Ich darf nicht länger schweigen: Sophienlust Extra 67 – Familienroman
Von Gert Rothberg
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In der Reihe Sophienlust Extra werden die schönsten Romane dieser wundervollen Erfolgsserie veröffentlicht. Warmherzig, zu Tränen rührend erzählt von der großen Schriftstellerin Patricia Vandenberg.
Ein warmer, sonniger Nachmittag hatte alle Kinder von Sophienlust in den Park gelockt. Selbst die Großen hatten ihre Schularbeiten etwas verschoben, um das gute Wetter nutzen zu können. Sie saßen auf dem Rand des Springbrunnens oder vor dem Pavillon. Meistens hatten sie einander Geheimnisse zu erzählen, von denen die Kleinen noch nichts wissen sollten. Aber denen boten die Schaukel, die Rutsche und der Sandkasten Abwechslung genug. Denise von Schoenecker stand etwas abseits und beobachtete ihre Schützlinge. Um ihre Lippen lag ein glückliches Lächeln. Es gab so viele Stunden, in denen sie dankbar für die Aufgabe war, die sie mit dem Kinderheim übernommen hatte. Die Arbeit wurde ihr nie zu viel, weil sie sich nichts Schöneres vorstellen konnte, als armen vernachlässigten Kindern diesen Ort der Geborgenheit bieten zu können. Schwester Regine kam durch den Park und riss sie aus ihren Gedanken. »Herr Dr. Roeder ist gekommen, Frau von Schoenecker. Er wartet im Empfangszimmer.« Denise strich sich über die Stirn. »Beinahe hätte ich diesen Besuch vergessen. Zumindest habe ich nicht auf die Zeit geachtet. Bitte, bleiben Sie hier im Park, Schwester Regine, und passen Sie auf die Kleinen auf.« Sie lächelte. Dann ging sie schnell auf das Kinderheim zu. Dr.
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Buchvorschau
Ich darf nicht länger schweigen - Gert Rothberg
Sophienlust Extra
– 67 –
Ich darf nicht länger schweigen
Wie eine gemeine Intrige ein großes Glück zerstörte
Gert Rothberg
Ein warmer, sonniger Nachmittag hatte alle Kinder von Sophienlust in den Park gelockt. Selbst die Großen hatten ihre Schularbeiten etwas verschoben, um das gute Wetter nutzen zu können. Sie saßen auf dem Rand des Springbrunnens oder vor dem Pavillon. Meistens hatten sie einander Geheimnisse zu erzählen, von denen die Kleinen noch nichts wissen sollten. Aber denen boten die Schaukel, die Rutsche und der Sandkasten Abwechslung genug.
Denise von Schoenecker stand etwas abseits und beobachtete ihre Schützlinge. Um ihre Lippen lag ein glückliches Lächeln. Es gab so viele Stunden, in denen sie dankbar für die Aufgabe war, die sie mit dem Kinderheim übernommen hatte. Die Arbeit wurde ihr nie zu viel, weil sie sich nichts Schöneres vorstellen konnte, als armen vernachlässigten Kindern diesen Ort der Geborgenheit bieten zu können.
Schwester Regine kam durch den Park und riss sie aus ihren Gedanken. »Herr Dr. Roeder ist gekommen, Frau von Schoenecker. Er wartet im Empfangszimmer.«
Denise strich sich über die Stirn. »Beinahe hätte ich diesen Besuch vergessen. Zumindest habe ich nicht auf die Zeit geachtet. Bitte, bleiben Sie hier im Park, Schwester Regine, und passen Sie auf die Kleinen auf.« Sie lächelte. Dann ging sie schnell auf das Kinderheim zu.
Dr. Constantin Roeder, der Besitzer einer Klinik in Heilbronn, war ihr von Bekannten angemeldet worden. Sie war nun ein bisschen neugierig auf diesen Besucher.
Als sie das Empfangszimmer betrat, erhob sich ein großer schlanker Mann aus dem Sessel und kam auf sie zu. »Frau von Schoenecker?«, fragte er, und seine grauen Augen blicken Denise bewundernd an.
»Ja, die bin ich«, sagte sie. »Ich freue mich über Ihren Besuch, Herr Dr. Roeder. Bitte, kommen Sie mit in mein Zimmer, dort können wir uns ungestört unterhalten.«
Denise ging voraus, die Treppe hinauf in ihr Biedermeierzimmer, das sie sehr liebte.
Als sie sich gesetzt hatten, sagte sie: »Es geht also um Ihren kleinen Jungen, Herr Doktor.«
»Ja, um Rüdiger. Er ist fünf Jahre alt. Ich bin ein viel beschäftigter Arzt und kann mich wenig um meinen Sohn kümmern. Meine Wirtschafterin Malwine ist leider nicht mehr jung genug, dass sie sich auf den Jungen einstellen könnte. Zudem hat sie sehr viel Arbeit mit dem großen Haus und dem Garten. Meine Klinik liegt zwar neben dem Wohnhaus, aber oft kann ich es den ganzen Tag nicht ermöglichen, auf einen Sprung zu meinem Jungen zu gehen. Komme ich dann am Abend zurück, schläft er meistens schon.« Constantin Roeder strich sich über das braune Haar. Er sah bedrückt aus. »Leider habe ich auch niemanden, der Rüdiger in den Kindergarten bringt und wieder abholt. Dadurch kommt er kaum mit anderen Kindern zusammen. Das wirkt sich bei ihm schon aus. Er ist ein sehr zurückhaltendes Kind, um nicht zu sagen, schon fast schwermütig.«
Denise hatte aufmerksam zugehört. Jetzt wagte sie die Frage: »Seine Mutter ist gestorben?«
Dr. Roeder lehnte sich zurück, und sein Gesicht verhärtete sich sichtbar. »So viel wie gestorben«, antwortete er. »Ich musste mich schon vor längerer Zeit von meiner Frau trennen. Über die Gründe möchte ich nur ungern sprechen.«
»Sie sind also geschieden und der Junge wurde Ihnen zugesprochen«, stellte Denise fest.
»Nein, geschieden bin ich nicht, aber das Familiengericht hat die vorläufige Entscheidung getroffen, dass mein Junge bei mir bleibt. Ich werde das auch bei der Scheidung durchzusetzen wissen.«
Denise erschrak vor dem harten Klang in der Stimme ihres Besuchers. Sie nahm sich zusammen, um das nicht zu zeigen. Etwas nachdenklich sagte sie: »Für gewöhnlich nehmen wir nur Waisenkinder bei uns auf, aber ab und zu auch ein Kind, das zu Hause nicht die richtige Pflege hat, wenn die Mutter im Krankenhaus ist oder ähnliche Umstände eintreten.«
»Ich habe also keine Hoffnung, meinen Jungen bei Ihnen unterzubringen?«, fragte Constantin Roeder erschrocken. »Ich würde mich nur schweren Herzens von ihm trennen, aber ich muss zuerst an ihn denken. Er soll endlich etwas aus sich herausgehen. Ohne richtige Betreuung fürchte ich, dass er seelischen Schaden nimmt. Frau von Schoenecker, vielleicht müsste Rüdiger nicht für allzu lange Zeit bei Ihnen bleiben. Ich gedenke nämlich, nun doch die Scheidung einzuleiten und mich wieder zu verheiraten. Mit einer neuen Mutter im Haus würde für den Jungen alles anders werden. Bitte, überlegen Sie doch noch einmal, ob Sie meine Bitte nicht erfüllen könnten. Sie würden mir damit einen großen Gefallen tun und Rüdiger helfen.«
»Gut, ich werde den Jungen aufnehmen«, sagte Denise nun kurz entschlossen.
Constantin Roeder atmete auf. »Danke«, sagte er leise. »Wann darf ich den Jungen zu Ihnen bringen?«
»Sobald Sie wollen. Ich sorge dafür, dass er ein Bett bekommt. Das wird sich machen lassen, weil in den nächsten Tagen ein Junge Sophienlust verlässt.« Denise zögerte kurz, ehe sie weitersprach. »Übrigens ist das ein ähnlicher Fall. Dieser Junge war auch bei uns, weil sich die Eltern getrennt hatten und der Vater nicht für ihn sorgen konnte.« Nun lächelte Denise. »Aber nun haben sich die Eltern wieder geeinigt. Sie wollen noch einmal neu anfangen.«
»Das wird bei mir nicht der Fall sein.« Das sagte Constantin Roeder schroff und mit verbittertem Gesicht. »Meine Frau hat mich betrogen, und das kann ich nicht verzeihen. Auch dem Jungen zuliebe nicht. Entschuldigen Sie bitte, davon wollte ich ja nicht sprechen. Das muss ich mit mir allein abmachen.«
»Hat Ihr Junge noch eine Erinnerung an seine Mutter?«, fragte Denise. »Das sollten wir wissen, damit wir uns auf ihn einstellen können.«
»Rüdiger war zwar erst etwas über drei Jahre, als ich mich von seiner Mutter trennte, aber er spricht noch immer von ihr«, antwortete Dr. Roeder etwas schwerfällig. Es war ihm anzumerken, dass er nicht gern davon sprach. »Ob er seine Mutter noch erkennen würde, weiß ich nicht. Vielleicht ist die Erinnerung an sie durch Bilder wachgehalten worden.« Nun klang seine Stimme ärgerlich. ».Meine alte Wirtschafterin kann es leider nicht lassen, dem Jungen immer wieder Bilder seiner Mutter zu zeigen und von ihr zu reden, obwohl ich ihr das verboten habe.«
»Rüdiger sehnt sich also nach seiner Mutter. Welches Kind in seiner Lage würde das nicht tun«, sagte Denise aus ihren Gedanken heraus.
»Er wird wieder eine Mutter bekommen. Eine, die ihn und mich nicht verrät.« Constantin Roeder ließ erkennen, dass er dieses Thema beenden wollte.
Denise ging darauf ein, aber sie wusste, dass sie über diesen Mann und seine Familienverhältnisse noch viel nachdenken würde. Sie glaubte ihm nicht so recht. Er kam ihr zu verbissen vor. Sie zeigte ihm nun das Kinderheim und konnte sehen, dass es ihm gut gefiel. Als er sich verabschiedete, bedankte er sich noch einmal und sagte: »Hier wird sich Rüdiger bestimmt wohlfühlen. Endlich wird er mit anderen Kindern zusammenkommen. Danach verlangt es ihn sehr, und es wird ihn ablenken. Wenn es Ihnen recht ist, Frau von Schoenecker, dann bringe ich Rüdiger am kommenden Sonntag.«
»Ja, das ist mir recht.« Denise gab ihm die Hand.
»Natürlich werde ich für die Kosten aufkommen, die der Aufenthalt meines Jungen hier verursacht. Ich weiß, dass man bei Ihnen nicht bezahlen muss, aber ich kann es mir leisten, Ihnen etwas zuzuschießen, was vielleicht ärmeren Kindern zugutekommt. Mir geht es nur darum, Rüdiger gut untergebracht zu wissen. Und dass er bei Ihnen gut aufgehoben sein wird, davon bin ich jetzt vollkommen überzeugt. Ich hoffe, dass er Ihnen keine Schwierigkeiten macht. Er ist ein friedfertiger Junge, nur etwas zu still.«
»Unsere Kinder werden ihm helfen, sich einzugewöhnen, Herr Doktor.« Denise lächelte Dr. Roeder zuversichtlich zu und brachte ihn bis an die Haustür.
Dann ging sie wieder in den Park, suchte sich mit Schwester Regine ein stilles Plätzchen und erzählte ihr, dass sie einen neuen Schützling bekommen würden.
»Wieder einmal ein Kind, dem man anscheinend gewaltsam die Mutter genommen hat«, sagte sie. »Wir wissen schon zu gut, wie sehr solche Kinder oft leiden. Ich bin nicht ganz sicher, dass die Mutter allein die Schuld an der Trennung trägt. Dieser Dr. Roeder kommt mir hart und unerbittlich vor, um nicht zu sagen, rechthaberisch.«
»Und er will sich wieder verheiraten?«, fragte Schwester Regine.
»Ja, das sagte er, aber bis jetzt ist er noch nicht einmal geschieden.« Denises Gesicht nahm einen grüblerischen