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Lizenz zum Schnüffeln
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eBook240 Seiten3 Stunden

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Über dieses E-Book

Neuer Boss, neues Spiel – und ein neuer Fall. Harry soll eine vermisste Person finden. Das führt ihn u.a. auf die Nordseeinsel Wangerooge. Dass das ganze nicht ohne den einen oder anderen Toten auskommt, versteht sich von selbst. Die Frage ist: Kann Harry den Vermissten und den Mörder finden? Oder sagen wir lieber: Wie schafft er das? Nun, wie üblich eher mit Witz als mit Spannung.
Harry Rhode ist eine Mischung als Philip Marlowe und Columbo – der entwaffnende Humor eines Marlowe und der entwaffnete Ermittler eines Columbo. Es gibt weniger Frauen und weniger auf die Fresse als bei Marlowe, aber ein guter Detektiv zeichnet sich ja nicht nur dadurch aus, was er einstecken, sondern auch, was er auflösen kann. Mal ist es ziemlich klar, wer der Mörder ist und wir begleiten den Detektiv dabei, wie er ihn überführen muss, mal kann auch der Leser mit raten, welcher der Verdächtigen nun für die Tat verantwortlich ist. "Harry Rhode" sind Detektivgeschichten mit Humor.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Dez. 2019
ISBN9783750214439
Lizenz zum Schnüffeln
Autor

Martin Cordemann

Tillmann Courth stand jahrelang als Conférencier auf der Bühne des Ersten Kölner Wohnzimmertheaters. Er schrieb und bestritt fünf Kabarett-Soloprogramme und geht heute einigen Kolleg?innen u.a. als Regisseur zur Hand, ist Comicexperte und betreibt die Webseite FIFTIES HORROR. Martin Cordemann ist Autor der Comics „Die DomSpitzen“ und „Bruder Thadeus: Das Münchner Kindl“ (Zeichner: Ralf Paul) sowie des Buches „Dada op Kölsch“. Als E-Book gibt es von ihm jede Menge Krimis und Science Fiction.

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    Buchvorschau

    Lizenz zum Schnüffeln - Martin Cordemann

    Vorwort

    Ein Vorwort von Köln… nein, das war was anderes. Hallo! Nun, ohne groß drum herum zu reden, wenn Sie die anderen Bücher gelesen haben – was Sie sollten! – dann wissen Sie ja schon, was jetzt kommt. Sie befinden sich hier in Band 5, und für alle, die sich gerade erst zugeschaltet haben, hier noch einmal eine kleine Übersicht zum Mitschreiben und Nachkaufen:

    Nach den Büchern

    „Tod unterm Leuchtturm"

    „Tod du Fröhliche"

    „Geigenmord"

    „Frauenvolle Morde"

    liegt Ihnen hier mit „Lizenz zum Schnüffeln der fünfte Band aus der „Harry Rhode-Reihe vor. Wenn Sie das zum Kaufen inspiriert, behaupte ich auch gerne, dass Sie die anderen Bücher gelesen haben müssen, um das hier zu verstehen. Wäre natürlich gelogen, wissen Sie aber nicht.

    Sollten Sie aus irgendeinem, mir nicht näher bekannten oder gar nachvollziehbaren Grund auf die Idee kommen, so etwas wie eine Chronologie in den Geschichten mit und um Harry Rhode entdecken oder sich gar selbst eine aus den Fingern saugen zu wollen, dann sei Ihnen hiermit ein Strich durch die Rechnung gemacht. Denn aus einem ebenso mir nicht näher bekannten oder gar nachvollziehbaren Grund habe ich bereits eine solche rein willkürlich festgelegt. Sollte Ihre mit der meinigen nicht übereinstimmen, dann darf ich Sie an eins erinnern: Ich bin der Autor dieser Figur, verstanden? Ach, was soll’s, die Chronologie ist in etwa die Reihenfolge, in der Sie die Geschichten vorfinden – und wenn nicht, dann hab ich mich eben geirrt. Geschrieben wurde dieses Buch vor „Tod unterm Leuchtturm, spielt aber danach. Nun ließ sich bei der Überarbeitung von „Leuchtturm das ganze ein wenig durch Handykameras aktualisieren, bei diesem Buch hier habe ich aber auf die rückwirkende Einführung und exzessive Nutzung von Handys verzichtet. In Sachen Technik (Handy, Internet) hat sich seit der Entstehung dieses Bandes einiges verändert – sonst aber eher (mit Ausnahme der Einführung des Euro) nicht.

    Als interessante Randnotiz sei erwähnt, dass dies der erste Harry Rhode-Roman war, den ich geschrieben habe, während die anderen Bücher ja eher Sammlungen von Detektivgeschichten sind. Das Buch entstand 1989/1997 und was bleibt da noch zu sagen als:

    Harry Rhode kehrt zurück

    in

    Mord aus vergangenen Tagen

    Aber das hätte eigentlich eher ans Ende gehört. Naja, egal, kann man nichts machen.

    Jetzt erstmal: Viel Spaß!

    Prolog

    Wahrscheinlich begann die ganze unangenehme Angelegenheit an einem Donnerstag, solche unangenehmen Angelegenheiten beginnen meist an einem Donnerstag, manchmal auch Mittwochs, aber das nur in Schaltjahren. Wie üblich kam ich morgens in mein Büro-das-diesen-Namen-genauso-verdient-wie-ich-das-Adjektiv-gekämmt im Polizeipräsidium – und wie üblich kam ich zu spät. Als ich mich gerade an meinen Schreibtisch gesetzt hatte und gerade im Begriff war, die beiden Akten zu sortieren, die vor mir lagen, betrat Kronzucker, mein Chef, ohne anzuklopfen den Raum. Das war gar nicht seine Art, jedenfalls nicht, ohne mich dabei stinksauer anzusehen.

    „Harry, ich habe ein ernstes Wort mit Ihnen zu reden!" eröffnete er und schloss leise die Tür. War inzwischen aufgefallen, dass ich ständig zu spät kam? Wollte man mich tadeln oder rausschmeißen? Vorsichtshalber nahm ich die Füße vom Schreibtisch; sein Blick drückte eine gewisse Dankbarkeit für diese Aktion aus. Dann setzte er sich mir gegenüber.

    „Sie wissen, begann er, „dass ich mit Ihrer Arbeit immer sehr zufrieden gewesen bin?! Nun, ich wusste es. „Wenn ich auch Ihre Methoden nie richtig gebilligt habe, fügte er hinzu, musste lächeln und wurde wieder ernst. „Wir haben immer gut zusammengearbeitet... in all den Jahren. Er lächelte traurig. „Es hat Spaß gemacht, manchmal. Man konnte sich immer auf Sie verlassen!" Ich war gerührt. Das war verdammt viel Süßholz für einen Rausschmiss!

    „Ähm", versuchte ich sowohl meine Verlegenheit darzustellen/sie zu vertuschen, wie auch ihn dazu zu bewegen, zum Kern, also meiner Kündigung, zu kommen.

    „Harry. Dieser vertrauliche Ton verhieß stets Probleme. Meistens welche, die er mit mir hatte. „Haben Sie vielleicht etwas zu trinken? fragte er unvermittelt. Ich war überrascht.

    „Wenn Sie eine Cola..."

    „Früher hatten Sie doch immer eine Flasche Scotch hier irgendwo, nicht wahr?" Er lächelte wissend. Alkohol im Dienst? War es das? Dabei war ich nun beileibe kein Alkoholiker – was bei diesem Job mehr als verwunderlich war! Naja, da er es ohnehin wusste, konnte ich ihm auch einen Schluck anbieten. Also förderte ich aus meinem Schreibtisch eine Flasche Scotch und zwei Gläser zutage und schenkte uns beiden ein.

    Dankbar nahm er das Glas entgegen, prostete mir zu und nahm einen kräftigen Schluck. Er schien den Whisky gut zu vertragen. Ich hatte ihn selten trinken sehen. Höchstens, wenn es um seine Tochter ging. Dann aber richtig.

    „Danke, sagte er und stellte das leere Glas auf meinen Schreibtisch. „Das war jetzt nötig. Ich lächelte ihm zu, nippte an meinem Whisky und stellte das Glas dann langsam auf den Tisch. Wenn er mir seine Nachricht überbracht hatte, würde noch Gelegenheit sein, sie hinunterzuspülen. „Wie Sie sich sicher denken können, habe ich Ihnen etwas mitzuteilen, fuhr er nun fort. „Sie sollten es als erster erfahren... Er lächelte peinlich berührt. Wenn es um meinen Rausschmiss ging, wollte ich auch darum gebeten haben, es als erster zu erfahren. „Es fällt mir nicht leicht, Ihnen das zu sagen. Immerhin betrifft es Sie fast genauso wie mich. Langer Rede kurzer Sinn: Ich wartete. „Wir werden nicht länger zusammenarbeiten können. Damit schien er alles gesagt zu haben. Er hatte damit auch fast alles gesagt. Nur das Unaussprechliche hatte er damit nicht gesagt, angedeutet wohl, aber es nicht gesagt.

    „Sehr bedauerlich", murmelte ich.

    „Sie sagen es. Wir haben gut zusammengearbeitet. Viele Fälle gelöst. Tja, das wird jetzt wohl anders werden. Man hat mich versetzt!"

    „Bitte?" Fast hätte ich meinen Whisky verschluckt, zum Glück hatte ich gerade erst zum Glas greifen wollen.

    „Versetzt! sagte er, als sei das von Anfang an klar gewesen. „Mich, nicht Sie! Er lächelte. „Meinen Sie, ich würde mich wegen Ihrer kleinen Eskapaden unnötig aufregen?"

    „Naja..."

    „Der Polizeipräsident war der Ansicht, man sollte einem Jüngeren Gelegenheit geben, sich auf meinem Posten zu bewähren."

    „Das bedeutet, ich werde befördert?"

    „Nein, das bedeutet nur, dass ich wegbefördert werde." Kronzucker lächelte bitter und füllte sein Glas nach.

    „Wohin?"

    „Nach Hamm. Das ist..."

    „...eine große kleine Stadt. Ich muss es wissen, ich bin da groß geworden, jedenfalls so groß, wie ich jetzt bin."

    „Und was ist da los?" fragte er und leerte sein Glas.

    „Nichts, antwortete ich und trank auf den Schrecken. „Man hätte Sie auch in ein Altersheim versetzen können. Da gäb’s mehr Leichen.

    „Sehr witzig. Ich denke, Ihren Humor werde ich vermissen, meinte er säuerlich. Ich bezweifelte es. „Jedenfalls wollte ich es Ihnen als erstem sagen.

    „Ähm, übrigens hat es mir auch immer Spaß gemacht, mit Ihnen zu arbeiten. Sie waren ein guter Vorgesetzter."

    „Und Sie waren ein eigenwilliger Untergebener! Und Ihre merkwürdigen Sachen… Wie war das, als Sie Ankers Kindesentführung auf eigene Faust untersucht und seine Ehe zerstört haben?"

    „Ähm, also das hat er schon selber getan!"

    Kronzucker grinste. „Jedenfalls war es eine nette Zeit. Ich fürchte, das ist nun vorbei."

    „Ich wusste gar nicht, dass es in Hamm eine Mordkommission gibt."

    „Ich werde es in ein paar Tagen am eigenen Leib erfahren."

    „So schnell?"

    Während er sein drittes Glas in seinen Händen wog, sagte er leise: „In diesem Fall hat der Amtsschimmel überraschend schnell gearbeitet. Schneller als bei Ihrer missratenen Amrum-Versetzung. Es hat starke Veränderungen gegeben. Der Mann, dessen Posten ich einnehmen werde ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der Ersatz muss schnell eingeführt werden, weil eine größere Aktion geplant ist."

    „Eine größere Aktion? In Hamm??? Was soll das sein? Eine groß angelegte Überwachung der Radwege, um Radfahrer ohne Licht dingfest zu machen?"

    „Es geht um eine Wohltätigkeitsveranstaltung, sagte er bitter. „Tag der offenen Tür, der Leiter der Polizei wird ein paar nette Worte sagen...

    „Was für eine Verschwendung!"

    „Sie sagen es. Aber dieser Amtswechsel scheint schon länger geplant gewesen zu sein, der Zeitpunkt kam günstig dazu."

    „Und wann ist es soweit?" fragte ich und genehmigte mir noch einen.

    „Mittwoch verlasse ich meinen Posten in dieser Abteilung."

    „Verdammt. Ich mochte ihn wirklich. Er war okay, manchmal zu sehr Staatsdiener, aber okay. Und kooperativ. Und er mochte mich. Ich hätte ihn heiraten sollen. Besser ihn als seine Tochter. „Wer wird Ihr Nachfolger werden?

    „Ein Herr namens Frank Prosser."

    „Hmmm?" Kam mir irgendwie bekannt vor, aber mein Gesichtsausdruck schien etwas anderes auszusagen.

    „Er ist nicht ganz so alt wie ich und nicht ganz so jung wie Sie, aber offensichtlich mit sehr guten Ideen. Und er ist etwas, was Sie nicht mögen werden!"

    „Vater einer Tochter, wie Sie?"

    „Ehrgeizig!"

    Das war schlimmer! Wenn ich etwas nicht leiden konnte, also abgesehen von der ellenlangen Liste der Dinge, die sich unter der Bezeichnung „wenn ich etwas nicht leiden kann" im Laufe der Jahre angesammelt hatten, dann waren das ehrgeizige Menschen. Nichts gegen ein bisschen Ehrgeiz, aber wenn Kronzucker es schon hervorhob, musste es sich um einen Karrieretypen handeln. Um jemanden, der alles tat, um weiterzukommen, um aufzusteigen. Ihm war sein eigener Ruhm wichtiger als die Arbeit selbst. Das war es, was ich an ehrgeizigen Leuten nicht leiden konnte. Und kann!

    „Ich nehme nicht an, dass Sie ihn mögen werden, meinte Kronzucker grinsend, als wäre ich nicht schon selbst zu dieser Schlussfolgerung gekommen. „Er ist genau der Typ Polizist, mit dem Sie normalerweise Schwierigkeiten haben.

    „Verleiden Sie ihn mir nicht", antwortete ich und genehmigte mir noch einen kleinen Whisky. Auf nüchternen Magen wirkten die unheimlich gut. Vielleicht wäre es besser, heute etwas früher zu gehen. Noch vor dem Mittagessen. In ein paar Minuten, vielleicht?

    „Jedenfalls möchte ich Ihnen für alles danken", schloss Kronzucker, erhob sich und reichte seine ausgestreckte Hand über den Schreibtisch. Ich erhob mich ebenfalls, wenn auch ein wenig schleppend und reichte ihm meine Hand.

    „Sie waren der beste Vorgesetzte, den ich bei der Mordkommission je hatte."

    Tränen der Rührung traten in seine Augen. Also sagte ich nicht, dass er auch der einzige Vorgesetzte gewesen war, den ich bei der Mordkommission gehabt hatte – bisher.

    „Ich hätte ja gerne noch mal mit Ihrer Tochter..." sagte ich scheinheilig.

    „Sie hat sich nach Ihnen erkundigt. Wäre Ihnen morgen recht?" Er grinste schmutzig, ich hätte nie gedacht, dass er dazu fähig gewesen wäre.

    „...ähm, mir fiel nicht ein, wie ich den Satz sinnvoll beenden und entschärfen konnte, der Whisky tat seine Wirkung. „...eine Ausstellung von seltenen Lebewesen eröffnet!

    Sein Blick veränderte sich etwas. „Würden Sie trotzdem morgen Abend zu uns zum Abendessen kommen?"

    „Solange ich nicht mit ihr allein sein muss."

    „Sie haben mein Ehrenwort. Er nickte mir zu und ging zur Tür. Als er sie geöffnet hatte, drehte er sich noch einmal um und sagte: „Übrigens Rhode, Sie sind heute zu spät gekommen. Unterlassen Sie das in Zukunft! Dann ging er, wieder ganz mein Chef.

    Angesäuselt lehnte ich mich in meinem Sessel zurück. Prosser, irgendwie... irgendwie kam mir dieser Name bekannt vor. Und das nicht einmal in einem positiven Zusammenhang! Kein allzu gutes Zeichen. Zusammen mit der Flasche verschwanden die Gläser in meiner Ablage für „besonders schwierige Fälle"; dort bewahrte ich auch die Chips und die Schokolade auf.

    Was war das nur für ein Tag? Mein Chef hatte mir gerade mitgeteilt, dass nicht ich das Schiff verlassen würde, sondern er. Auch keine besonders gute Neuigkeit. Ich warf einen flüchtigen Blick auf die Akten. Es ging um Stefan Blick, der momentan flüchtig war. Gewesen war. Die zweite Akte gab Auskunft, dass er in einem Hotel in der Schweiz gefunden worden war. Tot, für seine Verhältnisse ein ziemlich unangenehmer Zustand. Scheinbar hatte er die Rechnung des Hotels nicht bezahlt. Sollten sich die Schweizer drum kümmern. Mord war ein internationales Geschäft, war es auch schon gewesen, bevor die EG alle Grenzen geöffnet hatte.

    Prosser?! Woher kannte ich diesen Namen nur? Es... es musste irgendetwas Unangenehmes gewesen sein, da war ich mir mittlerweile ziemlich sicher. Aber was? Seufzend lehnte ich mich wieder zurück, es gab nichts zu tun, und starrte die Wand an. Was für ein Tag? In Kürze würde ich einen neuen Chef bekommen, mein alter Chef würde in das größte Dorf Deutschlands versetzt und seine Tochter würde die Stadt nicht verlassen. Es war das übliche Chaos. Ich sah auf den Kalender. Natürlich. Es war Montag!

    Kapitel 1

    „...erfordert es, dass ich die Versetzung in eine andere Dienststelle antreten werde", schloss Kronzucker seine Rede vor seiner ehemaligen Mannschaft, der Mordkommission. Lohmann hatte Tränen in den Augen, Schlüter wischte seine Brille, sogar die Fischer konnte sich ein Schniefen nicht verkneifen. Und da war auch dieses hinreißende Fräulein Rausch, das herzallerliebst in sein reizendes Taschentüchlein hineintrauerte. Sie sah zu mir herüber und lächelte traurig. Fast alle hier hatten Kronzucker gemocht. Oder sie hatten einfach mehr über diesen Prosser gehört als ich? Jedenfalls schienen sie geknickt, dass Kronzucker uns verließ.

    Wir hoben die Sektgläser und stießen an. Schon wieder Alkohol im Dienst. Ich hatte mich gerade erst von meiner letzten Beschäftigung damit erholt. Wahrscheinlich würde bald ein anderer Wind wehen, und wenn sich meine Befürchtung bewahrheiten sollte, würde sich die laue Brise in einen kalten, scharfen Zug verwandeln.

    Dies war der letzte Tag unseres alten Chefs, wenn nicht plötzlich jemand ermordet wurde, konnten wir den ganzen Tag feiern. Morgen würde schon der neue Mann kommen – und der neue Wind, wie zu befürchten war. Prosser? Prosser??? Warum klang das nur so unangenehm bekannt… wobei die Betonung auf unangenehm lag! Hmmm... Das Büro-ja-es-war-eins-im-Gegensatz-zu-meinem Kronzuckers war leer geräumt, seine Sachen befanden sich auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort. Ein trostloser Job, der da auf ihn wartete. Ich fragte mich, warum man einen so fähigen Mann abgeschoben hatte. Auch der Polizeipräsident kam kurz vorbei, schüttelte Kronzucker die Hand und sagte, er hoffe, dass er auch in seiner neuen Position Erfolg haben werde. Mit einem Seitenblick zu mir meinte er, er wünsche ihm auch eine Mannschaft, die zu guter Polizeiarbeit fähig wäre – und zu mehr Disziplin! Dann ging er.

    Wir machten früh Schluss an diesem Tag. Warum auch nicht? Es gab nichts zu tun und eigentlich nichts zu feiern. Die bedrückte Stimmung, die aufgekommen war als der Polizeipräsident erschien, hatte sich nicht abgebaut sondern verbreitet. Also machten wir den Laden dicht. Traurig sah Lohmann zu mir. Ich nickte. Es war eine Schande. Aber was sollte man dagegen machen? In Hamm brauchten sie jemanden, der beim Tag der Offenen Tür die Eröffnungsworte sprach!

    Mein Finger löste sich vom Klingelknopf. Ich hörte leise Schritte auf dem Linoleumfußboden und dann öffnete sich die Tür. Kronzucker sah mich mit schiefem Lächeln an. „Sie haben sicher meine Tochter erwartet, was?"

    Ich sah mich vorsichtig um. „Also doch eine Falle?"

    Er lächelte. „Seien Sie beruhigt."

    Ich war es nicht, diesem Mann war alles zuzutrauen.

    „Kommen Sie doch herein."

    Eins musste man Kronzuckers Tochter wirklich lassen: sie mochte mich! Aber sie war leider auch eine schreckliche Nervensäge. Sie konnte sich stundenlang mit jemandem unterhalten, ohne dabei irgendeine Regel des Dialogs zu verletzen. Außer der, dass normalerweise mehr als eine Person daran teilnahm! Hatte ich jedenfalls gehört, selbst getroffen hatte ich sie noch nie. Kronzucker sah mich von oben bis unten an. „Wo haben Sie denn den Smoking her?"

    Ich hob die Schultern.

    „Steht Ihnen überraschend gut. Wird meiner Tochter sicher auch gefallen..."

    Sofort hatte ich meine Walther im Anschlag, oder ein intellektuelles Gegenstück.

    „Seien Sie locker, Harry, es wird Ihnen schon nichts passieren."

    Er hatte leicht reden. Dafür reichte er mir wenigstens einen Scotch.

    „Nett, dass Sie gekommen sind. Auch trotz der lauernden Gefahren."

    Das Essen verlief in ruhigen Bahnen und auch wenn Kronzucker es sich nicht nehmen ließ, mich das eine oder andere Mal zusammenzucken zu lassen, erschien seine Tochter nicht nur nicht überraschend sondern schlicht gar nicht. Als ich ging begleitete mich mein ehemaliger Chef zur Haustür, schüttelte mir noch einmal die Hand und meinte: „Lassen Sie sich nicht unterkriegen, Harry." Ich versprach, mich bei ihm zu melden und wir gingen auseinander. Immerhin wartete ein neuer Arbeitstag auf mich. Und ob er erfreulich

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