Geigenmord
Von Martin Cordemann
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Über dieses E-Book
Harry Rhode ist eine Mischung als Philip Marlowe und Columbo – der entwaffnende Humor eines Marlowe und der entwaffnete Ermittler eines Columbo. Es gibt weniger Frauen und weniger auf die Fresse als bei Marlowe, aber ein guter Detektiv zeichnet sich ja nicht nur dadurch aus, was er einstecken, sondern auch, was er auflösen kann. Mal ist es ziemlich klar, wer der Mörder ist und wir begleiten den Detektiv dabei, wie er ihn überführen muss, mal kann auch der Leser mit raten, welcher der Verdächtigen nun für die Tat verantwortlich ist. "Harry Rhode" sind Detektivgeschichten mit Humor.
Martin Cordemann
Tillmann Courth stand jahrelang als Conférencier auf der Bühne des Ersten Kölner Wohnzimmertheaters. Er schrieb und bestritt fünf Kabarett-Soloprogramme und geht heute einigen Kolleg?innen u.a. als Regisseur zur Hand, ist Comicexperte und betreibt die Webseite FIFTIES HORROR. Martin Cordemann ist Autor der Comics „Die DomSpitzen“ und „Bruder Thadeus: Das Münchner Kindl“ (Zeichner: Ralf Paul) sowie des Buches „Dada op Kölsch“. Als E-Book gibt es von ihm jede Menge Krimis und Science Fiction.
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Buchvorschau
Geigenmord - Martin Cordemann
Vorwort
Nach „Tod unterm Leuchtturm und „Tod du Fröhliche
ist dies nun der dritte Band mit Kriminalfällen um den fiktiven Detektiv „Harry Rhode". Wie schon beim ersten Band, von dem ich in Ihrem Interesse hoffe, dass Sie ihn gelesen haben, sehe ich mich genötigt, Sie zu Beginn des Buches mit einem weiteren Vorwort zu behelligen.
Für interessierte Leser (und andere, die zufällig gerade hier vorbeischauen) sei angemerkt, dass „Reine Kopfarbeit" wahrscheinlich der erste Krimi ist, den ich mit oder für Harry Rhode geschrieben habe, damals gedacht als Fortsetzungsroman für die Schülerzeitung… wo aber nichts draus geworden ist und sicherheitshalber eine Auflösung in Episode 2 kam. Könnte aber auch eine andere Geschichte gewesen sein.
Abschluss dieses Bandes ist das Pseudo-Theaterstück „Schuld und Bühne. Es wurde zunächst unter dem Titel „Shakespeare
geschrieben, dann aber zu einem richtigen Theaterstück mit dem Titel „Shylock Holmes" umgearbeitet, in dem der Erzähler in den Regieanweisungen, was einer der Clous bei der Sache war, natürlich entfiel. Der Beginn hier ist mit der alten Version identisch, der Fall, der dann behandelt wird, wurde jedoch eigens für dieses Buch geschrieben.
Falls Sie nicht wissen wollen, wann ich welche Geschichte geschrieben habe, hier ist die Antwort:
Reine Kopfarbeit - 1988/1996
Geigenmord - 1989/1996
Spurlos tot - 1989/1996
Verschwörung der Marsianer - 1991/1996
Null Bock - 1991/1996
Schuld und Bühne - 1992/1996/2013
Sowie keine Rahmenhandlung von 2013.
Ich wünsche: Viel Spaß!
Reine Kopfarbeit
Natürlich ließ sich ein neuer Fall nicht bis zu einem gewöhnlichen Werktag Zeit! Nein, es wäre ja wohl von einem Verbrecher zu viel verlangt, auch mal daran zu denken, dass hart arbeitende Polizisten am Wochenende vielleicht etwas Freizeit haben wollen! Wozu auch? Stattdessen gab es da irgendjemanden, der sich natürlich ausgerechnet an einem Sonntag hatte umbringen lassen müssen, oder zumindest sterben. Jedenfalls passte es mir überhaupt nicht, denn es war ein schöner warmer Sommertag und ich hatte mich seit längerer Zeit endlich mal wieder aufraffen können, Golf zu spielen. Und nicht nur das, einer meiner alten Freunde, die, die ich im Laufe der Zeit die Angewohnheit hatte, zu verlieren, war in der Stadt. Duffy, der auch ein paar der erwähnten anderen Freunde von früher kannte, kam vorbei und da war doch das mindeste, was ich tun konnte, ihn zum Golf mitzuschleppen und nach bestem Wissen und Gewissen zu verarschen.
„Sag mal, Harry, spielst du das öfter?"
„Nein, du?"
„Hör mal, du Knalltüte, du hast mich doch extra mit hierhin genommen!"
„Stimmt, Duffy, hatte ich wohl vergessen! Du bist dran. Also, du musst den kleinen Ball da..."
„Ich weiß wie man Golf spielt, Mann!"
„Oh!"
„Sag mal, hast du mich eigentlich nur mitgenommen, um mich zu verarschen?"
„Klar, aber ich hatte gehofft, du würdest nicht so schnell dahinter kommen!"
„Bin ich aber!"
„Komm, Duffy, stell dich nicht an wie ein trotziges Kind, immerhin bin ich derjenige von uns beiden, den du als, lass es mich richtig zitieren, spätpubertierendes Arschloch bezeichnet hast!"
„Das war, als du mir meinen 25. Geburtstag vermiest hast, kann ich was dafür, dass du dich in all den Jahren nicht weiterentwickelt hast?"
„Nein, ich vielleicht?"
„Ja!"
„Ach, hör endlich auf so penetrant kursiv zu sprechen und schlag!"
„Wie sieht’s eigentlich mit heiraten aus?" wollte Duffy am 12. Loch wissen.
„Oh, nein, danke, Duffy, ich finde dich zwar so ganz nett, aber..."
„Du weißt ganz genau..."
„...wie ich das meine!" äffte ich ihn nach. „Ja, das ist so, nur weil du zufällig jemanden gefunden hast, der zu dir passt und der dich nicht völlig unausstehlich findet... oder saugute Nerven hat, äh, heißt das noch lange nicht, dass mich dieses Schicksal auch endlich ereignet haben sollte. Aber wenn ich heiraten sollte, dann erfährst du es als erster. Oder als zweiter. Auf jeden Fall wirst du eingeladen. Nehme ich jedenfalls an. Vielleicht auch nicht! Kann man nie wissen!"
„Ich will doch nur dein Bestes!"
„Das werde ich dir nie geben!"
„Übrigens... ich hab gehört, dass sich der blöde Anker hat scheiden lassen!"
„Hat er?"
„Hat er! Und ich hab gehört, dass du da deine Finger im Spiel gehabt haben sollst! Das heißt, genau genommen hat sich seine Frau scheiden lassen!"
„Duffy, wenn es eine Frau war, die sich hat scheiden lassen, wie soll ich da wohl meine Finger im Spiel gehabt haben?" Ich wollte gerade putten, als ein Ruf hinter mir die Luft in wohldosierte Streifen riss.
„Herr Rhode? Sind Sie das, Herr Rhode?"
„Was brüllt der Arsch denn hier so rum? murmelte ich, drehte mich um und wurde Lohmanns gewahr, der sich über den Golfplatz auf mich zu beeilte. „Haben wir heute Sonntag oder haben wir heute Sonntag?
„Wir haben heute Sonntag!"
„Hab ich mir gedacht!"
„War es das dann? Ich meine, mit Golfspielen?"
„Nein, ich denke, er kommt nur, weil er gerne mitspielen möchte, Duffy!"
Völlig aus der Puste erreichte uns Lohmann, blieb japsend stehen und sah mich erwartungsvoll an.
„Sie stören, Lohmann! Als dann immer noch nichts von ihm kam, meinte ich: „Also was, wollen Sie, Unterricht?
„Nein... ich soll Sie... holen. Ralph Konlik ist tot... Wissen nicht... ob er ermordet wurde... Sie sollen..."
„Ist das das gesungene Telegramm?"
„Sie müssen..."
„...sofort mitkommen?"
Er nickte. „Verstehen Sie denn nicht? japste er. „Ralph Konlik ist tot!
Nach seiner Meinung schien das etwas annährend weltbewegendes zu sein.
„Ich hoffe nur, dass er dafür einen guten Grund hat! Ich meine, es ist Sonntag!"
Lohmann, der nun seine Atemkraft endgültig wieder gefunden hatte, sah mich bestürzt an. „Kennen Sie denn nicht Ralph Konlik?"
„Sollte ich?"
„Ralph Konlik ist ein großartiger Schriftsteller! Er ist der Verfasser des Romans: ‘Bei Nacht herrscht Dunkelheit’!"
Oh Gott, dachte ich in einem Anfall von Nicht-Atheismus. War der Inhalt entsprechend seinem Titel, war ich froh, von diesem Werk unbeleckt zu sein. Mit schmerzverzehrtem Gesicht sah ich zu Duffy hinüber, der sofort anfing, mit Lohmann über das Für und Wieder dieses offensichtlich bedeutenden Werkes der Weltliteratur zu fachsimpeln.
„Halt halt halt! unterbrach ich. „Also dieser Typ war wirklich Schriftsteller?
„Der Mann war Weltklasse", begeisterte sich Lohmann.
„Hast du wirklich noch nichts von ihm gelesen? wollte Duffy wissen. „Der ist...
„Jaja, ich hab verstanden, sagen Sie mal, Lohmann, waren Sie nicht aus einem bestimmten Grund hier?"
„Ja, Sie müssen sofort kommen! Es sieht so aus, als hätte Ralph Konlik Selbstmord begangen, aber ich glaube nicht daran! Ich würde sagen, er wurde ermordet!"
„Sie würden das sagen? Ich verkniff mir ein schiefes Grinsen. „Na, dann muss da doch was dran sein. Und ich glaube, es gibt auch ein gutes Motiv für diesen Mord!
Die beiden sahen mich an.
„Ich nehme an, irgendein Geheimdienst wollte verhindern, dass er auch noch das andere Geheimnis preisgibt!"
„Wel... welches andere Geheimnis?"
„‘Am Tag herrscht Helligkeit’!"
Beide sahen mich ohne jeden Humor an.
„Tja, warum übernehmen Sie den Fall nicht selber, Lohmann, könnte nicht schaden!"
„Der Chef hat gesagt, wenn Sie nicht sofort kommen, soll ich dafür sorgen, dass man Sie fesselt und mit Gewalt zum Tatort bringt!" Lohmann drehte sich um und rief ein paar Polizisten herbei.
„Vorsicht, Lohmann, wir sind zu zweit und haben Golfschläger! Und außerdem sind Sie unsere Geisel!"
„Es liegt dem Chef sehr am Herzen... und außerdem dürfen Sie mit seiner Tochter zu Abend essen, wenn Sie den Fall gelöst haben! Aber er räumt ein, dass Sie das nicht müssen, wenn Sie jetzt kommen! Es... der Polizeipräsident sitzt ihm im Nacken! Er ist auch so begeistert von Konliks Roman!"
„Erst versuchen Sie es mit Drohungen, dann drücken Sie auf die Tränendüsen, Sie haben ja das ganze Programm drauf, Lohmann. Okay, ich komme mit. Duffy, sieht so aus, als müsstest du wohl alleine zu Ende spielen. Ich ruf dich dann an, wenn ich weiß, wer es gewesen ist!"
„Viel Erfolg!"
„Ja, kann ich brauchen! Tschö!"
„Bis dann!"
Mürrisch trottete ich hinter Lohmann her. Als wir am Clubhaus vorbeikamen, fragte ich ihn, ob wenigstens noch genügend Zeit wäre, dass ich mich eben umziehen könnte, aber er meinte, wir wären ohnehin schon viel zu spät dran. Selbstredend ignorierte ich ihn und verschwand im Clubgebäude, aus dem mich die drei Polizisten Sekunden später wieder herauszerrten und in einen Polizeiwagen verfrachteten, während ich aus vollem Halse: „Hilfe, das ist eine Entführung, ruft die Polizei!" schrie. Aber natürlich stellte man sich taub.
„Inspektor, entschuldigen Sie bitte, aber der Chef sagte, es wäre wirklich dringend. Schließlich hält er Sie für seinen besten Mann!"
„Eben deshalb halte ich diese Behandlung für in keiner Weise angemessen! Na, wollen wir hoffen, dass er Sie auch irgendwann mal für seinen besten Mann hält! Also, was wissen Sie über diesen Fall?"
„Na also! Der Schriftsteller Ralph Konlik, der das ausgezeichnete Buch ‘Bei Nacht herrscht Dunkelheit’ – ich verdrehte die Augen, weil mir metaphysisch schlecht wurde – „geschrieben hat, ist vor knapp einer Stunde in der Bibliothek seines Hauses gefunden worden.
„Tot, nehme ich an."
„Ja, selbstverständlich war er tot!"
„Na, so selbstverständlich ist das heutzutage nicht! Man kann doch auch in seine Bibliothek gehen, ohne gleich tot zu sein! Und woran ist er gestorben? Hat ihn die Lektüre seines Werkes emotional so mitgenommen, dass er mit dem Gedanken zu der Fortsetzung ‘Bei Dämmerung herrscht Dämmerung’ einen Phantasieausbruch bekommen hat und daran gestorben ist? Vielleicht ist er ja auch über der Lektüre eingeschlafen und befindet sich jetzt in einem komaähnlichen Schlafzustand?"
„Das ist nicht witzig!"
„Ist es doch!"
„Ist es nicht!"
„Ist es doch!"
„Ist es nicht!"
„Ist es doch!"
„Ist es nicht, der Mann war ein Genie!"
„Nein, war er nicht!"
„War er doch!"
„War er nicht!"
„War er doch!"
„War er nicht!"
„War er doch!"
„War er nicht! Okay, genug gepythond, was haben Sie noch?"
„Man hat einen unterschriebenen Abschiedsbrief gefunden."
„Was steht drin?"
„Keine Ahnung. Man wollte es mir einfach nicht sagen!"
„Kluge Entscheidung! Todesursache?"
„Vermutlich Gift."
„Aha, und?"
„Und nichts weiter. Den Rest sollen Sie herausfinden!"
„Rufen Sie da an und sagen Sie der Spurensicherung, dass ich die Todesursache wissen will, wenn ich ankomme!"
„Dafür ist aber der Gerichtsmediziner zuständig!"
Ich sah ihn genervt an. „Tun Sie, was ich für richtig halte!"
Er rief an.
„Wie lange fahren wir noch?"
„Eine halbe Stunde etwa."
„Und es gibt nichts mehr, was Sie mir über den Fall erzählen können? Er schüttelte den Kopf. „Hmm, dann erzählen Sie mir über die dunkle Nacht!
„Worüber?"
„Bei Nacht herrscht Dunkelheit, oder so!"
Lohmanns Augen leuchteten auf. „Der Roman ähnelt etwas den Geschichten von... wie heißt dieser englische Schriftsteller, der schon lange tot ist?"
„Shakespeare?"
„Nein!"
„Der hat auch keine Romane geschrieben!"
Lohmann suchte weiter nach dem richtigen Namen.
„Edgar Allen Poe?"
„Nein, Poe war es nicht... Hemingway!"
„Ich hatte es befürchtet, seufzte ich. „Abgesehen davon, dass der Amerikaner war.
„Ach was? Nun, er schreibt genauso spritzig wie Hemingway! Sein Roman handelt von einem Mann, der eines Nachts aufwacht und feststellt, dass es regnet."
Ich sah Lohmann aufmerksam an. Mehr kam nicht. „Und?"
„Nichts weiter! Der Mann steht auf, geht nach draußen und stellt fest, dass der Regen nass ist..."
„Also eher ein naturwissenschaftliches Werk!"
„...und dann sieht er die Dunkelheit und bemerkt plötzlich, dass das daher kommt, durch das Ausbleiben des Lichtes..."
Nur gut, dass Ralph Konlik schon tot war!
Mit etwas Glück überstand ich die Autofahrt und Lohmanns haarsträubenden Bericht über ‘Bein Nacht herrscht Dunkelheit’, ohne dass mein Verstand irgendwelche bleibenden Schäden davontrug. Immerhin konnte ich damit anfangen, mir ein Bild des verstorbenen Schriftstellers zu machen, wenn auch keins, das ihn sehr vorteilhaft darstellte. Konnte natürlich auch an der Art liegen, wie Lohmann den Inhalt vorgetragen hatte, aber... wahrscheinlich nicht!
Am Tatort schien man mich, entgegen Lohmanns Aussage, scheinbar doch nicht zu erwarten; oder aber man erkannte mich einfach nicht! Nachdem Lohmann mich vor der Haustür der Konlikvilla abgesetzt hatte, fuhr er mit den anderen Polizisten weiter, während ich zur Tür schlurfte und schellte. Eine junge Frau erschien und fragte mich, was ich denn wolle. Ihr Mann sei vor ein paar Stunden, aber das gehe mich nichts an, wenn ich ein Freund von ihm gewesen sei, solle ich mich für die Polizei zur Verfügung halten.
„Gnädige Frau, ich bin die Polizei." So sagte man in den einschlägigen Filmen. „Naja, wenigstens von ihr!" Aber in meiner Golfkleidung schien ich ihr etwas suspekt zu sein.
„Sie sind von der Polizei? fragte sie ungläubig. „Können Sie sich denn ausweisen?
„Natürlich, murmelte ich und griff in meine Hosentasche... wo sich meine Marke selbstverständlich nicht befand! „Entschuldigung!
ich lächelte entschuldigend und begann eine Generaldurchsuchung der mir zur Verfügung stehenden Taschen. „Hmm, ich weiß, ich habe sie... in meiner anderen Hose! Sicher, man hat mir eben nicht mal die Zeit gelassen, mich umzu..." Die Tür schlug vor meiner Nase zu.
„Hmm, murmelte ich. „Tja, dann kann ich ja gehen!
Ich drehte mich um und wollte mich gerade auf den Weg machen, als sich die Tür wieder öffnete und mein Chef, Hauptkommissar Kronzucker erschien, beschwichtigend auf die Frau des Hauses einredete und sie wieder ins Haus zurückschickte. Dann wandte er sich mir zu.
„Gab’s Probleme, Rhode?" fragte er.
„Probleme? Nein. Eigentlich nicht, nein. Ich wurde entführt, meiner Habe beraubt, hier am Ende der Welt ausgesetzt, an meinem freien Tag, nein... keine Probleme! Und selbst? Was machen Frau und Kind?"
„Regen Sie sich nicht auf, Rhode, es tut mir ja auch leid, aber der Polizeipräsident hat mich heute Morgen angerufen, kurz nachdem die Leiche gefunden worden ist. Er ist offensichtlich ein begeisterter Fan von diesem Ralph Konlik. Er hat seinen Roman ‘Bei Nacht’..."
„Ich weiß, wie er heißt, machen Sie weiter!" unterbrach ich.
„Nun, er hat diesen Roman gelesen und ist völlig aus dem Häuschen, dass dieser Schriftsteller gerade in unserem Zuständigkeitsbereich..."
„...den Löffel abgegeben hat, na klasse!"
„Der Kernpunkt ist, dass er diesen Fall aufgeklärt haben möchte. Und deshalb habe ich Sie gerufen!"
„Ihr Vertrauen ehrt mich!"
„Was bilden Sie sich ein? Ich meine, Sie schreiben doch selbst! Da können Sie sich vielleicht in diese Schriftstellermentalität hineindenken. Und außerdem... vielleicht finden Sie ja auf diese Weise einen Verleger – dann wär ich Sie los!"
„Hmm, der Punkt geht an Sie! Haben Sie irgendwas für mich?"
„Kommen Sie mit rein, Rhode. Und keine dummen Bemerkungen über den Roman!"
Das konnte schwierig werden! Ich folgte meinem Chef durch die Empfangshalle und die breite Haupttreppe hinauf in den ersten Stock, in dem sich eine in irgendeinem alten und recht hübschen Stil eingerichtete und sehr umfangreiche Bibliothek befand. Ohne den Toten, der mit dem Oberkörper auf dem überfüllten Schreibtisch lag, wäre ich sofort in dieses Haus eingezogen.
Ich näherte mich langsam der Leiche und sah mich im Zimmer um. Graham Greene, Goethe, Schiller, und natürlich auch sein großes Vorbild Hemingway fehlte nicht. Aus einem Regal der sonst so ordentlichen Bibliothek waren einige Bände herausgenommen und auf den Boden geworfen worden, so, als hätte jemand schnell etwas finden müssen. Einen bestimmten Band? Das mochte auch die seltsame Haltung erklären, in der der tote Schriftsteller auf dem Schreibtisch lag. War er zum Regal gelaufen, um einen Band herauszunehmen, hatte seine Kräfte verloren und war (mit oder ohne das Buch) zum Schreibtisch zurückgewankt, hatte sich aufgestützt und war vor Ort gestorben? Nun, für einen Selbstmord zumindest... fragwürdig!
„Wer hat die Leiche gefunden?"
„Die Frau des Toten, die Sie ja eben schon kennen gelernt haben."
„Hmm, dann wolln wir mal schaun!"
Ich ging um den Schreibtisch herum. Ein paar Bücher waren zu Boden gefallen, als sich der nunmehr Dahingegangene darauf aufgelehnt hatte, andere waren unter seinem Körper verborgen. Da es sich um einen recht großen Schreibtisch handelte, hatte neben der Leiche eine Schreibmaschine Platz, eine halb ausgetrunkene Flasche Whisky, ein ganz ausgetrunkenes Glas und eine kleine Flasche, die irgendein Lösungsmittel oder so etwas enthielt. Diese Flasche war mit einem hübschen Totenkopf bemalt.
„Würden Sie sagen, es sieht nach einem Selbstmord aus?" fragte mich Kronzucker.
„Klar. Oder nach einem Unfall. Vielleicht war er... symbolblind oder sowas? Irgendwelche Hinweise