Dr. Daniel 66 – Arztroman: Von der Sehnsucht getrieben
Von Marie Francoise
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Wie gehetzt rannte Elke Seibold die Straße entlang – hinein in die schier undurchdringliche Finsternis. Dabei flossen wahre Sturzbäche von Tränen aus ihren Augen. Sie stolperte und fiel auf die Knie, doch sie fühlte den brennenden Schmerz kaum, als ihre Haut auf dem rauhen Asphalt aufplatzte. Mühsam rappelte sie sich wieder auf und lief weiter.
Durch den Tränenschleier vor ihren Augen sah sie die Scheinwerfer eines Autos auf sich zukommen. Das Licht blendete sie und löste einen Schwindelanfall aus. Taumelnd versuchte Elke den Straßenrand zu erreichen, doch statt dessen lief sie immer mehr zur Mitte der gewundenden Landstraße hin.
Durch ihre dunkle Kleidung konnte sie der Autofahrer erst im letzten Moment sehen. Er bremse scharf und versuchte auszuweichen, doch es war schon zu spät. Der rechte Kotflügel des Wagens erfaßte Elke und schleuderte sie zur Seite. Bewegungslos blieb sie auf der Straße liegen.
»Oh, mein Gott!« stieß der Autofahrer hervor, als er seinen Wagen zum Stehen gebracht hatte und herausgesprungen war. Er lief auf das wie tot daliegende Mädchen zu und berührte sie zögernd.
»Hallo! Können Sie mich hören?« fragte er mit bebender Stimme. Erschrocken zog er seine Hand zurück und bemerkte, daß sie feucht und klebrig war vom Blut der Verunglückten.
Mit zitternden Fingern tastete er nach ihrem Handgelenk, doch er konnte keinen Puls fühlen. Der Schock raubte ihm den letzten Funken seines Verstands. Der Mann sprang auf, rannte zu seinem Auto und fuhr los.
Minuten später erreichte er die nächste Ortschaft. Im schwachen Licht der Straßenlaternen nahm er seine blutverschmierten Hände wahr, die das
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Dr. Daniel 66 – Arztroman - Marie Francoise
Dr. Daniel
– 66 –
Von der Sehnsucht getrieben
Marie Francoise
Wie gehetzt rannte Elke Seibold die Straße entlang – hinein in die schier undurchdringliche Finsternis. Dabei flossen wahre Sturzbäche von Tränen aus ihren Augen. Sie stolperte und fiel auf die Knie, doch sie fühlte den brennenden Schmerz kaum, als ihre Haut auf dem rauhen Asphalt aufplatzte. Mühsam rappelte sie sich wieder auf und lief weiter.
Durch den Tränenschleier vor ihren Augen sah sie die Scheinwerfer eines Autos auf sich zukommen. Das Licht blendete sie und löste einen Schwindelanfall aus. Taumelnd versuchte Elke den Straßenrand zu erreichen, doch statt dessen lief sie immer mehr zur Mitte der gewundenden Landstraße hin.
Durch ihre dunkle Kleidung konnte sie der Autofahrer erst im letzten Moment sehen. Er bremse scharf und versuchte auszuweichen, doch es war schon zu spät. Der rechte Kotflügel des Wagens erfaßte Elke und schleuderte sie zur Seite. Bewegungslos blieb sie auf der Straße liegen.
»Oh, mein Gott!« stieß der Autofahrer hervor, als er seinen Wagen zum Stehen gebracht hatte und herausgesprungen war. Er lief auf das wie tot daliegende Mädchen zu und berührte sie zögernd.
»Hallo! Können Sie mich hören?« fragte er mit bebender Stimme. Erschrocken zog er seine Hand zurück und bemerkte, daß sie feucht und klebrig war vom Blut der Verunglückten.
Mit zitternden Fingern tastete er nach ihrem Handgelenk, doch er konnte keinen Puls fühlen. Der Schock raubte ihm den letzten Funken seines Verstands. Der Mann sprang auf, rannte zu seinem Auto und fuhr los.
Minuten später erreichte er die nächste Ortschaft. Im schwachen Licht der Straßenlaternen nahm er seine blutverschmierten Hände wahr, die das Lenkrad umklammerten.
Waldsee-Klinik. 2 Kilometer.
Das Hinweisschild stach ihm ins Auge. Spontan bog er ab, raste die schmale Zufahrtsstraße entlang und hielt schließlich mit blockierenden Reifen vor dem Klinikeingang.
»Hilfe! Dr. Daniel!« schrie er, als er durch die doppelflügelige Eingangstür rannte. »Hilfe!«
Eine junge Frau, deren hellblauer Kittel die Krankenschwester verriet, eilte ihm entgegen.
»Was ist passiert?« fragte sie mit einem besorgten Blick auf seine Hände.
»Ein junges Mädchen… ich habe es angefahren…«, stammelte der Mann. »Draußen auf der Landstraße.… ein paar Kilometer von hier…« Er vergrub das Gesicht in den Händen. »O Gott, ich hatte solche Angst… ich bin davongefahren…«
Während er noch sprach, lief die Nachtschwester Irmgard Heider bereits zum Telefon und benachrichtigte die diensthabenden Sanitäter sowie Chefarzt Dr. Metzler, der heute Nachtschicht hatte.
Eine Minute später brauste der Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn los. Im selben Moment brach der Autofahrer zusammen. Der Gedanke, daß er womöglich ein junges Mädchen totgefahren hatte, war zuviel für ihn.
Schwester Irmgard hatte einige Mühe, den bewußtlosen Mann auf eine fahrbare Trage zu heben, aber schließlich war es doch geschafft. Anschließend alarmierte sie den Oberarzt Dr. Gerrit Scheibler, der Bereitschaftsdienst hatte.
Bis er in der Klinik eintraf, war der Autofahrer bereits wieder zu sich gekommen. Weinend lag er in dem Bett, in das Schwester Irmgard ihn verfrachtet hatte.
»Ich wollte das nicht«, schluchzte er verzweifelt. »Sie lief mitten auf der Straße… in
Jeans und einem dunklen Pulli… ich habe sie nicht gesehen… ich schwöre, daß ich sie nicht gesehen habe…«
Dr. Scheibler spritzte ihm ein Beruhigungsmittel und wartete, bis der Mann eingeschlafen war.
»Das wird ihn teuer zu stehen kommen«, befürchtete Schwester Irmgard. »Er hat Fahrerflucht begangen.«
»Aber er ist zu uns gekommen«, erwiderte Dr. Scheibler. »Das war wahrscheinlich das Beste, was er in diesem Fall tun konnte. Was hätte es dem Mädchen genutzt, wenn er bei ihr geblieben und auf den nächsten vorbeikommenden Autofahrer gewartet hätte? Um diese Zeit ist die Landstraße kaum befahren.«
»Er hätte sie herbringen können«, wandte die Nachtschwester ein, doch Dr. Scheibler schüttelte den Kopf.
»Noch weiß niemand, wie schlimm es das Mädchen erwischt hat. Wenn die Wirbelsäule verletzt ist, bestünde bei einem falsch durchgeführten Transport die Gefahr einer Querschnittslähmung«, meinte er.
»Im Polizeibericht wird sich das anders anhören«, vermutete Irmgard, dann seufzte sie: »Hoffentlich überlebt das Mädchen.«
*
Das blinkende Blaulicht erregte sofort die Aufmerksamkeit von Dr. Robert Daniel. Er fuhr näher an die Unfallstelle heran, dann hielt er seinen Wagen am Straßenrand an und stieg aus. Im selben Moment erkannte er den jungen Sanitäter, der gerade in den Krankenwagen springen und losfahren wollte.
»Mario! Brauchen Sie mich?« wollte er wissen.
Mario Bertoni fuhr herum, dann erkannte er Dr. Daniel und schüttelte den Kopf.
»Nein, Herr Doktor, der Chefarzt ist hinten.«
Dr. Daniel hob die Hand zum Zeichen, daß er verstanden hatte. Die Tür des Krankenwagens schlug zu, dann brauste Mario los.
Dr. Daniel kehrte zu seinem Auto zurück und warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Es war schon gleich elf. Obwohl er wußte, daß der oben die Verletzte bei Dr. Wolfgang Metzler in den besten Händen war, drängte es ihn, zur Waldsee-Klinik hinauszufahren.
Spontan griff er nach dem Hörer des Autotelefons und wählte die Nummer seiner Villa. Seine Frau Manon meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln.
»Robert!« rief sie erleichtert, als er sich zu erkennen gegeben hatte. »Allmählich habe ich mir wirklich Sorgen um dich gemacht.«
»Völlig unnötig, Liebes«, versicherte Dr. Daniel. »Der Kongreß hat sich endlos in die Länge gezogen, und jetzt… ich bin auf dem Weg zur Waldsee-Klinik. Kurz vor Steinhausen scheint es einen Unfall gegeben zu haben. Etwas Genaueres weiß ich nicht. Ich habe nur noch den Krankenwagen wegfahren sehen.«
»Du bist mal wieder unverbesserlich«, seufzte Manon. »Falls du es vergessen haben solltest: In der Waldsee-Klinik arbeiten durchweg erstklassige Ärzte, und auch wenn du dort Direktor bist, mußt du dich nicht rund um die Uhr in der Klinik aufhalten.«
»Du übertreibst maßlos«, hielt Dr. Daniel ihr entgegen. »Mit dem Direktorenposten hat das auch nichts zu tun. Es ist… ich mache mir einfach Sorgen. Vielleicht kann ich Wolfgang helfen.«
»Ist schon in Ordnung, Robert«, meinte Manon seufzend. »Ich weiß ja, daß dir diese Geschichte keine Ruhe lassen würde. Aber bitte, Liebling, denk ab und zu daran, daß du auch nur ein Mensch bist und gelegentlich ein bißchen Schlaf brauchst.«
Dr. Daniel lächelte. Die Fürsorge seiner Frau tat ihm immer wieder gut.
»Ich werde es nicht vergessen«, versprach er, verabschiedete sich sehr liebevoll von Manon und legte auf. Dann beschleunigte er den Wagen und erreichte schon wenige Minuten später die Waldsee-Klinik.
Mit langen Schritten durchquerte er die Eingangshalle und wandte sich der Notaufnahme zu. Hier war Dr. Metzler tatsächlich noch mit dem Unfallopfer beschäftigt.
»Wie sieht’s aus?« wollte Dr. Daniel wissen.
»Es geht«, urteilte der Chefarzt. »Eine schwere Gehirnerschütterung, der rechte Arm ist gebrochen, ein paar schlimme Schürf- und Schnittwunden, und etliche Prellungen. Aber angesichts der