Ein Himmel voller Geigen: Sophienlust, wie alles begann 13 – Familienroman
Von Marietta Brem
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Über dieses E-Book
Der Weg dahin schildert eine ergreifende, spannende Familiengeschichte, die sich immer wieder, wenn keiner damit rechnet, dramatisch zuspitzt und dann wieder die schönste Harmonie der Welt ausstrahlt. Das Elternhaus Montand ist markant – hier liegen die Wurzeln für das spätere Kinderheim, aber das kann zu diesem frühen Zeitpunkt noch keiner ahnen.
Eine wundervolle Vorgeschichte, die die Herzen aller Sophienlust-Fans höherschlagen lässt.
»Gehen wir nach dem Unterricht noch ein Stück durch die Wiesen? Es ist so ein schöner Abend heute.« Denise hatte eigentlich nicht fragen wollen, doch sie wollte nicht mehr einfach nur abwarten. Sie mochte Thomas Gentner, ihren Fahrlehrer, sehr, und sie war gern in seiner Nähe. Thomas, ein gut aussehender Mann, schaute überrascht von seinen Notizen hoch. Die anderen Fahrschüler hatten bereits ihre Plätze eingenommen, und er hatte nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden. Zu viel ging ihm zurzeit durch den Kopf, vor allem wegen seines Vaters, der von schlimmen Schmerzen geplagt wurde. »Ich … mhm …, ja, gern. Aber ich kann nicht lange wegbleiben, meinem Vater geht es nicht so gut.« Denise nickte. »Ich verstehe das. Wenn du keine Zeit hast, ist das auch in Ordnung.« Sie bemühte sich, ihm ihre Enttäuschung nicht zu deutlich zu zeigen. Manchmal hatte sie das Gefühl, als würde er sehnsüchtig ihre Nähe suchen, und dann wieder war er fast abweisend und mit seinen Gedanken sehr weit weg. »Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Ich möchte ja auch gern mit dir zusammen sein. Bei mir ist nur zurzeit Land unter. Aber das kann ich dir nachher erzählen.« Er klappte den dünnen Ordner zu und richtete sich auf. »Lass uns jetzt mit dem Unterricht beginnen, umso rascher dürfen wir spazieren gehen.«
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Buchvorschau
Ein Himmel voller Geigen - Marietta Brem
Sophienlust, wie alles begann
– 13 –
Ein Himmel voller Geigen
Findet Denise an Thomas‘ Seite ihr Glück?
Marietta Brem
»Gehen wir nach dem Unterricht noch ein Stück durch die Wiesen? Es ist so ein schöner Abend heute.« Denise hatte eigentlich nicht fragen wollen, doch sie wollte nicht mehr einfach nur abwarten. Sie mochte Thomas Gentner, ihren Fahrlehrer, sehr, und sie war gern in seiner Nähe.
Thomas, ein gut aussehender Mann, schaute überrascht von seinen Notizen hoch. Die anderen Fahrschüler hatten bereits ihre Plätze eingenommen, und er hatte nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden. Zu viel ging ihm zurzeit durch den Kopf, vor allem wegen seines Vaters, der von schlimmen Schmerzen geplagt wurde. »Ich … mhm …, ja, gern. Aber ich kann nicht lange wegbleiben, meinem Vater geht es nicht so gut.«
Denise nickte. »Ich verstehe das. Wenn du keine Zeit hast, ist das auch in Ordnung.« Sie bemühte sich, ihm ihre Enttäuschung nicht zu deutlich zu zeigen. Manchmal hatte sie das Gefühl, als würde er sehnsüchtig ihre Nähe suchen, und dann wieder war er fast abweisend und mit seinen Gedanken sehr weit weg. »Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Ich möchte ja auch gern mit dir zusammen sein. Bei mir ist nur zurzeit Land unter. Aber das kann ich dir nachher erzählen.« Er klappte den dünnen Ordner zu und richtete sich auf. »Lass uns jetzt mit dem Unterricht beginnen, umso rascher dürfen wir spazieren gehen.« Er zwinkerte ihr zu, dann trat er vor die Klasse, die interessiert die kleine Unterhaltung verfolgt hatte. »So, jetzt wird es wieder ernst. Ich hoffe, ihr habt fleißig in euren Unterlagen geschmökert. Na ja, wir werden es gleich erfahren.«
Denise setzte sich an ihren Platz und legte das Übungsbuch vor sich hin. In der folgenden Stunde war sie nur teilweise bei der Sache. Sie beobachtete jede seiner Bewegungen, wenn Thomas zur Tafel trat oder dann wieder vor die Klasse, wenn er sich nervös mit der rechten Hand durch das dichte Haar fuhr, und wenn er immer wieder in seiner Erklärung stockte und nach Worten suchen musste, weil er den Faden verloren hatte.
Dies alles registrierte Denise, und sie spürte ganz deutlich, dass er ihrem Herzen mit jeder Unterrichtsstunde ein wenig näher rückte. Sie war glücklich darüber und gleichzeitig auch traurig. Würde Thomas für sie ebenso empfinden, könnte sie der glücklichste Mensch unter der Sonne sein. Und doch würde genau diese Situation für sie auch den Abschied von der unbeschwertesten Zeit ihres Lebens, ihrer Kinder- und Jugendzeit, bedeuten. Wollte sie das? Jetzt schon?
»Guten Morgen, Denise!« In seiner Stimme war ein Lachen, das sie bis ins Innerste traf. »Ich hatte dich gefragt, wie du dich im Kreisverkehr verhältst. Das haben wir letzte Woche besprochen.« Thomas forschte in ihrem Gesicht, ohne das Lachen um seinen Mund zu verlieren.
»Ich würde …, ich weiß …« Plötzlich fand Denise nicht mehr die richtigen Worte, obwohl sie die Antwort längst im Kopf hatte. »Verzeihung, ich hab gerade nicht hingehört. Wie war die Frage?« Sie spürte, dass sie rot wurde. Die Hitze war in ihrem ganzen Gesicht bis zum Haaransatz. Das machte sie noch nervöser, brachte sie vollends durcheinander.
Bereitwillig wiederholte Thomas die Frage und nickte zustimmend, als sie ihm nun die Antwort sagte. Zum Glück hatte sie es mit einem alten Trick geschafft, sich wieder zu konzentrieren, den ihre Mutter ihr einmal verraten hatte: ‚Stell dir dein Gegenüber in Unterhosen vor, dann klappt das schon‘, hatte sie gesagt. Doch so weit wollte Denise gar nicht gehen, denn Thomas in Unterhosen …, das musste nicht sein. Dafür hatte sie sich Herrn Petermann schon öfter in dieser Bekleidung vorgestellt. Das hatte immer sofort gewirkt. Herr Petermann war der Leiter der Tanzschule, in der sie ihre Ausbildung machte, und keiner ihrer Mitschüler mochte ihn. Diese Vorstellung hatte in unerfreulichen Situationen sofort geholfen, denn sie musste alle Kräfte aufwenden, um nicht in helles Lachen auszubrechen.
Als die Unterrichtsstunde endlich vorbei war, atmete Denise erleichtert auf. Sie freute sich auf die Zeit mit Thomas, spürte aber gleichzeitig auch, dass er heute vermutlich nicht so fröhlich sein würde wie beim letzten Mal.
Sie sollte sich nicht geirrt haben. Eine ganze Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Thomas schaute verbissen vor sich hin und machte nicht einmal Anstalten, ihre Hand zu nehmen. Denise schwieg ebenfalls, denn sie hatte das Gefühl, jedes Wort, das sie sagte, könnte ein falsches sein. Erst als sie in den Wiesen waren, schien Thomas ein wenig aufzuleben.
»Ich bin heute keine angenehmen Gesellschaft«, murmelte er vor sich hin, ohne sie anzusehen. »Sei bitte nicht sauer, doch in meinem Kopf gehen so viele Gedanken herum, die ich irgendwie nicht in eine Richtung bekommen kann.«
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Er schüttelte den Kopf. »Wenn du ein Medikament weißt, das meinen Vater ganz schnell gesund macht, dann her damit. Doch ich weiß, dass es das nicht gibt. Es wäre ein Wunder.« Seine Stimme klang traurig und müde. »Mein Vater hat schlimme Schmerzen, und ich hab das Gefühl, als würden sie immer schlimmer werden. Er kann sich nur noch mit ganz viel Mühe und Selbstbeherrschung ein wenig in der Wohnung bewegen. Auf die Straße gehen oder womöglich sogar einkaufen ist völlig unmöglich.«
»Das ist sehr schlimm«, pflichtete Denise ihm bei. »Du hast recht, es gibt keine Tablette, die Wunder wirkt. Ich weiß von meinem Vater, dass man mit Naturheilmitteln viel bewirken kann, doch das geht nicht von heute auf morgen. Die normale Medizin bekämpft meist Symptome, und es geht oft sehr schnell, dass der Patient sich besser fühlt. Das, was mein Vater macht, dauert in der Regel sehr viel länger, denn er behandelt den ganzen Menschen und nicht nur Symptome. Dafür kann er, wenn der Patient genügend Geduld mitbringt, manchmal sogar die Krankheit heilen.«
Verwundert hatte Thomas ihr zugehört. »Und das funktioniert?«, fragte er verwirrt.
Denise nickte. »Ja, es funktioniert sehr oft. Manchmal allerdings ist auch die Naturheilkunde am Ende, nämlich dann, wenn die Leute zu lange warten. Es ist ein harter Weg, denn zu den Naturheilmitteln gehört meistens noch eine Nahrungsumstellung. Doch so genau kann ich dir das nicht sagen. Dein Vater müsste einmal mit meinem Vater sprechen. Vielleicht sieht er ja eine Möglichkeit, wenigstens die Schmerzen zu lindern, ohne die gefährlichen Nebenwirkungen der üblichen Medikamente.«
»Du bist wundervoll, Denise, weißt du das eigentlich? Ich glaube, ich hab dir das heute noch nicht gesagt.« Seine Stimme klang sanft und verliebt.
»Nein, du hast es noch nicht gesagt«, pflichtete Denise ihm bei, und ihre Stimme vibrierte vor Aufregung. Was war nur los mit ihr? So etwas hatte sie noch nie zuvor erlebt. Doch es fühlte sich gut an, sehr gut sogar.
Thomas blieb abrupt stehen. Dann fasste er nach ihren schmalen Schultern und drehte sie zu sich herum. Jetzt standen sie sich gegenüber, und Denise konnte seinem tiefen Blick nicht mehr ausweichen. »Ich glaube, ich bin auf dem Weg, mich in dich zu verlieben. Ist das schlimm, kleine Denise?« Er