen da Bewerbungen an ihn zugestellt werden!

    Und so befindet er sich weiter in einem Dilemma. Alleinzusein auf weiter Flur, um den Menschen seine Dienstleistung zuverlässig anzubieten. Und bisher hat auch noch nie einer sein Angebot ausgeschlagen. Bis auf dieses eine mal, wo er kläglich versagte. Aber darüber spricht er nicht gerne und mit wem auch. Dieser Jesus ist ihm auch heute noch ein Dorn im Auge. Aber das ist eine andere, für ihn unrühmliche Geschichte. Jedenfalls hat er sich fest vorgenommen, so eine Schlamperei wird ihm nie wieder passieren. Schließlich hat er ja einen Ruf zu verlieren. Er hatte sich damals bei der ersten gemeinsamen Konferenz mit Gott einfach über den Tisch ziehen lassen. Gott wollte unbedingt ein Zeichen an die Menschen senden. Und er hatte sich aus einem plötzlichen Anflug von Gefühlsduselei dazu hinreißen lassen, dieses einmalige Zugeständnis zu machen. Gott hatte ihm damit gedroht, einen zweiten Tod einzustellen, so mit wäre sein Alleinstellungsmerkmal futsch gewesen. Dann hätte man die Arbeit in Nord und Süd aufgeteilt, wie bei Aldi!

    Der andere hätte den Norden bekommen und er hätte sich mit den Bayern rumschlagen dürfen. Und die versteht man doch so schlecht! Da weiß man nie, reden die noch oder röcheln sie schon. Schließlich muss er ja immer auf das letzte Röcheln warten, ehe er seiner Arbeit nachgehen kann. Das erfordert die Präzision eines Uhrwerks. Alles eine Frage des Berufsethos!

    Und er kann, mit fug und Recht behaupten, der Beste seines Fachs zu sein. Das hatte er auch auf der letzten Weltkonferenz Gott gegenüber in einer Endlosschleife immer und immer wieder betont, bis es Gott zuviel wurde und ihn ermahnte. „Sie langweilen mich zu Tode!"

    Dazu muss man wissen, die beiden siezen sich. Nicht aus gegenseitigem Respekt für ihre Lebensleistung, sondern weil sie sich nicht mögen. Aber sie müssen nun einmal sich miteinander arrangieren, sonst würde das Weltgefüge auseinanderfallen.

    Und da Gevatter Tod von Gott abhängig ist, er befindet sich in einem Angestelltenverhältnis, musste er sich auch auf die geforderte Dienstkleidung einlassen. So sehr er die schwarze Kutte hasst, dazu noch die überdimensionierte Kapuze, bei der seine Frisur niemals zur Geltung kommt, hatte er eine Vereinbarung unterschrieben und sie damit akzeptiert. Auch auf seine Bitte, einen weniger kratzenden Stoff auszuwählen, erteilte Gott ihm eine Absage. Gott ließ sich auch nicht auf seine Farbwünsche ein. Zu gerne hätte er, wenn er schon eine kratzende Kutte tragen musste, wenigstens etwas Farbenfroheres sich gewünscht, ein freundliches Grün oder ein lebens bejahendes Dottergelb. Doch Gott erwiderte stets mit einem „Niet!", dies hatte er sich angewöhnt, nachdem er vor Kurzem von einer Russlandreise kam. Seitdem ist er dem Wodka etwas zugetan, was auch den Erzengeln nicht verborgen geblieben ist. Aber aus Angst, ihre Flügel aberkannt zu bekommen, überriechen sie es einfach. Seit der letzten Sintflut sind sie etwas vorsichtig im Umgang mit dem Chef geworden. Er hatte sich damals etwas erzürnt, nachdem sie ihm auf der Betriebsversammlung mitteilten, die HEG zu gründen. Die Engel konnten mit einer zweidrittel Mehrheit ihre Gewerkschaftsgründung durchsetzen.

    Die HEG, Himmlische-Engel-Gewerkschaft, verstand sich dabei als Korrektiv zu den göttlichen Entscheidungen des Chefs. Dies hatten sie als dringend notwendig angesehen, nachdem der Konzern zerschlagen und in zwei getrennte Unternehmen aufgeteilt wurden. Zum einen in die Himmels AG, der Gott als Generaldirektor vorsteht und in die Hölle GmbH, Gesellschaft mieser Bürger Holding. Letztere wird vom ehemaligen Prokuristen Herrn Teufel geleitet. Zu dieser Trennung kam es, da sich Gott und Herr Teufel nicht über die Firmenziele einigen konnten. Herr Teufel hatte, in einer hitzigen Debatte den Bruch herbeigeführt, nachdem Gott ihm vorgeworfen hatte, Öl ins Feuer gießen zu wollen.

    Petrus, Hausmeister der Firma, hielt ein flammendes Plädoyer für die Einheit des Konzerns, konnte sich aber nicht durchsetzen. Er schlug sich dann aber auf die Seite von Gott, da der ihm die Schlüsselgewalt über das Himmelstor versprach. Nachdem sich Herr Judas auf die Seite des Teufels schlug, wurde er heftigst als Verräter kritisiert. Unter vorgehaltener Hand sprach man von Bestechungsgeld, welches Herrn Judas wohl angeboten wurde. In einer Abschlussrede, versuchte Gott ein letztes mal die Wogen zu glätten. Es wuchs sich zu einer Generalabrechnung aus, die die Welt noch nie erlebt hatte. Das konnte sie auch nicht, denn jeder Teilnehmer musste eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Und im Gegensatz zu vergleichbaren weltlichen Debatten, hielten sich alle Engel daran, zumal es ausdrücklich verboten war, jegliche Kommunikationsgeräte mit sich zu führen. Selbst auf Angelbook durfte nichts gepostet werden.

    Trotz heftigster Prozesse, man fürchtete einen Angriff auf die Meinungsfreiheit, ließ sich Gott nicht erweichen. Es ging schließlich um seine Weltmacht, seinen politischen Einfluss und nicht zuletzt um sein eigenes Ego. Aber letztlich ging es um nicht weniger als Gut gegen Böse. Gott musste mit seiner Rede versuchen, die Truppen hinter sich zu versammeln. Er konnte sich nur auf den Außenminister, seinen Sohn verlassen. Dieser erschien trotz Rückenschmerzen, um seinem Vater denselben zu stärken. Herr Teufel hatte im Vorfeld alles unternommen, gegen Gott und sein Gefolge zu intrigieren. Kein Deal war ihm schmutzig genug, kein Druckmittel, welches er nicht ausprobierte, keine Drohung, die er nicht ausgesprochen hatte. Es drohte ein Scharmützel, ein gnadenloser Wahlkampf um die Vorherrschaft über die Menschheit. Doch jene, die es letztlich auszubaden hatten, erfuhren von all dem nichts. Die Schriftführer durften von dem nachfolgenden Verbalscharmützel nichts berichten, obwohl Johannes und Lukas, als Vertreter der Öffentlichkeits- und Marketingabteilung, Gott und Herrn Teufel eine Protestnote überreicht hatten, um ihren Protest auszudrücken.

    Es half nichts. In dieser Frage waren Gott und Herr Teufel sich ausnahmsweise einmal einig. „Es würde die Menschheit nur nachhaltig verunsichern, wenn sie von der drohenden Spaltung erfahren!, mahnte Gott an. Und Herr Teufel ergänzte: „Es reicht, wenn Sie die Neustrukturierung des Konzerns als gegeben hinnehmen. Ihr kleiner Verstand reicht nicht aus, diese globale Weltveränderung zu verstehen. Die sollen sich um ihren Alltag scheren und einfach an uns glauben.

    Bei den letzten Worten wackelten sogar leicht seine Hörner, so sehr hatte er sich in Rage geredet. Unter den Engeln entstand eine gewisse Unruhe. Sie flogen aufgeregt von Wolke zu Wolke. Eine solche Aufgeregtheit war noch nie. Auf der Erde bemerkten die Menschen nichts von der himmlischen Nervosität, die ihr ganzes weiteres Leben beeinflussen sollte. Lediglich das ungewöhnlich schnelle Wandern der Wolken wurde bemerkt. Sie schoben es, in ihrer Naivität aber auf den starken Wind, der an jenem Tag blies. Keiner erkannte die Zeichen der Zeit und da Stephen Hawking noch nicht geboren war, konnte ihnen auch keiner die Augen öffnen und die Welt erklären. Und so wurde die Menschheit auch nicht gewahr, welche Entscheidung gerade über ihre Köpfe hinweg ausgehandelt wurde. Wieder einmal wurden sie vor vollendete Tatsachen gestellt, wie es so oft ist, in ihrer bedauernswerten Leben. Und das hat sich bis zum heutigen Tage nicht geändert. Die Regierung entscheidet etwas und das Volk muss es schlucken.

    In dieses himmlische Durcheinander hinein, verlangte plötzlich Gevatter Tod um Gehör. Er mahnte ein ganz persönliches Problem an, welches ihn schon die ganze Zeit beschäftigte. Bislang war er für die komplette Heimsuchung und Rücktransport der Menschen zuständig gewesen. Was aber, wenn es nun zur Konzernzerschlagung kommen sollte? Wer war dann sein neuer Arbeitgeber? Wer war dann weisungsbefugt für ihn? Und nicht zuletzt die alles entscheidende Frage, wer würde ihn in Zukunft bezahlen?

    Dies alles müsse schließlich rechtlich geklärt sein, betonte Gevatter Tod. Die Menschen hätten schließlich ein Recht auf seine Dienstleistung.

    Seit Menschengedenken hat dies immer reibungslos geklappt, aber im Falle der bevorstehenden Neugliederung, wüsste er ja gar nicht mehr, wohin er die Verstorbenen hinbringen solle.

    In seinen Worten klang Verzweiflung, so sehr liebte er seinen Beruf und war stets stolz, ihn immer verantwortungsbewusst und zuverlässig ausgeführt zu haben. Kein anderer konnte ihm das Wasser reichen, was natürlich auch daran lag, er war der Einzige, der diesen Job machte. Gott versuchte schon seit langem, weitere Stellen in dieser Abteilung zu besetzen, aber erfolglos. Auch eine groß angelegte Werbekampagne:

    „Engel auf Erden - könnt ihr als Tod jetzt werden!"

    Leider zündete der Slogan nicht! Die Engel ekelten sich, eine so unwürdige Arbeit anzunehmen. Besonders bei Pest- und Choleratoten verlangt es schon einen strapazierfähigen Magen. Sie waren auch keinesfalls bereit, ihre weißen Gewänder gegen die dunkelschwarze Kutte auszutauschen. Außerdem müssten sie ja dann auch bei Schlechtwetter ihren Dienst versehen, worunter ihre golddurchflutenden Engelslocken leiden könnten. Auch die Arbeitszeiten seien inakzeptabel. Und so war es an Gevatter Tod, diese unverzichtbare Arbeit alleine zu verrichten. Herr Teufel und Herrgott sahen sich an und nickten sich, das Problem erkannt zu haben, zu. Beide waren sich darin einig, dieses lebenswichtige Problem, müsse vor der Konzernspaltung geklärt sein, denn keinesfalls dürfe der Tod zwischen ihnen zerrieben werden.

    Diese Frage wollten sie zunächst in einem Vier-Augen-Gespräch klären und zogen sich zu einem Hintergrundgespräch zurück.

    Im Hinterzimmer von „Der Weihnachtsbäckerei", einer ihrer Tochterfirmen, brachte Mutter Theresa ihnen die Speisekarte.

    Herr Teufel bestellte sich einen Pharisäer und etwas Spritzgebäck, was ihm von Gott einen bösen Blick einbrachte, ob der obszönen Wahl.

    Er selbst nahm ein Glas Zeltinger Himmelreich, dazu eine Götterspeise. Sie prosteten sich zu und Gott meinte: „Was für ein himmlisches Getränk! Herr Teufel konnte ihm nur beipflichten. „Der Pharisäer ist sehr lecker, nur teuflisch heiß! Schon allein diese kleine Episode zeigte ihre unüberbrückbaren Unterschiede. Über die Jahrtausende waren sie wie ein altes Ehepaar.

    Man hatte zwar keine Gemeinsamkeiten mehr, blieb aber aus Gewohnheit zusammen. Irgendwie gaben die beiden ein trauriges Bild ab, wie sie so dasaßen. Es dauerte eine Ewigkeit, bis endlich einer anfing zu sprechen. „Mein Gott, jetzt sagen sie doch mal was!, forderte Herr Teufel, dem diese ewige Stille auf die Nerven ging. „Ja was denn, zum Teufel?, maulte Gott zurück.

    Es begann eine hitzige Diskussion, die kurz davor stand sich in eine ausgewachsene Schlägerei zu entwickeln, als aus heiterem Himmel plötzlich Hermes herein schwebte. Der himmlische Postzusteller brachte einen Brief vom Tod. Das konnte man gleich an der Schwarzumrandung des Briefumschlags sehen können. Kein anderer benutzte solch ein Briefpapier. Dazu noch versehen mit seinem Logo, dem schwarzen Kreuz.

    Gott nahm den Umschlag und meinte zu Hermes, er warte noch auf ein Päckchen von ihm. Hermes entschuldigte sich dafür und verwies auf einen Lieferstreik bei Amazon. Die Packerinnen seien mit dem Mindestlohn nicht einverstanden und in einen unbefristeten Streik getreten. „Das ist doch eine mordsmäßige Sauerei, brüllte Gott den armen unschuldigen Hermes an. Man muss zu seiner Entschuldigung sagen, Gott hatte inzwischen schon sein drittes Glas Wein intus. „Dann geh doch zu UPS!, gab Hermes beleidigt zurück. Amüsiert sah sich Herr Teufel dieses Schauspiel an und hatte einen Heidenspaß. Das brachte Gott erst recht in Rage.

    Aus Gründen der christlichen Nächstenliebe und wegen dem strengen Jugendschutzgesetz, verbietet es sich, näher auf die gegenseitige Gottlosigkeit einzugehen. Zusammenfassend kann man lediglich anmerken, beiden würde eine Beichtsession gut zu Gesicht stehen. Götter sind halt auch nur Menschen.

    Kapitel 2

    Kapitel 2

    Laubinger saß da, starrte aus dem Fenster und griff nach seiner Tasse Tee, die vor ihm auf einer Umzugskiste stand. „Sehr ungemütlich da draußen!", dachte er bei sich. Der Himmel hatte sich verdunkelt und Blitze, gefolgt von Donnerschlag, bestätigten ihn in seiner Meinung, jetzt nicht zum Einkaufen zu gehen. Obwohl er dies dringend tun müsste, da sein Kühlschrank, der heute erst geliefert wurde, gähnend leer war.

    Er stand auf und zog den Stecker aus dem Fernseher. Gerade erst war er in das kleine Häuschen eingezogen. Er hatte es geerbt von einer alten Tante, mit der er eigentlich kaum Kontakt hatte. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, etwas von ihr zu erben. Sie war das, was man hinlänglich eine alte Jungfer nannte. Heute würde man sagen, die hat keinen Kerl abgekriegt. Ungeöffnet zurück an Empfänger!

    Aber das vermutete er nur. Laubinger hatte mit ihr nie über so etwas Privates gesprochen.

    Bei den wenigen Besuchen, die er notgedrungen zeit seines Lebens bei ihr absolvieren musste, beließ er es immer bei Oberflächlichkeiten. Seine Eltern, die längst tot sind, haben ihn immer genötigt in den Ferien zu Tante Josephine zu fahren. Ob er wollte, wurde dabei nicht gefragt. Tante Josephine hatte ein kleines Häuschen am Waldrand, in einer Kleinstadt, wo es so spannend war wie eine Schachübertragung im Fernsehen. Jeden Zahnarztbesuch hätte er den Vorzug gegeben. Aber wer fragt schon, was ein Kind möchte und wie er die Ferien verbringen will! Eltern sind Diktatoren! Achtzehn Jahre lang bestimmen sie dein Leben und erzählen dir, was gut für dich ist. Und alles aus Liebe, wie sie nicht müde werden zu betonen. Also könnte man glauben, ein Besuch bei Tante Josephine wäre eine Art Flucht in die Freiheit. Weit gefehlt, wenn die gute alte Tante Lehrerin ist. Vollzeitlehrerin! Vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr Lehrerin!

    Wer das unbeschadet überlebt, den kann nichts mehr erschüttern. Laubinger hat es überlebt, sonst säße er jetzt nicht in seinem mühsam erlittenen geerbtem Häuschen. Damit das Häuschen nicht so allein dastand, umgab es ein kleiner Garten. Er hatte beileibe kein grünes Händchen und so entschied er als erstes, den überaus gepflegten Garten, in ein wildwucherndes Feuchtbiotop zu verwandeln.

    Dazu braucht es keine gärtnerischen Fähigkeiten, es genügt einfach der Natur ihren freien Lauf zu lassen. Der Garten soll endlich die Freiheiten erhalten, auf die er hier immer verzichten musste. Das war seine Form, Rache an der Tante zu nehmen. Und seiner Leidenschaftslosigkeit für Ziergärten kam diese Entscheidung sehr entgegen. Wenn wenigstens was Essbares im Garten wäre. Laubinger verspürte Hunger. Wenn wenigstens das Telefon schon angeschlossen wäre, dann könnte er einen Pizzalieferdienst anrufen, oder wenn das Mobilfunknetz hier ausgebaut wäre! Warum hatte er nicht in München oder Berlin geerbt. Über ein Häuschen mit Garten auf dem Kurfürstendamm, oder wenigstens auf der Theresienwiese hätte er sich sehr gefreut. Schließlich verlangt er ja kein Haus auf den Champs Elysees! So viel entgegenkommen hätte er sich von der liebenden Tante schon gewünscht. Aber Erben ist eben kein Wunschkonzert. Nun hat er dieses Häuschen am Stadtrand einer Stadt, die den Namen kaum verdient. Also verdient sie es auch nicht namentlich genannt zu werden. Auge um Auge - Zahn um Zahn! Laubinger sah aus dem Fenster, just in dem Augenblick, als ein Blitz in die alte Birke oder war es eine Fichte, jedenfalls in einen Baum einschlug. Der Baum hatte sich, bei näherem Hinsehen, der Länge nach gespalten.

    „Sauber getroffen, Chef!", entfuhr es Laubinger und warf einen Blick gen Himmel.

    „Bei euch ist ja ganz schön Randale." Er lachte kurz auf und es wurde von einem gewaltigen Donnerschlag übertönt.

    „Oh, oh, ich glaube, da oben gibt es Zoff!"

    Jeder rechtschaffene Gläubige hätte jetzt zu einem Gebet angesetzt, was Laubinger, als gläubiger Atheist, nicht brauchte. Im Laufe der Jahre hatte er sich dazu durchringen können, wenigstens hier gegen seine Eltern zu opponieren. Wer wie er soviel Mord und Totschlag erlebt hat, der verliert den Glauben! Und Laubinger hat mehr davon gesehen, als es gut für ihn war. Aber sie hatte ihm auch eine Frühpensionierung eingebracht. Fünf Jahre Arbeit gespart und jetzt kann der Staat blechen. Burn-out, so hieß das Zauberwort, dem Laubinger alles zu verdanken hatte. Er hatte fest mit einer goldenen Uhr, einer Abschiedsrede seines Chefs und ein paar Schnittchen gerechnet, doch dazu fehlte den Kollegen die Zeit. „Und alles wegen dem Schlitzer!" Der hat ihm seine schöne Abschiedsfeier versaut. Dreißig Jahre bei der Mordkommission und dann nicht mal Schnittchen. Das Leben war wirklich hart zu Laubinger!

    Sein Magen knurrte und er nahm sich die Zeitung, um sich abzulenken. Ein alter Trick von ihm, der noch nie gewirkt hatte. Es klappte auch heute nicht und es ärgerte ihn, dass er immer wieder darauf hereinfiel. Er sah sich im Zimmer um und sein Blick blieb an einem Bild an der Wand hängen. Es war das Einzige, was von der toten Tante übrig geblieben war. Bislang konnte er sich nicht durchringen es abzuhängen. Soviel Pietät hatte er sich bewahrt, wenngleich das Foto seine Tante zeigte, die ihn förmlich die ganze Zeit ansah und das mit ihrem berüchtigten Ausdruck, als würde sie gerade seine Hausaufgaben kontrollieren.

    Mit dem Mut der Erinnerung legte er die Zeitung zur Seite und nahm es kurz entschlossen ab.

    Begleitet wurde diese Aktion von einem Donnerschlag und anschließendem Blitz, der das Zimmer erhellte.

    „Ist ja schon gut!", seufzte Laubinger laut ausrufend und hing das Bild wieder auf.

    Wer Herr in diesem Haus war, war damit geklärt.

    Laubinger setzte sich wieder hin, nahm seine Zeitung und warf einen letzten bösen Blick auf das Bild und nahm sich vor, es bei besserem Wetter noch mal zu versuchen. Dann begann er die Zeitung nach spannenden Artikeln zu durchsuchen. Aber es war eine Kleinstadt und so war auch die Zeitung. Das Aufregendste was er fand, war die Auszeichnung für einen Rammler.

    Das Foto zu dem spektakulären Bericht, zeigte einen Hasen von beachtlicher Erscheinung. Unwillkürlich ließ er seine Zunge über die Lippen schnellen. Den jetzt in seinem Bräter zu haben, Rotwein drüber und Wurzelgemüse! Ihm wurde schwindelig vor Hunger und er hätte am liebsten den Fotografen umgebracht. Und dem Journalisten am liebsten einen Duden!

    Wie kann man nur mit so einem geringen Wortschatz, einen so großen Artikel, über eine solche Nichtigkeit schreiben.

    Das hat kein Rammler dieser Welt verdient. Laubinger beschloss, einen geharnischten Leserbrief zu schreiben. Dann weiß die ganze Stadt auch gleich Bescheid, ab jetzt ist Niveau und Intellekt in dieser Stadt eingezogen. Wenn er schon seinen Lebensabend hier verbringen wird, dann möchte man ja auch ein paar neue Freunde finden. Kaum gedacht, schon begonnen! Laubinger war ein Mann der Tat, was er sich vornahm, wurde auch stets in die Tat umgesetzt.

    Seine Kollegen schätzten seinen Biss, wenn es darum ging, einen Fall zu lösen. Seine Verhörtechnik, waren gefürchtet.

    Ob Kleinkrimineller oder kaltblütiger Mörder, Laubinger brachte alle mit seiner bedächtigen, monotonen Sprechweise zu einem Geständnis.

    Manch einer gestand sogar, wenngleich er gänzlich unschuldig war, so enervierend konnte er sein.

    „Lieber unschuldig verklagt,

    als von Laubinger befragt!"

    Dieses Motto hatten die Kollegen in ein Holzbrett einbrennen lassen und hinter Laubinger`s Schreibtisch an die Wand gehängt, damals zu seinem fünfzigsten gelösten Mordfall.

    Eine Geste, die dem eiskalt agierenden Laubinger, Tränen in die Augen trieben. Er liebte diese Psychospielchen und verfeinerte sie mit den Jahren.

    Höhepunkt seiner Laufbahn war aber unbestritten der Fall des Lichterkettenmörders von Tannenberg. Seine Identität wurde der Bevölkerung nie mitgeteilt, da seine Taten so grauenvoll und für schwache Gemüter kaum auszuhalten wären, dass man sich, seitens des Innenministeriums dazu entschied, die Akte zu schwärzen und den vermeintlichen Mörder in ein anderes Bundesland auszuweisen, mit der Maßgabe, er dürfe nur noch in der „Lichterketten freien Zeit" einreisen.

    Allerdings wurde, für ihn die überhaupt größtmögliche Strafe, ein lebenslanges Weihnachtsmarktbesuchsverbot, ausgesprochen. Gegen dieses, seiner Ansicht nach, menschenverachtendes Urteil, hatte er beim Internationalen Gerichtshof siebzehn Klagen eingereicht. In der vierzehnten Klage bekam er dann Recht, aber er versäumte es den entsprechenden Brief zu öffnen und so erfuhr er nichts davon. Die Wahrung des Briefgeheimnisses war für ihn die einzig wahre Konstante in seinem Leben. Er hielt sich sklavisch daran, selbst gegen sich, was im Nachhinein als Fehler zu deuten ist. Er betrat niemals wieder einen Weihnachtsmarkt, wenngleich es ihm höchstrichterlich erlaubt war.

    Es war die Tragik seines Lebens und so war es auch nicht verwunderlich, dass er sich eines Tages mit sieben farblich sortierten, sowie blinkenden Lichterketten, die er geschmackvoll über seinen ganzen Körper verteilt und illuminiert hatte, neben einer lebensgroßen Krippe, aufrecht stehend, an dem größten Weihnachtsbaum vor Ort, angekettet, sein Leben ausgehaucht hatte, oder um es in seinem Sinne zu formulieren, die letzte Lampe verglühte. Laubinger, der an diesem Weihnachtsabend Dienst hatte, weil er der einzige alleinstehende in der Abteilung war und für diesen Status kämpfte er vehement gegen jegliches aufkeimende Interesse weiblicher Heiratsaspirantinnen und Aspiranten.

    Zudem war er, als strenggläubiger Atheist, von jeglichem Weihnachtstrubel ausgestoßen, was sogar so weit ging, ihm die jährliche Weihnachtsgratifikation zu erlassen, die ihm ja moralisch nicht zustand.

    Der Polizeipräsident, der sich selbst als Weihnachtskatholik bezeichnete, dies sind Menschen, welche nur christlich sind, wenn es drum geht, etwas zu bekommen.

    Er hätte gerne mehr Mitarbeiter vom Schlage Laubinger`s gehabt, sparte der Staat doch sehr viel Geld und konnte es so sinnvoll in Diätenerhöhungen von Spitzenpolitikern stecken, wobei es in deren Fall keine Rolle spielt, ob sie dem christlichen Glauben nahestehen oder nicht.

    Lediglich der Wille, eine Diätenerhöhung uneingeschränkt zu akzeptieren, ungeachtet persönlicher Prinzipien.

    Die Bereitschaft, durch Handhebung zu signalisieren, jeglicher Erhöhung zuzustimmen, über Parteigrenzen hinweg, verdient schon

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