Der Mörder ist immer der...: Ein Krimi für Leute mit Humor
Von Martin Cordemann
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Über dieses E-Book
Wenn Sie gerne Ihre Morde mit einer Prise Humor verbinden, dann sind Sie hier genau an der richtigen Adresse.
Martin Cordemann
Tillmann Courth stand jahrelang als Conférencier auf der Bühne des Ersten Kölner Wohnzimmertheaters. Er schrieb und bestritt fünf Kabarett-Soloprogramme und geht heute einigen Kolleg?innen u.a. als Regisseur zur Hand, ist Comicexperte und betreibt die Webseite FIFTIES HORROR. Martin Cordemann ist Autor der Comics „Die DomSpitzen“ und „Bruder Thadeus: Das Münchner Kindl“ (Zeichner: Ralf Paul) sowie des Buches „Dada op Kölsch“. Als E-Book gibt es von ihm jede Menge Krimis und Science Fiction.
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Buchvorschau
Der Mörder ist immer der... - Martin Cordemann
Erstes Kapitel
Ich weiß, das ist das größte Klischee, mit dem man eine solche Geschichte anfangen kann, aber alles begann damit, dass eine hübsche Klientin durch die Türen meines Detektivbüros trat. Traurig, oder? Dass ich Ihnen nichts Besseres bieten kann, dass die Geschichte nicht spektakulärer begann, zum Beispiel…
Das Messer durchschnitt das Tau, der Ballast fiel zu Boden, der Heißluftballon hob sich langsam in die Luft. Und ich lag gefesselt in seinem Korb und konnte nichts dagegen tun.
Es hatte nicht lange gedauert, den Feuermörder zu entlarven. Er war ein begabter Pyromane aber ein lausiger Lügner. Nach drei Fragen hatte ich ihn überführt, nach vier Fragen griff ich nach meiner Waffe und nach der fünften zog er mir ein Metallrohr über den Schädel.
Clever war nicht unbedingt das Wort, das man mit ihm in Verbindung gebracht hätte. Sein Fluchtplan bei einer Enttarnung war, in einem Heißluftballon über die Grenze zu fliehen.
Clever war auch nicht unbedingt das Wort, mit dem man meine Herangehensweise an diese Angelegenheit bezeichnen konnte. Ich lag gefesselt im Heißluftballon und wartete auf Verstärkung. Das Problem war: Ich hatte keine gerufen. Also würde auch keine kommen.
Langsam stieg der Ballon in die Lüfte, während der Feuermörder seinen Plan änderte und statt mit seinem Ballon mit meinem Wagen über die Grenze fliehen wollte. Und das schöne war: Sein Plan würde aufgehen. Wie ich. In Feuer! Noch bevor ich mit dem Ballon in die Tiefe stürzen würde, war der Kerl über die Grenze und in Sicherheit. Sofern man Holland als Sicherheit ansehen konnte. Wahrscheinlich stellte er sich so doof an, dass man ihn wegen Verdacht auf Drogenschmuggel anhalten würde. Wegen des Verdachts auf Drogenschmuggels nach Holland! Aber das würde meinen Sturz in den Tod wohl kaum verhindern, oder?
Er hatte gute Arbeit geleistet, das musste man ihm neidlos zugestehen. Er hatte den Ballon so präpariert, dass er früher oder später Feuer fangen musste. Dann brannte die Plane ab, der Ballon war weg und das Körbchen mit mir darin stürzte in die Tiefe. Großartig. War bestimmt ein tolles Schauspiel, wenn der Ballon in einem gigantischen Feuerball aufging.
Möglicherweise standen meine Chancen 50:50. Nicht, ob ich überleben, sondern ob ich verbrennen oder beim Aufschlag erschlagen werden würde. Das gab doch Grund zur Hoffnung.
Die gab auch mein Glückstaschenmesser, das ich immer dabei hatte. Man wusste ja nie, ob man nicht mal in eine Situation kam, wo man es brauchen würde. Kartoffeln schälen, einen Pappkarton öffnen oder eben sich von seinen Fesseln in einem dem Untergang geweihten Heißluftballon befreien. Über mir begann es langsam zu prasseln, während ich mühsam versuchte, das Band, mit dem ich gefesselt war, zu zerschneiden.
Geschafft. Das Band war durch – der Ballon auch. Es sah nicht gut aus. Es sah toll aus, aber eben nicht gut für mich. Das Feuer fraß sich durch das Material des Ballons. Wir waren hoch, hoch genug, dass ich die Landung nicht überleben würde. Die Luft wurde langsam heiß.
Ich zog am Seil, versuchte, den Ballon zum Landen zu bringen. Wo war ich nur gewesen, als man uns auf der Schule beigebracht hatte, wie man einen Heißluftballon landete? Ich versuchte dies, ich versuchte das, es brachte nichts. Aber wir begannen zu sinken. Bisher noch langsam. Immerhin etwas.
Wir kamen bis auf 20 Meter an die Erde heran, bevor sich der Ballon in ein Flammenmeer verwandelte. Unter mir war die Straße. Und, witzig, der Wind hatte mich auf die Grenze zu getrieben. Meine Fallgeschwindigkeit nahm zu. Ich warf den letzten Ballast ab, der Ballon wurde ein wenig leichter und ein wenig langsamer.
Ich sah auf die Straße. Ein paar Autos. Ein Lastwagen. Ein Lastwagen mit einer Plastikplane. Das war es, das war die Lösung. Ich hoffte, dass der Wind mitspielte, noch eine kleine Brise…
Ja, der Lastwagen war unter mir. Ich sprang und landete auf der Plane. Was auch immer der Wagen geladen hatte, weich war es nicht. Meine Landung tat verdammt weh. Aber wenigstens lebte ich noch.
Eine Böe trieb den Ballon weiter. Er krachte auf die Straße vor uns. Ein Wagen konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und krachte in das Flammenmeer. Es war mein Wagen. Und in ihm war der Feuermörder. Er konnte den Flammen nicht mehr entkommen, er hatte sich sein eigenes kleines Krematorium geschaffen.
Ich seufzte. Dieser Fall hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst. Im wahrsten Sinne des Wortes!
Das wäre natürlich ein viel eindrucksvollerer Anfang gewesen – aber so war es nicht. Es war wie in den meisten Krimis: Eine junge Frau mit einem hübschen Gesicht kam herein und damit begannen alle meine Probleme.
„Sind Sie... Sneyder? fragte sie und ich nickte. „Der Detektiv?
„Ja. Detektiv, wie überaus altmodisch. Und so was in Zeiten von Internet und Suchmaschinen. Wer brauchte da noch einen Detektiv, wenn man zur Lösung seines Problems einfach ein paar Begriffe bei einer Website eingeben musste? Mein Beruf war genauso anachronistisch wie ich selbst. Deshalb hatte ich auch noch das, was viele Leute heute vermissen lassen: Höflichkeit. Ich deutete auf den Besuchersessel und sagte: „Bitte nehmen Sie doch Platz!
„Danke, sagte sie, tat es aber nicht. Stattdessen ging sie nervös auf und ab. „Ich bin... nervös!
sagte sie und lächelte nervös. Ich war geneigt, ihr zu glauben. „Es geht um... meinen Bruder!"
„Aha!"
Das konnte alles bedeuten. Brüder konnten Drogen nehmen, mit den falschen Mädchen zusammen leben, in eine Sekte gelockt worden sein, gar nicht wirkliche Brüder, sondern ehemalige Freunde oder gar Ehemänner vorstellen, denen man auf die Schliche kommen wollte, ohne sich vor dem Detektiv eine Blöße geben zu wollen, sie konnten verschwunden, ermordet worden oder unschuldig im Knast gelandet sein, es gab viele Möglichkeiten.
„Mein Bruder ist verschwunden!"
Soviel also dazu.
„Verschwunden, murmelte ich, um das Schweigen zu überbrücken und machte mir eine Notiz auf meine Schreibunterlage. „Und...
Es war an der Zeit, das Offensichtliche auszusprechen. „...ich nehme an, ich soll ihn wieder finden?!" Welchen Sinn hätte es sonst gehabt, mich aufzusuchen?
„Ja." Sie lächelte. Sie konnte nicht älter sein als ich und selbst ich konnte nicht viel älter sein als ich, auch wenn ich manchmal so fühlte.
„Nun, da gibt es, wie soll ich das ausdrücken, da gibt es eine Art... Problem", erläuterte ich.
„Oh. Sie fuhr erschrocken zurück. „Sie sind nicht frei?
Ich war freier als ihr lieb sein konnte.
„Doch, doch, aber... ich kenne Ihren Namen nicht!"
„Ohh! Sie lächelte. „Myriam Burns.
„Burns?"
„Ja, wie der schottische Dichter..."
„Robert Burns, ich weiß."
Sie war überrascht.
„Woher kennen Sie Robert Burns? Ich glaube nicht, dass er in Deutschland sehr bekannt ist!"
„Dinge, die man so aufschnappt, murmelte ich und lächelte. „Haben Sie schottische Vorfahren?
„Meine Familie kommt aus Dunkirk."
„Aha."
„Wir haben schon immer in Dünkirchen gelebt."
„Sie sagten gerade… Tschuldigung, ich hatte Dunkirk verstanden."
„Aus Dunkirk stammen wir sicher nicht. Fräulein Burns schüttelte den Kopf. „Meine gesamte Verwandtschaft ist deutsch.
Sie sah mich irritiert an, als wäre ihr das erst jetzt aufgegangen. „Merkwürdig, nicht wahr? Niemand aus meiner Familie stammte aus Schottland! Oder England. Oder Amerika."
„Hmmm", hmmmte ich nur. Wir lebten in einer Multikulti-Welt, Namen konnten wer weiß woher kommen, es bedeutete nichts.
Sie nahm verwirrt Platz. „Entschuldigen Sie bitte, wenn ich jetzt einen verwirrten Eindruck mache, aber es ist mir noch nie so bewusst geworden... Ich meine, die Sache mit meinem Namen."
„Hmmja, aber ich denke, das hat nicht all zuviel zu bedeuten. Ich meine, was sind schon Namen?"
„Ja, ja, sagte sie nachdenklich. Dann sah sie mich fragend an. „Ihr Name ist Sneyder, ja?
„Ja."
„Vorname?"
Was sollte dieses Fragespiel?
„Ich glaube, das tut im Moment nichts zur Sache, junge Dame. Sie möchten also, dass ich Ihren Bruder suche, wenn ich Sie dahingehend richtig verstanden habe?!"
„Ja. Sie nickte und kramte in ihrer Handtasche nach einem Bild ihres Bruders. „Das hier ist er.
Sie reichte es mir rüber. Es war das Bild eines sommersprossigen schottischen Jünglings mit roten Haaren. Er trug sogar einen Kilt.
„Soll das ein Scherz sein?" fragte ich.
„Nein, wieso?"
„Oder ein Maskenball? Karneval?"
„Nein, ich verstehe nicht… Sie sah das Bild und wurde wieder unsicher. „Er… er…
Im Hintergrund sah man die Highlands. Das Foto war eindeutig in Schottland aufgenommen worden.
„Das ist mir…"
Unerklärlich? Ein Rätsel? Völlig unverständlich? Sie sagte nicht, was es ihr war, ich war auf meine Phantasie angewiesen.
„Okay", meinte ich und nahm ihr das Bild ab. „Aber das ist Ihr Bruder, oder?"
„Ja."
Sie nickte in sich gekehrt. Diese ganze Schottlandgeschichte schien sie merklich aus der Bahn geworfen zu haben. Die Frage war nur: warum? Etwas in ihrer Kindheit, das sie verdrängt hatte? Ich wusste es nicht und ich hatte meine Zweifel daran, ob es irgendetwas mit diesem Fall zu tun hatte. Das heißt, „Fall"? Ihr Bruder war verschwunden, das war noch nicht wirklich ein Fall, oder? Wenn man seine Leiche gefunden hätte, dann wäre es einer gewesen. Im Moment handelte es sich nur um eine vermisste Person, und wenn ich meinen Instinkten vertrauen durfte, dann hatte ich auch schon eine Ahnung, wo ich sie finden würde: In Schottland!
„Ich bräuchte noch mehr Informationen über ihn, seinen Namen, sein Alter, seine Hobbys und so weiter. Damit ich einen Anhaltspunkt finden kann, seit wann er verschwunden ist."
„Seit drei Tagen!"
Nun war es an mir, verstört aufzublicken. „Seit drei Tagen? Sie nickte. „Wie alt ist denn Ihr Bruder?
„27, er ist zwei Jahre älter als ich."
„Nun, ich möchte mich ja nicht in Ihre Privatangelegenheiten mischen, aber ich sehe nicht das sonderlich große Problem, dass ein Junge von 27 Jahren mal für ein paar Tage verschwindet."
„Sie halten mich für hysterisch, stimmt’s?"
Junge, attraktive, junge Frau, sympathisch, nett – nicht die Art Person, der man diese Frage mit „ja" beantwortet.
„Vielleicht könnte man sagen, dass Sie etwas überreagieren?" versuchte ich es diplomatisch.
Ruckartig stand sie auf, verließ aber nicht mein Büro, sondern begann nur wieder, auf