GUTES KLIMA FÜR MORD: Der Krimi-Klassiker!
Von F. R. Lockridge
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Über dieses E-Book
An einem drückend heißen Nachmittag verlässt Frank Bradley sein New Yorker Büro im 12. Stock - durch das Fenster! Sprang er, fiel er - oder hat man ihn hinuntergestoßen?
Lieutenant Shapiro von der Kriminalpolizei ermittelt in einem ihm unbekannten Milieu: in der Welt der Reklame-Industrie, wo jeder die Kunst der Täuschung perfekt beherrscht...
Der Roman Gutes Klima für Mord von F. R. Lockridge (eigentlich Richard Orson Lockridge; * 26. September 1898 in Missouri; † 19. Juni 1982 in South Carolina) erschien erstmals im Jahr 1975; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
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Buchvorschau
GUTES KLIMA FÜR MORD - F. R. Lockridge
Das Buch
An einem drückend heißen Nachmittag verlässt Frank Bradley sein New Yorker Büro im 12. Stock - durch das Fenster! Sprang er, fiel er - oder hat man ihn hinuntergestoßen?
Lieutenant Shapiro von der Kriminalpolizei ermittelt in einem ihm unbekannten Milieu: in der Welt der Reklame-Industrie, wo jeder die Kunst der Täuschung perfekt beherrscht...
Der Roman Gutes Klima für Mord von F. R. Lockridge (eigentlich Richard Orson Lockridge; * 26. September 1898 in Missouri; † 19. Juni 1982 in South Carolina) erschien erstmals im Jahr 1975; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im gleichen Jahr.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
GUTES KLIMA FÜR MORD
Erstes Kapitel
Sie sagte etwas mit schläfriger Stimme zu ihm, doch sie lag in dem breiten Bett von ihm abgewandt, und er konnte nicht verstehen, was sie sagte.
»Hm?«, fragte Tony Cook leise.
»Seit meiner Schulzeit«, erklärte Rachel. Diesmal waren ihre Worte ein wenig deutlicher. »Das habe ich dir doch erzählt.« Sie drehte sich auf den Rücken. »Aber du hörst eben nie zu.«
»Ja, mein Schatz«, erwiderte Tony. »Was hast du mir erzählt?«
»Dass ich Schauspielerin werden will«, antwortete Rachel Farmer. »Nur bin ich leider zu groß. Ich müsste neben einem Basketballspieler auftreten. Aber für diese Rolle brauchen sie eine hochgewachsene Frau, sagt Mr. Bradley. Fotogen muss sie natürlich auch sein. Er meint, ich würde es schon schaffen. Die Probeaufnahmen waren okay. Die gute Gloria kommt sowieso nicht groß zu Wort, ehe sie umgebracht wird.«
Tony stützte sich auf einen Ellbogen und blickte auf sie hinunter. Es war ein heißer Juliabend in Manhattan, und sie trug nichts, was eine eingehende Musterung gestört hätte.
»Fotogen bist du«, stellte er fest. »Aber wer, zum Teufel, ist Mr. Bradley? Und Gloria? Ich kann dir leider nicht ganz folgen, mein Herz.«
»Werbeagentur«, erklärte Rachel. »Ich habe in den letzten zwei Jahren ziemlich viel für die Leute gearbeitet. Größtenteils Fotos, aber auch ein paar Fernsehspots.«
»Ach, und dieser Bradley macht jetzt wohl einen Film?«, fragte Tony. »Und hat dir eine Rolle gegeben?« Abrupt setzte er sich auf. »Etwa in Hollywood?« Beunruhigung lag in seiner Stimme.
Sie wandte sich ihm zu und schüttelte den Kopf. Sie hatte ihr dunkles Haar wieder wachsen lassen. Es lag über ihrer rechten Schulter und bedeckte fast ihre Brust.
»Nein«, erwiderte Rachel. »Hier in New York, Tony. Es ist fürs Fernsehen - ein Pilotfilm. Sie hoffen, dass eine Serie daraus wird. Ein Krimi.«
Tony stellte fest, dass seine Gedanken abschweiften. Aber nicht weit. Mit einiger Anstrengung sammelte er sie wieder.
»Wann?«, fragte er.
»Wann was?«
»Wann soll diese Geschichte gedreht werden?«
»Wenn das Drehbuch akzeptiert ist, sagt Mr. Bradley. Vorausgesetzt, dass Miss Claymore dann frei ist. Peggy Claymore. Wir haben sie letzten Winter gesehen. Du weißt doch, in dem Stück After Hours. Die Kritiker hielten nicht viel von dem Stück, aber von ihr waren sie ganz begeistert. Jedes Mal, wenn sie auf der Bühne stand, hast du Schwingungen ausgesandt. - Lass das, Tony!«
»Ich sende nur Schwingungen aus«, versetzte Tony. »Ich wusste nicht, dass es dich stört.«
»Du lenkst mich ab. Dir scheint es völlig schnuppe zu sein, dass aus mir vielleicht noch ein Filmstar wird.«
»Im Gegenteil, ich freue mich für Sie, Miss Farmer«, entgegnete Tony so förmlich, als stünden sie sich bei einem Empfang gegenüber. »Und im Übrigen sende ich an zierliche, kleine Blondinen keine Schwingungen aus.«
»Na bitte«, sagte sie. »Du erinnerst dich genau an sie. Kein Wunder, ich vermute, es geht den meisten Männern so.
Kurz und gut, sie spielt Enid Brook. Paul und Enid Brook sind Privatdetektive. In dem Pilotfilm entlarven sie meinen Mörder. Ich meine, Glorias Mörder. - Tony!«
»Erzähl weiter. Das ist alles sehr interessant, Liebling. Diese Peggy Claymore spielt also eine Privatdetektivin und du spielst...«
»Du erwartest doch wohl nicht von mir, dass ich klar denken kann, wenn du...«
»Nein«, erwiderte Tony. »Jetzt ist nicht der Moment...«
»Dann rede doch nicht so viel. -Oh!«
»Ja«, sagte Tony.
Sie hörten auf zu reden.
Nachdem sie geduscht hatten, schlüpfte Rachel in einen leichten Morgenrock und sah ihm beim Anziehen zu.
»Deine Krawatte sitzt ganz schief«, stellte sie fest und band sie ihm noch einmal.
Dann setzte er sich neben sie auf das kleine Sofa im Wohnzimmer und schenkte zwei Cognacs ein. Es war inzwischen nach ein Uhr morgens - sonntagmorgens. Ausnahmsweise jedoch hatte Tony diesen Sonntag frei.
»Es ist wirklich nicht so, dass ich mich für deine mögliche Zukunft als Fernsehstar nicht interessiere«, sagte Tony. »Das weißt du doch, nicht wahr?«
»Na schön, Tony. Aber morgen hörst du mir zu, ja?«
»Wenn wir beide angezogen sind«, meinte Tony und stand auf.
Rachel sah zu, wie Detective Anthony Cook seine Schulterpistolentasche anlegte. Er beugte sich über sie und küsste sie leicht. An der Tür sagte er: »Gegen zehn?«
»Ja, Liebster.«
»Vergiss die Sicherheitskette nicht.«
»Nein, Tony. Die vergesse ich nie.«
Von der Gay Street, einer kurzen Straße in Greenwich Village, war es nicht weit bis zu Tony Cooks Wohnung in der Zwölften Straße. Während Tony durch die Dunkelheit schritt, hatte er leichte Gewissensbisse. Er hätte ihr vielleicht doch aufmerksamer zuhören sollen. Für sie war es wichtig. Aber andere Dinge sind auch wichtig, sagte er sich, als er die Treppe zu seiner Wohnung hinaufstieg. Morgen - das heißt, heute -, wenn wir aufs Land fahren, höre ich aufmerksamer zu. Da haben wir ja auch beide unsere Kleider an.
Zweites Kapitel
Es war ein schöner Sonntag auf dem Land gewesen. Beim Mittagessen in dem kühlen, kleinen Gasthaus hatte Tony das Gespräch nochmals auf ihre Karriere als Filmschauspielerin gebracht, doch sie war nicht darauf eingegangen.
»Das haben wir doch schon besprochen«, meinte Rachel. »Ich habe dir gestern Abend alles darüber erzählt, was ich weiß. Du hast mir gar nicht richtig zugehört. Im Übrigen soll die Sache nicht an die große Glocke gehängt werden, glaube ich.«
Er hatte mit Nachdruck versichert, er hätte sehr wohl zugehört. Jedenfalls bis zu dem Moment, als er abgelenkt worden war. Und das wäre schließlich so sehr ihre eigene Schuld wie die seine.
»Schön, schön«, sagte Rachel. »Wir lenken einander ab. Ich bin ja froh, dass es so ist. Und jetzt fahren wir noch ein Stück, ja?«
Sie waren einer stillen, schmalen Straße gefolgt, die durch hügeliges, bewaldetes Land führte. Tony hatte die Klimaanlage des gemieteten Wagens abgeschaltet und die Fenster geöffnet.
»Was ist das für ein komischer Geruch?« hatte Rachel gefragt.
Tony hatte ihr erklärt, der komische Geruch sei frische Landluft, vermischt mit ein wenig Dunggeruch.
Sie hatten die Rückfahrt früh angetreten, um dem Stoßverkehr zu entkommen. Nachdem sie den Mietwagen wieder abgegeben hatten, fuhren sie mit einem Taxi zu Hugo’s in der Sixth Avenue zum Essen. Es war erst kurz nach neun, als sie die Treppe zu Rachels Wohnung hinaufstiegen.
»Nein, Tony«, sagte Rachel bestimmt, als er sie in die Arme nehmen wollte. »Ich muss morgen bei Tagesgrauen aufstehen, weil ich einen Termin habe. Einen Gute-Nacht-Kuss kannst du mir natürlich geben. - Nein, Tony! Lass das. Geh jetzt nach Hause. Ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich nicht nach Hollywood gehe. - Tony! Bitte! Gute Nacht. Es war ein wunderschöner Tag. Gute Nacht.«
Ernstlich böse ist sie mir sicher nicht, dachte Tony, als er am Montagmorgen kurz nach acht an seinem Schreibtisch im Dienstraum der Mordkommission saß. Und sie wird wegen dieser Filmrolle wenigstens nicht von New York weg müssen. Es war schlimm genug, als sie damals zu Modeaufnahmen für drei Tage nach Paris musste.
Berichte, die getippt werden mussten, stapelten sich auf seinem Schreibtisch. Er tippte verbissen. Über das Wochenende waren Menschen getötet worden. Etwas Interessantes war nicht darunter. Was, zum Teufel, war das für eine Einstellung! Aber auch Kriminalbeamte verspüren manchmal Langeweile. Langeweile und Abscheu zu gleicher Zeit. Vielleicht empfand man, wenn man lange genug dabei war, nicht einmal mehr Abscheu oder Zorn. Ich hoffe, ich mache Schluss, ehe es so weit kommt, dachte Anthony Cook.
Gegen halb drei zog Tony seinen letzten Bericht aus der Schreibmaschine und zündete sich eine Zigarette an. Die konnte er endlich mit Bedacht und Genuss rauchen. Die anderen, die er sich automatisch beim Tippen ansteckte, verglühten meist vergessen im Aschenbecher.
Er stimmte mit Detective Mark Ferguson, der gerade aus dem Urlaub zurückgekommen war, darin überein, dass die Yankees endlich wieder ein bisschen Mumm zeigten und dass es auch höchste Zeit sei, wenn sie in der Liga noch einen vorderen Platz erreichen wollten. Ja, es sei ein langweiliger Tag gewesen, aber besser ein wenig Langeweile als endlose Überstunden.
Es war nach drei Uhr, keine Stunde mehr bis zum Schichtwechsel, als Lieutenant Nathan Shapiro aus seinem Büro in den Dienstraum trat und Tony Cook zu sich winkte. Shapiros langes Gesicht trug einen Ausdruck tiefer Niedergeschlagenheit, so als trüge er den Jammer der ganzen Welt. Shapiros Gesicht wirkte eigentlich immer so. Nur schien der Ausdruck heute noch etwas ausgeprägter als sonst, dachte Tony, als er sein Jackett anzog und zu Shapiro trat.
»Sie und ich«, stellte Shapiro mit Grabesstimme fest, »kriegen immer die verzwickten Fälle. Kennen Sie sich im Werbegeschäft aus, Tony? Ich meine, abgesehen davon, dass Ihre Freundin Werbeaufnahmen macht? Wie geht es Rachel übrigens?«
Tony erwiderte, Rachel gehe es gut, und erkundigte sich nach Rose. Shapiros Gesicht hellte sich etwas auf. Rose sei gesund und munter, erklärte er. Er hätte versucht, sie zu überreden, für eine Woche in die Catskills zu fahren, weil es da sicher kühler sei als in Brooklyn, aber sie weigere sich strikt.
»Wenn ich es hier aushalte, meint sie, dann könne sie es auch. Typisch, nicht?«
Tony nickte. Im Werbegeschäft kenne er sich leider auch nicht aus, bemerkte er dann.
Sie stiegen in einen Streifenwagen mit uniformiertem Fahrer.
»Das dachte ich mir schon«, stellte Shapiro fest und gab dem Fahrer eine Adresse in der Madison Avenue an. »Ich kenne mich da auch nicht aus. Ich habe es Bill gesagt, aber geholfen hat es gar nichts. Wie immer. Uns schanzt er dauernd die verzwickten Fälle zu.«
»Vielleicht weil Sie sie unweigerlich knacken, Nate«, versetzte Tony.
Er wusste längst, dass Shapiro überzeugt war, Captain William Weigand, Leiter der Mordkommission Manhattan Süd, übertrüge ihm rücksichtsloserweise stets solche Fälle, in die Leute verwickelt waren, deren Lebensstil und Mentalität außerhalb seines Erfahrungsbereichs lagen.
»Die Kollegen vom Revier haben die Sache als verdächtigen Todesfall gemeldet«, sagte Shapiro, während der Streifenwagen durch die belebten Straßen fuhr. »Charlie Fremont ist ein vorsichtiger Zeitgenosse. Da ist ein Mann sieben Stockwerke tief gestürzt. Aus einem Fenster. Tot natürlich. Charlie kommt die Sache nicht koscher vor. Wie, sagt er, hat der das Fenster überhaupt aufgekriegt?«
»Vielleicht ist es ein altes Haus«, meinte Tony. »Müsste ich Fremont kennen?«
»Captain. Vom Revier«, antwortete Shapiro. »Gründlicher Bursche. War er immer schon. Ein guter Polizist. Von Natur aus misstrauisch.«
»Das sind Sie aber auch«, stellte Tony fest. »Hatte der Tote einen Namen?«
»Bradley«, erwiderte Shapiro. »Von der Firma Folsom, Akins und Bradley oder so ähnlich. Da sind wir schon.«
Sie hielten vor einem Eckhaus unterhalb der 42. Straße in der Madison Avenue. Es war ein älteres Gebäude, keiner der modernen, gesichtslosen Glaskästen.
»Da sind wir schon«, wiederholte Shapiro.
Tony saß ein, zwei Sekunden stumm da und starrte auf den Hinterkopf des Fahrers. Dann sagte er: