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Wenn ich mal tot bin & andere erfreuliche Begebenheiten: Satirische Geschichten
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Wenn ich mal tot bin & andere erfreuliche Begebenheiten: Satirische Geschichten
eBook274 Seiten3 Stunden

Wenn ich mal tot bin & andere erfreuliche Begebenheiten: Satirische Geschichten

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Über dieses E-Book

Schwarzhumorige Geschichten und Satiren. Böse und witzig zugleich. Gereimtes und Ungereimtes.

Von Serienmördern und Hausfrauen vor Gericht. Seltsame Grabreden und Döner essen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sex und Gespräche, "Danach".  Der Besuch bei einer Domina und wie Karneval auf den Hund kommt.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum3. Mai 2022
ISBN9783755413028
Wenn ich mal tot bin & andere erfreuliche Begebenheiten: Satirische Geschichten

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    Buchvorschau

    Wenn ich mal tot bin & andere erfreuliche Begebenheiten - Rolf Bidinger

    Wo ist Johann Lafer, wenn man ihn wirklich einmal braucht? Ein verzweifelter Hilfeschrei!

    Sind Krankenhausköche noch Köche oder schon Sadisten? Jeder, der einmal wegen eines Zipperleins, sein örtliches Krankenhaus aufsuchen musste weiß, dabei handelt es sich offensichtlich um eine rhetorische Frage. Denn sie sind angehalten nicht explizit Speisen zuzubereiten, sondern Nahrungsmittel zur Lebenserhaltung der Patienten. Unwillkürlich fragt man sich, was hat ein Krankenhauskoch eigentlich gelernt? Kfz-Mechaniker, Tierkadaverentsorger oder sind es einfach nur arme Arbeitslose, die vom Jobcenter gezwungen wurden den Job zu machen. Kliniken müssen Profit erwirtschaften und freuen sich über jede ungelernte Kraft, die wenigstens eine Kartoffel von einer Motorsäge unterscheiden kann. Wer diese Voraussetzung erfüllt, hat praktisch eine Lebensstellung. Kenntnisse im Bereich Lebensmittel sind nicht zwingend erforderlich, können sogar als Ausschlusskriterium gelten. Denn, wer zu viel weiß, der kommt plötzlich eigene Ideen. Da wird womöglich ein unschuldiger Blumenkohl mit einem Hauch Muskat gequält. Solche Exzesse sind in Krankenhäusern nicht gerne gesehen. Wie hat einmal ein nicht näher genannt werdender Arzt, unter Einfluss von Alkohol, zugegeben: „Das Essen der Patienten, muss so elendig aussehen, wie sie selbst sich fühlen!"

    Für so eine Aussage gehört er vor ein Tellergericht gestellt und abgeurteilt.

    An dieser Stelle nun der schockierende Bericht eines Betroffenen. Bitte nur lesen, wenn sie seelisch als auch körperlich stabil sind. Herzpatienten wird dringend abgeraten weiter zu lesen. Sie tun es auf eigene Gefahr und ihre Krankenkasse kommt für etwaige Folgeschäden nicht mehr auf, denn sie verlassen nun den gesicherten Bereich, wo ihnen eine heile Welt vorgegaukelt wurde.

    ------------Dangerzone----------Dangerzone---------Dangerzone-------------

    Elendig liegt es vor mir, ein Tablett mit dem, wie die Nachtschwester mir suggeriert, dem Abendbrot. Viele kleine verpackte Döschen und der dünnsten zu schneidenden Scheibe wurstähnlich zusammengepresstem. Gott stehe mir bei. Solides Kommissbrot, vor dem jeder Gebissträger erzittert. Erinnerungen an Stalingrad werden wach. Dazu feinstes Tafelsilber, in Form eines Messers, dessen Schneidefähigkeit gegen Null tendiert. Sicherheitsgründe scheinen dies notwendig zu machen. Patienten könnten sonst, angesichts des Grauens auf dem Teller, mit dem Gedanken spielen, sich die Pulsadern zu öffnen. Und sie hätten wahrlich allen Grund dazu. Durch die Scheibe einer Käsesorte, die zurecht nicht näher genannt sein mag, sehe ich die untergehende Abendsonne. Auch sie kann den Anblick wohl nicht länger ertragen. Ein Döschen Parfait, in Rauch gegart, so stand es einladend auf der Verpackung. Besser man hätte es gleich im Feuer verbrannt.

    Eine Tomate, längst ihrer Spannkraft beraubt. Bereits in den Ruhestand versetzt, bot sich an als vitaminreiche Beigabe. Dabei sind ohnehin schon Tomaten, die Rache Hollands für das WM aus 1974. Nur die altbewährten Freunde, die best Buddies „Pfeffer und Salz" , hätten dem roten Wasserball noch etwas Leben einhauchen können. Doch in einer deutschen Krankenhausküche gelten sie als Persona non grata. Gewürzfreies Kochen ist dort oberste Regel. Nichts darf eine verkochte Nudel, ein zähes totes Stück Rind oder einer seiner Farbe beraubtes Broccoliröschen, in seiner natürlichen Geschmacklosigkeit stören. Gewürze sind die Feinde der Köche, mit ihrem subversiven Angriff auf die Geschmacksrezeptoren, die zuhauf im Gaumen und auf der Zunge darauf warten gekitzelt zu werden. In Krankenhäusern wird jedoch ihrer Dienste, nicht bedurft. Sie sind Ausgestoßene.

    Nachdem der Würgereflex gerade noch zurückgehalten werden konnte, nehme ich widerwillig und nur aus einem Überlebenswillen heraus, die Nahrung auf. Freude oder Lustgewinn sind nicht mehr vorhanden. Während ich kaue, halte ich mir die Nase zu. Ich muss nicht auch noch riechen, was mich da am Leben erhalten soll.

    Dann ist es vollbracht. Ungenießbares wurde vertilgt. Doch die schwerste Prüfung steht mir noch bevor. Denn früher oder später wird der Moment kommen, der meine ganze gute Erziehung, meine Selbstbeherrschung fordern wird.

    Die Tür geht auf und mit ihrem bezaubernden Lächeln erscheint die Krankenschwester meines Vertrauens und möchte das Tablett wieder abräumen. Ich bebe, ich zittere, dem unvermeidlichen entgegen und wünschte mir nichts mehr, als möge der Kelch an mir vorübergehen. Doch auf Gnade darf ich nicht hoffen, denn sie muss, sie darf nicht anders, als die Frage aller Fragen zu stellen, da ihr mein Wohlergehen eine Herzensangelegenheit ist. Dafür lebt sie ihren Beruf, der ihr eine Berufung und Erfüllung zugleich ist. Schon hat sie das Tablett in ihren Händen und sie sieht zu mir herunter, auf das Bett, in dem ich gerade bete, sie möge es nicht tun.

    Doch sie kann nicht anders. Langsam öffnet sie ihren Mund. Ich schließe fest meine Augen und hoffe so, den Satz nicht zu hören.

    „Na, hat es geschmeckt?"

    Zu spät, er war nicht zu überhören und dann geschieht etwas, was ich nie und niemals von mir erwartet habe. Ein Mann, ein Baum von einem Kerl, mit beiden Beinen im Leben stehend, bricht schluchzend in sich zusammen. Nur noch ein Häufchen Elend. Ein Schatten seiner selbst. Tröstend nimmt sie meinen Kopf an ihre Brust. Sie bringt die Liebe auf, zu dem der Koch nicht fähig ist. Salz, nur etwas Salz, könnte dafür sorgen, mich vor solch peinlichen Situationen zu retten.

    Doch bereits morgen, stehen erneut drei große schwere, schier unüberwindbare Herausforderungen an, von denen ich jetzt schon weiß, ich werde daran scheitern. Frühstück, Mittag- und Abendessen!

    Wo bist Du, Johann Lafer? Rette uns aus der Hölle!

    Und all ihr da draußen, die ihr unter de Knechtschaft eines Systems der Geschmacklosigkeit leidet, erhebet euch. Lasst uns gemeinsam den Kampf aufnehmen und unseren Freunden „Pfeffer&Salz" zu ihrem Recht verhelfen, in jedes Krankenzimmer Einzug halten zu können. Frei und ohne Gängelei.

    Nachfolgend nun ein Aufruf, ein Appell, ein Hilfeschrei. Gerichtet an den Mann, der wie kein zweiter seiner Pornobalken stolz im Gesicht trägt. Wer so mutig der Bartmode trotzt, der muss uns zur Seite stehen, wenn tausende Blinddarmdurchbrüche, dutzende Beinamputierter und die unzähligen unnötig operierten auf die Barrikaden gehen und unter dem Lärm tausender Bettpfannen, ihr Recht auf Speisen und nicht auf Nahrung, sich erkämpfen. Und Du, holder Recke aus der Steiermark, weise uns den Weg.

    Ab jetzt heißt es: Nicht mehr nur labern – nun lafern wir!

    Deutschland höre! Möge jeder dieses Pamphlet unterzeichnen und es direkt an Johann Lafer senden. Wo auch immer du gerade bist, Johann Lafer, diese Zeilen werden dich erreichen, sonst sind wir gezwungen sie an Steffen Henssler zu schicken. Denn er steht wie kein Zweiter für labern. Johann, wir als zwei alte Kampfgefährten, lass es Wirklichkeit werden.

    Hängen wir dieses Manifest millionenfach an jeden Baum, jeden Rollstuhl und heimlich auf jeden Rücken des medizinischen Personals.

    Dies als letzte Warnung, ehe wir zu drastischeren Maßnahmen greifen müssen und die Kantinen der Welt kapern und entern.

    Als „Salt&Pepper, wie einst „Bonnie&Clyde.

    Möge unser Schlachtruf sein: Genesen dank Geschmack!

    Ruft es von dem Gipfel der Zugspitze oder auf den Deichen der Nord-, Ost, Süd- oder Westsee. Blast in das Matterhorn zum letzten Gefecht.

    Johann Lafer, wir zählen auf Dich! Führe uns an! Heraus aus der kulinarischen Ödnis, heim ins gelobte Land, wo Milch und Honig fließt und niemand wehrlosen Salat in Balsamico ertränkt. Keine Kartoffel verdient es mit Füßen getreten und als Püree zu enden. Die Kartoffel ist stolz und verdient auch so behandelt zu werden. In kleine Stäbchen geschnitten und in Öl frittiert, sanft mit Salz gestreichelt und einer Beigabe von Mayonnaise. So und nicht anders begegnet man einer Kartoffel! Rosenkohl und Spinat sind Ziergewächse und sollten nicht auf Tellern liegen, sondern unter Artenschutz stehen. Kein Schwein, welches sich für uns gemästet hat, verdient es, in einer eiterähnlichen Substanz liegen zu müssen, unter dem Titel: Schweinebraten. So etwas ist eine Sauerei! Die Zucchini ist, von Hause her eher ein geschmacksneutrales Gemüse. Es in Wasser zu ertränken hilft dagegen wenig. Die Pfanne macht den Unterschied. Sie schenkt uns Röstaromen. Da freut sich die Zucchini. Das deutsche Ei fühlt sich dagegen regelrecht gemobbt. Zum Frühstück würde es sich freuen, dotterweich und warm den Patienten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Doch es wird gemieden und hält nicht den Einzug in den Speisenplan. Wahrscheinlich, weil es auf den Punkt zu garen, dem Laienkoch seine Grenzen schonungslos aufzeigt. Und wenn der Koch auch nur etwas Ehre im Leib hätte, würde er sich für den suizidalen Weg entscheiden. Dabei hätte er die volle Unterstützung und Rückendeckung seiner hinterbliebenen Patienten. Jede Entscheidung im Sinne hungriger Patienten, ist nur zu begrüßen.

    Vieles wäre noch kritikwürdig, doch die Hoffnung auf ein hartes Durchgreifen vom Godfather of Töpfen und Pfannen, die Lichtgestalt, der österreichische Moses, der sein Volk ins gelobte Land führt. Johann der schnauzbärtige Lafer, ist die letzte Hoffnung.

    Er ist das Licht in dunkler Nacht, das uns leuchtet. Der Butterberg in der Brandung. Der Leuchtturm, inmitten eines Meeres aus Tomatensuppe. Johann Lafer, schon der Name lässt einem den Mund wässrig werden. Johann Lafer, Bitte übernehmen Sie!

    Wenn ich mal tot bin ....

    Gedanken eines Aussteigers

    Wenn ich mal tot bin, mache ich nur noch, was ich will. Dann lasse ich mir von niemanden mehr etwas vorschreiben. Schon im Säuglingsalter durfte ich nichts selber entscheiden. Ob oder in welche Schule ich zu gehen hatte, wurde ich nicht nach gefragt. Ständige Bevormundungen und Gängelei waren an der Tagesordnung. Besonders meine Eltern, die beiderlei Geschlechts waren, bestimmten, wann ich ins Bett musste, wann ich aufzustehen hatte und auch essen musste, was auf den Tisch kam. Meine später diagnostizierte Spinatphobie erkannten sie nicht. Egal was ich wollte, dann hieß es immer: „Solange deine Füße unter meinem Tisch sind ..... Ich war kurz davor mir einen eigenen Tisch zu kaufen und autark zu leben. Lieder war mein Taschengeld ständig sanktioniert wegen der Häufung von hohen Zahlen auf den Zeugnissen. Selbst meine Noten durfte ich nicht frei wählen. Und was war das für eine Aufregung, als ich einmal das Familienauto borgen wollte, wegen einer gesellschaftlichen Verpflichtung in der Dorfdisco. Da meinte unser Ernährer: „Du bist vierzehn und morgen ist Schule!

    Kaum war meine Schullaufbahn endlich beendet und ich mich frei fühlte und mich auf eine Weltreise freute, hatte meine Mutter schon eine Lehrstelle für mich organisiert. Nach zehn Jahren mühevollen Lernens hatte ich gerade einmal eine Woche Zeit und ich musste in einer Firma arbeiten. Ganz unten in der Hierarchie. Das war vielleicht demütigend. Und von meinem kargen Lohn wollte Mutter auch noch die Hälfte für Kost und Logis. „Aha, dachte ich, „Jetzt holen die sich alles wieder zurück, was sie in mich reingesteckt haben. Ich war also nur eine Investition und nun holen sie sich ihre Dividende. Meine erste Freundin musste ich vor der Haustüre verabschieden, weil sie nicht rein durfte, weil meine Eltern, die von ihr nicht mochten. Im Winter haben wir uns getrennt, weil es einfach zu kalt wurde. Wenn ich mich ihr zärtlich nähern wollte, klopfte meine Mutter oben an der Fensterscheibe und unterbot, was noch gar nicht richtig begonnen hatte. So wurde ich erotisch kurzgehalten. Man hatte mich so konditioniert, dass ich niemals über eine rote Ampel gegangen wäre. Noch heute bleibe ich nachts um vier, ob es regnet, hagelt oder schneit, stehen, selbst wenn weit und breit kein Auto in Sicht ist. Sogar wenn eine Ampel mal defekt ist oder ausgeschaltet, warte ich brav, bis sie wieder funktioniert und wenn es Tage dauert.

    Doch eines Tages habe ich mich von allem befreit. Ich beschloss, fortan selbst zu entscheiden. Als Erstes entschied ich, meine Eltern kommen in ein Heim. Vater nach Bulgarien und Mutter nach Finnland, weil sie so gerne putzt. Ich meine, wegen der vielen Lappen dort.

    Jetzt endlich war ich frei. Leider war es nur von kurzer Dauer, denn ich lernte meine zukünftige Frau kennen. Ab da war wieder alles wie früher. Sie bestimmte und ich folgte willig. Liebe macht eben blind. Und doof. Hatte ich aber erst gemerkt, als ich schon „Ja" gesagt hatte. Drei Jahre hielt ich durch, dann wurde sie von einem Geisterfahrer in einer Einbahnstraße umgefahren. Zum Glück konnte man mir nichts nachweisen, außer vielleicht, das ich ein begründetes Interesse gehabt habe. Endlich konnte ich den Atem der Freiheit genießen. Bedauerlich war nur, sie hatte vor ihrem Ende nicht mehr für Kinder gesorgt, denen ich sonst jetzt hätte sagen dürfen, was sie zu machen haben. Aber man kann eben nicht alles haben.

    Jetzt freue ich mich schon auf meinen Tod, den ich völlig zwanglos gestalten kann. Gerade Anfang dreißig, aber ich wusste, was ich wollte. Mein erklärtes Ziel war es, vor meinen Eltern zu gehen, dann kann mich keiner zwingen auf deren zu gehen. Das war meine Rache für die jahrelangen Drangsalierungen. Von Frauen und Erotik ließ ich auch die Finger. Einmal mit meiner Verblichenen und auch nur auf ihr Drängen, hat mir gereicht fürs ganze Leben. Nochmal will ich das nicht durchmachen. Da dusche ich lieber dreimal am Tag kalt. Das ist auch besser für den Kreislauf. Und ich will ja schließlich gesund sterben. Ich will körperlich durchtrainiert sterben und nahtlos braun. Sollen alle sehen, wie ich in Form bin. Ich brauch auch keinen Sarg. Ich will eine Luftmatratze, als läge ich gerade am FKK Strand und schlafe. So wie ich gekommen bin, so will ich auch gehen. Mein Anblick soll allen in ewiger Erinnerung bleiben. Und dann möchte ich neben meinem Lieblingscafé, da steht ein schöner Baum, drunter beerdigt werden. Im Stehen. Senkrecht in ein Loch herabgelassen. Bei zu langem Liegen kriegt man sonst leicht eine Thrombose. Wenn ich mal tot bin, will ich meine Ruhe und keine Schmerzen. Im Sommer stehen da immer Tische und dann können meine Freunde auf ein Schwätzchen vorbeikommen und ich bin dann schon da. Ist doch praktisch. Muss man nicht erst einen Termin machen. Ich bin ja ständig da. Stehe da und warte bis einer kommt. Auch eine große Trauerfeier brauche ich nicht. Kein Rumgesülze und Rumgeheule. Ich werde mir selbst eine Rede schreiben und aufnehmen. Die können sie dann abspielen und hinterher gibt es zur Feier eine Runde Sekt für alle. Auf den anschließenden Tanz habe ich verzichtet. Ich tanze ja nicht so gerne. Das alles dann in der Mittagspause, dann müssen meine Leute sich nicht extra einen halben Tag frei nehmen. So stelle ich mir das vor. Kurz und geschmackvoll. Blumengestecke und Kränze brauch ich auch nicht. Seh die ja dann eh nicht mehr. Wenn einer unbedingt will, kann er ja einen Frankfurter Kranz backen. Da freuen sich die Leute mehr. An den Baum nur ein kleines Holztäfelchen, mit dem Hinweis: „Hier ist kein Hundeklo!"

    So stelle ich mir meinen Abschied vor. Jetzt muss ich nur noch gucken wann. Ich habe schon einmal unter meinen Leuten nachgefragt. Gar nicht so einfach sich auf ein Datum zu einigen. Mal hat der was, mal der andere. Im Winter ist vielen zu kalt. Im Sommer im Urlaub. Wir haben uns jetzt mal grob auf Ende September geeinigt. Nur das Jahr haben wir noch offengelassen. Aber in jedem Fall in einem Jahr wo keine Fußballweltmeisterschaft und Olympia stattfinden. Das grenzt es natürlich etwas ein. Ich für meinen Teil möchte vor achtzig, aber nicht vor meinem fünfzigsten. Dazwischen ist es mir eigentlich egal. Sonntag nachmittags wäre am günstigsten. Ich denke so zwischen zwei und drei Uhr. Da ist noch Sonne und hell. Die Einladungen sind auch schon gedruckt. Muss ich nur noch den Termin reinsetzen. Im Prinzip ist alle geplant. Jedenfalls an mir wird das nicht scheitern dann. Ich habe alles im Griff. Die einzige kleine Ungewissheit ist, wie und woran ich sterbe. Gesund zu sterben ist ja eine Herausforderung. Also ich meine ein Schnupfen oder so, das ist noch ok. Abgebrochener Fingernagel beunruhigt mich jetzt auch noch nicht. Also am liebsten wäre es mir, wenn ich so ein bis zwei Tage vorher wüsste, da kommt was Ernstes auf mich zu. Das könnte eventuell langfristig zum Tode führen, dann komm ich dem zuvor. Über das WIE muss ich mir noch ein paar Gedanken machen. Ist ja schließlich eine Entscheidung, die man nicht jeden Tag trifft. Da ist Sorgfalt angesagt. Nur klar ist für mich, jemanden dabei zu belästigen, dass widerstrebt mir. Ich habe so oft in der Bahn gehört, wegen Personenschaden werden wir verspätet ankommen. Da hat sich dann irgend ein Selbstdarsteller vor die Gleise geschmissen. Und im Zug sind alle Leute dann sauer. Und der arme Zugführer kann einem ja auch leidtun. Ich finde so ein Verhalten unsolidarisch. Da wollte sich so ein Egomane wichtig tun und die Leute kommen zu spät zur Arbeit. So etwas ist doch keine Art. Man hängt sich zuhause still und leise im Keller auf. So macht man das. Dann stört man auch keinen. Unsensible gehen dafür in den Wald. Da kommt dann so eine nette Familie mit den Kindern vorbei. Will picknicken und da hängt da so ein Typ, mit heraushängender Zunge. Da kann das Hähnchenschenkel doch nicht mehr schmecken. Und wie erklärt man den Kindern das.

    „Das ist zur Abschreckung. Damit das Wildschwein nicht die Baumrinde abnagt."

    Nein, ich möchte nicht das wegen mir traumatisierte Kinder herumlaufen und später womöglich zu Massenmördern werden, bloß weil sie mich gesehen haben. Aufgehängt, tot und nackt.

    Aber aufhängen ist auch nicht so das richtige für mich. Schon bei zu engen Hemdkragen schnürt sich alles so unangenehm zu. Erschießen ist auch nichts. Ohne Brille seh ich nicht, ob ich getroffen habe und ich möchte nicht, dass alle wissen, dass ich eine Brille trage. Bleibt noch Gift. Ich könnte Pilze sammeln. Einfach nur die, die andere stehen lassen. Die werden es dann schon bringen. Muss ich dann nur zuhause noch putzen, anbraten und mit Weißwein ablöschen und Sahne verfeinern. Dann lege ich mich nackt auf meine Luftmatratze und esse die. Pilze sind ja ohnehin gesund, weil sie kaum Fett enthalten. Na ja, wenn das Ganze ja im September sein soll – da gibt es doch schon Pilze? Sonst muss ich mir, welche auf dem Wochenmarkt besorgen. Das ist zwar etwas teuer, aber dient ja einer guten Sache. Einmal kann man das schon machen. Vielleicht streu ich aus Sicherheit noch ein paar Schlaftabletten, zerkleinert im Mörser, drüber. Dann bin ich auf der sicheren Seite und macht auch optisch was her. Das Auge isst schließlich mit.

    Eigentlich ein Wahnsinn an was man alles denken muss. Wie gut das ich rechtzeitig vorbereitet bin. Sonst artet es, wenn es so weit ist, noch in unnötigen Stress aus.

    So, ich glaube, jetzt habe ich alles, was ich brauche. Muss ich nur noch die Rede schreiben. Am besten ich mache das gleich, dann habe ich es hinter mir.

    Aber wie schreibt man jetzt so eine Rede über sich? Vielleicht fange ich mit einem lockeren Spruch oder einen Witz, damit gleich Stimmung aufkommt. Dann kurzer Abriss über mein Leben. Dann der Dank an diejenigen die gekommen sind. Noch einen Schlussjoke und am Ende noch einen Sinnspruch. So eine Art Quintessenz meines Lebens. Da haben sie auch was zum Reden, wenn der Sekt gereicht wird. Den habe ich

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